Zivilrecht

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Umfang Hypothekenhaftung, §§ 1120 ff. (Teil 2)

Umfang Hypothekenhaftung, §§ 1120 ff. (Teil 2)

17. Februar 2025

10 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

E ist Eigentümer eines Grundstücks. Auf diesem steht ein Haus mit - wie in der Region üblich - zugehöriger Einbauküche, welche E unter Eigentumsvorbehalt erworben hat. Zur Sicherung eines Darlehens bestellt E zugunsten des G wirksam eine Hypothek. Später veräußert E die Küche wirksam an seinen Kumpel K, welcher die Küche abbezahlt. Als E seine Raten nicht zahlt, verlangt G die Duldung der Zwangsvollstreckung.

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Einordnung des Falls

Umfang Hypothekenhaftung, §§ 1120 ff. (Teil 2)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Umfang der Haftung ist auf das Grundstück beschränkt.

Nein, das ist nicht der Fall!

Neben dem Grundstück haften grundsätzlich auch wesentliche und unwesentliche Bestandteile, Erzeugnisse und Zubehör, welches in das Eigentum des Grundstückseigentümers gelangt. Dies ergibt sich aus § 1120 BGB. Die Haftung kann sich demnach auch auf das Haus oder die Einbauküche erstrecken, sofern diese unter die Vorschrift des § 1120 BGB zu subsumieren sind.
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2. Die Einbauküche ist als Zubehör zu qualifizieren.

Ja, in der Tat!

Das Zubehör ist in den §§ 97, 98 BGB legaldefiniert. Sowohl Rechte als auch Sachen können die Eigenschaft als Zubehör besitzen. Als Beispiele sind Maschinen, Geräte oder Büroeinrichtungen zu nennen, welche dem Betrieb eines Unternehmens dienen. Die Einbauküche dient dem auf dem Grundstück bebauten Haus. Ferner ist ein räumliches Verhältnis gegeben. Teilweise werden Einbauküchen entsprechend der regionalen Verkehrsanschauung nicht als Zubehör qualifiziert, vgl. § 97 Abs. 1 S. 2 BGB (BGH NJW 2009, 1078).

3. K hat durch das Abbezahlen der Küche das Eigentum an dieser erlangt.

Ja!

Bei einem Erwerb unter Eigentumsvorbehalt erfolgt die Übertragung des Eigentums entsprechend der Vermutung nach § 449 BGB erst mit vollständiger Kaufpreiszahlung (§ 158 Abs. 1 BGB). Es entsteht ein Anwartschaftsrecht. Das bestehende Anwartschaftsrecht kann entsprechend §§ 929 ff. BGB analog übertragen werden. Durch wirksame Übertragung des Anwartschaftsrechts an E wird dieser Inhaber des Rechts. Die Zahlung auf die offene Forderung lässt das Anwartschaftsrecht zum Eigentum erstarken (§ 158 Abs. 1 BGB).

4. Das Eigentum an der Küche ist durch die Hypothek belastet.

Genau, so ist das!

Hintergrund ist, dass das Anwartschaftrecht am Zubehör dem Eigentum am Zubehör gleichsteht . Argumentiert wird mit der Wesensgleichheit von dem Anwartschaftsrecht und dem Eigentum. Die Haftung erstreckt sich damit nach § 1287 BGB analog mit Bedingungseintritt (Eigentumserlangung) auf die Sache. Da schon das Anwartschaftsrecht mit der Hypothek belastet war, erstreckt sich die Belastung auch auf das erlangte Eigentum.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

JO

jomolino

30.4.2022, 11:40:01

Ich weiß nicht ob ich das falsch im Kopf habe, aber ist es nicht so, dass die Rechtsprechung in Nord und Süd Deutschland die

Zubehör

eigenschaft bzw. Ob etwas

wesentlicher Bestandteil

ist unterschiedlich be

urteil

en?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

2.5.2022, 15:50:12

Hi nomamo, vielen Dank für den guten Hinweis. Das hast Du völlig richtig im Kopf. Maßgeblich hierfür ist § 97 Abs. 1 S. 2 BGB, der normiert, dass eine Sache auch dann nicht

