Zivilrecht
Sachenrecht
Rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb an beweglichen Sachen
Übereignung nach § 929 S. 1 BGB: Dingliche Einigung des Minderjährigen
Übereignung nach § 929 S. 1 BGB: Dingliche Einigung des Minderjährigen
13. Februar 2025
25 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Der 16-jährige M kauft heimlich und ohne Zustimmung seiner Eltern ein Motorrad von V. Das Geld hebt M von einem für seine Ausbildung bestimmten Sparbuch ab. M bezahlt bar, woraufhin V ihm das Motorrad übereignet. Die Eltern des M genehmigen den Kauf endgültig nicht.
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Einordnung des Falls
Übereignung nach § 929 S. 1 BGB: Dingliche Einigung des Minderjährigen
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. M ist beschränkt geschäftsfähig.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Der Kaufvertrag des M mit V ist (nach Verweigerung der Zustimmung) endgültig unwirksam.
Ja, in der Tat!
3. Die dingliche Einigung über das Motorrad ist endgültig unwirksam.
Nein!
4. Die Unwirksamkeit des Kaufvertrags (Verpflichtungsgeschäft) schlägt auf die Übereignung des Motorrads (Verfügungsgeschäft) durch.
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Real Thomas Fischer Fake 🐳
4.1.2020, 18:50:36
Einzufügen, dass die Eltern den Vertrag ENDGÜLTIG nicht genehmigen würde Missverständnissen vorbeugen.

Christian Leupold-Wendling
24.1.2020, 16:03:45
Danke für den Vorschlag! Haben wir gemacht.
Denis Tlnv
12.1.2020, 00:37:22
Ich verstehe nicht, warum für einen 16 jährigen die Übereignung eines Motorrads
rechtlich vorteilhaftist.

Christian Leupold-Wendling
14.1.2020, 11:53:40
Hi Denis, wenn V dem M das Motorrad übereignet, wird M zum Eigentümer. Eigentum ist ein
rechtlicher Vorteil(Ellenberger, in: Palandt, 76.A., 2017, § 107 RdNr. 4: "... zustimmungsfrei ist die Aneignung, die Übereignung einer Sache oder die
Abtretungeiner Forderung an den Minderjährigen.")
Denis Tlnv
14.1.2020, 13:43:43
Hallo Christian, das Eigentum eines Motorrads bringt jede Menge unangenehmer Rechtsfolgen: z.B. Transport, Lagerung, Anmeldung,.... also kann es doch
nicht lediglich rechtlich vorteilhaftsein. Gruß

Christian Leupold-Wendling
24.1.2020, 16:12:38
Hi Denis, es kommt nicht auf eine wirtschaftliche, sondern eine rechtliche Bewertung an. Zu Lagerung, Transport, Anmeldung ist M grundsätzlich nicht rechtlich verpflichtet. Allenfalls in Ausnahmefällen (zB wenn das unangemeldete Motorrad auf öffentlicher Straße stünde).
Unerheblichsind aber rechtliche Nachteile, die nur ein ganz geringes Gefährdungspotential aufweisen. Ellenberger (Palandt, § 107 RdNr. 3): "... Wollte man auch sie berücksichtigen, würden entgegen dem Normzweck alle Rechtsgeschäfte zustimmungsbedürftig, vor allem auch solche, bei denen eine Versagung der Zustimmung offensichtlich nicht ernsthaft in Frage kommt." Du kannst Dir merken: Zustimmungsfrei (weil
rechtlich vorteilhaft) ist grundsätzlich die Aneignung, Übereignung einer Sache oder
Abtretungeiner Forderung an den Minderjähren.
bibu knows best
22.8.2022, 09:45:33
Okay ich hätte jetzt gesagt, wegen der Versicherungspflicht und der Steuerpflicht wäre das Geschäft nicht
rechtlich vorteilhaft..
Hyde
3.2.2023, 23:19:39
Welche Rechte hat denn nun V?

Nora Mommsen
4.2.2023, 09:36:17
Hallo Hyde, grundsätzlich kommt ein Anspruch aus
Bereicherungsrechtin Betracht. Mangels Kaufvertrag liegt kein Rechtsgrund für die Übereignung vor. Der Sachverhalt gibt keine Informationen dazu, inwieweit V Kenntnis von der beschränkten Geschäftsfähigkeit des M bzw. der fehlenden Einwilligung hatte. Dies hat natürlich Einfluss auf den
bereicherungsrechtlichen Anspruch. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Dominic
29.7.2023, 23:00:08
Man sollte im Sachverhalt vielleicht noch ergänzen, gegenüber wem die Eltern die Genehmigung verweigern. Selbst das "endgültig" ändert daran nichts, weil durch die Aufforderung des Verkäufers würde das Geschäft für zwei Wochen noch
schwebend unwirksamsein.

