Zivilrecht
BGB Allgemeiner Teil
Gesetz- und sittenwidrige Rechtsgeschäfte
Gesetz- und sittenwidrige Rechtsgeschäfte; Kein Vergütungsanspruch und kein Wertersatz
Gesetz- und sittenwidrige Rechtsgeschäfte; Kein Vergütungsanspruch und kein Wertersatz
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Zur Ausführung von Elektroarbeiten beauftragt B die Werkunternehmerin W. W erteilt B eine Auftragsbestätigung, worin ein Pauschalpreis von € 18.000 angegeben war. € 5000 davon sollten in bar bezahlt werden und nicht auf der Rechnung auftauchen. B zahlt nicht.
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Einordnung des Falls
Gesetz- und sittenwidrige Rechtsgeschäfte; Kein Vergütungsanspruch und kein Wertersatz
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Es liegt eine Schwarzgeldabrede vor.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG ist als Verbotsgesetz zu qualifizieren.
Ja, in der Tat!
3. Die Voraussetzungen des § 134 BGB sind erfüllt.
Ja!
4. Nur ein Teil des Werkvertrages unterliegt § 134 BGB.
Nein, das ist nicht der Fall!
5. W hat einen Aufwendungsersatzanspruch aus der Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
QuiGonTim
11.7.2022, 10:23:18
Es erscheint m.E. unbillig denjenigen, der seinen steuerlichen Pflichten zumindest teilweise nachkommen will, genauso zu stellen wie denjenigen, der seine Werkleistung gänzlich vor der Finanzverwaltung geheim halten will. Gibt es auch Ansichten, die eine Teilnichtigkeit annehmen oder auf andere Weise versuchen, die partielle Rechtstreue zu honorieren? Wie argumentieren sie?
Nora Mommsen
21.7.2022, 18:01:44
Hallo QuiGonTim, Die Rechtsprechung des BGH zur Nichtigkeit eines Rechtsgeschäftes wegen Verstoßes gegen das SchwarzArbG hat sich 2013 geändert. Bis dahin hatte der BGH Werkvertrag und „Ohne-Rechnung-Abrede“ als trennbare Teile eines einheitlichen Rechtsgeschäfts i. S. von § BGB § 139 BGB angesehen. Die Widerlegung der nach dieser Vorschrift bestehenden Vermutung der Gesamtnichtigkeit setzte allerdings den Nachweis voraus, dass die Parteien den Vertrag ohne
Schwarzgeldabredezu denselben Bedingungen, das heißt auch zu demselben Entgelt geschlossen hätten. Dies war schon damals von der Literatur kritisiert worden. (u.a. Lorenz, NJW 2013, 3132) Mit dem Urteil hat sich der BGH dann der deutlich herrschenden Meinung im Schrifttum angeschlossen. Dies folgt aus besonderen Schädlichkeit von Schwarzarbeit für die öffentlichen Kassen. Keiner der Parteien soll ein Anreiz gegeben werden es doch zu versuchen oder für einen Teil Entgelt geltend machen zu können. Auch wenn für die Literatur die Rechtsprechungsänderung in der Begründung (nämlich die Gesetzesänderung im SchwarzArbG 2004) nicht nachvollziehbar war, wird das Ergebnis in großen Teilen begrü´ßt (Leipold, BGB I, § 20. RNn. 11a; Lorenz, NJW 2013, 3132 f.). Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Paul21
24.1.2024, 15:46:29
Was ist mit "Erforderlichkeit" gemeint? Davon ist sowohl hier als auch in anderen Aufgaben zur GoA die Rede. Ist damit gemeint, dass die Übernahme dem Interesse und Willen des Geschäftsführers entspricht (§ 683 S. 1 BGB)?
luc1502
12.3.2024, 10:51:23
wenn du den Anspruch aus echter berechtigter GoA prüfst, dann kommst du iwann an den Punkt des Umfangs des Aufwendungsersatzanspruchs, den §670 BGB regelt (und auf den der §683 BGB verweist, indem er sagt "wie ein Bauftragter verlangen") und der §670 beschränkt den Aufwendungsersatz auf die "erforderlichen Aufwendungen", d.h. der Geschäftsführer kann nur die Aufwendungen ersetzt verlangen, die wirklich erforderlich waren. Erforderlich ist, was der GF nach den Umständen des Einzelfalls für erforderlich halten darf. Da der Unternehmer hier aber weiß (oder hätte wissen müssen), dass der Vertrag nichtig ist, darf er seine Aufwendungen auch nicht für erforderlich halten. Hoffe, das hilft dir weiter!
Paul21
12.3.2024, 22:19:10
Ja, das hilft. Danke dir!
Paul21
12.3.2024, 22:19:10
Ja, das hilft. Danke dir!
