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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K überlegt, sich einen Tesla zuzulegen. Da er noch skeptisch ist, überredet ihn der Verkäufer V zu einer Probefahrt. K fährt den fabrikneuen Tesla aus Unachtsamkeit gegen eine Straßenlaterne.

Einordnung des Falls

für Eigentumsschäden

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. V hat einen vertraglichen Schadensersatzanspruch gegen K (§§ 280 Abs. 1, 433 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Für einen vertraglichen Schadensersatzanspruch müsste ein wirksamer Kaufvertrag (=Schuldverhältnis) zustande gekommen sein.Allerdings hat K hier lediglich eine Probefahrt unternommen und noch kein definitives Kaufangebot abgegeben. Daher ist noch kein Kaufvertrag (§ 433 BGB) zwischen V und K zustande gekommen. Vertragliche Schadensersatzansprüche scheiden aus.

2. Zwischen V und K bestand im Unfallzeitpunkt ein vorvertragliches Schuldverhältnis (§ 311 Abs. 2 BGB).

Ja!

Ein vorvertragliches Schuldverhältnis entsteht: - durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen (Nr. 1), - die Anbahnung eines Vertrags, bei der eine Partei der anderen die Möglichkeit der Einwirkung auf ihre Rechtsgüter und Interessen gewährt (Nr. 2) oder - ähnliche geschäftliche Kontakte (Nr. 3). K hat mit dem Tesla des V eine Probefahrt unternommen, sodass - unabhängig davon, ob K eine Kaufabsicht hatte - ein vorvertragliches Schuldverhältnis aufgrund einer Vertragsanbahnung entstanden ist (§ 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB).

3. Aus culpa in contrahendo (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB) kann der Geschädigte auch Ersatz für Eigentumsschäden verlangen.

Genau, so ist das!

Voraussetzung für eine vorvertragliche Haftung (culpa in contrahendo) ist: (1) ein vorvertragliches Schuldverhältnis (§ 311 Abs. 2 BGB), (2) die Verletzung von Schutz- und Rücksichtnahmepflichten (§ 241 Abs. 2 BGB), (3) deren Vertretenmüssen und (4) ein kausaler Schaden. Als Rechtsfolge hat der Schädiger den entstandenen Schaden zu ersetzen (§§ 280, 249 ff. BGB). Umfasst wird hierbei jegliche Art von Schaden. Insbesondere werden auch reine Vermögensschäden umfasst (anders als im Deliktsrecht, § 823 Abs. 1 BGB).

4. V hat gegen K einen Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo wegen der Beschädigung des Teslas (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 2, 241 Abs. 2 BGB).

Ja, in der Tat!

Zwischen K und V besteht ein vorvertragliches Schuldverhältnis, welches Schutzpflichten nach § 241 Abs. 2 BGB begründet (§ 311 Abs. 2 BGB). K trifft die Pflicht, auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des V Rücksicht zu nehmen. Insbesondere darf er dessen Eigentum nicht in der Substanz beeinträchtigen. Indem K den Tesla wenigstens fahrlässig (§ 276 Abs. 2 BGB) gegen die Laterne fuhr, hat er diese Pflicht verletzt. V kann die Reparaturkosten und den Minderwert nach § 249 Abs. 2, 251 Abs. 1 BGB ersetzt verlangen.

5. V hat zudem einen deliktischen Schadensersatzanspruch gegen K (§ 823 Abs. 1 BGB).

Ja!

Deliktische Schadenersatzansprüche sind neben (quasi-) vertraglichen Schadenersatzansprüchen ohne weiteres anwendbar, der Gläubiger kann wählen auf welche Anspruchsgrundlage er seinen Anspruch stützt (Anspruchskonkurrenz). Für einen Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB müsste K (1) ein absolut geschütztes Recht des V (2) schuldhaft, (3) kausal und (4) rechtswidrig verletzt haben, wodurch V ein (5) kausaler Schaden entstanden sein müsste.Vs Eigentum wurde durch eine fahrlässige Verletzungshandlung des K verletzt. V kann die Reparaturkosten und den Minderwert nach § 249 Abs. 2, 251 Abs. 1 BGB ersetzt verlangen.

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GEL

gelöscht

10.11.2019, 09:33:48

Ist der Fall korrekt? Ist durch die angetretene Probefahrt nicht auch ein Leihvertrag zustande gekommen?

