Zivilrecht

Bereicherungsrecht

Umfang des Bereicherungsanspruchs

Höhe des Wertersatzes nach § 818 Abs. 2 BGB bei "aufgedrängter Bereicherung"

Höhe des Wertersatzes nach § 818 Abs. 2 BGB bei "aufgedrängter Bereicherung"

29. März 2025

13 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Illustration zeigt als Beispiel für aufgedrängte Bereicherung gemäß § 818 Abs. 2 BGB
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Klassisches Klausurproblem

Handwerkerin H entdeckt einen Schönheitsfehler in ihrer Hauswand. H holt ihre Arbeitsmaterialien und bessert den Fehler aus. Dabei übersieht sie die Grundstücksgrenze und bessert Es angrenzende Wand mit aus. E kannte den Fehler. Ihr war er aber egal. H verlangt Ersatz für die getätigte Aufwendungen.

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Einordnung des Falls

Höhe des Wertersatzes nach § 818 Abs. 2 BGB bei "aufgedrängter Bereicherung"

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Verwendungskondiktion sind erfüllt (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB).

Ja!

E hat die Ausbesserungen an ihrer Wand inklusive der damit verbundenen Arbeitsleistung erlangt. Diese hat sie auf sonstige Weise, also nicht durch Leistung erlangt. Vielmehr hat sie die Ausbesserungen durch eine Aufwendung der H erlangt. Die Bereicherung ist ohne Rechtsgrund.
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2. In Fällen der Unmöglichkeit der Herausgabe des Bereicherungsgegenstands ist grundsätzlich Wertersatz zu leisten (§ 818 Abs. 2 BGB).

Genau, so ist das!

Kann das Erlangte, die Nutzungen oder das Surrogat nicht (mehr) so, wie es erlangt worden sind, herausgegeben werden, ist nach § 818 Abs. 2 BGB Wertersatz zu leisten. Voraussetzung ist, dass das Erlangte wegen seiner Beschaffenheit oder aus einem anderen Grunde nicht (mehr) herausgegeben werden kann. Die Wertersatzpflicht steht allerdings unter dem Vorbehalt, dass die Einwendung der Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) nicht greift.

3. Bei einer aufgedrängten Bereicherung hat der Bereicherte den Wert zu ersetzen, um den er subjektiv aus der Bereicherung Nutzen ziehen kann.

Nein, das trifft nicht zu!

Dieser Ansatz (subjektive Werttheorie) wird von Teilen des Schrifttums vertreten. Nach h.M. ist zunächst nach dem objektiven Verkehrswert der Sache zu fragen. Im Rahmen des § 818 Abs. 3 BGB ist dann danach zu fragen, ob der Bereicherungsschuldner von den Aufwendungen profitiert, diese sich also selbst erspart hat oder diese nutzlos für ihn sind. Ob der Verkehrswert des Hauses gestiegen ist, kann dahinstehen. E nutzt eine Erhöhung des Verkehrswerts nichts. Sie wusste um den Makel. Dieser kümmerte sie nicht. E hat sich selbst keine Aufwendungen erspart, profitiert also nicht von der Beseitigung. Demnach hat E keinen Wertersatz an H zu zahlen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

EH

Ehrenmanntheorie

23.4.2022, 18:52:19

Sollte man den Fall nicht besser über die GoA und § 684 iVm § 812 ff BGB lösen? Außerdem verstehe ich die Erklärung für § 812 I 1 Alt. 2 BGB nicht ganz. Meint ihr, weil hier eine

Eingriff

von H in K’s Rechtsgüter stattfindet (

Eingriffskondiktion

)?

KI

kimboslice

25.4.2022, 16:32:11

Da reih ich mich ein :) Wieso leistet H nicht?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

26.4.2022, 18:38:17

Vielen Dank für eure Hinweis! WIr haben den Sachverhalt hier noch einmal ein wenig überarbeitet, sodass klarer wird, dass hier weder eine (angemaßte) Eigengeschäftsführung, noch eine

Leistungskondiktion

vorliegt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

EVA

evanici

8.9.2023, 12:34:58

Irgendwie verstehe ich die Vorstellung der Theorien nicht ganz. Gibt es nicht eine vergleichbare Diskussion im EBV hinsichtlich der Nützlichkeit der Verwendungen im Rahmen von § 996? Dort wäre "subjektiv" ja gut für den Eigentümer (entspricht hier dem

Bereicherung

sschuldner), der dann keinen

Verwendungsersatz

leisten muss, "objektiv" gut für den B

esi

tzer (bzw.

