für Eigentumsschäden
22. Mai 2025
28 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
K überlegt, sich einen Tesla zuzulegen. Da er noch skeptisch ist, überredet ihn der Verkäufer V zu einer Probefahrt. K fährt den fabrikneuen Tesla aus Unachtsamkeit gegen eine Straßenlaterne.
Diesen Fall lösen 92,1 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
für Eigentumsschäden
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. V hat einen vertraglichen Schadensersatzanspruch gegen K (§§ 280 Abs. 1, 433 BGB).
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. Zwischen V und K bestand im Unfallzeitpunkt ein vorvertragliches Schuldverhältnis (§ 311 Abs. 2 BGB).
Ja!
3. Aus culpa in contrahendo (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB) kann der Geschädigte auch Ersatz für Eigentumsschäden verlangen.
Genau, so ist das!
4. V hat gegen K einen Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo wegen der Beschädigung des Teslas (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 2, 241 Abs. 2 BGB).
Ja, in der Tat!
5. V hat zudem einen deliktischen Schadensersatzanspruch gegen K (§ 823 Abs. 1 BGB).
Ja!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
gelöscht
10.11.2019, 09:33:48
Ist der Fall korrekt? Ist durch die angetretene Probefahrt nicht auch ein Leihvertrag zustande gekommen?

Christian Leupold-Wendling
12.11.2019, 16:15:17
Hi Børnhardtson, danke für die Frage. Nach hM beinhaltet die Gestattung einer Probefahrt nicht den Abschluss eines Leihvertrags (Weidenkaff, in: Palandt, § 598 RdNr. 5). Der Leihvertrag würde den Verkäufer verpflichten, dem Interessenten den Gebrauch der Sache unentgeltlich zu gestatten (§ 598 BGB). Eine echte Pflicht zur Gebrauchsüberlassung will der Verkäufer in der Regel jedoch nicht übernehmen. Die Probefahrt eines Kfz gehört deshalb zur Vertragsabahnung von Kauf, Tausch oder Mietvertrag.
s.t.
3.9.2021, 18:08:06
Dazu gibt es nun doch eher eine neuere Ansicht...

Lukas_Mengestu
1.4.2022, 17:01:13
Vielen Dank für den Hinweis, s.t. Vielleicht ist uns hier etwas entgangen. Allerdings hatte der BGH 2020 noch entschieden, dass in einem solchen Verhältnis kein verbindlicher Vertrag besteht, sondern lediglich ein vorvertragliches gesetzliches
Schuldverhältnis nach § 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB (vgl. BGH NJW 2020, 3711 RdNr. 25 ff.). Eine jüngere Rechtsprechung ist uns insoweit nicht bekannt :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
M.B.
20.2.2020, 10:15:31
Bei einer Frage geht es darum, ob aus CIC auch Eigentumsschäden ersetzt werden könne. Müsste es hier in der Frage nicht um „Vermögens
schaden“ gehen, um die Abgrenzung zu
§823 BGBdeutlicher zu machen.

Eigentum verpflichtet 🏔️
16.7.2020, 08:54:19
Hallo MB, danke für die Frage. Grundsätzlich hast du recht, in Abgrenzung zu 823 I werden nach 311 II, 280 I auch Vermögensschäden ersetzt, so steht das auch in unserer Antwort. Allerdings geht es in unserem Fall um einen
Schadenam Tesla. Dieser Eigentums
schadenfällt natürlich auch in die Überkategorie Vermögens
schaden.
ehemalige:r Nutzer:in
15.7.2020, 13:52:28
Es wäre ganz gut in der Deliktischen Fragestellung/Antwort auch auf das Verhältnis zw. Anspruch aus Delikt und Virvertragl. Verhältnis einzugehen (
Anspruchskonkurrenzsoweit ich weiß), das schärft doch die Prüfungsumfang bei Fragestellung- so hat man den Anschein man könnte die Deliktsfrage evtl. Von vornherein Weglassen...
gelöscht
16.7.2020, 06:43:14
Wenn du den quasivertraglichen Anspruch in der Prüfung bereits bejaht hast, ist der deliktische Anspruch doch nur noch Teil des Hilfsgutachtens und somit der Komplettierung. Hier bestehen beide Ansprüche im übrigen nebeneinander.
ehemalige:r Nutzer:in
16.7.2020, 07:54:22
Nein eben nicht, ist nicht wie im Strafrecht.