JuraKönigin2025
20.8.2024, 10:17:58
Hallo zusammen, ich habe nicht ganz verstanden, warum hier bei diesem Fall von dem einen Vertragspartner Vorsatz gebraucht wird (vom Verstoß) - ich hatte 134 so verstanden, dass es auf die Kenntnis gar nicht ankommt, sondern nur dass ein objektiver Verstoß vorliegen muss? Danke schonmal für eure Hilfe :) GLG
David S.
20.8.2024, 10:31:35
Hey, grundsätzlich bedarf es für die Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB nur eines objektiven Verstoßes (gegen die Verbotsnorm) und es gelten keine subjektiven Voraussetzungen. Anders liegt es aber, wenn die Verbotsnorm selber, hier der § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG, den Verstoß an subjektive Voraussetzungen knüpft. Dann müssen diese für den Verstoß gegen die Verbotsnorm auch erfüllt sein. Viele Grüße David
G0d0fMischief
26.8.2024, 09:50:39
Hier vertretet im Fall des Anspruchs der GoA die Ansicht des BGH, dass der Beauftragte seine Aufwendungen nicht für erforderlich halten durfte. Meiner Meinung nach liegt jedoch schon gar nicht die Vornahme eines fremden Geschäfts vor, da der Werkunternehmer seiner vermeintlichen Pflicht aus dem Werkvertrag nachkommen wollte. Das der Werkvertrag nichtig ist, ändert nichts an der Tatsache, dass der Werkunternehmer solvendi causa geleistet hat. Könnt ihr daher in der Aufgabe ergänzen, dass eine andere Ansicht vertretbar ist, bzw. diese vielleicht sogar hinzufügen?
luc1502
16.9.2024, 16:43:55
Hi @[G0d0fMischief](217996), bei der GoA könnte man es m.E. entweder an der "Erforderlichkeit" oder am "fehlenden Fremdgeschäftsführungswillen" scheitern lassen (oder man sagt von vornherein, dass für die Abwicklung nichtiger Verträge das Bereicherungsrecht einschlägig ist); denn der Werkunternehmer führt zum einen - wie du sagst - ein eigenes Geschäft, aber gewissermaßen auch ein fremdes, denn die Elektroarbeiten sind auch im Interesse des Bestellers -> ergo liegt ein sog. auch-fremdes Geschäft vor; Zwar vertritt der BGH hier, dass der FGW vermutet wird, aber wie du sagst, führt er das Geschäft doch primär deswegen, weil er seine vermeintliche Pflicht erfüllen will und somit der Wille fehlt, das Geschäft als fremdes zu führen. Ich hoffe, das hilft dir weiter!
G0d0fMischief
17.9.2024, 08:07:59
Hi @[luc1502](95177) danke für deine Nachricht! Es müsste doch aber einen Unterschied machen, ob man den Anspruch auf GoA an einem FGW oder an der Erforderlichkeit scheitern lässt. Wenn der Anspruch aus GoA an der Erforderlichkeit scheitert dann liegt tatbestandlich ja dennoch eine GoA vor, nur kann man das „Geleistete“ nicht zurückfordern. Ein Folgeproblem dessen wäre aber, dass die GoA in Folge dessen auch ein Recht zum Besitz darstellen würde. Dies hätte zur Folge das tatbestandsmäßig schon jegliche in Betracht kommende Bereicherungsrechtliche Ansprüche mangels Rechtsgrundes ausgeschlossen wären (Problem des § 817 S. 2) würde abgeschnitten werden. Deshalb finde ich es sinnvoller, den Anspruch auf GoA schon am FGW scheitern zu lassen. Ich verstehe, was du mit dem auch-fremden Geschäft meinst, nur darf man hier nicht vergessen, dass der Werkunternehmer hier solvendi causa leistet und so gesehen jede Leistung solvendi causa ein „auch-fremdes“ Geschäft darstellen würde, da dies immer zur Befreiung einer Verbindlichkeit führen würde. Was hältst du davon?
luc1502
17.9.2024, 08:19:01
@G0d0fMischief Hi, Stimme dir da voll zu! M.E. ist es auch überzeugender, beim FGW auszusteigen (wenn man denn die GoA in dem Bereich überhaupt für anwendbar hält, was man auch mit guten Gründen ablehnen kann). Mit „Aufwendungen erforderlich“ wollte ich bloß darstellen, wie der BGH es macht. Zumal, wenn man „in den Kopf des Werkunternehmers schaut“, dann würde er doch ziemlich oft auf die Frage: Warum machst du das? Antworten: Na, weil ich meinen (vermeintlichen) Vertrag erfüllen will.
G0d0fMischief
17.9.2024, 09:37:39
@[luc1502](95177) Ja ich versteh was du meinst! Finde die Lösung vom BGH nur dogmatisch etwas unsauber, da dieser i.R.d. der Prüfung der §§ 812 ff. BGB das Problem mit der GoA als Rechtsgrund ignoriert. Aber wir sind da ja einer Meinung :D