Christian Leupold-Wendling

Christian Leupold-Wendling

12.11.2019, 16:15:17

Hi Børnhardtson, danke für die Frage. Nach hM beinhaltet die Gestattung einer Probefahrt nicht den Abschluss eines Leihvertrags (Weidenkaff, in: Palandt, § 598 RdNr. 5). Der Leihvertrag würde den Verkäufer verpflichten, dem Interessenten den Gebrauch der Sache unentgeltlich zu gestatten (§ 598 BGB). Eine echte Pflicht zur Gebrauchsüberlassung will der Verkäufer in der Regel jedoch nicht übernehmen. Die Probefahrt eines Kfz gehört deshalb zur Vertragsabahnung von Kauf, Tausch oder Mietvertrag.

S.

s.t.

3.9.2021, 18:08:06

Dazu gibt es nun doch eher eine neuere Ansicht...

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

1.4.2022, 17:01:13

Vielen Dank für den Hinweis, s.t. Vielleicht ist uns hier etwas entgangen. Allerdings hatte der BGH 2020 noch entschieden, dass in einem solchen Verhältnis kein verbindlicher Vertrag besteht, sondern lediglich ein vorvertragliches gesetzliches Schuldverhältnis nach § 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB (vgl. BGH NJW 2020, 3711 RdNr. 25 ff.). Eine jüngere Rechtsprechung ist uns insoweit nicht bekannt :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

M.B

M.B.

20.2.2020, 10:15:31

Bei einer Frage geht es darum, ob aus CIC auch Eigentumsschäden ersetzt werden könne. Müsste es hier in der Frage nicht um „Vermögensschaden“ gehen, um die Abgrenzung zu §823 BGB deutlicher zu machen.

Eigentum verpflichtet 🏔️

Eigentum verpflichtet 🏔️

16.7.2020, 08:54:19

Hallo MB, danke für die Frage. Grundsätzlich hast du recht, in Abgrenzung zu 823 I werden nach 311 II, 280 I auch Vermögensschäden ersetzt, so steht das auch in unserer Antwort. Allerdings geht es in unserem Fall um einen Schaden am Tesla. Dieser Eigentumsschaden fällt natürlich auch in die Überkategorie Vermögensschaden.

S3T

S3tr

15.7.2020, 13:52:28

Es wäre ganz gut in der Deliktischen Fragestellung/Antwort auch auf das Verhältnis zw. Anspruch aus Delikt und Virvertragl. Verhältnis einzugehen (Anspruchskonkurrenz soweit ich weiß), das schärft doch die Prüfungsumfang bei Fragestellung- so hat man den Anschein man könnte die Deliktsfrage evtl. Von vornherein Weglassen...

GEL

gelöscht

16.7.2020, 06:43:14

Wenn du den quasivertraglichen Anspruch in der Prüfung bereits bejaht hast, ist der deliktische Anspruch doch nur noch Teil des Hilfsgutachtens und somit der Komplettierung. Hier bestehen beide Ansprüche im übrigen nebeneinander.

S3T

S3tr

16.7.2020, 07:54:22

Nein eben nicht, ist nicht wie im Strafrecht.

Eigentum verpflichtet 🏔️

Eigentum verpflichtet 🏔️

16.7.2020, 08:25:54

Ja S3TR, das stimmt. Wir haben in der letzten Antwort das Wort Anspruchskonkurrenz ergänzt.

Eigentum verpflichtet 🏔️

Eigentum verpflichtet 🏔️

16.7.2020, 08:27:10

@Marcus, Vorsicht mit Hilfsgutachten! Ein solches wäre hier falsch, denn die Ansprüche bestehen nebeneinander und schließen sich nicht aus!

FF0815

FF0815

4.5.2023, 07:28:24

Der Tesla landet aus fahrlässiger Handlung an der Laterne? Fahrlässige Sachbeschädigung ist nicht strafbar? Wie kann man dann noch zu einer deliktischen zivilrechtlichen Prüfung gelangen? Vielen Dank.

SE.

se.si.sc

4.5.2023, 10:28:56

In der Lösung der Aufgabe steht doch alles drin, was ist jetzt konkret deine Frage dazu? Verkürzt: Indem sich die zivilrechtliche Haftung nicht unbedingt für strafrechtliche Wertungen interessiert und fahrlässige

Eigentumsverletzung

en über cic (§§ 311 II, 241 II, 280 I BGB) und über Delikt (§ 823 I BGB) sehr wohl zu einem Ausgleich des Schadens im Zivilrecht führen, obwohl wir ein solches Verhalten unter strafrechtlichen Gesichtspunkten nicht für ahnungsbedürftig halten.

