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„Rangsdorfer Hausdrama“ – Enger oder weiter Verwendungsbegriff (§ 996)?
„Rangsdorfer Hausdrama“ – Enger oder weiter Verwendungsbegriff (§ 996)?
21. Dezember 2025
44 Kommentare
4,8 ★ (118.229 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
V war seit 1993 Eigentümer eines Grundstücks. Ohne Vs Wissen wird ab 2008 die Zwangsversteigerung in das Grundstück betrieben. B erhält 2010 den Zuschlag und wird als Eigentümerin ins Grundbuch eingetragen. B baut ein Wohnhaus für € 500.000 auf das Grundstück. V hat inzwischen von der Versteigerung erfahren und erwirkt 2014 eine Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses.
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Einordnung des Falls
„Rangsdorfer Hausdrama“ – Enger oder weiter Verwendungsbegriff (§ 996)?
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 21 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. V will wieder als Eigentümerin im Grundbuch stehen und verlangt von B Zustimmung zur Grundbuchberichtigung. Könnte V gegen B einen darauf gerichteten Anspruch aus § 894 BGB haben?
Genau, so ist das!
2. Müsste zunächst das Grundbuch richtig sein (§ 894 BGB)?
Nein, das trifft nicht zu!
3. Das Grundbuch wäre unrichtig, wenn V – und nicht B - Eigentümer des Grundstücks wäre. Könnte V sein Eigentum durch die Zwangsversteigerung des Grundstücks an B verloren haben (§ 90 Abs. 1 ZVG)?
Ja!
4. Die durch V erwirkte Aufhebung des Zuschlagbeschlusses ist inzwischen rechtskräftig. Hat V sein Eigentum an B verloren?
Nein, das ist nicht der Fall!
5. V müsste der richtige Gläubiger und B die richtige Schuldnerin sein (§ 894 BGB).
Ja, in der Tat!
6. Der Anspruch von V ist entstanden. Könnte B ein Zurückbehaltungsrecht aus § 273 Abs. 2 BGB zustehen, wenn sie gegen V einen Anspruch auf Verwendungsersatz aus § 996 BGB hat?
Ja!
7. Zunächst müsste zwischen V und B eine Vindikationslage (§§ 985, 986 Abs. 1 S. 1 BGB) bestanden haben, als B das Grundstück ersteigert hat.
Nein, das ist nicht der Fall!
8. B könnte durch den Hausbau eine „nützliche Verwendung“ i.S.v. § 996 BGB vorgenommen haben. Ist die Auslegung des Begriffs der „Verwendungen“ i.S.v. § 996 BGB eindeutig und unumstritten?
Nein, das trifft nicht zu!
9. Nach dem weiten Verwendungsbegriff ist der Hausbau eine Verwendung i.S.v. § 996 BGB.
Ja!
10. Nach dem engen Verwendungsbegriff liegt keine Verwendung vor, wenn die Sache grundlegend verändert wird. Wäre der Hausbau danach eine Verwendung i.S.v. § 996 BGB?
Nein, das ist nicht der Fall!
11. Die Ansichten kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Spricht der Wortlaut von § 996 BGB dafür, eine Zustandsveränderung generell vom Anwendungsbereich auszuschließen?
Nein, das trifft nicht zu!
12. Kann man bei der Auslegung Systematik und Historie von §§ 994 ff. BGB heranziehen, um die Streitfrage zu lösen?
Ja!
13. §§ 994 ff. BGB dienen einem billigen Ausgleich der widerstreitenden Interessen zwischen dem Eigentümer und dem redlichen Besitzer. Wäre der Eigentümer zweckwidrig benachteiligt, wenn er auch für Zustandsveränderungen Verwendungsersatz leisten müsste?
Nein, das ist nicht der Fall!
14. Ist es interessen- und zweckmäßig, einen Verwendungsersatz des Besitzers bei Zustandsveränderungen (i.S.d. engen Verwendungsbegriffs) generell auszuschließen?
Nein, das trifft nicht zu!
15. Wäre es auch zweckwidrig, den engen Verwendungsbegriff anzuwenden, wenn dieser zu erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten führen würde?
Ja!
16. Damit ist der weite Verwendungsbegriff vorzugswürdig und B hat eine Verwendung i.S.v. § 996 BGB vorgenommen.
Genau, so ist das!
