Zivilrecht

BGB Allgemeiner Teil

Angebot und Annahme

Zulässigkeit des Shill Bidding – eBay

Zulässigkeit des Shill Bidding – eBay

21. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

V versteigert seinen VW Golf auf eBay (Startpreis: 1 €, Marktwert: 10.000 €). D bietet 1 €. K bietet 1,50 €. Danach geben nur noch V (über ein Zweitkonto) und K wechselnd höhere Maximalgebote ab. Ks letztes Gebot beträgt 9.000 €. V ist mit seinem Zweitkonto am Ende Höchstbietender. K verlangt Übergabe und Übereignung des Pkw.

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Einordnung des Falls

Zulässigkeit des Shill Bidding – eBay

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. V hat mit der Auktionseröffnung ein Angebot zum Verkauf des Golfs an den Höchstbietenden abgegeben.

Ja!

Nach § 6 Nr. 2 eBay-AGB (Stand: 1.5.2018) gibt der Verkäufer durch Einstellen eines Artikels im Auktionsformat ein verbindliches Angebot zum Vertragsabschluss über diesen Artikel ab. Dabei bestimmt er einen Startpreis und eine Annahmefrist (Angebotsdauer). Die eBay-AGB sind bei der Auslegung des Verhaltens des V nach objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) zu berücksichtigen. V hat mit der Auktionseröffnung bereits ein verbindliches Angebot (§ 145 BGB) abgegeben. Das Angebot richtet sich an den Höchstbietenden, auch wenn dessen Identität zum Auktionsstart noch unbekannt ist.
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2. V hat das Angebot mit seinem Zweitkonto als Höchstbietender angenommen.

Nein, das ist nicht der Fall!

BGH: Die Gebote des V mit seinem Zweitkonto seien keine rechtswirksamen Gebote, weil sie von vornherein nicht geeignet waren, einen Vertragsschluss mit einem anderen herbeizuführen (BGH, RdNr. 28). Das bestätigen auch die eBay AGB: Das auf eBay mit Eröffnung der Auktion erklärte Angebot eines Anbieters ist darauf angelegt, „einem anderen“ als dem Anbieter die Schließung eines Vertrags anzutragen. Dies ergibt sich sowohl aus den allgemeinen Regeln zum Angebot (§ 145 BGB) als auch aus § 3 Nr. 3 eBay AGB (Stand: 1.5.2018). Das Angebot kann deshalb nur durch einen vom Anbieter personenverschiedenen Bieter angenommen werden. Damit kann V nicht zugleich Verkäufer und Käufer sein. Er hat das Angebot mit seinem „Höchstgebot“ nicht angenommen.

3. Die Rechtssicherheit in Internetauktionen gebietet es, Eigengebote als wirksam zu fingieren.

Nein, das trifft nicht zu!

In der vorliegenden Konstellation sind keine schutzwürdigen Interessen des Eigenbieters V ersichtlich. Er verfolgt vielmehr das unlautere Bestreben, das Gebot künstlich in die Höhe zu treiben und sich somit missbräuchlich einen nicht vorgesehenen Mindestpreis zu sichern. Überdies ist auf Seiten des Bieters die Streichung solcher Gebote regelmäßig von Vorteil. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus etwaigen praktischen Schwierigkeiten. Denn sind die Eigengebote einmal identifiziert, können sie ohne größere Probleme aus der Angebotskette herausgenommen und der entsprechende Kaufpreis ermittelt werden.

4. K hat das Angebot des V zum Preis von 1,50 € angenommen.

Ja!

Mit der Abgabe eines Gebots erklärt sich der Bietende zur Annahme des Vertrages i.d.H. des aktuellen Maximalgebots bereit. Dabei bleibt das über ein Zweit-Konto unzulässig abgegebene Gebot eines Anbieters in der Reihe der abgegebenen Gebote unberücksichtigt. Ein regulärer Bieter muss es deshalb auch nicht übertreffen, um Meistbietender zu werden oder zu bleiben und will dies auch bei Auslegung nach §§ 133, 157 BGB nicht. K hat mit 1,50 das höchste (wirksame) Gebot abgegeben. Es ist zwischen V und K ein Kaufvertrag i.H.v. 1,50 zustande gekommen.

5. Der Vertrag ist sittenwidrig gemäß § 138 Abs. 1 BGB und aus diesem Grund nichtig.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Möglichkeit, einen Gegenstand deutlich unter dem Marktwert zu erwerben, macht gerade den Reiz von Internetauktionen aus. Daher bedarf es ganz besonderer Umstände, die auf eine verwerfliche Gesinnung des Auktionsteilnehmers schließen lassen. Diese liegen hier aber bereits deshalb nicht vor, weil Ks letztes Gebot 9.000 € betrug und ihm damit nicht anzulasten ist, nur einen Preis weit unterhalb des Marktwertes zu zahlen bereit gewesen zu sein (BGH, RdNr. 43).
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