Zivilrecht
Bereicherungsrecht
Umfang des Bereicherungsanspruchs
Höhe des Wertersatzes nach § 818 Abs. 2 BGB bei "aufgedrängter Bereicherung"
Höhe des Wertersatzes nach § 818 Abs. 2 BGB bei "aufgedrängter Bereicherung"
29. März 2025
13 Kommentare
4,7 ★ (12.892 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Handwerkerin H entdeckt einen Schönheitsfehler in ihrer Hauswand. H holt ihre Arbeitsmaterialien und bessert den Fehler aus. Dabei übersieht sie die Grundstücksgrenze und bessert Es angrenzende Wand mit aus. E kannte den Fehler. Ihr war er aber egal. H verlangt Ersatz für die getätigte Aufwendungen.
Diesen Fall lösen 0,0 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Höhe des Wertersatzes nach § 818 Abs. 2 BGB bei "aufgedrängter Bereicherung"
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Verwendungskondiktion sind erfüllt (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB).
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. In Fällen der Unmöglichkeit der Herausgabe des Bereicherungsgegenstands ist grundsätzlich Wertersatz zu leisten (§ 818 Abs. 2 BGB).
Genau, so ist das!
3. Bei einer aufgedrängten Bereicherung hat der Bereicherte den Wert zu ersetzen, um den er subjektiv aus der Bereicherung Nutzen ziehen kann.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Ehrenmanntheorie
23.4.2022, 18:52:19
Sollte man den Fall nicht besser über die GoA und § 684 iVm § 812 ff BGB lösen? Außerdem verstehe ich die Erklärung für § 812 I 1 Alt. 2 BGB nicht ganz. Meint ihr, weil hier eine
Eingriffvon H in K’s Rechtsgüter stattfindet (
Eingriffskondiktion)?
kimboslice
25.4.2022, 16:32:11
Da reih ich mich ein :) Wieso leistet H nicht?

Lukas_Mengestu
26.4.2022, 18:38:17
Vielen Dank für eure Hinweis! WIr haben den Sachverhalt hier noch einmal ein wenig überarbeitet, sodass klarer wird, dass hier weder eine (angemaßte) Eigengeschäftsführung, noch eine
Leistungskondiktionvorliegt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
evanici
8.9.2023, 12:34:58
Irgendwie verstehe ich die Vorstellung der Theorien nicht ganz. Gibt es nicht eine vergleichbare Diskussion im EBV hinsichtlich der Nützlichkeit der Verwendungen im Rahmen von § 996? Dort wäre "subjektiv" ja gut für den Eigentümer (entspricht hier dem
Bereicherungsschuldner), der dann keinen
Verwendungsersatzleisten muss, "objektiv" gut für den B
esitzer (bzw.
Bereicherungsgläubiger), da er dann
Verwendungsersatzbekäme vom Eigentümer. Hier müsste doch "subjektiv" gut für den
Bereicherungsschuldner sein, der vorliegend nichts schulden würde, "objektiv" gut für den
Bereicherungsgläubiger, da E dann
Wertersatzleisten müsste. In der Darstellung hier schuldet E nach der subjektiven Werttheorie doch eigentlich keinen
Wertersatz, nach der hM aber auch nicht. Ist diese denn überhaupt eine rein objektive Theorie oder eine gemischte (objektiv-subjektiv)? Wenn gemischt: Warum macht man in der Prüfung dann den "Schlenker" über den objektiven Verkehrswert, wenn man am Ende doch auf den subjektiven Nutzen des
Bereicherungsgläubigers abstellt? Wann wirkt sich das dann überhaupt aus? Also ich verstehe nicht, warum beide Ansichten hier wohl zu dem gleichen Ergebnis kommen unter der Prämisse...