Eigentum verpflichtet 🏔️
16.7.2020, 08:25:54

Eigentum verpflichtet 🏔️
16.7.2020, 08:27:10
@Marcus, Vorsicht mit Hilfsgutachten! Ein solches wäre hier falsch, denn die Ansprüche bestehen nebeneinander und schließen sich nicht aus!
FF0815
4.5.2023, 07:28:24
Der Tesla landet aus fahrlässiger Handlung an der Laterne?
Fahrlässige Sachbeschädigungist nicht strafbar? Wie kann man dann noch zu einer deliktischen zivilrechtlichen Prüfung gelangen? Vielen Dank.
se.si.sc
4.5.2023, 10:28:56
In der Lösung der Aufgabe steht doch alles drin, was ist jetzt konkret deine Frage dazu? Verkürzt: Indem sich die zivilrechtliche Haftung nicht unbedingt für strafrechtliche Wertungen interessiert und fahrlässige Eigentumsverletzungen über cic (§§ 311 II, 241 II, 280 I BGB) und über Delikt (§ 823 I BGB) sehr wohl zu einem Ausgleich des
Schadens im Zivilrecht führen, obwohl wir ein solches Verhalten unter strafrechtlichen Gesichtspunkten nicht für ahnungsbedürftig halten.
Blotgrim
3.4.2024, 10:55:20
Ist vielleicht ne Kleinigkeit aber in
823 IIgeht es um eine
Schutzgesetzverletzung, nicht um eine Schutzpflicht. Liegt zwar nah beieinander bzw ist fast deckungsgleich aber ein gewisser Unterschied liegt vor 😅
Lorenz
15.10.2024, 19:18:08
Die Stoßrichtung von StR und ZR ist ganz anders. Auf eine Starfbarkeit kommt es im ZR nur ganz selten an. Hier nicht.
QuiGonTim
31.1.2024, 23:25:42
In den Kommentaren zu diesem Fall ging es schon um Eigentums- und Vermögensschäden. Wie lassen sich die beiden
Schadensarten voneinander unterscheiden?
Leo Lee
3.2.2024, 17:46:45
Hallo QuiGonTim, vielen Dank für diese sehr gute Frage! Vorab: Wenn zw. Vermögens
schadenund Eigentums
schadendifferenziert wird, ist der Unterschied zw. dem Eigentums
schadenund REINEN Vermögensschäden gemeint („rein“ deshalb, weil auch Eigentumsschäden zu Vermögensschäden führen können!). Eigentumsschäden meint solche Schäden, die am Eigentum UNMITTELBAR eintreten, weil in ein absolut geschütztes Recht oder Rechtsgut eingegriffen wird; Bsp.: A zerstört Bs Auto/Computer/Haus/Regal/Handy --> hier ist das Eigentum unmittelbar PHYSISCH beschädigt. Ein REINER Vermögens
schadenhingegen meint die Fälle, in denen NICHT in ein absolut geschütztes Recht/Rechtsgut eingegriffen wird, sondern sich NUR „finanziell“ auswirkt (Umsatz bricht ein/ich verliere
Geld/ich erleide einen finanziellen
Schadendadurch, dass ich eine Sache nicht teuer verkaufen kann als urspr. möglich). Deshalb kannst du als „Faustformel“ merken: Wenn in ein absolutes Recht/Rechtsgut (Eigentum, Leib, Leben, APR…) eingegriffen und beschädigt wird, liegt erstmal ein Eigentums
schadenvor (was natürlich auch eine Art „Vermögens
schaden“ darstellt). Wird aber nur gegen einen „Vertrag“ verstoßen, wodurch keine „Sachen“ beschädigt sondern „rein finanzielle“ Schäden eintreten, so liegt i.d.R. ein „reine Vermögens
schadenvor“! Falls du noch mehr Fragen hierzu hast: Her damit :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

Jonas22
12.5.2024, 13:21:24
Die Frage hatte ich mir auch gestellt. @Leo Lee Perfekte Erklärung! Danke!

Natze
30.8.2024, 10:07:00
Falls es noch keinen Fall gibt, wäre es super, wenn ihr den auch noch hinzufügt 😊
Lorenz
15.10.2024, 19:16:19
Als Ergänzung: wenn ich ein Taxi
vorsätzlichabdränge und es so zu einem Unfall kommt, kann der Taxifahrer 1. den
Schadenam Fahrzeug und 2. den entgangenen Gewinn als Vermögens
schadengeltend machen, da dieser wegen 1. nicht REIN, also ausschließlich im Vermögen besteht, sondern neben dem
Schadenim Eigentum besteht. Der Geschäftsmann, welcher wegen des Unfalls im Stau steht und seinen Termin verpasst, kann jedoch nicht seinen entgangenen Gewinn geltend machen, da dieser
Schadenein reiner Vermögens
schadenist.

