Zivilrecht

Werkrecht

Werkunternehmerpfandrecht

Gutgläubiger Erwerb des Werkunternehmerpfandrechts an Sachen, die nicht dem Besteller gehören? (str.)

Gutgläubiger Erwerb des Werkunternehmerpfandrechts an Sachen, die nicht dem Besteller gehören? (str.)

29. März 2025

42 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Illustration zum Gutgläubiger Erwerb des Werkunternehmerpfandrechts das einen Verkäufer zeigt, der vom Vertrag zurücktritt, einen Käufer der nicht zahlt und einen Lackierer, der ein Auto nicht herausgibt, weil er vom Käufer nicht bezahlt wird.
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Klassisches Klausurproblem

B hat von V einen Smart unter Eigentumsvorbehalt erworben. Vor Zahlung der letzten Rate, bringt er den Smart zur Umlackierung zu U. Als B seine Raten nicht zahlt, tritt V wirksam vom Kaufvertrag zurück. B zahlt auch den Werklohn an U nicht.

Diesen Fall lösen 76,3 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Gutgläubiger Erwerb des Werkunternehmerpfandrechts an Sachen, die nicht dem Besteller gehören? (str.)

Dieser Fall lief bereits im 1./2. Juristischen Staatsexamen in folgenden Kampagnen
Examenstreffer BaWü 2022
Examenstreffer Saarland 2023

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 10 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. U könnte eine Mitnahme des Smarts durch B verweigern, wenn ihr ein Werkunternehmerpfandrecht zusteht (§ 647 BGB).

Ja, in der Tat!

Das Werkunternehmerpfandrecht ist ein gesetzliches Pfandrecht und sichert Forderungen aus dem Werkvertrag. Maßgeblich ist, dass die Grundlage des Anspruchs im Werkvertrag liegt. Das Werkunternehmerpfandrecht setzt (1) einen Werkvertrag, (2) eine Forderung aus dem Werkvertrag, (3) das Eigentum des Bestellers und (4) den Besitz des Unternehmers an der Sache voraus. Das Pfandrecht entsteht unabhängig vom Parteiwillen. Die Vergütung wird regelmäßig erst durch die Abnahme fällig, sodass der Unternehmer vorleistungspflichtig ist. Um den Unternehmer hinsichtlich der finanziellen Risiken der Vorleistungspflicht zu sichern, wird ihm ein gesetzliches Pfandrecht zugesprochen.
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2. U steht eine Forderung aus dem Werkvertrag gegen B zu.

Ja!

Das Werkunternehmerpfandrecht ist ein gesetzliches Pfandrecht und sichert alle Forderungen aus dem Werkvertrag. Dies können Vergütungsansprüche, aber auch Ansprüche des Unternehmers gegen den Besteller aus dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht sein. Maßgeblich ist, dass die Grundlage des Anspruchs im Werkvertrag liegt. B ist nach § 631 Abs. 1 BGB zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

3. Das Auto des B ist ein taugliches Pfandobjekt des Werkunternehmerpfandrechts (§ 647 BGB).

Genau, so ist das!

Nur bewegliche Sache können Pfandobjekte des Werkunternehmerpfandrechts sein (§ 90ff. BGB). Der Smart des B ist eine bewegliche Sache Bei KfZ-Reparaturen wird das Pfandrecht auch auf den KfZ-Brief erstreckt.

4. Das Werkunternehmerpfandrecht am Anwartschaftsrecht bestand auch nach Rücktritt des V vom Kaufvertrag fort (§ 647 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Das Werkunternehmerpfandrecht kann auch an einem Anwartschaftsrecht entstehen, solange der Besteller Inhaber des Anwartschaftrechts ist. Sobald dieses erlischt (z.B. infolge eines Rücktritts vom Kaufvertrag durch den Verkäufer), erlischt auch das Anwartschaftsrecht. Ohne Anwartschaftsrecht des Bestellers steht dem Werkunternehmer kein Pfandrecht an diesem zu. Ursprünglich hatte B zwar ein Anwartschaftrecht an dem Auto. Dieses erlosch aber infolge des Rücktritts durch den Verkäufer. Damit erlosch auch das zunächst bestehende Anwartschaftsrecht des U.

5. Kann das Werkunternehmerpfandrecht nach §§ 1207, 932ff. BGB gutgläubig erworben werden?

Nein!

Eine direkte Anwendung der §§ 1207, 932ff. BGB scheidet aus, weil die Vorschrift für rechtsgeschäftlich bestellte Pfandrechte gilt. Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus § 1207 BGB. Dieser ist aber im Zusammenhang mit § 1205 BGB zu lesen und § 1205 BGB regelt die Bestellung eines (rechtsgeschäftlichen) Pfandrechts.

