Strafrecht

BT 2: Diebstahl, Betrug, Raub u.a.

Raub (§ 249 StGB)

Finalzusammenhang: Zweck-Mittel-Zusammenhang

Finalzusammenhang: Zweck-Mittel-Zusammenhang

3. Dezember 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem

Aus Wut schlägt T den O bewusstlos. Als er dann den O auf dem Boden liegen sieht, fasst er den Entschluss, die Gelegenheit zu nutzen und dessen persönliche Gegenstände einzustecken.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

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Einordnung des Falls

Finalzusammenhang: Zweck-Mittel-Zusammenhang

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Raubtatbestand nach § 249 StGB setzt voraus, dass zwischen Gewalt/Drohung und Wegnahme ein finaler Zusammenhang besteht.

Ja!

Nach h. M. wird beim Raub Finalität vorausgesetzt, was nicht zuletzt an dem Wortlaut „unter Anwendung“ fest gemacht wird. Die Nötigungsmittel werden gerade zur Erzwingung der Wegnahme eingesetzt. Es kommt dabei maßgeblich auf die Vorstellung des Täters (subjektiv) und nicht auf einen Ursachenzusammenhang (Kausalität) zwischen Nötigung und Wegnahme an. Die Anwendung von Gewalt oder Drohung darf somit nicht als bloße „Begleiterscheinung“ der Entwendung einer fremden Sache erfolgen, sondern sie muss gezielt darauf gerichtet sein, den Gewahrsamsbruch durch Ausschaltung eines erwarteten oder geleisteten Widerstands zu ermöglichen oder wenigstens zu erleichtern.
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2. Vorliegend scheitert der Finalzusammenhang daran, dass T erst nach der Gewaltanwendung den Entschluss fasst, Os Gegenstände einzustecken.

Genau, so ist das!

Die Anwendung von Gewalt oder Drohung darf nicht als bloße „Begleiterscheinung“ der Entwendung einer fremden Sache erfolgen, sondern sie muss gezielt darauf gerichtet sein, den Gewahrsamsbruch durch Ausschaltung eines erwarteten oder geleisteten Widerstands zu ermöglichen oder wenigstens zu erleichtern. Der Raubtatbestand ist also nicht erfüllt, wenn der Täter dem zunächst in bloßer Verletzungsabsicht niedergeschlagenen bewusstlosen Opfer anschließend Sachen entwendet.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

HannaHaas

HannaHaas

7.10.2023, 20:07:18

hier ist das der schwere Diebstahl nach §§ 242 I, 243 I 2 Nr.6 StGB erfüllt oder?

LELEE

Leo Lee

15.10.2023, 12:50:08

3143 Hallo Rébecca Haas, in der Tat wäre hier Nr. 6 erfüllt, da die Hilfslosigkeit auch vom Täter selbst herbeigeführt werden kann. Für weitere Beispiele bzw. eine Vertiefung kann ich die Lektüre von Schönke/Schröder 30. Auflage, § 243 Rn. 39 empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

HannaHaas

HannaHaas

15.10.2023, 13:11:00

Vielen Dank Leo!

GO

gova

13.6.2024, 17:54:19

Ich meine gelesen zu haben, dass es Fälle gibt, bei denen die Wegnahme einer abgeschlossenen Nötigung folgt, die Rspr. aber eine

Fortwirkung

der Nötigung und damit einen

Finalzusammenhang

annimmt. Ein Ausnahme-Fall ist die bestehende Wehrlosigkeit des Opfers als

Fortwirkung

der körperlichen Misshandlung. Könnte diese Ausnahme hier einschlägig sein?

PP2

Pp2

28.8.2024, 14:09:17

Sehe ich genauso. So auch der zugelassene KO.

Major Tom(as)

Major Tom(as)

21.11.2024, 10:24:47

Ich glaube, das könnte hier nicht gelten, weil O eben bewusstlos ist: Nach Ansicht des BGH gilt: "Als Raubmittel kommt dann jedoch – sofern das Opfer bei Bewusstsein ist – die

konkludent

e

Drohung

mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben, nämlich der Fortführung der Gewalt in Betracht, sofern sich den Gesamtumständen einschließlich der zuvor verübten Gewalt die aktuelle

Drohung

erneuter Gewaltanwendung entnehmen lässt. Notwendig hierfür ist stets, dass der Täter in irgendeiner Form schlüssig erklärt, also durch ein bestimmtes Verhalten genügend erkennbar macht, er werde einen eventuell geleisteten Widerstand mit Gewalt gegen Leib oder Leben brechen. Bei dieser Sachverhaltsgestaltung wirkt die zuvor verübte Gewalt als aktuelle

Drohung

erneuter Gewaltanwendung weiter, was sich aus den tatgerichtlichen Feststellungen ergeben muss. (...) Nutzt der Täter hingegen das Fortbestehen der auf Grund des Einsatzes des Raubmittels hervorgerufenen psychischen Zwangslage des Opfers gewissermaßen als „günstige Gelegenheit“ nur aus, ohne diese durch eine – sei es auch nur

konkludent

e –

Drohung

zu aktualisieren, fehlt es an der erforderlichen Finalität." Auch die a.A. in der Literatur, die einen Raub "durch Unterlassen" aufgrund einer Ingerenz-

Garantenstellung

annehmen, lehnen dies bei Bewusstlosigkeit ab: " Voraussetzung einer Strafbarkeit wegen Unterlassens ist nach allgemeinen Grundsätzen darüber hinaus, dass der Täter in der Lage ist, die Zwangslage zu beseitigen, er also zB die Fesselung lösen oder die verschlossene Tür öffnen kann. Daran fehlt es etwa, wenn der Täter sein Opfer bewusstlos oder sonst für ihn in der konkreten Situation irreversibel körperlich wehrlos geschlagen hat." (beides siehe: Sander, MüKo StGB, § 249, Rn. 31-33)


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