Blackpanther
21.9.2023, 12:03:05
Ich habe es folgendermaßen verstanden: -> gemäß § 818 II ist grundsätzlich der Verkehrswert der
Bereicherungherauszugeben -> ABER: im Fall der aufgedrängten
Bereicherungmuss eine Korrektur erfolgen, weil der BGläubiger sich nicht gegen eine
aufgedrängte Bereicherungschützen kann. Wann genau eine
Bereicherungaufgedrängt und somit kein
Wertersatzzu leisten ist, ist aber umstritten: e.A.: subjektives Interesse des BGläubigers am Vermögenszuwachs maßgeblich a.A.: Kann der BGläubiger die
Bereicherungnicht realisieren, liegt Eintreicherung vor §
818 IIIa.A.: § 814 analog a.A.: Abgrenzung danach, ob BSchuldner bös- oder gutgläubig war
unvorsätzlicher Totschläger
13.12.2024, 12:03:26
Hey ich glaube die Problemlage versteht man am besten, wenn man von der hM ausgehend die anderen Ansichten jeweils einordnet. Das Grundproblem besteht dabei darin, dass § 818 II im Regelfall den objektiv zu bestimmenden Verkehrswert ersetzt und dies, wie @[Blackpanther](163646)sagt, bei einer dem BerS aufgedrängten
Bereicherungunbillig erscheint. (Wieso sollte er den objektiven Preis für Verwendungen zahlen, die er subjektiv gar nicht wollte; Arg. Ähnlichkeit zum Vertrag zu lasten Dritter;
Eingriffin die Privatautonomie). eA will nun § 814 analog anwenden, was aber unter Verweis auf die Anwendbarkeit lediglich bei der Leistungskoniktion wenig sinnvoll erscheint. 2.) die hL will ausnahmsweise den
Wertersatznach § 818 II subjektiv bemessen und darauf abstellen, ob der BerS ein eigenes, subjektives Interesse an den Verwendungen hat 3.) die hM sieht keine notwendig von der gesetzlichen Regelung des § 818 II abzuweichen und geht vielmehr folgend vor: a.) Besteht überhaupt ein Werteratz nach § 818 II aufgrund der Verwendungen? Wie gehabt objektiv zu bestimmen; besteht aber nicht, wenn § 1001 S.2 analog (+) (siehe nächste Aufgabe); falls § 818 II (+) dann weiter bei b.) §
818 III; ersparte Aufwendung; (-) wenn BerRS eh nicht getätigt (hier kommt dann die subjektive Bestimmung, die die hL in § 818 II vornimmt); Wenn (+) dann
Entreicherungaufgedrängte Aufwendung nicht zu ersetzen; (-) wenn bösgläubig nach § 819 bei Verwendungen; Hoffe das ist so veständlich. LG
as.mzkw
9.10.2024, 08:56:58
Wieso greift GoA nicht? Weil H die Grenze übersieht, somit irrtümlich von einem eigenen Geschäft ausging und daher nach § 687 I BGB die Vorschriften über r die GoA keine Anwendung finden?
Leo Lee
13.10.2024, 06:29:37
Hallo as.mzkw, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! Genauso ist es. H verrichtete hier ihre Arbeit und ging dabei aus Versehen zu weit, erkannte diesen Fehler jedoch nicht, weshalb sie davon ausging, ihr eigenes Geschäft zu führen. Somit würde wegen 687 I die GoA bereits in der Anwendung scheitern. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom MüKo-BGB 9. Auflage, F. Schäfer § 687 Rn. 3 sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
benjaminmeister
15.1.2025, 07:53:07
Kann jemand erklären, warum die Antwort auf die letzte Frage "stimmt nicht" ist? Grds. hat der Bereicherte
Wertersatzgem. § 818 II zu leisten. Wenn er subjektiv aber keinen Nutzen ziehen kann, dann ist er gem. §
818 IIIentreichert. Warum wird dann die Frage verneint? Was übersehe ich?
okalinkk
31.3.2025, 23:36:29
Eine Leistung iSv 812 I 1 Var 1 liegt nicht vor, weil hier die Nachbarin mit dem Überstreichen nicht den im Rahmen des 812 I 1 Var 1 BGB erforderlichen Leistungszweck der Tilgung einer Schuld erfüllt?