Gesetz- und sittenwidrige Rechtsgeschäfte; Kein Vergütungsanspruch und kein Wertersatz


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Zur Ausführung von Elektroarbeiten beauftragt B die Werkunternehmerin W. W erteilt B eine Auftragsbestätigung, worin ein Pauschalpreis von € 18.000 angegeben war. € 5000 davon sollten in bar bezahlt werden und nicht auf der Rechnung auftauchen. B zahlt nicht.

Einordnung des Falls

Gesetz- und sittenwidrige Rechtsgeschäfte; Kein Vergütungsanspruch und kein Wertersatz

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Es liegt eine Schwarzgeldabrede vor.

Genau, so ist das!

Der Begriff der Schwarzarbeit ist in § 1 Abs. 2 SchwarzArbG normiert. Eine Schwarzgeldabrede liegt beispielsweise vor, wenn die Parteien vereinbaren, dass die Leistung ohne Rechnung erbracht wird. Ziel ist, dass durch die Abrede der Umsatz den Steuerbehörden nicht offenbart wird und damit der steuerlichen Pflicht in Form der Umsatzsteuer und Einkommenssteuer nicht nachgekommen wird (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG).B und W treffen eine Ohne-Rechnung-Abrede. Der Betrag von €5.000 soll dadurch nicht der Steuerpflicht unterfallen. Damit liegt eine Schwarzgeldabrede vor.

2. § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG ist als Verbotsgesetz zu qualifizieren.

Ja, in der Tat!

Das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz verbietet nicht ausdrücklich die Schwarzarbeit. Sinn und Zweck der Vorschrift sprechen für die Qualifikation als Verbotsgesetz. Das Ziel des Gesetzes ist es, die Schwarzarbeit effektiv zu verhindern. Dies kann nur erreicht werden, wenn im Interesse der wirtschaftlichen Ordnung die Wirksamkeit des zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts versagt wird. Zwischen den Vertragspartnern soll der Leistungsaustausch vermieden werden. Verstärkt wird die Argumentation durch die im Gesetz enthalten Geldbußen.

3. Die Voraussetzungen des § 134 BGB sind erfüllt.

Ja!

Erforderlich ist zumindest ein vorsätzlicher Verstoß des einen Vertragspartners und die Kenntnis vom Verstoß sowie das bewusste Ausnutzen zum eigenen Vorteil auf Seiten des anderen Vertragspartners. Unproblematisch erfüllt der beiderseitige Verstoß gegen das SchwarzArbG die Voraussetzungen des § 134 BGB. B hat die Absicht des W zumindest wahrgenommen und bewusst zu seinem Vorteil ausgenutzt.

4. Nur ein Teil des Werkvertrages unterliegt § 134 BGB.

Nein, das ist nicht der Fall!

Im Grundsatz ist von der Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts insgesamt auszugehen. Eine Teilunwirksamkeit wird angenommen, wenn die Parteien dem Lohn einer konkreten Einzelleistung zuordnen. Dem Lohn von €5.000 wurde keine konkrete Einzelleistung zugeordnet. Es liegt damit ein einheitlicher Werkvertrag vor.

5. W hat einen Aufwendungsersatzanspruch aus der Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB.

Nein, das trifft nicht zu!

Für den Aufwendungsersatzanspruch bedarf es der erforderlichen Aufwendung. Nach Ansicht des BGH ermangelt es an der Erforderlichkeit, wenn die Geschäftsführung im Zusammenhang mit einem Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot getätigt wird. Die Elektroarbeiten werden unter Verstoß gegen ein Verbotsgesetz ausgeführt. Es ermangelt an der Erforderlichkeit der Aufwendungen.

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QUIG

QuiGonTim

11.7.2022, 10:23:18

Es erscheint m.E. unbillig denjenigen, der seinen steuerlichen Pflichten zumindest teilweise nachkommen will, genauso zu stellen wie denjenigen, der seine Werkleistung gänzlich vor der Finanzverwaltung geheim halten will. Gibt es auch Ansichten, die eine Teilnichtigkeit annehmen oder auf andere Weise versuchen, die partielle Rechtstreue zu honorieren? Wie argumentieren sie?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

21.7.2022, 18:01:44

Hallo QuiGonTim, Die Rechtsprechung des BGH zur Nichtigkeit eines Rechtsgeschäftes wegen Verstoßes gegen das SchwarzArbG hat sich 2013 geändert. Bis dahin hatte der BGH Werkvertrag und „Ohne-Rechnung-Abrede“ als trennbare Teile eines einheitlichen Rechtsgeschäfts i. S. von § BGB § 139 BGB angesehen. Die Widerlegung der nach dieser Vorschrift bestehenden Vermutung der Gesamtnichtigkeit setzte allerdings den Nachweis voraus, dass die Parteien den Vertrag ohne Schwarzgeldabrede zu denselben Bedingungen, das heißt auch zu demselben Entgelt geschlossen hätten. Dies war schon damals von der Literatur kritisiert worden. (u.a. Lorenz, NJW 2013, 3132) Mit dem Urteil hat sich der BGH dann der deutlich herrschenden Meinung im Schrifttum angeschlossen. Dies folgt aus besonderen Schädlichkeit von Schwarzarbeit für die öffentlichen Kassen. Keiner der Parteien soll ein Anreiz gegeben werden es doch zu versuchen oder für einen Teil Entgelt geltend machen zu können. Auch wenn für die Literatur die Rechtsprechungsänderung in der Begründung (nämlich die Gesetzesänderung im SchwarzArbG 2004) nicht nachvollziehbar war, wird das Ergebnis in großen Teilen begrü´ßt (Leipold, BGB I, § 20. RNn. 11a; Lorenz, NJW 2013, 3132 f.). Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

PAUL21

Paul21

24.1.2024, 15:46:29

Was ist mit "Erforderlichkeit" gemeint? Davon ist sowohl hier als auch in anderen Aufgaben zur GoA die Rede. Ist damit gemeint, dass die Übernahme dem Interesse und Willen des Geschäftsführers entspricht (§ 683 S. 1 BGB)?

LUC1502

luc1502

12.3.2024, 10:51:23

wenn du den Anspruch aus echter berechtigter GoA prüfst, dann kommst du iwann an den Punkt des Umfangs des Aufwendungsersatzanspruchs, den §670 BGB regelt (und auf den der §683 BGB verweist, indem er sagt "wie ein Bauftragter verlangen") und der §670 beschränkt den Aufwendungsersatz auf die "erforderlichen Aufwendungen", d.h. der Geschäftsführer kann nur die Aufwendungen ersetzt verlangen, die wirklich erforderlich waren. Erforderlich ist, was der GF nach den Umständen des Einzelfalls für erforderlich halten darf. Da der Unternehmer hier aber weiß (oder hätte wissen müssen), dass der Vertrag nichtig ist, darf er seine Aufwendungen auch nicht für erforderlich halten. Hoffe, das hilft dir weiter!

PAUL21

Paul21

12.3.2024, 22:19:10

Ja, das hilft. Danke dir!

PAUL21

Paul21

12.3.2024, 22:19:10

Ja, das hilft. Danke dir!


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