Zivilrecht

BGB Allgemeiner Teil

Gesetz- und sittenwidrige Rechtsgeschäfte

Schwarzarbeit - Reichweite der Nichtigkeit nach § 134 BGB

Schwarzarbeit - Reichweite der Nichtigkeit nach § 134 BGB

21. Dezember 2024

4,7(18.273 mal geöffnet in Jurafuchs)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Zur Ausführung von Elektroarbeiten beauftragt B die Werkunternehmerin W. W erteilt B eine Auftragsbestätigung, worin ein Pauschalpreis von € 18.000 angegeben war. € 5000 davon sollten in bar bezahlt werden und nicht auf der Rechnung auftauchen. B zahlt nicht.

Diesen Fall lösen 85,5 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Schwarzarbeit - Reichweite der Nichtigkeit nach § 134 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Es liegt eine Schwarzgeldabrede vor.

Genau, so ist das!

Der Begriff der Schwarzarbeit ist in § 1 Abs. 2 SchwarzArbG normiert. Eine Schwarzgeldabrede liegt beispielsweise vor, wenn die Parteien vereinbaren, dass die Leistung ohne Rechnung erbracht wird. Ziel ist, dass durch die Abrede der Umsatz den Steuerbehörden nicht offenbart wird und damit der steuerlichen Pflicht in Form der Umsatzsteuer und Einkommensteuer nicht nachgekommen wird (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG).B und W treffen eine Ohne-Rechnung-Abrede. Der Betrag von €5.000 soll dadurch nicht der Steuerpflicht unterfallen. Damit liegt eine Schwarzgeldabrede vor.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG ist als Verbotsgesetz zu qualifizieren.

Ja, in der Tat!

Das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz verbietet nicht ausdrücklich die Schwarzarbeit. Sinn und Zweck der Vorschrift sprechen für die Qualifikation als Verbotsgesetz. Das Ziel des Gesetzes ist es, die Schwarzarbeit effektiv zu verhindern. Dies kann nur erreicht werden, wenn im Interesse der wirtschaftlichen Ordnung die Wirksamkeit des zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts versagt wird. Zwischen den Vertragspartnern soll der Leistungsaustausch vermieden werden. Verstärkt wird die Argumentation durch die im Gesetz enthalten Geldbußen.

3. Die Voraussetzungen des § 134 BGB sind erfüllt.

Ja!

Erforderlich ist zumindest ein vorsätzlicher Verstoß des einen Vertragspartners und die Kenntnis vom Verstoß sowie das bewusste Ausnutzen zum eigenen Vorteil auf Seiten des anderen Vertragspartners. Unproblematisch erfüllt der beiderseitige Verstoß gegen das SchwarzArbG die Voraussetzungen des § 134 BGB. B hat die Absicht des W zumindest wahrgenommen und bewusst zu seinem Vorteil ausgenutzt.

4. Nur ein Teil des Werkvertrages unterliegt § 134 BGB.

Nein, das ist nicht der Fall!

Im Grundsatz ist von der Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts insgesamt auszugehen. Eine Teilunwirksamkeit wird angenommen, wenn die Parteien den Lohn einer konkreten Einzelleistung zuordnen. Dem Lohn von €5.000 wurde keine konkrete Einzelleistung zugeordnet. Es liegt damit ein einheitlicher Werkvertrag vor.

5. W hat einen Aufwendungsersatzanspruch aus der Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB.

Nein, das trifft nicht zu!

Für den Aufwendungsersatzanspruch bedarf es der erforderlichen Aufwendung. Nach Ansicht des BGH ermangelt es an der Erforderlichkeit, wenn die Geschäftsführung im Zusammenhang mit einem Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot getätigt wird. Die Elektroarbeiten werden unter Verstoß gegen ein Verbotsgesetz ausgeführt. Es ermangelt an der Erforderlichkeit der Aufwendungen. Auch ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 Alt. 1 BGB scheitert im Ergbnis. Hierzu genauer im nächsten Fall!
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

QUIG

QuiGonTim

11.7.2022, 10:23:18

Es erscheint m.E. unbillig denjenigen, der seinen steuerlichen Pflichten zumindest teilweise nachkommen will, genauso zu stellen wie denjenigen, der seine Werkleistung gänzlich vor der Finanzverwaltung geheim halten will. Gibt es auch Ansichten, die eine Teilnichtigkeit annehmen oder auf andere Weise versuchen, die partielle Rechtstreue zu honorieren? Wie argumentieren sie?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

21.7.2022, 18:01:44

Hallo QuiGonTim, Die Rechtsprechung des BGH zur Nichtigkeit eines Rechtsgeschäftes wegen Verstoßes gegen das SchwarzArbG hat sich 2013 geändert. Bis dahin hatte der BGH Werkvertrag und „Ohne-Rechnung-Abrede“ als trennbare Teile eines einheitlichen Rechtsgeschäfts i. S. von § BGB §