17. Die Verwendungen müssten auch nützlich i.S.v. § 996 BGB gewesen sein. Ist das unumstritten der Fall, wenn V erklärt, er habe absolut kein Interesse an dem Wohnhaus?
Nein, das trifft nicht zu!
18. Beinhaltet der Wortlaut von § 996 BGB eindeutig ein subjektives Element und lässt es sich in der Praxis einfach handhaben, maßgeblich auf subjektive Vorstellungen einer Partei abzustellen?
Nein!
19. B hat nützliche Verwendungen vorgenommen. V will ihren Anspruch abwehren, indem er von ihr die Beseitigung des Wohnhauses aus § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB verlangt. Könnte V einen solchen Anspruch gegen B haben, wenn dieser anwendbar ist?
Genau, so ist das!
20. Ist der Beseitigungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB unumstritten gegen das Resultat der Verwendungen anwendbar?
Nein, das trifft nicht zu!
21. B kann V mithin die Zustimmung zur Grundbuchberichtigung (§ 894 BGB) vorenthalten, bis V ihr Ersatz ihrer nützlichen Verwendungen leistet (§§ 273 Abs. 2, 996 BGB).
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Jimmy105
26.5.2025, 21:15:51
Das hier ist die bisher Beste Herausarbeitung einer Aufgabe. Super, Super hilfreich. Ich kann mir vorstellen, dass es nicht einfach ist Aufgaben derart kleinschrittig vorzubereiten, aber das hier darf gerne ein neuer Qualitätsmaßstab werden. Kleinschrittige Argumentation mit Auslegungsmethoden, Gegenüberstellungen, Klausurhinweisen, Tipps und Zusammenfassungen für den Überblick. Da kann man viel von lernen. Ich bevorzuge wie bereits an anderer Stelle erwähnt noch einen Gesamtüberblick, also eine gesamt Skizze (Schemata und Gedankenführung). Aber die kann man sich hier auch gut selbst erstellen. Einziger inhaltlicher Hinweis: an einer Stelle fehlt eine Erklärung. LG an das Team
QueerSocialistLawyer
26.5.2025, 21:26:50
Wirklich tolle Aufgabe. Auch schön wie man durch die Gedanken mitgeführt wird „zur Erinnerung hier an diesem Punkt sind wir“
Linne Hempel
27.5.2025, 09:16:30
Hey @[Jimmy105](252785), hey @[QueerSocialistLawyer](132926), wow, vielen Dank für dieses tolle Feedback! Das motiviert uns sehr. Den Wunsch nach einem Gesamtüberblick haben wir auf dem Schirm. Aktuell versuchen wir es so gut wie möglich in die Aufgabe zu integrieren, für einen „großen“ extra Überblick suchen wir noch nach einer guten (technischen) Umsetzung. Den erwähnten Formatierungsfehler habe ich behoben. Viele Grüße – Linne, für das Jurafuchs-Team
lionelhebe
18.6.2025, 15:33:55
In der 07/2025 Ausgabe der hemmer life & law ist eine Lösungsskizze zu dem Fall @[QueerSocialistLawyer](132926)
Anony Mous
27.5.2025, 16:47:18
Iman Ahmed
28.5.2025, 12:20:46
Der Gesetzgeber hat das ZBR in
1000 BGBregelt, gleichwohl es den 273 II
BGBgibt. Im Verhältnis zu 273 II
BGBist 1000 S. 1 lex specialis, wenn es sich um einen Herausgabeanspruch handelt. Aufbauend, soll der Verwendungsersatz nach 994ff. gem.