6. Können die §§ 1207, 932 ff. BGB durch den Verweis aus § 1257 BGB entsprechend angewendet werden?

Nein, das ist nicht der Fall!

Nach § 1257 BGB finden die Vorschriften über das durch Rechtsgeschäft bestellte Pfandrecht auf ein kraft Gesetzes entstandenes Pfandrecht entsprechend Anwendung. Der Wortlaut des § 1257 BGB verdeutlicht, dass eine entsprechende Anwendung nur für kraft Gesetz entstandene Pfandrechte in Betracht kommt. Hier geht es jedoch um das erstmalige Entstehen des Pfandrechts, sodass ein gutgläubiger Erwerb durch eine entsprechende Anwendung der §§ 1257, 1207, 932ff. BGB nicht in Betracht kommt.

7. Nach der h.M. ist der gutgläubige Erwerb durch eine analoge Anwendung des § 1207 BGB möglich.

Nein, das trifft nicht zu!

Nach der h.M. spricht (1) der eindeutige Wortlaut des § 1257 BGB gegen eine analoge Anwendung des § 1207 BGB. Nach § 1257 BGB sind die Vorschriften über rechtsgeschäftliche Pfandrechte nur bei bereits entstandenen Pfandrechten entsprechend anzuwenden. Bei dem Erwerb des Werkunternehmerpfandrechts geht es zunächst um dessen erstmalige Entstehung. (2) Auch der Besitz der Sache könne einen gutgläubigen Erwerb nicht legitimieren, weil die Besitzübergabe nicht zwecks Pfandrechtsbestellung erfolge. Der Unternehmer soll den Besitz erlangen, um sein Werk zu verrichten. Der Besitzübermittlung komme keine hinreichende Legitimationswirkung zugute.

8. Die h.M. lehnt einen gutgläubigen Erwerb des Werkunternehmerpfandrechts gänzlich ab.

Ja!

Die h.M. lehnt sowohl eine direkte, als auch analoge Anwendung der §§ 1207, 932, 1257 BGB ab. Der Rechtsgedanke des § 366 Abs. 3 HGB spreche weder für die analoge Anwendung der §§ 1207, 932, 1257 BGB, noch könne die Vorschrift selbst analog angewendet werden. Um den Unternehmer nicht ganz schutzlos zu stellen, kann eine Reparatur als notwendige Verwendung (§ 994 BGB) angesehen werden, sodass dem Unternehmer nach der h.M. ein Zurückbehaltungsrecht nach § 1000 BGB zusteht. Dafür kann je nach Konstellation auch der Streit um den "nicht mehr berechtigten Besitzer" entscheidend sein.

9. Steht U nach Ausübung des Rücktritts durch V ein Werkunternehmerpfandrecht zu (§ 647 BGB)?

Nein, das ist nicht der Fall!

Mit Erlöschen des Anwartschaftsrechts ist auch das ursprünglich bestehende Pfandrecht erlöschen. Ein gutgläubiger Erwerb kommt aus mehreren Gründen nach der h.M. nicht in Betracht: (1) wegen des eindeutigen Wortlauts des § 1257 BGB, (2) weil der Besitz nicht mit dem Zweck der Entstehung eines Pfandrechts übertragen wurde und somit keine Legitimationswirkung entfaltet, (3) § 366 Abs. 3 HGB keinen allgemeinen Rechtsgedanken enthält, der eine analoge Anwendung der §§ 1207, 932 ff. BGB rechtfertige und (4) § 366 Abs. 3 HGB wegen des besonderen - über das des Werkunternehmers hinausgehenden - Sicherungsbedürfnisses nicht analogiefähig ist.

10. U hat bei Übergabe des Smart ein Werkunternehmerpfandrecht am Anwartschaftsrecht des B erworben (§ 647 BGB).

Genau, so ist das!

Das Werkunternehmerpfandrecht kann auch an einem Anwartschaftsrecht entstehen. Erstarkt das Anwartschaftsrecht zum Volleigentum, so erstreckt sich dann auch das Pfandrecht auf das Volleigentum (§ 1287 S. 1 BGB analog). B hat zwar (noch) kein Eigentum an dem Smart, er hat aber ein Anwartschaftsrecht.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

PH

Philippe

26.8.2022, 17:10:36

Kurze Verständnisfrage: Kommt es auf diesen Streit überhaupt an? Das wäre ja nur dann der Fall, wenn das

Pfandrecht am Anwartschaftsrecht

ein Recht zum Besitz gegenüber dem Eigentümer begründet. Nach der Rechtsprechung des BGH kann das

