Zivilrecht
Werkrecht
Werkunternehmerpfandrecht
Verpfändungsklausel, die das gesetzliche Werkunternehmerpfandrecht um ein vertragliches Pfandrecht (§§ 1204ff. BGB) ergänzt
Verpfändungsklausel, die das gesetzliche Werkunternehmerpfandrecht um ein vertragliches Pfandrecht (§§ 1204ff. BGB) ergänzt
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
U betreibt eine Werkstatt. Auf Anraten ihrer Nichte, die Jura studiert, hat U in ihren AGB geregelt, dass mit Kunden ein vertragliches Pfandrecht vereinbart wird. B gibt den im Eigentum des E stehenden Bulli zur Reparatur in die Werkstatt des U. U glaubt B sei die Eigentümerin.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Verpfändungsklausel, die das gesetzliche Werkunternehmerpfandrecht um ein vertragliches Pfandrecht (§§ 1204ff. BGB) ergänzt
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. U hat ein gesetzliches Werkunternehmerpfandrecht erworben (§ 647 BGB)?
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. Da U glaubte, dass B Eigentümerin des Bullis sei, hat sie nach h.M. das Werkunternehmerpfandrecht gutgläubig erworben.
Nein!
3. U hat aber ein vertragliches Pfandrecht durch die AGB gutgläubig erworben (§§ 1204ff., 1207, 932 BGB).
Genau, so ist das!
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Benji
14.6.2022, 23:55:32
Wieso ist ein "erstmalig entstandenes" gesetzliches Pfandrecht kein kraft Gesetzes "entstandenes Pfandrecht" i. S. d. § 1257 BGB? Lukas, ich stehe auf dem Mitternachtsschlauch und bitte um Aufklärung 🤯 😁.
Lukas_Mengestu
16.6.2022, 12:56:20
Hallo BenBo, dann hoffe ich doch, dass wir Dich schnell von dem Mitternachtsschlauch herunterbekommen ;-) Der Wortlaut des § 1257 BGB besagt, dass für den Fall, dass ein Pfandrecht kraft Gesetzes entstanden ist, auf dieses Pfandrecht die Regelungen über ein rechtsgeschäftlich bestelltes Pfandrecht Anwendung findet (also auch die Vorschriften zum gutgläubigen Erwerb). Grundvoraussetzung ist indes, dass das gesetzliche Pfandrecht bereits besteht. Daran fehlt es in den Fällen zum
Werkunternehmerpfandrecht, in denen der Besteller kein Eigentümer des Wagens ist. Denn mangels Eigentümerstellung ist das gesetzliche Pfandrecht noch gar nicht entstanden. Aus diesem Grund fragen wir uns, ob ein gutgläubiger Erwerb dieses Pfandrecht in Betracht kommt. Auf diesen Fall ist § 1257 BGB indes nicht anwendbar, da die Norm verlangt, dass das Pfandrecht bereits entstanden ist und nicht erst durch Anwendung der Gutglaubensvorschriften entsteht. Ist es jetzt etwas klarer geworden? Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
HannaHaas
7.2.2024, 23:57:29
Danke Lukas, deine Antwort hat mir sehr geholfen!!
Juramaus
30.1.2023, 15:31:19
Ist es nicht umstritten ob eine derartige Regelung wirksam ist? Ein Teil der L
ehregeht ja von einem Verstoß gegen 307 II, I aus. Ganz genau hab ich die Gegenmeinung allerdings nicht verstanden, weswegen ich gehofft hatte, hier eine Erklärung zu finden 😅
Izapella
27.2.2023, 20:59:16
Das würde mich auch interessieren, kann jemand helfen?