1001 BGBerst fällig werden, wenn eine Genehmigung oder Abnahme der Sache erfolgte. Jedoch ist es bei Ansprüchen aus 894 und 1004 so, dass 273 II Anwendung findet, da der BGH bereits klargestellt hat, dass die „Herausgabe“ nach 273 II ebenso die Herausgabe einer Buchposition umfasst (nicht aber der 1000 S. 1 der von einer Sache spricht). Einige nehmen den 1000 S. 1 auch analog, nicht aber der BGH. Im Ergebnis ist das richtige ZBR ist folglich vorliegend 273 II
BGB:)
Nadim Sarfraz
29.5.2025, 15:00:39
Hey @[Anony Mous](207571), gute Frage! Tatsächlich sind sich Lit. und Rspr. nicht einig darüber, ob die Einrede des
Bucheigentümers, ihm stehe ein
Verwendungsersatzanspruchzu, gegen den Anspruch des mat. Eigentümers aus
§ 894 BGBauf § 273 Abs. 2
BGBoder § 1000 S. 1
BGBgestützt werden kann. Der BGH greift hierbei auf § 273 Abs. 2
BGBzurück (instruktiv in BGH NJW 1980, 833, 834 a.E.). Da wir in dieser Aufgabe die Argumente des BGH nachzeichnen wollen, haben wir das hier auch so übernommen. Die Lit. bevorzugt den Weg über § 1000 S. 1
BGB(nachzulesen mw.N. bei BeckOGK-Hertel,
§ 894Rn. 81). I.E. bestehen zwar soweit ersichtlich keine Unterschiede (beide Ansichten gestehen dem
Bucheigentümerein ZBR zu) - dogmatisch greifst Du allerdings einen durchaus komplexen Punkt auf, da beide Normen nicht zu 100 % passen: @Iman Ahmed hat Recht, dass § 1000 S. 1
BGBnicht passt, da sich der
Bucheigentümernicht gegen einen "Herausgabeanspruch" wehrt. § 273 Abs. 2
BGBpasst allerdings ebenfalls nicht komplett, da das ZBR nach §
273 BGBeinen fälligen Anspruch voraussetzt. Der Anspruch auf Verwendungsersatz nach den §§ 994 ff.
BGBwird gem. § 1001 S. 1
BGBallerdings erst fällig, wenn der Eigentümer die Sache wiedererlangt oder die Verwendungen genehmigt - daraus resultiert gerade der Sinn von § 1000 S. 1
BGB, dem redlichen Besitzer trotz der grds. nicht gegebenen
Fälligkeitein Zurückbehaltungsrecht zu gewähren. Im Ergebnis sind also beide Normen nicht gänzlich passend: Im MüKo
BGB-Schäfer, § 273 Rn. 35, wird daher mE zu Recht darauf hingewiesen, dass unabhängig von der Frage, ob man Rspr. oder Lit. folgt, in beiden Fällen eine analoge Anwendung erfolgen muss. Zu konstatieren ist, dass das
BGBkeine eindeutige Lösung für diese Konstellation bereithält. In der Klausur kannst Du jedenfalls wenig falsch machen, im 2. Examen würde ich Dir aber den Rückgriff auf § 273 Abs. 2
BGBempfehlen. (: Liebe Grüße, Nadim für das Jurafuchs-Team
kithorx
13.6.2025, 13:43:40
@[
Nadim Sarfraz](302604) super Erklärung, danke!
Jura-Uhu
23.11.2025, 18:04:26
@[
Nadim Sarfraz](302604) Der
Anspruch auf Grundbuchberichtigungwird gem. § 1001 S. 1
BGBfällig, wenn der Eigentümer die Sache wiedererlangt hat. Den Besitz an dem Grundstück hat der Eigentümer im Fall ja wiedererlangt, er hat nur noch nicht die Buchposition zurück. Nach dem Wortlaut von § 1001 S. 1 wäre der Anspruch auf Verwendungsersatz fällig. Daher müsste man streng genommen auch § 1001 S. 1
BGB analoganwenden, um die
Fälligkeitdes Verwendungsersatzes zu verneinen und mit einer Analogie von § 273 Abs. 2
BGBdann eine ein Zurückbehaltungsrecht trotz fehlender
Fälligkeitannehmen. Oder?
Nadim Sarfraz
23.11.2025, 20:19:58
Hi @[Jura-Uhu](330546), genau, im Falle von § 1001 S. 1
BGBpasst - wenn
§ 894 BGBAusgangsanspruch ist - der Wortlaut wieder nicht ganz, daher müsste man diesen mit der hL - wie Du richtig sagst - ebenfalls analog heranziehen, um die
Fälligkeitzu bestimmen. Auch im Hinblick auf § 273 Abs. 2
BGBstimme ich Dir zu - das beruht letztlich auf den gleichen Gedanken wie im Kommentar oben. Liebe Grüße, Nadim für das Jurafuchs-Team
AngeD
31.5.2025, 10:39:55
Frage mich, wer denn die Zwangsvollstreckung betrieben hat ohne den Eigentümer zu ermitteln bzw. davon in Kenntnis zu setzen. Mmn ist doch eigentlich derjenige Verursacher dieser misslichen Lage, der ungeprüft das Grundstück versteigert hat, also vermutlich der Staat. Nach meinem Gerechtigkeitsempfinden sollte dieser den B entschädigen und auf Wunsch der V die Beseitigungskosten tragen.