Gruttmann
15.5.2024, 14:03:10
Wieso ist das noch kein Leihvertrag?

Paulah
16.5.2024, 22:05:46
Eine Probefahrt ist nach § 2 Nr. 23 FZV die Fahrt zur
Feststellungund zum Nachweis der Gebrauchsfähigkeit des
Fahrzeuges. Die Leihe ist nach § 598 BGB die unentgeltliche Gebrauchsüberlassung. Wird im Rahmen von Vertragsverhandlungen der Vertragsgegenstand oder eine vergleichbare Sache überlassen, entsteht kein Leihvertrag [Häublein in MüKO zu § 598 BGB, 9. Auflage 2023, Rn. 13].
Lorenz
15.10.2024, 19:09:14
Es entspricht einfach nicht dem Parteiwillen. U.a. würde der Käufer in spe dann un
mittelbarer Besitzer.
luc1502
25.6.2024, 13:01:19
Hi liebe Jurafüchse, wäre es hier uU (bei entsprechender Argumentation) auch vertretbar zu sagen, dass beide
konkludenteinen Haftungsausschluss für
leicht fahrlässiges Verhalten vereinbart haben. Man könnte ja sagen, dass man bei einer Probefahrt das Auto "austesten" will und solche Schäden iRd "vorhersehbaren" sind und zudem noch der Händler ja auch eine Kasko-Versicherung abschließen könnte und er sich so von vornherein gegen solche Schäden absichern könnte. LG

Sebastian Schmitt
2.4.2025, 12:09:36
Hallo @[luc1502](95177), darüber kann man natürlich diskutieren, ich halte das hier aber nur für schwer vertretbar. Zunächst mal sollten wir
konkludente Haftungsbeschränkungen ohnehin nur sehr zurückhaltend annehmen, um nicht einfach (und zu häufig) eine sehr wertungsoffene und kaum rechtlich vorhersehbare Korrektur gesetzlich eigentlich klarer Ergebnisse vorzunehmen. Staudinger/Caspers, BGB, Neubearb 2019, § 276 Rn 119 drückt es besser aus, als ich es spontan kann: "Allgemein ist bei der Annahme stillschweigender Haftungsbeschränkungen Vorsicht geboten, weil die Annahme eines stillschweigenden Haftungs
verzichts durch den Gläubiger häufig auf eine unzulässige Willensfiktion hinausläuft. Deshalb müssen entweder konkrete Anhaltspunkte für einen entsprechenden Vertragswillen der Parteien vorhanden sein, oder es muss sich mit Hilfe ergänzender
Vertragsauslegungergeben, dass der Schädiger, wäre die Frage vorher erörtert worden, eine Haftungsbeschränkung gefordert hätte und der Geschädigte diese billigerweise nicht hätte ablehnen dürfen [Fundstellen aus der Rspr des BGH]." Konkrete Anhaltspunkte in diesem Sinne sehe ich hier nicht. Auch wird man kaum sagen können, dass der geschädigte Gebrauchtwagenhändler die Haftungsbeschränkung billigerweise nicht hätte ablehnen dürfen: Dann gibt es eben keine Probefahrt, fertig. Bekanntermaßen führen Schäden an
Fahrzeugen, gerade bei Neuwagen, nicht nur zu hohen Reparaturkosten, sondern auch schnell zu erheblichem Wertverlust (Unfallwagen!). Zudem befinden wir uns hier in einer klar geschäftlich geprägten Transaktionsbeziehung, in einem Verkaufgespräch zur Anbahnung eines Kaufvertrags - und damit nicht in einem Verhältnis, in dem man ein gemeinsames Ziel verfolgt und/oder vernünftigerweise darauf vertrauen darf, dass die andere Seite meine Interessen besonders berücksichtigt. Das spricht mE eher gegen eine
konkludente Haftungsbeschränkung. Und natürlich kann man den Geschädigten immer darauf verweisen, dass er ja eine entsprechende Versicherung hätte abschließen können. Versicherungen sind aber nicht umsonst und werden typischerweise auf den Kaufpreis aufegschlagen, was der Käuferseite nicht gefallen dürfte. Alternativ würden eben einfach keine Probefahrten mehr angeboten, was mir auch nicht den Parteiinteressen zu entsprechen scheint. Dass man einen
Schadenhätte versichern können, kann man für viele Schäden sagen, rechtfertigt aber für sich allein mE nicht, vom gesetzlichen Grundsatz der Haftung für jegliche Fahrlässigkeit abzuweichen. Von einem Kaufinteressierten bei der Probefahrt wird man ohnehin erwarten können, dass er eher defensiv fährt - ihm ist ja klar, dass es nicht sein Auto ist. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team