Zivilrecht
Sonstige vertragliche Schuldverhältnisse
Leihe, §§ 598ff. BGB
Verwendungsersatz nach § 601 Abs. 1 und 2 BGB sowie Rückgabepflicht nach § 604 Abs. 1 BGB
Verwendungsersatz nach § 601 Abs. 1 und 2 BGB sowie Rückgabepflicht nach § 604 Abs. 1 BGB
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Da Oma O einsam ist und ihre Enkelin E neben der Uni kaum Zeit für ihren Papagei hat, leiht sie O den Vogel für drei Wochen. Nach drei Wochen verlangt E den Vogel zurück. O möchte aber zunächst Ersatz für die Fütterungskosten haben. Zudem verlangt sie die Tierarztkosten für eine Operation, die der Papagei unstrittig benötigt hatte.
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Einordnung des Falls
Verwendungsersatz nach § 601 Abs. 1 und 2 BGB sowie Rückgabepflicht nach § 604 Abs. 1 BGB
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. E und O haben einen Leihvertrag geschlossen. Hat E also gegen O einen Anspruch auf Rückgabe des Papageis aus § 604 Abs. 1 BGB?
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. O kann von E Ersatz für die Fütterungskosten des Papageis verlangen.
Nein!
3. O kann von E Ersatz für die Tierarztkosten des Papageis verlangen.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Dogu
11.8.2023, 15:56:02
Und das
Zurückbehaltungsrechtfolgt aus
§ 1000 BGB? Falls ja, könnte das ja vielleicht noch ergänzt werden, da im SV die O vor Herausgabe ihre
Verwendungeners
tattet haben will.
evanici
5.9.2023, 19:27:40
Sebastian Schmitt
7.11.2024, 12:57:49
Hallo @[Dogu](137074), @[evanici](214760) hat hier mit dem recht unbekannten §
273II BGB genau ins Schwarze getroffen (näher BeckOGK-BGB/Lohsse, Stand 1.12.2023, § 604 Rn 18). Wir haben die Norm jetzt in unserem Vertiefungshinweis ergänzt. Gegen
§ 1000 BGBspricht zunächst, dass zum Zeitpunkt der Fütterung + Behandlung keine
Vindikationslagevorlag, da O noch ein Recht zum Besitz (RzB) hatte, und es sich dementsprechend nicht um einen Fall von §§ 994 ff BGB handelt. Man könnte jetzt überlegen, §§ 994 ff
BGB analogauf denjenigen Besitzer anzuwenden, der zum Verwendungszeitpunkt noch ein RzB hatte, dieses Recht aber später wegfällt. Raum für eine solche Analogie dürfte allerdings jedenfalls dann nicht bestehen, wenn Verwendungsersatzansprüche anderweitig abschließend geregelt sind - wie es in § 601 BGB der Fall ist (BeckOK-BGB/Fritzsche, 71. Ed, Stand 1.5.2024, § 994 Rn 9). Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team
evanici
5.9.2023, 19:28:19
Da die Voraussetzungen geprüft werden in den Erläuterungen, ist das ein Rechtsgrundverweis auf GoA?
Rechtsanwalt B. Trüger
25.9.2024, 09:18:10
Genau, du musst in der Klausur dann erst noch die zusätzlichen Voraussetzungen einer GoA prüfen
Burumar🐸
1.11.2024, 14:51:33
Linne_Karlotta_
1.11.2024, 16:22:08
Hey @[Burumar🐸](172315), danke für Deine Frage. Allein aus dem Umstand, dass die Oma und die Enkelin eine familiäre Beziehung zueinander haben und die Oma – wegen ihrer Einsamkeit – auch etwas „davon hat“, sich um den Papageien zu kümmern, kann man noch nicht darauf schließen, dass es sich um eine reine
Gefälligkeithandelt. Auch die Unentgeltlichkeit der Leihe ist kein ausreichendes Kriterium zur Bestimmung. Siehe hierzu z.B. Münchener Kommentar zum BGB, 9.A. 2022, RdNr. 241: „Fehlt es an der Entgeltlichkeit, dann schließt das ein Schuldverhältnis nicht aus, wie die Existenz der sog.
Gefälligkeitsverträge(Auftrag, Leihe etc) belegt. Die Uneigennützigkeit und Unentgeltlichkeit des Handelnden reicht deshalb für sich genommen nicht aus, um auf das Fehlen des
Rechtsbindungswillens zu schließen.“ Gleichzeitig ist es natürlich auch nicht ausgeschlossen, dass sich O und E vertraglich nicht binden wollten. Für die Abgrenzung zu einem Vertrag bedarf es einer Bewertung sämtlicher objektiven Umstände des
Einzelfalles. In diesem Sachverhalt haben wir nicht genug Anhaltspunkte dafür, um diese Abgrenzung vorzunehmen. Da hier auch offensichtlich nicht der Schwerpunkt lag, kann man sich auf den Wortlaut aus dem Sachverhalt stützen und den Begriff „Leihe“ nicht nur umgangssprachlich, sondern auch rechtlich verstehen. Ich habe es im Sachverhalt jetzt aber noch deutlicher angelegt, dass es sich um einen Leihvertrag handelt. Viele Grüße – Linne, für das Jurafuchs-Team