Zivilrecht

Examensrelevante Rechtsprechung ZR

Kaufrecht

Eintragung eines Kfz im Schengener Informationssystem als Rechtsmangel

Eintragung eines Kfz im Schengener Informationssystem als Rechtsmangel

21. April 2025

26 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

K kauft 2011 von B einen Audi Q7. Dieser war im Jahr 2009 in Rumänien von der früheren Besitzerin X nicht an Leasinggeber Y zurückgegeben worden, was K nicht weiß. 2013 wird das Fahrzeug zur Sicherstellung im Schengener Informationssystem (SIS) ausgeschrieben. K wird an der serbischen Grenze angehalten, der Audi beschlagnahmt und an Y übergeben. K erklärt B den Rücktritt vom Kaufvertrag.

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Einordnung des Falls

Eintragung eines Kfz im Schengener Informationssystem als Rechtsmangel

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K hat gegen B einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises (§ 346 BGB), wenn der Audi zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs an einem Rechtsmangel (§ 435 BGB) litt.

Ja, in der Tat!

Ein Anspruch des K auf Rückzahlung des Kaufpreises könnte sich aus § 346 BGB in Verbindung mit §§ 437 Nr. 2 Alt. 1, 326 Abs. 5 BGB ergeben. Der Anspruch hat folgende Voraussetzungen: (1) Rücktrittsgrund: (a) gegenseitiger Vertrag = Kaufvertrag (§ 433 BGB), (b) nicht vertragsgemäße Leistung = Rechtsmangel (§ 435 BGB), (c) bei Gefahrübergang, (d) kein Ausschluss der Gewährleistung, (e) kein Ausschluss des Rücktrittsrechts; (2) Rücktrittserklärung (§ 349 BGB). Hier kommt es darauf an, ob der Audi zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs einen Rechtsmangel nach § 435 BGB aufweist.
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2. B konnte K kein Eigentum an dem Audi übertragen. Ein Rechtsmangel (§ 435 BGB) liegt aus diesem Grund vor.

Nein!

Eine Sache ist gemäß § 435 BGB frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf die Kaufsache keine oder nur die im Kaufvertrag übernommenen Rechte gegen den Käufer geltend machen können. Das Eigentum wirkt als absolutes Recht gegenüber jedermann. Wenn Y nach Übergabe des Fahrzeugs durch B an K weiterhin Eigentümer wäre, könnte er dieses Recht gegenüber K geltend machen. K weiß aber nichts vom Eigentum des Y. Da Y den Wagen freiwillig an X übergeben hat, ist er auch nicht abhandengekommen (§ 935 BGB). Daher hat K bei Übergabe des Audis gutgläubig Eigentum an ihm erworben und Y kann gegen ihn keine Rechte mehr geltend machen (§§ 932, 935, 936 BGB).

3. Die Eintragung des Fahrzeugs in das SIS stellt einen Rechtsmangel (§ 435 BGB) dar.

Genau, so ist das!

Die Eintragung in das SIS ist ein Rechtsmangel, wenn durch sie Dritte Rechte gegen K geltend machen können. BGH: Öffentlich-rechtliche Eingriffsbefugnisse, Beschränkungen oder Bindungen in Bezug auf die Kaufsache begründeten einen Rechtsmangel im Sinne des § 435 BGB. Darunter falle auch die Ausschreibung im SIS wegen eines Verdachts eines Eigentumsdelikts, denn mit der SIS-Ausschreibung sei im gesamten Schengen-Raum die Gefahr verbunden, dass das Fahrzeug bei einer polizeilichen Kontrolle von staatlichen Behörden rechtmäßig sichergestellt oder beschlagnahmt werde, mit der Folge, dass K das Fahrzeug nicht mehr ungestört im In- und Ausland nutzen könne (RdNr. 13).

4. Der Rechtsmangel lag auch zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs (§ 446 BGB) vor.

Nein, das trifft nicht zu!

Ein Rechtsmangel führt nur dann zur Eröffnung der Gewährleistungsrechte nach § 437 BGB, wenn er im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorliegt. Maßgeblich ist dabei der Zeitpunkt, in dem sich der Erwerb vollziehen soll, hier also bei Übergabe der Sache (§ 446 BGB). Zu diesem Zeitpunkt im Jahr 2011 war der Audi jedoch noch nicht in das SIS eingetragen worden - die Ausschreibung zur Sicherstellung erfolgte erst 2013. Damit lag der Rechtsmangel im maßgeblichen Zeitpunkt noch nicht vor, sodass K sein Rückzahlungsverlangen nicht auf diesen Rechtsmangel stützen kann.

5. Die - bei Gefahrübergang vorliegende - Gefahr, dass das Auto später sichergestellt werden könnte, begründet einen Rechtsmangel (§ 435 BGB).

Nein!

Der Audi war 2011 noch nicht in das SIS eintragen, der Sachverhalt lag aber schon vor. BGH: Dies begründe keinen Rechtsmangel (§ 435 BGB). Erst mit der SIS-Ausschreibung sei die Ausübung der Eigentümerposition konkret beeinträchtigt, da die Zugriffsbefugnisse dann so stark seien, dass mit ihrer Verwirklichung unmittelbar und jederzeit gerechnet werden müsse. Allein das Vorliegen eines tatsächlichen Geschehens, das wegen seiner erst nach Gefahrübergang erkannten strafrechtlichen Bedeutung für eine spätere SIS-Fahndung und die Beschlagnahme in irgendeiner Weise kausal geworden sei, genüge nicht für die Annahme eines Rechtsmangels (RdNr. 15f.). Den Aufbau der Anspruchsprüfung kannst Du hier wiederholen.
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