Öffentliches Recht

VwGO

Allgemeine Leistungsklage

Statthaftigkeit Leistungsklage: Normerlassklage?

Statthaftigkeit Leistungsklage: Normerlassklage?

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

Die als Satzung erlassene Promotionsordnung der juristischen Fakultät der Uni U ermöglicht es grundsätzlich allen Absolventen, zu promovieren. Die Auswahl wird über die eingereichten Exposés getroffen. Einzelgänger E will, dass nur Absolventen ab einer Note von 12 Punkten promovieren können.

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Einordnung des Falls

Statthaftigkeit Leistungsklage: Normerlassklage?

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. E will, dass die Promotionsordnung geändert wird. Dabei handelt es sich um den Erlass von untergesetzlichen Normen.

Ja!

Die Promotionsordnung einer Fakultät der öffentlich-rechtlichen Körperschaft der Universität ergeht als Satzung. Diese fasst die Rechtsvorschriften zusammen, die eine öffentlich-rechtliche Körperschaft für den jeweiligen Regelungsbereich erlässt. E möchte, dass eine Regelung erlassen wird, nach der nur Absolventen ab einer Gesamtnote von 12 Punkten promovieren können. Er begehrt der Erlass von untergesetzlichen Rechtsvorschriften.
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2. Nach einer älteren Meinung findet § 47 VwGO analog Anwendung, wenn der Kläger den Erlass von Normen begehrt.

Genau, so ist das!

Früher war äußerst umstritten, welche Klageart statthaft ist, wenn der Kläger den Erlass von Normen begehrt (sog. Normerlassklage). Eine ältere Meinung wollte § 47 VwGO analog anwenden, da diese Regelung in Bezug auf Rechtsnormen die speziellere Verfahrensart sei. Nach der h.M. fehlt es allerdings an der für eine Analogie erforderlichen Regelungslücke. Denn die allgemeine Feststellungsklage oder die allgemeine Leistungsklage würden hinreichenden Rechtsschutz gewähren. Die ältere Meinung ist deswegen abzulehnen.

3. Nach einer Meinung spricht die Subsidiaritätsklausel des § 43 Abs. 2 S. 1 VwGO für die Statthaftigkeit der Feststellungsklage, wenn der Kläger den Erlass von Normen begehrt.

Nein, das trifft nicht zu!

Nach einer Meinung ist die allgemeine Leistungsklage statthaft, wenn der Kläger den Erlass von Normen begehrt. Dafür spreche die Subsidiaritätsklausel (§ 43 Abs. 2 S. 1 VwGO), nach der die allgemeine Leistungsklage gegenüber der Feststellungsklage vorrangig ist. Zudem ist sie in den meisten Fällen rechtsschutzintensiver für den klagenden Bürger als die Feststellungsklage, weil der Bürger die begehrte Leistung direkt erhält.

4. Nach der überwiegenden Rspr. ist die Feststellungsklage statthaft, wenn der Kläger den Erlass von Normen begehrt. Dafür spreche das Gewaltenteilungsprinzip.

Ja!

Nach der überwiegenden Rspr. ist die Feststellungsklage (§ 43 VwGO) statthaft. Der Anspruch auf Normerlass sei ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis (§ 43 Abs. 1 VwGO). Zudem laufe die Subsidiaritätsklausel bei allgemeinen Leistungsklagen gegen Hoheitsträger leer. Denn es sei davon auszugehen, dass die Verwaltung wegen ihrer verfassungsmäßigen Bindung an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) die gerichtlich festgestellte Verpflichtung erfüllt. Für die Statthaftigkeit der Feststellungsklage, gerichtet darauf, dass das Unterlassen eines Normerlasses rechtswidrig war, spricht auch das Gewaltenteilungsprinzip (Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG). Denn der Normgeber wird dadurch nicht zum Erlass einer konkreten Norm gezwungen.

5. Aus Es Sicht ist die allgemeine Leistungsklage zwar rechtsschutzintensiver. Das Prinzip der Gewaltenteilung streitet jedoch für die Statthaftigkeit der Feststellungsklage.

Genau, so ist das!

Die analoge Anwendung von § 47 VwGO scheidet mangels Regelungslücke aus. Als statthafte Klagearten für die Normerlassklage kommen die allgemeine Leistungsklage und die allgemeine Feststellungsklage in Betracht. Da eine konkrete hoheitliche Handlung begehrt wird, ist die allgemeine Leistungsklage rechtsschutzintensiver, weil sie - anders als die Feststellungsklage - vollstreckbar ist. Die allgemeine Feststellungsklage präjudiziert demgegenüber die Entscheidung der Verwaltung weniger und trägt so dem Grundsatz der Gewaltenteilung besser Rechnung. Beide Ansichten sind gut vertretbar. Wichtig ist, dass Du beide Ansätze sowie die dazugehörigen Argumente darstellst!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

STE

StellaChiara

17.9.2023, 22:06:13

Was wäre denn die anspruchsgrundlage im Rahmen der

begründetheit

?

HEUZ

Heuzi

28.2.2024, 09:39:26

Das würde sich nach dem jeweiligen Landeshochschuldgesetz bestimmen, in denen für die Universitäten Satzungsermächtigungen vorhanden sind. In NRW z.B. § 2 Abs. 4 S. 1 iVm § 67 Abs. 3 S. 3 Gesetz über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (Hochschulgesetz - HG). Hier ist der Universität grundsätzlich aber aufgrund ihrer Satzungsautonomie ein großzügiger Gestaltungsspielraum eingeräumt.

CR7

CR7

15.5.2024, 22:15:17

@[Heuzi](227908) Aber müsste nicht der E hier ein subjektives Recht auf den Erlass einer solchen Norm geltend machen? Die von dir zitierte Norm habe ich nachgeschlagen, aber kann hier keine Anspruchsgrundlage erkennen? :/

MIA

miamiu

10.4.2024, 14:46:19

Hii, kleine Verständnisfrage: Den

§ 47 VwGO

wenden wir nicht direkt an, weil sich die Norm eigentlich nur auf schon erlassenes Gesetz bezieht und eine Analogie scheidet aufgrund mangelnder Regelungslücke aus, da die

Leistungsklage

/

Feststellungsklage

statthaft sein könnte?

Merle_Breckwoldt

Merle_Breckwoldt

12.4.2024, 10:14:25

Hallo miamiu, ganz genau! Und neben der fehlenden Regelungslücke könnte man sogar sagen, dass es auch an einer vergleichbaren Interessenlage fehlt, denn

§ 47 VwGO

(direkt) ermöglicht die allgemeinverbindliche Entscheidung über die Gültigkeit einer bestehenden Norm; bei einer

Normerlassklage

wird demgegenüber ein individueller Anspruch auf Normerlass geltend gemacht. Beste Grüße, Merle für das Jurafuchs-Team


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