Elenimated
31.5.2025, 20:22:01
Das habe ich mich auch gefragt. Ich denke aber, dass der ehemalige Eigentümer, der jetzt wegen eines Verwaltungsfehlers des Staats Verwendungsersatz leisten muss, dann Regressansprüche gegen den Staat hat. Als Amtshaftung zB :)
AngeD
31.5.2025, 20:31:45
Ich befürchte, dass auch hier juristisch fünfmal um die Ecke gedachte Begründungen gefunden wurden, warum der Staat mal wieder nicht haftet… gab kürzlich einen interessanten Fall: https://www1.wdr.de/nachrichten/rheinland/landgericht-wuppertal-sek-urteil-102.amp … ähnlich kaum noch nachvollziehbar weshalb eine Amtshaftung verneint wird. Ist schon seltsam was dem Bürger alles für Kenntnisse, Wissensstände und Aufbewahrungspflichten abverlangt werden, während sich der Staat immer mehr heraus nimmt und nie jemand z zur Rechenschaft gezogen wird.
Kati_9
9.6.2025, 10:26:29
Es lohnt sich die vorangegangene Entscheidungen zu recherchieren. Der Eigentümer hatte wechselnde Anschriften im Ausland, was die Zustellung im Zwangsvollstreckungsverfahren erschwert hat. Letztendlich hat aber das Gericht nicht ausreichend nachgeforscht. Ein Amtshaftungsverfahren gegen das Land Brandenburg müsste auch schon laufen bzw. gab es Gespräche über eine Entschädigung.
Dini2010
19.6.2025, 21:43:54
Das Amtshaftungsverfahren läuft auch bereits und das Land hat einen entsprechenden Anspruch auch bereits bejaht. Es soll nur erstmal das Verfahren abgewartet werden (wurde ja vom BGH aufgehoben und zurückverwiesen), da das Ergebnis ja durchaus auch relevant für die Höhe der Zahlungspflicht des Landes ist.
Dr. Michael Morbius
18.7.2025, 03:21:10
Dass der Staat hier haftet ist bereits zugesagt worden und lässt sich auch einfach recherchieren. Hier / im Rechtsstreit ging es aber nicht darum, sondern das ZRB und den
VerwendungsbegriffAngeD
18.7.2025, 10:11:23
Zum Zeitpunkt der Verfassung meiner Beiträge befand ich mich im Ausland, sodass meine Recherche nichts gebracht hat. Umso mehr freut es mich, dass hier Verantwortung übernommen wurde, um beiden Interessenparteien gerecht zu werden. @[Gigachad1](241559) mir ist schon bewusst, dass es hier um den
Verwendungsbegriffund das ZBR geht. Das hindert mich aber doch nicht daran zu kritisieren, dass es überhaupt zur Zwangsversteigerung gekommen ist. Insofern kann ich nicht ganz nachvollziehen weshalb dich mein Kommentar stört.
Dini2010
18.7.2025, 16:31:40
@[AngeD](2266) einer meiner ersten Gedanken war auch "und haftet der Staat?" 😊 kann Deine Gedanken über das eigentliche Thema hinaus also super nachvollziehen. Besides- es würde mich nicht wundern, wenn in einer mündlichen genau sowas dann gefragt wird. Also zB "wie läuft denn so ein Verfahren überhaupt ab, also ZV und "Rücknahme" Zuschlag etc.", "welche Schwierigkeiten gab es in dem Fall", "haftet der Staat und wenn ja, wie?". Von daher finde ich den Blick über den Tellerrand der eigentlichen Thematik, hier also über Verwendungsersatz und ZBR, hinaus, meistens sehr interessant und hilfreich 😉 Und die Tatsache, dass ja einige dir einfach inhaltlich geantwortet haben, zeigt ja, dass es mehrere interessiert 😊
AngeD
18.7.2025, 17:17:33
@[Dini2010](109777) Danke für deine Beitrag! Ich bin auch der Auffassung, dass Jurafuchs unter anderem wegen seiner Diskussionsbeiträge so wertvoll ist. Manche dort formulierten Beiträge haben mir geholfen Sachverhalte auch mal aus einer anderen Perspektive zu betrachten und gerade dadurch ein anderes Verständnis gefördert. Ich fände es schade, wenn man anfangen müsste sich mehrfach zu überlegen etwas zu posten, auch wenn es vtl nicht exakt zum Lerninhalt passt, aus Sorge dann negativ bewertet zu werden.