Anwartschaftsrecht

selbst aber kein Recht zum Besitz sein. Folglich kann auch das

Pfandrecht am Anwartschaftsrecht

kein Recht zum Besitz gegenüber dem Eigentümer sein. Letztlich besteht vor dem Rücktritt ohnehin ein

abgeleitetes Besitzrecht

, weil der Unternehmer zur Herausgabe nur Zug um Zug gegen Zahlung der Vergütung verpflichtet ist und Zurückbehaltungsrechte nach der Rspr. ebenfalls ein Recht zum Besitz begründen.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

17.10.2022, 14:14:41

Hallo Philippe, hier sind zwei verschiedene Punkte zu unterscheiden: a) das

Werkunternehmerpfandrecht

am

Anwartschaftsrecht

und b) das

Werkunternehmerpfandrecht

an der

Sache

selbst. Das

Pfandrecht am Anwartschaftsrecht

ist nach dem Rücktritt nichts mehr wert, deswegen ist zu überlegen, ob der Unternehmer ggfs. gutgläubig ein Pfandrecht an der übergebenen

Sache

erworben hat, obwohl es sich hierbei gerade nicht um eine "

Sache

des Bestellers" handelt. Diese Probleamtik ist ein absoluter Klassiker und sehr prüfungsrelevant. Denn würde man dies bejahen, so stünde dem Unternehmer tatsächlich ein eigenes Besitzrecht iSv § 986 Abs. 1 S. 1 BGB zu. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

LI

lililaw

26.11.2022, 13:07:28

Das kam in der ersten Zivilrechtsklausur in Baden-Württemberg im Frühjahr 2022 dran.

Nora Mommsen

Nora Mommsen

26.11.2022, 17:44:09

Liebe lililaw, das haben wir direkt getaggt! Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

CH

ChrisSch

24.8.2023, 16:27:50

Examenstreffer! Kam heute sehr ähnlich im der ersten Zivilrechtsklausur im Saarland

Lord Denning

Lord Denning

27.2.2024, 10:29:15

Liebes Jurafuchs-Team, ich verstehe nicht ganz, warum § 1287 I 1 analog für die Erstreckung des Pfandrechts bei Erstarkung auf das Eigentum angewendet wird. Vielen Dank für eine Antwort schon mal im Voraus ;)

Sege

Sege

12.2.2025, 10:58:49

Ich bin mir auch nicht Sicher aber ich versuche es mir so zu erklären: Beim 1287 geht es eigentlich um Pfandrecht an einer Forderung. Das

Anwartschaftsrecht

wird dann bei der analogen Anwendung quasi wie so eine Forderung behandelt (ist natürlich nicht wirklich eine aber hier geht es ja um analoge Anwendung). - Der Werkbesteller wäre bei 1287 analog der (Forderungs-) „Gläubiger“, weil er ja Inhaber des

Anwartschaftsrecht

s (=Forderung) ist - Der Werksunternehmer ist Pfandgläubiger (=Werks

unternehmerpfandrecht

) - Der (noch) tatsächliche Eigentümer (z.B. der Verkäufer mit Eigentumsvorbehalt) ist der „Schuldner“ (weil von ihm das Eigentum ja weg geht (wenn alles gut geht)) Wenn der „Schuldner“ (Eigentümer) jetzt an den „Gläubiger“ (

Anwartschaftsrecht

inhaber) „leistet“ (das Eigentum wird übertragen), dann würde bei der analogen Anwendung der „Pfandgläubiger“ (Unternehmer) jetzt das Pfandrecht nicht mehr an der „Forderung“ (dem

Anwartschaftsrecht

) haben, sondern an dem Gegenstand selbst (der hergestellten oder ausgebesserten

Sache

) erwerben. Aber das wird ja von der hM abgelehnt, da es bei dem 1287 um das Entstehen des Pfandrechts geht (es wird ein neues Pfandrecht erworben) und in unserem Fall das

Werkunternehmerpfandrecht

bereits entstanden ist und nur weiter bestehen soll. Wie das weiter geht steht ja in der Aufgabe. Ich hoffe ich hab das verständlich ausgedrückt und vor allem nichts falsches gesagt hahaha.