139 BGB

angesehen. Die Widerlegung der nach dieser Vorschrift bestehenden

Vermutung

der Gesamtnichtigkeit setzte allerdings den Nachweis voraus, dass die Parteien den Vertrag ohne Schwarzgeldabrede zu denselben Bedingungen, das heißt auch zu demselben Entgelt geschlossen hätten. Dies war schon damals von der Literatur kritisiert worden. (u.a. Lorenz, NJW 2013, 3132) Mit dem Urteil hat sich der BGH dann der deutlich herrschenden Meinung im Schrifttum angeschlossen. Dies folgt aus besonderen Schädlichkeit von Schwarzarbeit für die öffentlichen Kassen. Keiner der Parteien soll ein Anreiz gegeben werden es doch zu versuchen oder für einen Teil Entgelt geltend machen zu können. Auch wenn für die Literatur die Rechtsprechungsänderung in der Begründung (nämlich die Gesetzesänderung im SchwarzArbG 2004) nicht nachvollziehbar war, wird das Ergebnis in großen Teilen begrü´ßt (Leipold, BGB I, § 20. RNn. 11a; Lorenz, NJW 2013, 3132 f.). Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

HAGE

hagenhubl

3.11.2024, 11:00:40

Wie grenzt man bei einer teilweisen Schwartgeldabrede vom Trinkgeld ab?

PAUL21

Paul21

24.1.2024, 15:46:29

Was ist mit "Erforderlichkeit" gemeint? Davon ist sowohl hier als auch in anderen Aufgaben zur GoA die Rede. Ist damit gemeint, dass die Übernahme dem Interesse und Willen des Geschäftsführers entspricht (§ 683 S. 1 BGB)?

LUC1502

luc1502

12.3.2024, 10:51:23

wenn du den Anspruch aus echter berechtigter GoA prüfst, dann kommst du iwann an den Punkt des Umfangs des

Aufwendungsersatzanspruch

s, den §670 BGB regelt (und auf den der §683 BGB verweist, indem er sagt "wie ein Bauftragter verlangen") und der §670 beschränkt den Aufwendungsersatz auf die "erforderlichen Aufwendungen", d.h. der Geschäftsführer kann nur die Aufwendungen ersetzt verlangen, die wirklich erforderlich waren. Erforderlich ist, was der GF nach den Umständen des

Einzelfall

s für erforderlich halten darf. Da der Unternehmer hier aber weiß (oder hätte wissen müssen), dass der Vertrag nichtig ist, darf er seine Aufwendungen auch nicht für erforderlich halten. Hoffe, das hilft dir weiter!

PAUL21

Paul21

12.3.2024, 22:19:10

Ja, das hilft. Danke dir!

PAUL21

Paul21

12.3.2024, 22:19:10

Ja, das hilft. Danke dir!

JURAK

JuraKönigin2025

20.8.2024, 10:17:58

Hallo zusammen, ich habe nicht ganz verstanden, warum hier bei diesem Fall von dem einen Vertragspartner

Vorsatz

gebraucht wird (vom Verstoß) - ich hatte 134 so verstanden, dass es auf die Kenntnis gar nicht ankommt, sondern nur dass ein objektiver Verstoß vorliegen muss? Danke schonmal für eure Hilfe :) GLG

David S.

David S.

20.8.2024, 10:31:35

Hey, grundsätzlich bedarf es für die Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB nur eines objektiven Verstoßes (gegen die Verbotsnorm) und es gelten keine subjektiven Voraussetzungen. Anders liegt es aber, wenn die Verbotsnorm selber, hier der § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG, den Verstoß an subjektive Voraussetzungen knüpft. Dann müssen diese für den Verstoß gegen die Verbotsnorm auch erfüllt sein. Viele Grüße David

AN

Antonia

10.11.2024, 02:38:14

@[David S.](224115) Danke für deine Antwort David! Ich verstehe aber nicht, wo §1 II Nr.2 SchwarzArbG den Verstoß an subjektive Voraussetzungen knüpft, woraus entnimmst du dies?

David S.

David S.

14.11.2024, 09:53:29

Hey Antonia, ich muss mich korrigieren. Die Voraussetzungen des Verbots aus § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG sind lediglich objektiv. Aus der Rechtsprechung des BGH zur Schwarzarbeit ergibt sich aber, dass das Verbot "jedenfalls dann zur Nichtigkeit des Vertrages [führt], wenn der Unternehmer vorsätzlich hiergegen verstößt und der Besteller den Verstoß des Unternehmers kennt und bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzt" (BGH, Urteil v. 01.08.2023 - Az. VII ZR 6/13 Rn. 13). Somit ergeben sich - soweit ich das verstehe - die subjektiven Voraussetzungen für die Nichtigkeit nach § 134 BGB in diesem Fall nicht aus der Verbotsnorm selbst, sondern aus der Rechtsprechung.