Dr. Michael Morbius
19.7.2025, 23:54:59
Deine Kritik daran, dass es zur ZVS kam ist voll berechtigt (wobei hier auch das Problem war, dass der ET im Ausland lebte und postalisch nicht erreichbar war und keine eindeutige Adresse angab), habe mit dem Teil kein Problem gehabt, fand deinen zweiten Kommentar wo es darum geht wie der Staat "fünf mal um die Ecke juristisch argumentieren wird" wenn das Gegenteil der Fall war einfach unnötig aufhetzerisch und spekulierend
AngeD
20.7.2025, 12:22:16
Ich wollte bestimmt niemanden aufhetzen oder gar beleidigen und bin auch erleichtert, dass die Familie in diesem Fall entschädigt wird. Es ist meine subjektive
Meinungberuhend auf anderen Entscheidungen wie zB der dort verlinkten, dass sich der Staat (leider) viel zu oft seiner Verantwortung entzieht mit teils fragwürdigen Begründungen. Das darf selbstverständlich jeder anders sehen und ist herzlich eingeladen seine Sicht dazu kundzutun. Dann aber bitte auch direkt so, dass man versteht, woran sich jemand gerade stört. Ich bin froh, dass ich mit den Beiträgen der anderen auf dem Laufenden gehalten werde und sich meine Befürchtung hier nicht bestätigt hat :-)
Dini2010
20.7.2025, 13:31:02
Das sehe ich genauso. ich kann diese Aussage, es sei "unnötig aufhetzerisch und spekulierend", zu sagen, man befürchtet, der Staat würde wieder fünfmal um die Ecke juristisch argumentieren, überhaupt gar nicht nachvollziehen. Abgesehen davon, war die Kritik nicht auch initial, dass die Frage nach einer Haftung des Staates doch leicht selbst recherchierbar und ab vom Thema sei? Verstehe diesen Wechsel schon nicht, wieso das plötzlich doch kein Problem ist, sondern der zweite Post das Problem ist 😉 "Aufhetzerisch" ist an dieser Aussage aber so gar nichts. Wie oft wird mit an den Haaren herbeigezogenen Argumenten seitens des Staates argumentiert. Ich selbst kann das aus eigener Erfahrung bestätigen (nein, keine eigene Betroffenheit, sondern durch den Auftrag, Gutachten vorzubereiten, um eben solche Ansprüche "wegzubügeln"). Bei Sachverhalten, wo jeder sofort sagen würde "also da muss doch jetzt der Staat/das Land etc haften?", werden wilde und teils fragwürdige juristische Argumentationen ausgepackt, das geht in der kleinen Kommune los und endet beim Staat. Und es kommt ja auch immer wieder mal vor, dass klageabweisende Urteile in der nächsten Instanz kassiert werden, zu Ungunsten des Staates. Es sagt doch niemand, dass dies stets und ständig so ist. Man mag vielleicht tatsächlich sagen, es ist Spekulation, davon auszugehen, der Stast bzw das Land würde in diesem Falle auch so handeln, zumal es hier ja tatsächlich mal anders war. Aber von "unnötig aufhetzerisch" zu sprechen ist doch echt drüber, vor allem wen und wofür überhaupt? Wenn man sich jetzt schon für die bloße Tatsache, dass man lediglich befürchtet, der Staat könne abenteuerlich argumentieren (wie es ja auch diverse Anwälte Privater tun), direkt eine solche Kritik einfängt, dann mag irgendwann wirklich nur noch der hartgesottene Teil seine Fragen, Gedanken und
Meinungen hier abgeben. Und man kann doch auch auf eine erste Kritik hin einfach mal sagen "ok, hab ich von der Seite aus gar nicht betrachtet, dass es trotz Themas ZBR etc sinnig sein könnte, über den Hintergrund der Versteigerung zu sprechen", statt sich dann einfach nen anderen, neuen Kritikpunkt zu suchen 😉 Ich fand die Kommentare von AngeD völlig in Ordnung. Und nur nebenbei: wie oben schon jemand schrieb, ganz so einfach war es dann nicht, dass der Eigentümer nicht erreichbar war durch falsche/nicht eindeutige Adressen. Dem ganzen lag eine unzureichende und fehlerhafte Recherche des Amtsgerichts zugrunde, in der Kürze 😉
