Zivilrecht

Sachenrecht

Der Besitzschutz

Abwandlung zum obigen Fall - Besitzwehr gem. § 859 Abs. 1 BGB: Eingesetztes Gewaltmittel ist nicht erforderlich.

Abwandlung zum obigen Fall - Besitzwehr gem. § 859 Abs. 1 BGB: Eingesetztes Gewaltmittel ist nicht erforderlich.

3. Juli 2025

19 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Fahrraddieb D knackt das Schloss, welches das Fahrrad des E sichert. Gerade als D aufsteigen möchte, kommt E hinzu. E schießt auf D, um ihn am Wegfahren zu hindern. E hätte D auch vom Fahrrad stoßen können, statt zu schießen.

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Einordnung des Falls

Abwandlung zum obigen Fall - Besitzwehr gem. § 859 Abs. 1 BGB: Eingesetztes Gewaltmittel ist nicht erforderlich.

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. E hat den unmittelbaren Besitz an dem Fahrrad verloren, als D damit wegfahren wollte.

Nein, das trifft nicht zu!

Besitz (§ 854 Abs. 1 BGB) ist die von einem natürlichen Herrschaftswillen (subjektives Element) getragene tatsächliche Sachherrschaft (objektives Element) über eine Sache. Tatsächliche Sachherrschaft setzt voraus, dass die Person eine realisierbare Möglichkeit zur Einwirkung auf die Sache hat. E kann hier noch auf das Fahrrad zugreifen, da D noch nicht weggefahren ist.
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2. D hat den Besitz des E am Fahrrad durch verbotene Eigenmacht (§ 858 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB) beeinträchtigt.

Ja!

Verbotene Eigenmacht (§ 858 Abs. 1 BGB) ist jede widerrechtlich vorgenommene Beeinträchtigung des unmittelbaren Besitzers in der Ausübung seiner tatsächlichen Sachherrschaft. Widerrechtlich ist die Besitzbeeinträchtigung, wenn sie ohne den Willen des Besitzers erfolgt und gesetzlich nicht besonders gestattet ist. Die Beeinträchtigung kann in einer Sachentziehung oder in einer sonstigen Störung bestehen.D war im Begriff, E den Besitz an dem Fahrrad zu entziehen. Dazu hatte er kein Recht. Diese Bedrohung des unmittelbaren Besitzes stellt zwar noch keine Besitzentziehung, aber jedenfalls eine Besitzstörung dar.

3. E kann sich in dieser Situation grundsätzlich auf das Selbsthilferecht aus § 859 Abs. 1 BGB berufen.

Genau, so ist das!

Es gibt unterschiedliche Ausprägungen des Besitzschutzes im BGB. Eine davon sind die Gewaltrechte der §§ 859, 860 BGB, die dem Vorbesitzer ohne Einschaltung eines Gerichts ein Selbsthilferecht geben. Die Voraussetzungen für die Selbsthilfe des unmittelbaren Besitzers (§ 859 Abs. 1 BGB) sind: (1) unmittelbarer Besitz oder Besitzdienerschaft, (2) verbotene Eigenmacht des Täters. Darüber hinaus bedarf es (3) der Verhältnismäßigkeit der Gewaltanwendung. E war unmittelbarer Besitzer. D wollte ihm den Besitz durch verbotene Eigenmacht entziehen. Fraglich ist, ob der Schuss ein verhältnismäßiges Verteidigungsmittel darstellt.

4. Durfte E auf D schießen, um die drohende Besitzentziehung abzuwenden (§ 859 Abs. 1 BGB)?

Nein, das trifft nicht zu!

Besitzwehr (§ 859 Abs. 1 BGB) und Besitzkehr (§ 859 Abs. 2, 3 BGB) erlauben es dem bisherigen Besitzer jedes Gewaltmittel einzusetzen, das geeignet und erforderlich ist, um den Besitz wiederzuerlangen, und nicht rechtsmissbräuchlich ist. Gewaltmittel sind dann nicht erforderlich, wenn mildere, gleich erfolgversprechende Mittel existieren. Wie bei der Notwehr (§ 227 BGB) ist eine Güterabwägung aber nicht notwendig. Der Schuss des E auf D war geeignet, um die drohende Besitzentziehung durch D zu beenden. Er war jedoch nicht erforderlich, da E den D auch vom Fahrrad hätte stoßen können.
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