Bereicherung

sgläubiger), da er dann

Verwendungsersatz

bekäme vom Eigentümer. Hier müsste doch "subjektiv" gut für den

Bereicherung

sschuldner sein, der vorliegend nichts schulden würde, "objektiv" gut für den

Bereicherung

sgläubiger, da E dann

Wertersatz

leisten müsste. In der Darstellung hier schuldet E nach der subjektiven Werttheorie doch eigentlich keinen

Wertersatz

, nach der hM aber auch nicht. Ist diese denn überhaupt eine rein objektive Theorie oder eine gemischte (objektiv-subjektiv)? Wenn gemischt: Warum macht man in der Prüfung dann den "Schlenker" über den objektiven Verkehrswert, wenn man am Ende doch auf den subjektiven Nutzen des

Bereicherung

sgläubigers abstellt? Wann wirkt sich das dann überhaupt aus? Also ich verstehe nicht, warum beide Ansichten hier wohl zu dem gleichen Ergebnis kommen unter der Prämisse...

Blackpanther

Blackpanther

21.9.2023, 12:03:05

Ich habe es folgendermaßen verstanden: -> gemäß § 818 II ist grundsätzlich der Verkehrswert der

Bereicherung

herauszugeben -> ABER: im Fall der aufgedrängten

Bereicherung

muss eine Korrektur erfolgen, weil der BGläubiger sich nicht gegen eine

aufgedrängte Bereicherung

schützen kann. Wann genau eine

Bereicherung

aufgedrängt und somit kein

Wertersatz

zu leisten ist, ist aber umstritten: e.A.: subjektives Interesse des BGläubigers am Vermögenszuwachs maßgeblich a.A.: Kann der BGläubiger die

Bereicherung

nicht realisieren, liegt Eintreicherung vor §

818 III

a.A.: § 814 analog a.A.: Abgrenzung danach, ob BSchuldner bös- oder gutgläubig war

UT

unvorsätzlicher Totschläger

13.12.2024, 12:03:26

Hey ich glaube die Problemlage versteht man am besten, wenn man von der hM ausgehend die anderen Ansichten jeweils einordnet. Das Grundproblem besteht dabei darin, dass § 818 II im Regelfall den objektiv zu bestimmenden Verkehrswert ersetzt und dies, wie @[Blackpanther](163646)sagt, bei einer dem BerS aufgedrängten

Bereicherung

unbillig erscheint. (Wieso sollte er den objektiven Preis für Verwendungen zahlen, die er subjektiv gar nicht wollte; Arg. Ähnlichkeit zum Vertrag zu lasten Dritter;

Eingriff

in die Privatautonomie). eA will nun § 814 analog anwenden, was aber unter Verweis auf die Anwendbarkeit lediglich bei der Leistungskoniktion wenig sinnvoll erscheint. 2.) die hL will ausnahmsweise den

Wertersatz

nach § 818 II subjektiv bemessen und darauf abstellen, ob der BerS ein eigenes, subjektives Interesse an den Verwendungen hat 3.) die hM sieht keine notwendig von der gesetzlichen Regelung des § 818 II abzuweichen und geht vielmehr folgend vor: a.) Besteht überhaupt ein Werteratz nach § 818 II aufgrund der Verwendungen? Wie gehabt objektiv zu bestimmen; besteht aber nicht, wenn § 1001 S.2 analog (+) (siehe nächste Aufgabe); falls § 818 II (+) dann weiter bei b.) §

818 III

; ersparte Aufwendung; (-) wenn BerRS eh nicht getätigt (hier kommt dann die subjektive Bestimmung, die die hL in § 818 II vornimmt); Wenn (+) dann

Entreicherung

aufgedrängte Aufwendung nicht zu ersetzen; (-) wenn bösgläubig nach § 819 bei Verwendungen; Hoffe das ist so veständlich. LG

AS

as.mzkw

9.10.2024, 08:56:58

Wieso greift GoA nicht? Weil H die Grenze übersieht, somit irrtümlich von einem eigenen Geschäft ausging und daher nach § 687 I BGB die Vorschriften über r die GoA keine Anwendung finden?

LELEE

Leo Lee

13.10.2024, 06:29:37

Hallo as.mzkw, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! Genauso ist es. H verrichtete hier ihre Arbeit und ging dabei aus Versehen zu weit, erkannte diesen Fehler jedoch nicht, weshalb sie davon ausging, ihr eigenes Geschäft zu führen. Somit würde wegen 687 I die GoA bereits in der Anwendung scheitern. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom MüKo-BGB 9. Auflage, F. Schäfer § 687 Rn. 3 sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

BEN

benjaminmeister

15.1.2025, 07:53:07

Kann jemand erklären, warum die Antwort auf die letzte Frage "stimmt nicht" ist? Grds. hat der Bereicherte

Wertersatz

gem. § 818 II zu leisten. Wenn er subjektiv aber keinen Nutzen ziehen kann, dann ist er gem. §

818 III

entreichert. Warum wird dann die Frage verneint? Was übersehe ich?

OKA

okalinkk

31.3.2025, 23:36:29

Eine Leistung iSv 812 I 1 Var 1 liegt nicht vor, weil hier die Nachbarin mit dem Überstreichen nicht den im Rahmen des 812 I 1 Var 1 BGB erforderlichen Leistungszweck der Tilgung einer Schuld erfüllt?


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