Dini2010
20.7.2025, 13:35:00
@[Gigachad1](241559) aber eins muss ich echt mal Positiv anmerken: Du formulierst Deine Kritik wenigstens! Das finde ich, auch wenn ich sie absolut nicht teile, großartig. Häufig wird nur "feige" anonym ein 👎 dagelassen, statt einfach mal mit Worten zu sagen, was einen an dem Kommentar stört. Von daher finde ich es super, wenn jemand seine negative Kritik auch wirklich mal formuliert 👏
AngeD
20.7.2025, 14:24:21
Das führt uns zu dem neuen, aber ebenfalls gesellschaftlich aktuellen Thema des
Meinungsaustausches. Es ist so wichtig auch andere
Meinungen aushalten zu können, ohne jemand anders denkenden herabzuwürdigen oder in seiner Gesamtheit als Mensch abzuwerten. Da müssen wir wirklich aufpassen und sind allesamt in der Verantwortung darauf zu achten, wie wir miteinander sprechen und ob unsere Aussagen andere dazu ermutigen sich an Diskussionen zu beteiligen, oder ob wir andere dadurch ausschließen. Besonders als angehende Juristen sollten wir es natürlich noch besser wissen, wie man „gesund streitet“ bzw. sich austauscht. Insofern bin ich auch @[Gigachad1](241559) für seinen Denkanstoß dankbar. Evtl. hätte ich meine
Meinungnoch sachlicher formulieren können. So oder so fördert es die eigene Achtsamkeit mit dem Umgang der eigenen Ausdrucksweise und hält über die Entwicklung des Falles auf dem Laufenden. Zudem freue ich mich, dass andere ihre Empfindungen und Erfahrungen wie z.B. @[Dini2010](109777) zum Verantwortungsbewusstsein des Staates teilen. Nur so haben wir doch die Chance mal aus unserer Bubble zu kommen und abzugleichen, ob unsere subjektiven Erfahrungen mit denen anderer übereinstimmen. Alleine dafür finde ich Jurafuchs einfach wundervoll!
AngeD
20.7.2025, 14:35:29
@[Dini2010](109777) Deine Ansicht ist besonders spannend, denn du sitzt ja dann sozusagen mit an der Quelle und erhältst die Weisung „solche Ansprüche wegzubügeln“. Das finde ich so schade, insbesondere beim Staat der doch eigentlich einen Schutzauftrag ggü seinen Bürgern hat und auch ein gewisses Vertrauen für sich beansprucht. Das ist eine Entwicklung, die ich in den letzten Jahren leider auch zunehmend beobachte und es führt zu erheblichem Vertrauensverlust und Frust und dass nicht jeder sein Recht wahrnimmt. Statt alles immer erst vor Gericht erstreiten zu müssen, könnte der Staat auch mal aus der Position des Stärkeren heraus einfach mal zugeben, wenn er etwas verbockt hat und es gut sein lassen.
Dini2010
20.7.2025, 14:56:43
Auch wenn wir etwas vom Thema abgedriftet sind 😂: aber das Thema, andere
Meinungen zu zu lassen ist tatsächlich heutzutage schwieriger denn je, finde ich. Umgekehrt auch Kritik und der Umgang mit ihr. Sachlich Kritik zu üben und umgekehrt eine solche auch annehmen und diskutieren zu können,fällt vielen zunehmend schwer (explizit NICHT bezogen auf die Kommentare hier!!). Kritiker werden teilweise direkt als links,rechts,grün,antisemitisch weiß der Geier abgestempelt. Und die Kritisierten nehmen vieles als persönlichen
Angriff. Und was das Thema Verantwortung angeht: auch das nimmt doch überall ab. Der Chef schiebt es auf die Angestellten, die eine Partei auf die andere, der Minister auf seine Sekretäre usw. Früher sind Rücktritte wegen fast schon Belanglosigkeiten erfolgt, heute können sich manche Positionen gefühlt fast alles erlauben. Verantwortung gleich Null und im Zweifel hat man es ja gar nicht gewusst. @[AngeD](2266) Danke. Zum Glück war mein Auftrag nur vorbereitende Gutachten zu erstellen. Das ist immer schwierig, einerseits kann man natürlich nicht alles, was nur nach Amtshaftung (oder auch anderweitig Schadensersatz) riecht, direkt anerkennen. Andererseits gibt es Fälle, die recht eindeutig wirken, und da tue ich mich echt schwer bzw hab es getan, dann Argumente zu suchen, wie man das argumentativ vom Tisch bekommt. Tw.liest man dann ja auch Begründungen, wo in einer Klausur "noch vertretbar, aber abwegig" am Rande stünde. Umso besser finde ich es, um mal den Schwenk zum eigentlichen Thema zurück zu machen, dass das Land in dem Fall hier ziemlich direkt den Anspruch anerkannt hat 😊
