Öffentliches Recht

Verwaltungsrecht AT

Verwaltungsvollstreckung

Fall: Isolierter Rechtsschutz gegen Androhung

Fall: Isolierter Rechtsschutz gegen Androhung

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

D erhält einen rechtmäßigen, sofort vollziehbaren Bescheid, wonach sie den Betrieb ihres Restaurants einstellen muss. Für den Fall der Zuwiderhandlung wird ein Zwangsgeld in Höhe von 30.000 Euro angedroht. D will sich wehren.

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Einordnung des Falls

Fall: Isolierter Rechtsschutz gegen Androhung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. D kann den Grundverwaltungsakt anfechten.

Genau, so ist das!

Gegenstand der Vollstreckung im gestreckten Verfahren ist immer ein vorausgegangener Verwaltungsakt. Dieser kann ganz „normal” nach den Regeln der VwGO angefochten werden (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO). Sofern die Anfechtungsklage gegen den Grundverwaltungsakt keine aufschiebende Wirkung entfaltet oder die sofortige Vollziehung angeordnet wurde, sollte ein Antrag nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO gestellt werden. Ansonsten könnte vollstreckt werden, bevor über die Anfechtungsklage entschieden wurde. Damit liefe der Rechtsschutz für den Betroffenen ins Leere. D könnte hier den Bescheid, wonach sie ihr Restaurant schließen muss, anfechten. Ds Anwältin würde ihr hiervon abraten, da der Bescheid rechtmäßig ist.
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2. D kann nur gegen den Grundverwaltungsakt vorgehen.

Nein, das trifft nicht zu!

In der Verwaltungsvollstreckung nach § 6 Abs. 1 VwVG besteht die Möglichkeit, gegen jede einzelne Vollstreckungsmaßnahme isoliert vorzugehen. Die Androhung eines Zwangsmittels (§ 13 VwVG) kann gem. § 18 Abs. 1 S. 1 VwVG selbstständig angefochten werden. Die Festsetzung (§ 14 VwVG) ist ein selbstständiger Verwaltungsakt, sodass hier dasselbe gilt wie für den Grundverwaltungsakt. Die Anwendung des Zwangsmittels kann als Realakt mit der Leistungs- bzw. der Feststellungsklage angegriffen werden. D kann gegen die Androhung des Zwangsgeldes isoliert vorgehen, ohne den Grundverwaltungsakt anzugreifen.

3. D kann die Androhung mit der Feststellungsklage angreifen.

Nein!

Der Adressat einer Androhung nach § 13 VwVG kann gegen diese isoliert mit der Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) vorgehen (§ 18 Abs. 1 S. 1 VwVG). Die im Übrigen umstrittene Frage, ob die Androhung ein Verwaltungsakt ist oder nicht, ist damit im Ergebnis nicht relevant. Wäre die Androhung ein Verwaltungsakt, bedürfte es der Regelung des § 18 Abs. 1 S. 1 VwVG (wie bei der Festsetzung) nicht. Da es § 18 Abs. 1 S. 1 VwVG gibt, ist die Androhung auch anfechtbar, wenn sie nicht als Verwaltungsakt qualifiziert wird. D kann die Androhung isoliert anfechten. Das angedrohte Zwangsgeld liegt über der gesetzlich zulässigen Höhe von 25.000 Euro (§ 11 Abs. 3 VwVG). Die Androhung ist daher rechtswidrig. Ds Anwältin wird D empfehlen, die Androhung des Zwangsmittels anzufechten.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Blackpanther

Blackpanther

7.11.2023, 15:20:28

Gibt es eine dem § 18 BVwVG entsprechende Norm in NRW?

Linne_Karlotta

Linne_Karlotta

10.11.2023, 09:49:49

Hallo Blackpanther! Danke für die Frage. Tatsächlich gibt es eine § 18 BVwVG entsprechende Norm in NRW nicht. Der Rechtsschutz richtet sich schlicht danach, welche rechtliche Qualität man den einzelnen Maßnahmen der Vollstreckung zuschreibt. „Problematisch“ ist dies also nur bzgl. der Androhung und der Maßnahme im sofortigen Vollzug. Ersteres wird überwiegend als

Verwaltungsakt

eingestuft, sodass hier die Anfechtung statthaft ist. Die Maßnahme im sofortigen Vollzug wird überwiegend als

Realakt

eingestuft und ist somit mit der Leistungsklage bzw.

Feststellungsklage

angreifbar. Ich hoffe, ich konnte deine Frage beantworten. Viele Grüße, Linne - für das Jurafuchs Team.

Ala

Ala

26.7.2024, 14:24:57

Hey, in der Aufgabe ergeht die Androhung des Zwangsmittels zusammen mit dem Grund

verwaltungsakt

. Wieso kann die Androhung isoliert angefochten werden, wenn in § 18 VwVG steht: „ist die Androhung mit dem zugrunde liegenden

Verwaltungsakt

verbunden, so erstreckt sich das Rechtsmittel zugleich auf den

Verwaltungsakt

, soweit er nicht bereits Gegenstand eines Rechtsmittel- oder gerichtlichen Verfahrens ist.“? oder bedeutet „verbunden“ hier was anderes?


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