Zubehör

ist, wenn sie nicht als

Zubehör

angesehen wird. Der BGH hat in der jüngeren Vergangenheit (BGH NJW 2009, 1078) noch einmal betont, dass die Frage, ob eine

Einbauküche Zubehör

ist oder nicht, regional unterschiedlich zu be

urteil

en ist und die Antwort sich auch im Laufe der Jahre ändern kann (RdNr. 28). Das heißt, auch ältere Rechtsprechung ist immer nur bedingt

aussage

kräftig. Für Norddeutschland hatte der BGH früher sogar einmal festgestellt, dass eine Einbauküche dort nicht nur

Zubehör

(§ 97 Abs. 1 BGB), sondern vielmehr ein

wesentlicher Bestandteil

des Wohnhauses (§ 94 Abs. 2 BGB) sei. Im süddeutschen Raum gibt es dagegen eine Reihe von Entscheidungen, die selbst die

Zubehör

eigenschaft ablehnen, da es der dortigen Verkehrsanschauung entspreche, dass Mieter ihre Küche beim Auszug wieder mitnehmen (vgl. BGH NJW 2009, 1078 RdNr. 19 mwN). Wir haben nun einen klarstellenden Hinweis in den Sachverhalt und die Hinweistexte mit aufgenommen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

TH

Thomfred01

26.5.2022, 20:51:09

Ist die Subsumtion nicht etwas ungenau, wenn davon gesprochen wird, dass sich die Hypothek über §

1120 BGB

auch auf das Haus beziehen kann?

Gebäude

sind doch ohnehin wesentliche Bestandteile des Grundstücks gem. § 94 I BGB und daher unmittelbar von der Hypothek erfasst, oder?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

21.6.2022, 11:01:23

Hallo Thomfred01, die Hypothek umfasst erstmal nur das Grundstück. Das

Gebäude

ist zwar Bestandteil gem. § 94 Abs. 1 S. 1 BGB, allerdings wird dieses erst durch den Verweis in §

1120 BGB

vom

Haftungsverband der Hypothek

umfasst. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

HAN

hannabuma

4.6.2024, 12:36:37

Also ist bei Vorliegen eines

Anwartschaftsrecht

s keine Enthaftung gem. § 1121 I BGB möglich?

LS2024

LS2024

13.6.2024, 10:46:25

Fand das auch nicht sonderlich klar. Ich schätze hier soll man davon ausgehen, dass die Küche sich noch im Haus befindet, sodass § 1121 I BGB nicht einschlägig ist. An sich kann allerdings auch beim

Anwartschaftsrecht

genauso wie beim Eigentum Enthaftung nach §§ 1121, 1

122 BGB

eintreten, MüKoBGB/Lieder, 8. Aufl. 2020, BGB § 1120 Rn. 35.

BL

Blotgrim

20.6.2024, 17:21:45

Eine Enthaftung ist bezüglich der Küche grundsätzlich möglich. In der Aufgabe ging es halt darum zu zeigen, dass auch schon das

Anwartschaftsrecht

von der Haftung erfasst wird und sich diese Haftung fortsetzt wenn es zum Volleigentum erstarkt, da das ja so nicht direkt im Gesetz steht. Zur Enthaftung müsste K halt veräußern und die Küche vom Grundstück entfernen

HAN

hannabuma

14.1.2025, 14:08:31

Danke für die hilfreichen Antworten! @[LS2024](144077) @[Blotgrim](167544)

Ala

Ala

12.2.2025, 21:05:23

und wenn K die Küche nun nach seinem Eigentumserwerb vom Grundstück entfernt und in sein eigenes (Ks) Haus bringt, dann greift § 936 I 3 BGB NICHT wegen § 1121 II 1 BGB, sodass sich die Hypothek dennoch weiterhin auf die Küche erstreckt, richtig?

WASAB

wasabi

6.1.2025, 08:24:00

das Argument der wesensgleichheit von anwr und Eigentum ist Recht schwach. da lege ich ja genau das in den Begriff des anwr, was Ich dann wieder herausziehe, wie es eben meiner Argumentation gut tut. gibt es weitere stichhaltigere Argumente als die wesensgleichheit, weshalb der Eigentümer der Küche (nach Bedingungseintritt) nun mit seiner Küche für die Forderungen gegen den Eigentümer des Grundstücks haften soll?


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