Lukas_Mengestu
31.7.2023, 17:24:32
Vielen Dank für Deinen Hinweis, Dominic! Bei Jurafuchs gehören auch die Illustrationen zum Sachverhalt. Aus der Abbildung ergibt sich, dass die Eltern ihren Sohn beim Kauf erwischen und dabei die Zustimmung verweigern. Die Verweigerung ist also (auch) direkt gegenüber dem anderen Vertragspartner erfolgt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Dominic
31.7.2023, 17:31:20
Alles klar, danke!
Felix Winter
27.11.2024, 14:48:48
Was würde passieren, wenn die Eltern das
Verpflichtungsgeschäft(Kaufvertrag) genehmigen, der Übergabe an den Minderjährigen jedoch nicht zustimmen. Nach meiner Auffassung könnte sich der Verkäufer sodann nicht auf Erfüllung berufen, da er nur wirksam an Geschäftsfähige erfüllen kann, oder? Ergo könnten die Eltern erneut einen Anspruch auf Übergabe haben... (solange es sich um eine
Gattungsschuldhandelt) Ist eventuell etwas "off-topic", würde mich dennoch interessieren... Beste Grüße
2907
16.1.2025, 13:28:49
Hi :), die Zustimmung der Eltern bzgl. des
Verfügungsgeschäftist letztendlich irrelevant, da dieses dem Minderjährigen einen bloßen rechtlichen Vorteil verschafft.

Juraddicted
7.1.2025, 14:43:15
wieso leiden die Geschäfte nicht n demselben Mangel, wenn eines wegen Minderjährigenschutz unwirksam ist und das andere trotz Minderjährigkeit wirksam ist, da
lediglich rechtlich vorteilhaft? vielen Dank :)
luc1502
7.1.2025, 17:55:00
Hi @[Juraddicted](96780), ich hoffe ich verstehe deine Frage richtig. Hier müssen wir uns wieder das Trennungs- und Abstraktionsprinzip in Erinnerung rufen, d.h. insb., dass wir beide Geschäfte getrennt auf ihre Wirksamkeit prüfen. Für das
Verpflichtungsgeschäftist das hier relativ easy, denn wenn für den Mj. Pflichten begründet werden, ist das Geschäft hier
nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, sondern nachteilig. Wenn wir uns hingegen das Rechtsgeschäft der Übereignung des Motorrads anschauen, dann müssen wir sehen, dass infolge dieser Übereignung der Mj. Eigentum an dem Motorrad bekommt; man könnte sagen, er „gewinnt“ eine Rechtsposition und das ist für ihn
lediglich rechtlich vorteilhaftund dementsprechend greift
§107 BGB, die WE des Mj. ist wirksam und folglich ist er neuer Eigentümer (natürlich muss man noch die anderen Vss des §929 prüfen). Als Korrektiv für dieses Ergebnis, also dass der Mj. ohne rechtlichen Grund (KV ist ja unwirksam) Eigentum und Besitz erlangt hat, steht das
Bereicherungsrechtmit der
Leistungskondiktion§812 I 1 Fall 1 bereit. Ich hoffe, ich hab deine Frage beantwortet.
Sam Vader I
8.1.2025, 07:10:15
Als weitere Ergänzung müsste man sich hier klarmachen, dass die Fragestellung auf das dingliche Rechtsgeschäft abstellt bzgl des Mottorrads. Wenn man versteht, dass der Kaufvertrag das einzige
Verpflichtungsgeschäftist und es zwei dingliche Verfügungsgschäfte gibt, so wird man auch verstehen was hier abläuft. Das eine dingliche
Verfügungsgeschäftist bezogen auf den Eigentümerwechsel von Motorrad und das zweite auf das Geld. Wenn du dir das Mottorrad ansiehst bekommt der Minderjährige eine neue Rechtsposition dazu = vorteilig. Betrachtet man das Geld, so verliert der Minderjährige das Eigentum und den Besitz an den Geldscheinen = nachteilig und scheitert wie das
Verpflichtungsgeschäftan der Minderjährigkeit. Insofern wird es hoffentlich verständlich? Viele Grüße