Übereignung nach § 929 S. 1 BGB: Dingliche Einigung des Minderjährigen


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Der 16-jährige M kauft heimlich und ohne Zustimmung seiner Eltern ein Motorrad von V. Das Geld hebt M von einem für seine Ausbildung bestimmten Sparbuch ab. M bezahlt bar, woraufhin V ihm das Motorrad übereignet. Die Eltern des M genehmigen den Kauf endgültig nicht.

Einordnung des Falls

Übereignung nach § 929 S. 1 BGB: Dingliche Einigung des Minderjährigen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. M ist beschränkt geschäftsfähig.

Genau, so ist das!

M ist 16 Jahre alt und damit nach § 2 BGB nicht volljährig. Nach § 106 BGB ist M in der Geschäftsfähigkeit beschränkt. Sofern eine Willenserklärung nicht lediglich rechtlich vorteilhaft für den beschränkt Geschäftsfähigen ist, bedarf sie der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters (§ 107 BGB).

2. Der Kaufvertrag des M mit V ist (nach Verweigerung der Zustimmung) endgültig unwirksam.

Ja, in der Tat!

Die Wirksamkeit eines von einem Minderjährigen geschlossenen Vertrages bestimmt sich nach §§ 107 bis 113 BGB. M erlangt durch den Kaufvertrag mit K keinen lediglich rechtlichen Vorteil (§ 107 BGB), da er sich durch den Vertrag selbst zur Kaufpreiszahlung verpflichtet (§ 433 Abs. 2 BGB).Damit bedarf M der Zustimmung seiner Eltern. Da diese den Kauf nicht genehmigen (§ 108 Abs. 1 BGB) und auch § 110 BGB nicht einschlägig ist (Bewirken der Leistung mit eigenen Mitteln), ist der Kaufvertrag unwirksam (§§ 106ff. BGB).

3. Die dingliche Einigung über das Motorrad ist endgültig unwirksam.

Nein!

Die dingliche Einigung ist im Hinblick auf die Übereignung des Motorrads für M lediglich rechtlich vorteilhaft (§ 107 BGB). M bedarf daher nicht der vorherigen Einwilligung (§ 107 BGB) oder der nachträglichen Genehmigung seiner Eltern (§ 108 Abs. 1 BGB). M erlangt daher nach § 929 S. 1 BGB Eigentum an dem Motorrad.

4. Die Unwirksamkeit des Kaufvertrags (Verpflichtungsgeschäft) schlägt auf die Übereignung des Motarrads (Verfügungsgeschäft) durch.

Nein, das ist nicht der Fall!

Zu beachten sind das Trennungs- und Abstraktionsprinzip. Danach sind Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft voneinander unabhängig zu betrachten und die Unwirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts hat keinen Einfluss auf die dingliche Rechtslage. Wenn Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft an demselben schwerwiegenden Mangel leiden, spricht man von Fehleridentität (z.B. bei Anfechtung wegen arglistiger Täuschung).Hier leiden Kaufvertrag und Verfügung über das Motorrad nicht beide am selben Mangel: Aus Gründen des Minderjährigenschutzes ist der (rechtlich nachteilige) Kaufvertrag endgültig unwirksam, das (lediglich rechtlich vorteilhafte) Verfügungsgeschäft über das Motorrad jedoch nicht.

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