Zivilrecht
Bereicherungsrecht
Umfang des Bereicherungsanspruchs
Saldotheorie – Arglistige Täuschung (unverschuldeter Untergang)
Saldotheorie – Arglistige Täuschung (unverschuldeter Untergang)
14. Februar 2025
8 Kommentare
4,8 ★ (16.151 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
V verkauft an K einen gebrauchten Smart. Er täuscht dabei die K über die von dem Wagen bereits gefahrene Strecke. Am Tage nach der Auslieferung wird der Wagen ohne Verschulden der K zerstört. In der Werkstatt erfährt K von der Täuschung und ficht den Vertrag an.
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Einordnung des Falls
Saldotheorie – Arglistige Täuschung (unverschuldeter Untergang)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der Kaufvertrag ist infolge der Anfechtung nichtig (§ 142 BGB).
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. K steht bezüglich des gezahlten Kaufpreises dem Grunde nach ein Anspruch aus Leistungskondiktion zu (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).
Ja!
3. Könnte K bei Anwendung der Saldotheorie den vollen Kaufpreis herausverlangen?
Nein, das ist nicht der Fall!
4. Findet die Saldotheorie zulasten von K Anwendung?
Nein, das trifft nicht zu!
5. Kann sich K nach der eingeschränkten Zweikondiktionentheorie auf die Entreicherung berufen (§ 818 Abs. 3 BGB)?
Ja!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Alicia99
12.10.2023, 14:26:27
In der zweiten Frage steht glaube ich fälschlicherweise zwei mal „K“

Martin
20.2.2024, 14:40:07
Hallo zusammen, Eine bedeutende Mindermeinung (Finkenauer) in diesem Fall sei zu erwähnen. Diese bleibt aufgrund folgender Argumente bei der
Saldotheorie: Die Unredlichkeit des V hat nichts mit der Zerstörung zu tun. Vielmehr ging K davon aus den Wagen behalten zu dürfen und hat daher das Risiko für das Auto übernommen (unabhängig davon ob der Kaufvertrag wirksam ist oder nicht). Die vermögensmäßige Lage ist daher gleich wie bei den typischen Fällen. Die Idee, dass man dennoch die Unredlichkeit des V in die Wertung bei der Vermögensabschöpfung miteinbezieht, hat daher eher was mit Bestrafung des
arglistigTäuschendem als mit einer vermögensmäßigen Rückabwicklung zu tun. Eine solche ist jedoch dem deutschen Zivilrecht grds fremd. (Nur dann, wenn die Täuschung das Risiko des Untergang der Sache erhöht oder kausal war, ist die Anwendung der
Zweikondiktionenlehreangebracht.) Wieling/Finkenauer,
Bereicherungsrecht, § 5 Rn. 18. LG Martin
david1234
23.2.2024, 16:49:27
Danke ! Interessanter Ansatz, der Strafgedanke kam mir auch.
Lorenz
31.5.2024, 12:06:20
Andererseits ist die
Saldotheoriebereits eine Privilegierung, abweichend vom gesetzlichen Regelfall. Für Täuschende bleibt es einfach dabei. Ob der gesetzliche Regelfall eine Bestrafung darstellt, kann man sicher so oder so sehen.

G0d0fMischief
16.12.2024, 10:48:39
Woraus folgt die Möglichkeit der K sich im Hinblick auf den Kondiktionsanspruch des V auf
Entreicherungzu berufen? Aus Billigkeitsgründen macht das natürlich Sinn. Folgt die
Entreicherungdaraus, dass der Smart an V rückübereignet wird? Den Regressanspruch der K darf man ja nicht als „Bereicherung“ betrachten, da dieser sonst faktisch gemindert wird oder?
benjaminmeister
12.1.2025, 13:54:39
Die
Entreicherungfolgt daraus, dass in diesen Fällen eigentlich von völliger Zerstörung die Rede sein muss. Nach Zerstörung hat der Empfänger den Wert nicht mehr in seinem Vermögen. Da der Wagen nicht mehr existiert, müsste K
Wertersatzleisten, kann sich aber auf §
818 IIIberufen. Der Bereicherungsanspruch der K gegen V darf natürlich, wie du schon erkannt hast, wegen Sinn und Zweck der Normen nicht in die Betrachtung miteinbezogen werden.

G0d0fMischief
12.1.2025, 14:18:14
@[benjaminmeister](216712) danke das macht Sinn! Also geht es quasi darum, dass der objektive Wert der Sache weggefallen ist. Macht Sinn, da hätte ich eigentlich von selbst drauf kommen müssen :D Danke dir auf jeden Fall für die Erklärung!
benjaminmeister
12.1.2025, 13:58:05
"Nach der eingeschränkte Zweikondiktionentheorie wird die Berufung auf
Entreicherungnormativ eingeschränkt. Der Bereicherungs
schuldner könne sich hierauf nur berufen, wenn der Untergang des Leistungsgegenstandes nicht in seine Risikosphäre fällt. Eine
arglistige Täuschunghabe dabei - anders als z.B. Minderjährigkeit - keinen Einfluss auf die Risikoverteilung." Die Zerstörung des Autos durch einen Unfall fällt doch gerade in die Risikosphäre des Bereicherungs
schuldners? Normalerweise wäre doch deshalb die Einrede der
Entreicherungausgeschlossen. Wie in der Aufgabe aber letztendlich gesagt wird, findet die Einrede aber wegen der
arglistigen Täuschung des Verkäufers trotzdem Anwendung. Warum heißt es dann, dass die
arglistige Täuschungkeinen Einfluss auf die Risikoverteilung hat?