B333

b333

20.12.2023, 15:20:02

Du hast es vermutlich mit § 823 II verwechselt, bei dem man grds. Eine Schutzpflichtverletzung prüfen würde. Dennoch ist in dem Fall § 823 II nicht zu prüfen (aus dem Grund, den du genannt hast), sondern nur § 823 I :)

BL

Blotgrim

3.4.2024, 10:55:20

Ist vielleicht ne Kleinigkeit aber in 823 II geht es um eine Schutzgesetzverletzung, nicht um eine Schutzpflicht. Liegt zwar nah beieinander bzw ist fast deckungsgleich aber ein gewisser Unterschied liegt vor 😅

QUIG

QuiGonTim

31.1.2024, 23:25:42

In den Kommentaren zu diesem Fall ging es schon um Eigentums- und Vermögensschäden. Wie lassen sich die beiden Schadensarten voneinander unterscheiden?

LELEE

Leo Lee

3.2.2024, 17:46:45

Hallo QuiGonTim, vielen Dank für diese sehr gute Frage! Vorab: Wenn zw. Vermögensschaden und Eigentumsschaden differenziert wird, ist der Unterschied zw. dem Eigentumsschaden und REINEN Vermögensschäden gemeint („rein“ deshalb, weil auch Eigentumsschäden zu Vermögensschäden führen können!). Eigentumsschäden meint solche Schäden, die am Eigentum UNMITTELBAR eintreten, weil in ein absolut geschütztes Recht oder Rechtsgut eingegriffen wird; Bsp.: A zerstört Bs Auto/Computer/Haus/Regal/Handy --> hier ist das Eigentum unmittelbar PHYSISCH beschädigt. Ein REINER Vermögensschaden hingegen meint die Fälle, in denen NICHT in ein absolut geschütztes Recht/Rechtsgut eingegriffen wird, sondern sich NUR „finanziell“ auswirkt (Umsatz bricht ein/ich verliere Geld/ich erleide einen finanziellen Schaden dadurch, dass ich eine Sache nicht teuer verkaufen kann als urspr. möglich). Deshalb kannst du als „Faustformel“ merken: Wenn in ein absolutes Recht/Rechtsgut (Eigentum, Leib, Leben, APR…) eingegriffen und beschädigt wird, liegt erstmal ein Eigentumsschaden vor (was natürlich auch eine Art „Vermögensschaden“ darstellt). Wird aber nur gegen einen „Vertrag“ verstoßen, wodurch keine „Sachen“ beschädigt sondern „rein finanzielle“ Schäden eintreten, so liegt i.d.R. ein „reine Vermögensschaden vor“! Falls du noch mehr Fragen hierzu hast: Her damit :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

Jonas22

Jonas22

12.5.2024, 13:21:24

Die Frage hatte ich mir auch gestellt. @Leo Lee Perfekte Erklärung! Danke!

Gruttmann

Gruttmann

15.5.2024, 14:03:10

Wieso ist das noch kein Leihvertrag?

Paulah

Paulah

16.5.2024, 22:05:46

Eine Probefahrt ist nach § 2 Nr. 23 FZV die Fahrt zur Feststellung und zum Nachweis der Gebrauchsfähigkeit des Fahrzeuges. Die Leihe ist nach § 598 BGB die unentgeltliche Gebrauchsüberlassung. Wird im Rahmen von Vertragsverhandlungen der Vertragsgegenstand oder eine vergleichbare Sache überlassen, entsteht kein Leihvertrag [Häublein in MüKO zu § 598 BGB, 9. Auflage 2023, Rn. 13].

LUC1502

luc1502

25.6.2024, 13:01:19

Hi liebe Jurafüchse, wäre es hier uU (bei entsprechender Argumentation) auch vertretbar zu sagen, dass beide konkludent einen Haftungsausschluss für leicht fahrlässiges Verhalten vereinbart haben. Man könnte ja sagen, dass man bei einer Probefahrt das Auto "austesten" will und solche Schäden iRd "vorhersehbaren" sind und zudem noch der Händler ja auch eine Kasko-Versicherung abschließen könnte und er sich so von vornherein gegen solche Schäden absichern könnte. LG


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