Anfechtung der Ablehnung des Wiederaufgreifens des Verfahrens


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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

B wird per Bescheid verpflichtet, einen rechtswidrigen Anbau zu beseitigen. B unternimmt nichts, der Bescheid wird bestandskräftig. Später fordert B die Behörde auf, den Fall wegen neuer Sachlage zu überprüfen. Die Behörde lehnt dies unter Verweis auf den ursprünglichen Bescheid ab.

Einordnung des Falls

Anfechtung der Ablehnung des Wiederaufgreifens des Verfahrens

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Da die Erklärung, den Fall nicht erneut zu prüfen, lediglich die Regelungswirkung des ursprünglichen Bescheids wiederholt, fehlt ihr der Regelungscharakter.

Nein!

Eine hoheitliche Maßnahme hat Regelungscharakter, wenn sie darauf gerichtet ist, eine Rechtsfolge unmittelbar herbeizuführen. Die Behörde verweist nicht lediglich ohne erneute Sachentscheidung auf einen unanfechtbaren Verwaltungsakt (wiederholende Verfügung). Sie lehnt konkludent den Antrag des B auf Wiederaufgreifen des Verfahrens wegen neuer Sachlage (§ 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG) ab. Die Ablehnung beinhaltet die Feststellung, dass die Voraussetzungen eines Wiederaufgreifens nicht erfüllt sind. Sie hat verfahrensbezogenen Regelungsgehalt. Die Anfechtungsklage ist statthaft.

2. Die Anfechtungsklage ist statthaft, wenn die Ablehnung der Behörde, den Fall trotz des Vortrags neuer Sachlage nicht erneut zu prüfen, ein Verwaltungsakt ist, der sich noch nicht erledigt hat.

Genau, so ist das!

Die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) ist statthaft, soweit es sich um einen den Kläger belastenden Verwaltungsakt handelt (§ 35 S. 1 VwVfG), der sich noch nicht erledigt hat. Ein Verwaltungsakt ist (1) eine hoheitliche Maßnahme (2) einer Behörde (3) auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts (4) zur Regelung (5) eines Einzelfalls (6) mit Außenwirkung. Hat sich der Verwaltungsakt erledigt, ist die Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO) statthaft.

3. Eine hoheitliche Maßnahme einer Behörde auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts liegt vor.

Ja, in der Tat!

Eine Behörde ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt (§ 1 Abs. 4 VwVfG). Laut Sachverhalt hat eine Behörde gehandelt. Eine hoheitliche Maßnahme ist jedes einseitig diktierende Handeln. Keine hoheitliche Maßnahme liegt vor bei privatrechtlichem Handeln der Behörde und bei Verwaltungsverträgen. Die Ablehnung der Behörde, den Fall ungeachtet möglicherweise neuer Sachlage erneut zu prüfen, ist demnach eine hoheitliche Maßnahme. Jede hoheitliche Maßnahme ergeht dabei auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts; dieses Merkmal ist somit im Merkmal der hoheitlichen Maßnahme enthalten.

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Isabell

Isabell

7.3.2020, 16:30:59

Die Antwort auf die letzte Frage kann ich nicht nachvollziehen.

FAGEB

Falk Gebhardt

14.3.2020, 21:59:18

Anders als im vorherigen Fall ist der Inhalt des Schreibens keine bloße Wiederholung des Erstbescheids sondern legt fest, dass trotzt veränderter Sachlage am VA festgehalten wird.

Isabell

Isabell

24.3.2020, 20:13:33

Ich werde beim Wiederholen nochmal genau auf die Unterschiede achten. Danke 🤗

PAT

Patrick4219

3.7.2024, 10:13:55

Auch wenn der Beitrag etwas älter ist möchte ich ihn kochmal aufgreifen, da auch ich zunächst die Abgrebzung nicht verstanden habe. Wenn die Behörde einen Verwaltungsakt erlassen hat und daraufhin eine Eingabe des Bürgers mit Bitte um nochmalige Prüfung erfolgt, muss die Behörde diesen i.d.R. auslegen. Hierzu gibt es drei Möglichkeiten: 1. Widerspruch §§ 68 ff. VwGO: Dieser ist immer dann anzunehmen, wenn ein Widerspruch (noch) zulässig ist. Grund hierfür ost der Grundsatz effektiven Rechtschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG. 2. Wiederaufgreifen des Verfahrens § 51 VwVfG: Die Eingabe ist immer dann als Antrag nach § 51 VwVfG auszulegen, wenn dieser zulässig wäre. Bringt der Bürger bspw. eine Änderung der Sach-/Rechtslage oder neue Beweise vor, so ist von einem Antrag auf Wiederaufgreifen auszugehen. Auch dies folgt aus dem Grundsatz des effektiven Rechtschutzes. Eine Ablehnung des Antrags nach § 51 VwVfG stellt einen VA dar, sodass der Bürger hiergegen wieder Rechtsmittel einlegen kann. 3. Gegenvorstellung (abgeleitet aus dem Petitionsrecht): Die Gegenvorstellung ist die schwächste Form der Eingabe des Bürgers, da es sich hierbei um einen formlosen Rechtsbehelf handelt. Sie liegt immer dann vor, wenn weder Widerspruch noch Antrag nach § 51 VwVfG zulässig sind, also wenn lediglich eine allgemeine Unzufriedenheit mit der behördlichen Entscheidung kundgetan wird ohne neuen Sachverhalt oder neue Beweismittel anzubieten. Die Entscheidung über die Gegenvorstellung ist regelmäßig nicht als VA zu qualifizieren, da dieser die Außenwirkung fehlt. Die Gegenvorstellung führt nur zu einer internen Überprüfung. Sie kann daher nicht mit Rechtsmitteln angegriffen werden. Ich hoffe, dass die Ausführungen vielleicht etwas mehr Licht ins Dunkel bringen :)

Rick-energie🦦

Rick-energie🦦

13.11.2022, 21:56:46

Ich stehe gerade auf dem Schlauch: Wenn der B will, dass die Behörde erneut prüft, dann würde ich sein kläg. Begehren eher auf ermessensfehlerfreie Bescheidung über erneute Sachprüfung sehen. Die bloße Beseitigung der Ablehnung hilft ihm da freilich wenig, also würde ich ehrr die Versagungsgegenklage statthaft sehen

B333

b333

2.1.2024, 08:03:45

Muss die Behörde die Ablehnung nicht in irgendeiner Form begründen? Ich finde es etwas merkwürdig, dass die Ablehnung, konkludent die Feststellung enthält, die Voraussetzungen des Wiederaufgreifens des Verfahrens seien nicht erfüllt. Immerhin hat die Behörde (mangels Sachverhaltsangaben) die Sachlage nicht konkret überprüft, sondern lediglich den Antrag abgelehnt und auf den ursprünglichen VA verwiesen.


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