Juliaa
29.3.2023, 23:40:57
Mich auch 😅
Edward Hopper
3.5.2023, 22:53:41
Ist umstritten, aber durchaus vertretbar
A-MUC
26.7.2023, 21:24:00
„Umstritten ist, ob diese Klausel nicht unangemessen im Sinne des § 307 ist. Die herrschende Meinung (…) akzeptiert jedoch die Vereinbarung einer Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Kfz-Reparaturaufträge, die ein vertraglich vereinbartes Pfandrecht vorsehen.“ (Siehe BGHZ 101, 307 ff.; dagegen z.B.: Habersack Sachenrecht Rn. 195.) Quelle: Juracademy Sachenrecht 3 „Das Pfandrecht an beweglichen Sachen“
LaserLasse69
16.9.2024, 18:11:19
Dazu zwei Beiträge: "Solche [AGB-Pfandrechtsklauseln] Klauseln sind unwirksam. Wenn § 647 BGB bei Eigentum des Bestellers problemlos das Pfandrecht ermöglicht, es sonst aber grundsätzlich ausschließt, haben sie den primären Zweck, im Falle fehlenden Eigentums des Bestellers die Voraussetzungen für einen gutgläubigen Erwerb am Pfandrecht des Pfandrechts zu schaffen. Das ist wegen der damit verbundenen Absicht, den wahren Eigentümer zu schädigen, für sittenwidrig zu halten; im Übrigen belegt es, dass der Unternehmer billigend in Kauf nimmt, dass es um bestellerfremdes Eigentum geht, er mithin bosgläubig ist." (Peters, in: Staudinger, Neubearbeitung 2019, § 647 BGB, Rn. 14) Dagegen: "Die Vereinbarung eines solchen Pfandrechts ist nach richtiger Ansicht auch in AGB möglich; es handelt sich nicht um eine
Übersicherungdes Werkunternehmers. (...) Dagegen [gegen die obige Gegenauffassung] spricht jedoch, dass AGB häufig aus Klarstellungsgründen Klauseln enthalten, die gesetzliche Bestimmungen wiederholen. Auf eine unredliche Absicht des Verwenders lässt sich infolge der standardisierten Verwendung solcher Klauseln nicht ohne Weiteres schließen, selbst wenn diese die gesetzlichen Bestimmungen in gewissem Umfang wiederholen und ergänzen." (Buchwitz, in: Soergel, 13. Auflage 2022, § 647 BGB Rn. 24) Ich persönlich muss gestehen, dass mich die im Soergel vertretene Auffassung überhaupt nicht überzeugt. Das gesetzliche
Werkunternehmerpfandrechtist in § 647 BGB ja gerade geschaffen worden damit Werkunternehmer nicht immer ein vertragliches Pfandrecht (zur Kompensation ihrer Vor
leistungspflichtnach § 641 I 1 BGB) vereinbaren müssen. Hier davon auszugehen, dass die AGB schlichtweg gesetzliche Bestimmungen wiederholen wollen ist daher einfach quatsch. Dann ist m.M.n. das Argument aber auch nicht zu entkräften, dass wegen des weitestgehenden Gleichlaufs von gesetzlichem- und vertraglichem Pfandrecht (§ 1257 BGB) ein zusätzliches Interesse am vertraglichen Pfandrecht nur in der zusätzlichen Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs bestehen kann. Da hiervon aber letztlich nur der wahre Eigentümer betroffen ist, ist diese AGB-Klausel schon ihrer Konzeption nach schlichtweg ein Vertrag zu Lasten Dritter und kann deswegen nicht wirksam sein.
MagicMarv
29.8.2023, 17:07:57
Woraus ergibt sich, dass das
Werkunternehmerpfandrechtdazu berechtigt, die Mitnahme des Bullis zu verweigern?
luc1502
29.8.2023, 20:49:19
Das
Werkunternehmerpfandrechtnach §647 BGB ist ein beschränktes dingliches Recht und als dingliches Recht wirkt es - anders als schuldrechtliche Rechte - absolut, also gegenüber jedermann. Somit kann der Werkunternehmer v.a. iRd §985 dem Eigentümer das
Werkunternehmerpfandrechtals Recht zum Besitz iSd §986 I 1 BGB entgegenhalten.
as.mzkw
3.10.2024, 14:11:25
Wäre unter dem Punkt „Einigung über die Bestellung des Pfandrechts“ dann die Wirksamkeit der AGB-Klausel nach den §§ 305 ff. BGB zu prüfen?