Tim Gottschalk

Tim Gottschalk

16.9.2025, 19:29:34

Hallo @[Lord Denning](222886), die Antwort von @[Sege](241995) ist im Hinblick auf die analoge Anwendung von § 1287 Abs. 1 S. 1 BGB genau richtig. Allerdings muss ich sie hinsichtlich der h.M. korrigieren: Die h.M. lehnt nicht ab, dass § 1287 Abs. 1 S. 1 BGB analog angewendet wird, um das

Pfandrecht am Anwartschaftsrecht

nach Erstarkung zum Vollrecht am Vollrecht selbst besteht. Die h.M. lehnt lediglich ab, dass das Pfandrecht gutgläubig erworben werden kann. Das ist eine davon unabhängige Frage. Vergleiche dazu die Ausführungen in diesem Thread: https://applink.jurafuchs.de/fAseTqJnIWb Liebe Grüße Tim - für das Jurafuchs-Team

Juraminator

Juraminator

1.10.2025, 19:41:15

danke an Euch sehr hilfreich!!

AN

Anne

27.9.2024, 14:36:05

Wieso geht ihr vorliegend davon aus, dass vor Rücktritt des Kaufvertrags ein

Werkunternehmerpfandrecht

am

Anwartschaftsrecht

entstand? Wenn ich das

Werkunternehmerpfandrecht

nach

§ 647 BGB

prüfe, prüfe ich das doch in der Frage, ob der Werkunternehmer ein Recht zum Besitz gegen den Eigentümer geltend machen kann. Nach h.M. führt aber ein

Anwartschaftsrecht

schon zu keinem Recht zum Besitz. Müsste dann ein

Werkunternehmerpfandrecht

am

Anwartschaftsrecht

aus einem

Umkehrschluss

erst Recht kein Recht zum Besitz begründen.

Nils

Nils

15.10.2024, 01:24:29

Lies mal zwei Threads weiter unten.

YANW

YanWing

10.1.2025, 15:34:01

Der Werkunternehmer erlangt nicht das

Anwartschaftsrecht

an sich, sondern ein Pfandrecht, um seine Werklohnforderung zu sichern. Speziell beim Pfandrecht eines

Anwartschaftsrecht

s, im Vergleich zum Pfandrecht am Eigentum, ist, dass der Unternehmer die

Sache

zwar zur Befriedigung seiner Lohnforderung veräußern kann, die

Sache

aber immernoch mit Eigentumsvorbehalt des ursprünglichen Verkäufers belastet ist. Er kann also nur das

Anwartschaftsrecht

und nicht das Eigentum veräußern. Dies ändert allerdings nichts daran, dass er im Rahmen seines Pfandrechts ein Zurückbehaltungsrecht, also Recht zum Besitz, hat. In diesem Fall bestand allerdings kein

Anwartschaftsrecht

mehr, der Unternehmer kann also auch kein Pfandrecht an einem nicht existenten

Anwartschaftsrecht

halten.

SPA

sparfüchsin

26.5.2025, 14:59:34

Vielleicht könnten wir gier nochmal klären, was sich daraus für die einzelnen Ansprüche ergibt. Wenn ich es richtig verstehe, ist das Auto noch bei U. V -> U auf Herausgabe nach 985 (+), weil U mangels gutgläubig erworbenem WUP (da würde man dann die Einzelfragen aus der Aufgabe diskutieren) kein Recht zum Besitz hat. welche Ansprüche kommen noch in Betracht?

Sophie

Sophie

6.8.2025, 21:36:53

push <3

Tim Gottschalk

Tim Gottschalk

27.9.2025, 12:27:56

Hallo @[sparfüchsin](295598), als weitere Ansprüche kommen in Betracht: Ein Anspruch des U gegen V auf

Verwendungsersatz

nach §§ 994,

996 BGB

. Eine

notwendige Verwendung

liegt beim Umlackieren jedoch nicht vor, auch von einer Wertsteigerung steht im Sachverhalt nichts. Daher ist dieser Anspruch abzulehnen. Ein Anspruch des U gegen B auf Zahlung des Werklohns nach § 631 Abs. 1 Hs. 2 BGB. Liebe Grüße Tim - für das Jurafuchs-Team

AME

Amelie7

4.8.2025, 11:10:42

Zum einen wird hier gesagt, dass U bei Übergabe ein

Werkunternehmerpfandrecht

am

Anwartschaftsrecht

erworben hat, dann wird aber gesagt dass hier noch kein Pfandrecht entstanden ist und deswegen eine analoge Anwendung abgelehnt wird? Ich verstehe das nicht so ganz, vielleicht kann mir jemand erklären wie das gemeint ist

LMA

Lt. Maverick

21.8.2025, 14:47:50

Hier ist zwischen 2 Ebenen zu unterscheiden: -

Werkunternehmerpfandrecht

an der

Sache

selbst -

Werkunternehmerpfandrecht

am

Anwartschaftsrecht

Solange ein

Anwartschaftsrecht

besteht, kann der Werkunternehmer gemäß

§ 647 BGB

grundsätzlich ein

Werkunternehmerpfandrecht

daran erwerben. Tritt der Verkäufer jetzt aber gemäß § 449 II BGB wirksam vom Kaufvertrag zurück, so erlischt auch das