G0D0FM

G0d0fMischief

26.8.2024, 09:50:39

Hier vertretet im Fall des Anspruchs der GoA die Ansicht des BGH, dass der Beauftragte seine Aufwendungen nicht für erforderlich halten durfte. Meiner Meinung nach liegt jedoch schon gar nicht die Vornahme eines fremden Geschäfts vor, da der Werkunternehmer seiner vermeintlichen Pflicht aus dem Werkvertrag nachkommen wollte. Das der Werkvertrag nichtig ist, ändert nichts an der

Tat

sache, dass der Werkunternehmer solvendi causa geleistet hat. Könnt ihr daher in der Aufgabe ergänzen, dass eine andere Ansicht vertretbar ist, bzw. diese vielleicht sogar hinzufügen?

LUC1502

luc1502

16.9.2024, 16:43:55

Hi @[G0d0fMischief](217996), bei der GoA könnte man es m.E. entweder an der "Erforderlichkeit" oder am "fehlenden

Fremdgeschäftsführungswille

n" scheitern lassen (oder man sagt von vornherein, dass für die Abwicklung nichtiger Verträge das

Bereicherungsrecht

einschlägig ist); denn der Werkunternehmer führt zum einen - wie du sagst - ein eigenes Geschäft, aber gewissermaßen auch ein fremdes, denn die Elektroarbeiten sind auch im Interesse des Bestellers -> ergo liegt ein sog. auch-

fremdes Geschäft

vor; Zwar vertritt der BGH hier, dass der FGW vermutet wird, aber wie du sagst, führt er das Geschäft doch primär deswegen, weil er seine vermeintliche Pflicht erfüllen will und somit der Wille fehlt, das Geschäft als fremdes zu führen. Ich hoffe, das hilft dir weiter!

G0D0FM

G0d0fMischief

17.9.2024, 08:07:59

Hi @[luc1502](95177) danke für deine Nachricht! Es müsste doch aber einen Unterschied machen, ob man den Anspruch auf GoA an einem FGW oder an der Erforderlichkeit scheitern lässt. Wenn der Anspruch aus GoA an der Erforderlichkeit scheitert dann liegt

tatbestand

lich ja dennoch eine GoA vor, nur kann man das „Geleistete“ nicht zurückfordern. Ein Folgeproblem dessen wäre aber, dass die GoA in Folge dessen auch ein Recht zum Besitz darstellen würde. Dies hätte zur Folge das

tatbestand

smäßig schon jegliche in Betracht kommende

Bereicherungsrecht

liche Ansprüche mangels Rechtsgrundes ausgeschlossen wären (Problem des § 817 S. 2) würde abgeschnitten werden. Deshalb finde ich es sinnvoller, den Anspruch auf GoA schon am FGW scheitern zu lassen. Ich verstehe, was du mit dem auch-fremden Geschäft meinst, nur darf man hier nicht vergessen, dass der Werkunternehmer hier solvendi causa leistet und so gesehen jede Leistung solvendi causa ein „auch-fremdes“ Geschäft darstellen würde, da dies immer zur Befreiung einer Verbindlichkeit führen würde. Was hältst du davon?

LUC1502

luc1502

17.9.2024, 08:19:01

@G0d0fMischief Hi, Stimme dir da voll zu! M.E. ist es auch überzeugender, beim FGW auszusteigen (wenn man denn die GoA in dem Bereich überhaupt für anwendbar hält, was man auch mit guten Gründen ablehnen kann). Mit „Aufwendungen erforderlich“ wollte ich bloß darstellen, wie der BGH es macht. Zumal, wenn man „in den Kopf des Werkunternehmers schaut“, dann würde er doch ziemlich oft auf die Frage: Warum machst du das? Antworten: Na, weil ich meinen (vermeintlichen) Vertrag erfüllen will.

G0D0FM

G0d0fMischief

17.9.2024, 09:37:39

@[luc1502](95177) Ja ich versteh was du meinst! Finde die Lösung vom BGH nur dogmatisch etwas unsauber, da dieser i.R.d. der Prüfung der §§ 812 ff. BGB das Problem mit der GoA als Rechtsgrund ignoriert. Aber wir sind da ja einer Meinung :D

LAMA

Larissa Marie

27.11.2024, 13:32:45

Werkunternehmerin passt nicht zum Bild der 2 Männer und ist verwirrend.

Linne_Karlotta_

Linne_Karlotta_

4.12.2024, 20:09:20

Hallo Larissa Marie, vielen Dank für Deinen Hinweis! Wir haben den Fehler auf unsere Liste gesetzt und werden ihn im nächsten Korrekturgang beheben. Deine Aufmerksamkeit hilft uns, die Qualität unserer Inhalte hochzuhalten. Wir werden diesen Thread als erledigt markieren, sobald wir den Fehler behoben haben. Beste Grüße, Linne_Karlotta_, für das Jurafuchs-Team


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen