+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Senior-Partner P kauft bei Fliesenfachmann F 50 Fliesen, um diese in der Kanzleiküche verlegen zu lassen. Nach dem Verlegen stellt sich heraus, dass die Fliesen Materialfehler aufweisen. F liefert 50 neue Fliesen nach. P reißt die Fliesen persönlich raus, ist aber so viel körperliche Arbeit nicht gewohnt und beauftragt für €500 einen Handwerker mit der Neuverlegung.
Einordnung des Falls
Einbaukosten + Vorschuss
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Ist die Kaufsache bei Gefahrübergang mangelhaft, kann der Käufer Nacherfüllung verlangen (§§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 BGB).
Ja!
Ist die Sache mangelhaft, kann der Käufer nach § 439 BGB Nacherfüllung verlangen (§ 437 Nr. 1 BGB). Er kann dabei als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels (Nachbesserung) oder die Lieferung einer mangelfreien Sache (Nachlieferung) verlangen (§ 439 Abs. 1 BGB). An eine einmal getroffene Wahl ist der Käufer nach hM bis zur Vornahme der Nacherfüllung grundsätzlich nicht gebunden (Grenze: § 242 BGB). Der Käufer muss bei der Geltendmachung des Nacherfüllungsverlangen anbieten, dem Verkäufer am Erfüllungsort eine Untersuchung der erhobenen Mängelrügen zu ermöglichen.
2. F muss die Verlegungskosten ersetzen, weil P einen Nacherfüllungsanspruch hat (§ 439 Abs. 3 BGB).
Genau, so ist das!
Hat der Käufer eine mangelhafte Sache gemäß ihrer Art und ihrem Verwendungszweck in eine andere Sache eingebaut oder an eine andere Sache angebracht, so ist der Verkäufer verpflichtet, dem Käufer im Rahmen der Nacherfüllung die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen (§ 439 Abs. 3 BGB). Der Anspruch setzt kein Verschulden voraus. Unter die Regelung fällt dabei nicht nur der Einbau von Fliesen, sondern auch vergleichbare Vorgänge wie das Anbringen von Baumaterialien (Dachrinnen, Farben, Lacke etc.). P hat mangelhafte Fliesen anbringen lassen.
3. F hätte stattdessen auch darauf bestehen können, dass er die Fliesen selber verlegt, weil dies für ihn günstiger gewesen wäre.
Nein, das trifft nicht zu!
Der Verkäufer hat nach allgemeiner Ansicht kein Wahlrecht. Er kann also nicht entscheiden, ob er die Sache selbst einbaut oder die Kosten dafür trägt. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut, der ein solches Wahlrecht nicht vorsieht. Im Übrigen war im Regierungsentwurf zur Kaufrechtsreform noch ein solches Wahlrecht vorgesehen, das jedoch dann ersatzlos gestrichen worden ist.
4. P hätte einen Vorschuss für die Einbaukosten verlangen können (§ 439 Abs. 2 BGB).
Nein!
Der Kostenvorschussanspruch aus § 439 Abs. 2 ist auf die eigentliche Nacherfüllung (§ 439 Abs. 1 BGB) beschränkt. Ein Kostenvorschuss für Ein- und Ausbaukosten ist nur im Rahmen des Verbrauchsgüterkaufs vorgesehen (§ 475 Abs. 4 BGB). Da P die Fliesen als Unternehmer (§ 14 BGB) für die Kanzleiküche kaufte, liegt kein Verbrauchsgüterkauf vor (§ 474 Abs. 1 S. 1 BGB).§ 475 Abs. 4 BGB n.F. entspricht § 475 Abs. 6 BGB a.F.