Dr. Michael Morbius
20.7.2025, 16:25:05
Danke euch auch für den Austausch, ich will auch jetzt nicht sagen eure Gedanken wören unbegründet, verstehe natürlich worauf ihr euch bezieht und das Problem tatsöchlich existiert. Ich wollte mich nur auf diesen Fall hier beziehen und bin zugegebenermaßen auch sehr sensibel was das Thema angeht, vor allem weil die Frage nach der Amtshaftung bei meiner Recherche instinktiv das erste war woran ich gedacht hatte und ich es gleich nachgeschaut habe, aber schon klar, dass sich nicht jeder so intensiv mit dem Fall auseinandergesetzt hat und dann ist das jetzt auch nicht völlig abwegig das zu vermuten, vor allem wenn der Jurafuchs Fall hier keinen Bezug darauf nimmt. Euch weiterhin alles Gute, man sieht sich bestimmt wieder unter irgendeiner Kommentarspalte :D
Dini2010
20.7.2025, 16:28:44
@[Gigachad1](241559) DAS nenne ich mal einen am Ende doch insgesamt konstruktiven Austausch 😊 und ich hoffe doch, man sieht sich in einer anderen Kommentarspalte wieder 🤗
Christopher
31.5.2025, 18:07:27
verstehe hier im Fall die Formulierung "Der BGH lässt es genügen, wenn die
Vindikationslagespäter eintritt, um den redlichen (noch) berechtigten Beisitzer nicht besser zu stellen, als den redlichen Besitzer, der noch nie berechtigt war." nicht. Im Fall ist B doch der redliche noch-berechtigte Besitzer (er war auch materiell-rechtlich) Eigentümer als er die Verwendung vornahm. Würde man auf den Zeitpunkt der Vornahme der Verwendung abstellen, so würde hier keine
Vindikationslagevorliegen und B hätte keinen Anspr aus
996 BGB. Indem aber auf den späteren Zeitpunkt abgestellt wird, wird er ja nun besser gestellt, da er einen anspr aus 996 hat ??
Mandy
3.6.2025, 12:58:17
hallöchen, also ich habe das so verstanden, dass durch den rechtskräftigen Beschluss, der den Zuschlag aufgehoben hat, dieser seine Wirkung rückwirkend verliert, d.h. Der Zuschlag wird zumindest rechtlich so behandelt, als wäre er nicht erteilt worden. Durch diese Rückwirkung ist K also nicht Eigentümer geworden, sodass ein EBV zum Zeitpunkt des Hausbaus vorlag. Und zur Ansicht des BGH, dass auch eine
Vindikationslageausreicht, wenn sie erst zum Zeitpunkt der Herausgabe vorliegt: Darin liegt der Gedanke, dass dem redlichen Besitzer, der nie ein
Recht zum Besitzhatte, grds. Ein Verwendungsersatzansoruch zustünde (da EBV +) und daher besser gestellt würde, als derjenige, der ursprünglich ein Besitzrecht hatte, das aber später, d.h. Nach Vornahme der Verwendung, weggefallen ist. Dieser hätte nämlich dann keinen
Verwendungsersatzanspruch. Dies wird als unbilliges Ergebnis angesehen, sodass der BGH daher den Zeitpunkt nach hinten verlegt, in dem ein EBV vorliegen muss. Hier noch ein kleines Beispiel: M mietet ein Auto von V, als er auf der Landstraße unterwegs ist, leuchtet die Öl-Lampe auf und zeigt einen niedrigen Ölstand an. M kauft neues Öl und füllt es nach. Konstellation 1: der Mietvertrag zw. V und M ist nichtig, d.h. Zum Zeitpunkt der Verwendung EBV (+), da V Eigentümer, M Besitzer ohne