Anwartschaftsrecht

, da der Bedingungseintritt der vollständigen Kaufpreiszahlung mit Rückabwicklung des Kaufvertrages nicht mehr eintreten kann. Wenn etwas erlischt, kann hieran auch kein Recht mehr gehalten werden, also geht folglich auch das

Werkunternehmerpfandrecht

unter. Deshalb stellt sich die Frage, ob der Unternehmer auch an

Sache

n, die nicht im Eigentum des Bestellers sind, wirksam ein Pfandrecht gemäß

§ 647 BGB

erwerben kann. Hier kommt die Konstruktion des gutgläubigen Erwerbs gemäß §§ 1207, 932 ff. BGB zum Tragen: Problematisch ist aber, dass in Ansehung des § 1205 BGB die Vorschriften nach §§ 1207, 932 ff. BGB nur für rechtsgeschäftliche Pfandrechte gelten und nicht gesetzlich erworbene, wie dem nach

§ 647 BGB

. Nach § 1257 BGB gelten die Vorschriften rechtsgeschäftlicher Pfandrechte entsprechend, aber das setzt wiederum ein BESTEHENDES gesetzliches Pfandrecht voraus. Da der Werkunternehmer aber grundsätzlich kein Pfandrecht an

Sache

n erwerben kann, die nicht im Eigentum des Bestellers stehen, hat er demnach auch kein Pfandrecht nach

§ 647 BGB

erworben. Zudem hat der Werkunternehmer lediglich das

Pfandrecht am Anwartschaftsrecht

, nicht aber an der

Sache

selbst erlangt. Nach § 1257 BGB bestand also zunächst ein

Werkunternehmerpfandrecht

, welches aber auf das

Anwartschaftsrecht

beschränkt war. Somit hätte selbst bei Bestehen des

§ 647 BGB

am

Anwartschaftsrecht

, kein Erwerb des Pfandrechts an der

Sache

gemäß §§ 1207, 932 ff. BGB erfolgen können. Die Vorschriften über rechtsgeschäftliche Pfandrechte wären gemäß § 1257 BGB nur soweit und solange anwendbar wie das

Pfandrecht am Anwartschaftsrecht

noch besteht. Gegen eine analoge Anwendung der §§ 1207, 932 ff. BGB spricht zudem der eindeutige Wortlaut des § 1257 BGB, der für die Anwendbarkeit gerade ein Bestehen des gesetzlichen Pfandrechts voraussetzt.

OKA

okalinkk

5.8.2025, 22:12:16

?

OKA

okalinkk

15.9.2025, 18:39:25

Schliesslich hat er ja das Auto des V repariert?

Foxxy

Foxxy

15.9.2025, 18:39:28

Ein Zurückbehaltungsrecht nach berechtigter GoA (§§ 683, 670, 677,

1000 BGB

) steht U gegen V grundsätzlich nicht zu. Zwar hat U tatsächlich das Auto des V repariert, aber U handelte nicht als Geschäftsführer ohne Auftrag, sondern aufgrund eines Werkvertrags mit B. Die GoA ist nur subsidiär anwendbar, also nur, wenn kein anderes Schuldverhältnis besteht. Da zwischen U und B ein Werkvertrag bestand, kommt ein Zurückbehaltungsrecht aus GoA gegenüber V nicht in Betracht. U kann allenfalls Ersatz notwendiger

Verwendungen

gegenüber V verlangen (§

994 BGB

), aber kein Zurückbehaltungsrecht aus GoA.

OKA

okalinkk

15.9.2025, 18:41:34

D.h. hier liegt ein Fall des pflichtengebundenen Geschäftsführers vor? U kann die Verführung nur von B aufgrund des Werkvertrags verlangen. Nicht aber von V.

Tim Gottschalk

Tim Gottschalk

16.9.2025, 10:02:23

Hallo @[okalinkk](253888), das ist ein Fall des pflichtengebundenen Geschäftsführers, ja. Allerdings ist hier durch den Werkvertrag die Vergütung abschließend geregelt, weswegen die GoA nicht anwendbar ist. Insofern hat Foxxy die Frage richtig beantwortet. Eine

notwendige Verwendung

nach §

994 BGB

wird in der Umlackierung aber relativ offensichtlich nicht, sodass auch dieser Anspruch nur sehr theoretisch besteht. Liebe Grüße Tim - für das Jurafuchs-Team


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