Zivilrecht
Sachenrecht
Vindikation & Eigentümer-Besitzer-Verhältnis
Normalfall Verwendungsersatzanspruch des gutgläubigen Besitzers, notwendige Verwendungen, § 994 BGB
Normalfall Verwendungsersatzanspruch des gutgläubigen Besitzers, notwendige Verwendungen, § 994 BGB
19. Mai 2025
11 Kommentare
4,7 ★ (16.827 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
K kauft von V gutgläubig ein Mountainbike, nicht wissend, dass dieser psychisch erkrankt ist. Nach einigen Tagen bricht eine der Speichen, die K reparieren lässt. Kurz darauf fordert der gesetzliche Vertreter des V das Fahrrad heraus.
Diesen Fall lösen 96,0 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Normalfall Verwendungsersatzanspruch des gutgläubigen Besitzers, notwendige Verwendungen, § 994 BGB
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Es bestand eine Vindikationslage.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. K kann von V Ersatz der Reparaturkosten verlangen, wenn die Voraussetzungen des Verwendungsersatzanspruchs nach § 994 Abs. 1 BGB vorliegen.
Ja, in der Tat!
3. Die Reparatur der Speiche stellt eine Verwendung dar.
Ja!
4. War die Verwendung auch notwendig?
Genau, so ist das!
5. Da K nicht redlich war, scheidet ein Anspruch auf Verwendungsersatz aus.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Vincent
5.12.2024, 17:08:08
Wie unterscheidet sich 994 Abs.1 von Abs.2 ? Wäre beispielsweise ein Austausch von Bremsen da diese abgefahren sind unter Abs.2 zu fassen, da dies
gewöhnliche Erhaltungskostenwären ?

Paulah
30.1.2025, 14:07:28
@[Vincent](211990) Ich nehme an, du meinst § 994 Abs. 1 S. 1 BGB versus § 994 Abs. 1 S. 2 BGB. Jauernig/Berger, 19. Aufl. 2023, BGB § 994 Rn. 1 spricht davon, dass die notwendigen
Verwendungen "bei Betrachtung ex ante zur Erhaltung und ordnungsmäßigen Bewirtschaftung der Sache obj
erforderlich" sind und dem dem Eigentümer daher eigene Auslagen ersparen. BeckOGK/Spohnheimer, 1.11.2024, BGB § 994 Rn. 68 definiert
gewöhnliche Erhaltungskostenals regelmäßig wiederkehrende Ausgaben zur laufenden Unterhaltung der Sache, die man als Besitzer von vornherein veranschlagen muss, die periodisch anfallen und vorhersehbar sind. Als Beispiele werden u. a. Kosten für Inspektionen und Reparaturen aufgrund gewöhnlichen Verschleiß‘ und Kosten für die Beseitigung von Schäden aufgrund bestimmungsgemäßen Gebrauchs angegeben. Vor dem Hintergrund würde ich einen Austausch von abgefahrenen Bremsen als
gewöhnliche Erhaltungskostenansehen.

paulmachtexamen
10.12.2024, 13:44:32
Kann K denn auch dann
Verwendungsersatz verlangen, wenn aufgrund ihres Ver
schulden die Speichen überhaupt erst kaputt gegangen sind?
Dominikpolitics
28.12.2024, 15:45:09
Gute Frage, im Ergebnis denke ich schon. Mglw. könnte man an ein Mitver
schulden iSv § 254 BGB denken, dass den
Verwendungsanspruch kürzt (P: Anwendbarkeit). Letztlich würde ich aber wahrscheinlich auf die c.i.c. springen und einen Gegenanspruch prüfen und dann entsprechend aufrechnen. Wie sieht @jurafuchs das?
HanDerenoglu
1.1.2025, 20:07:19
Kann bitte JuraFuchs dazu Stellung nehmen

Sebastian Schmitt
28.4.2025, 11:12:10
Hallo @Anonym 1, hallo @[HanDerenoglu](278097), im Detail keine leichte Frage! Die grundlegenden Voraussetzungen eines
Verwendungsersatzanspruchs aus § 994 I BGB dürften in der Person des K unproblematisch bestehen. Schwieriger wird es dann schon bei der Frage des § 254 I BGB, @[Dominikpolitics](248886). Seinem Wortlaut nach ist er nur auf SchE-Ansprüche anwendbar. Zum Anspruch auf
Verwendungsersatz aus
§ 996 BGBhabe ich bei meiner kurzen Recherche nichts Konkretes gefunden. Diskutiert wird nur eine (zumindest analoge) Anwendung auf bestimmte Aufwendungsersatzansprüche, wobei sich dazu in der Rspr über verschiedene Instanzen und Gerichtsbarkeiten kein einheitliches Bild zeigt. Nach einigen Stimmen in der Lit soll § 254 I BGB zumindest auf solche Aufwendungsersatzansprüche anwendbar sein, die "
schadensersatzähnlichen Charakter" haben (so wörtlich Staudinger/Höpfner, BGB, Neubearb 2021, § 254 Rn 20, ganz ähnlich BeckOGK-BGB/Looschelders, Stand 1.3.2025, § 254 Rn 66). Das alles spricht mE dafür, dass wir § 254 I BGB auf
§ 996 BGBnicht ohne Weiteres anwenden können. V könnte gegen den Anspruch des K höchstens noch aufrechnen, falls ihm ein Gegenanspruch zustünde. Über einen Anspruch aus cic kann man bei einem nichtigen Vertrag natürlich nachdenken, den
Schadenkönnte man in dem zu zahlenden
Verwendungsersatz an K sehen. Allerdings sehe ich jedenfalls ein Problem mit dem Vertretenmüssen. K mag zwar die Speichen
schuldhaft beschädigt haben. Er wusste aber nicht (und konnte zu diesem Zeitpunkt auch nicht wissen), dass es sich bei dem Fahrrad (immer noch) um Eigentum des V handelte. Vielmehr ging er davon aus, es handle sich um sein eigenes Fahrrad. Dementsprechend handelte er weder
vorsätzlichnoch fahrlässig hinsichtlich der Verletzung einer vorvertraglichen Pflicht, irrte nämlich
schuldlos über die Rechtslage (vgl BeckOGK-BGB/Riehm, Stand 1.8.2023, § 280 Rn 189). Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team
millisiewert
14.2.2025, 17:26:34
Und K kann hier nicht gutgläubig von V Eigentum erworben haben, weil bei einer (nichterfolgten) Einigung mit einem Geisteskranken immer ein
Abhandenkommenvorliegt?
benjaminmeister
1.3.2025, 18:43:48
Die Falllösung sagt dich gar nicht, dass K gutgläubig Eigentum erworben hat. Was richtig ist, dass K gutgläubig hinsichtlich seines Besitzrechtes war. Das ein
AbhandenkommeniSd. § 935 vorliegt, ist für die Gutgläubigkeit unerheblich.
benjaminmeister
1.3.2025, 18:45:54