Recht zum Besitz, da Mietvertrag (-). Heißt er bekommt die (nützlich) Verwendung ersetzt. Konstellation 2: der Mietvertrag ist wirksam, wird jedoch nach dem Öl-Nachfüllen ordentlich durch V gekündigt. Im Zeitpunkt der Verwendung lag kein EBV vor, da V zwar Eigentümer und M Besitzer ist, aber M aufgrund des Mietvertrags zum Zeitpunkt der Verwendung ein
Recht zum Besitzhat. Ich hoffe das hilft weiter
Sahara 77
5.6.2025, 15:44:10
@[Mandy](284108) danke für die tolle Antwort! Hat mir sehr geholfen es zu verstehen :)
Christopher
25.8.2025, 13:30:11
Vielen Dank. Ja macht Sinn. Entweder hab ich ursprünglich falsch zitiert oder die haben die Formulierung geändert (von nicht besser zu nicht schlechter), da war mein Problem. Aber auch gutes Beispiel mit dem Mietwagen
jonas0108
1.6.2025, 13:10:21
Vielen vielen Dank! Ihr habt die Entscheidung wirklich super aufbereitet! :)
Linne Hempel
5.6.2025, 11:09:26
Hallo jonas0108, vielen Dank für dein Lob! Deine positive Rückmeldung motiviert uns, weiterhin unser Bestes zu geben. Beste Grüße, Linne Hempel, für das Jurafuchs-Team
Honey-bee
2.6.2025, 14:28:21
Hallo, kurze Verständnisfrage: Wo verorte ich ich in der Prüfung des
§ 894den § 1004 I S. 1 richtig? Unter (IV.) Keine Einwendungen/Einreden (genauso wie § 996)? (unter Verwendung des allg. Schemas des
§ 894von
jura fuchs) Wäre das richtig? :)
Leo Lee
19.6.2025, 11:14:28
Hallo Honey-bee, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! Der 1004 war in dieser Entscheidung in der Tat ein eigenes Begehren. D.h. der 1004 war "alleine" also losgelöst zu prüfen. Hierzu kann ich den
Tatbestandder entspr. Entscheidung sehr empfehlen (bei 2. findest du das Begehren: https://lorenz.userweb.mwn.de/urteile/vzr153_23.htm) :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Dini2010
19.6.2025, 21:58:27
Hi, war es nicht so, dass de BGH den § 1004 quasi (auch) im Rahmen des § 996 geprüft hat? Die Frage dahinter war, meine ich, ob ein Anspruch auf Beseitigung des Wohnhauses (§ 1004 I 1) die Nützlichkeit der Verwendung entfallen lassen würde (durch Entfallen der Werterhöhung des Grundstücks). Sprich, wenn § 1004 I 1 (+), dann § 996 (-). Man würde es in einer Klausur nur nie so inzident prüfen, sondern einen separate AGL daraus machen. Oder bin ich da falsch abgebogen gedanklich?
indubioprokrastinieren
27.8.2025, 14:42:41
Verständnisfrage: Zu dem Problem des Vorliegens der
Vindikationslagebeim Geltendmachen des § 273: Streitet man hier quasi über den Wortlaut des § 1001 ? Also ob man der VerwendungsersatzAS erst entsteht (und somit erst dann § 273 geltend gemacht werden kann), wenn der Eigentümer die Sache als solche zurückerlangt hat oder schon vorher? Oder was ist genau das Problem dort?
pactasuntservanda04
3.6.2025, 18:12:13
Gibt es eigentlich eine Frist, dass der V irgendwann keine Beschwerde mehr gegen die Zwangsvollstreckung einlegen kann?
Hille93
21.7.2025, 14:24:18
Ich tue mich immer etwas schwer einen exakten Tenor zu formulieren; könnte der ungefähr so lauten: "Die Beklagte wird verurteilt, die Eintragung des Grundstücks Gemarkung …, Flurstück-Nr. ..., Str., zu Eigentum des Klägers in das Grundbuch zu bewilligen Zug um Zug gegen Zahlung von € 500.000." vllt ergänzend "und das vorbezeichnete Grundstück an den Kläger herauszugeben" orientiert an: OLG München, Urteil vom 16. Mai 2018 – 20 U 2903/17 –, juris
Foxxy
22.7.2025, 16:11:04
Hallo Hille93, vielen Dank für Deinen Vorschlag! Wir haben ihn notiert und werden in einer der nächsten Redaktionssitzungen prüfen, inwiefern wir hierzu unsere Lerninhalte entsprechend anpassen bzw. noch weitere Aufgaben mit aufnehmen können. Beste Grüße, Foxxy, für das Jurafuchs-Team
Linne Hempel
13.10.2025, 16:36:58
