Zivilrecht

Sachenrecht

Vindikation & Eigentümer-Besitzer-Verhältnis

Normalfall Verwendungsersatzanspruch des gutgläubigen Besitzers, notwendige Verwendungen, § 994 BGB

Normalfall Verwendungsersatzanspruch des gutgläubigen Besitzers, notwendige Verwendungen, § 994 BGB

19. Februar 2025

7 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K kauft von dem unerkannt geisteskranken V gutgläubig ein Mountainbike. Nach einigen Tagen bricht eine der Speichen, die K reparieren lässt. Kurz darauf fordert der gesetzliche Vertreter des V das Fahrrad heraus.

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Einordnung des Falls

Normalfall Verwendungsersatzanspruch des gutgläubigen Besitzers, notwendige Verwendungen, § 994 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Es bestand eine Vindikationslage.

Genau, so ist das!

Dazu musste ein Vindikationsanspruch vorliegen. Dieser setzt voraus, dass (1) der Anspruchsteller Eigentümer und (2) der Anspruchsgegner Besitzer (3) ohne Recht zum Besitz (§ 986 BGB) ist. V war ursprünglich Eigentümer. Da er nach § 104 Nr. 2 BGB geschäftsunfähig war, ist die dingliche Einigung (§ 929 S. 1 BGB) nichtig. Er hat das Eigentum daher nicht verloren. K war Besitzerin. Da auch der Kaufvertrag aufgrund der Geschäftsunfähigkeit nichtig ist, bestand auch kein Besitzrecht zugunsten der K.
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2. K kann von V Ersatz der Reparaturkosten verlangen, wenn die Voraussetzungen des Verwendungsersatzanspruchs nach § 994 Abs. 1 BGB vorliegen.

Ja, in der Tat!

Die Voraussetzungen für einen Verwendungsersatzanspruch aus § 994 Abs. 1 BGB sind (1) eine Vindikationslage, (2) Vornahme einer notwendigen Verwendung durch den Besitzer und (3) Gutgläubigkeit und Unverklagtheit des Besitzers.

3. Die Reparatur der Speiche stellt eine Verwendung dar.

Ja!

Verwendungen sind Vermögensaufwendungen, die der Erhaltung, Wiederherstellung oder Verbesserung einer Sache dienen. Die Zahlung für die Reparatur stellt ein freiwilliges Vermögensopfer, also eine Aufwendung dar. Diese diente auch der Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit des Fahrrades. Mithin handelt es sich um eine Verwendung.

4. War die Verwendung auch notwendig?

Genau, so ist das!

Notwendige Verwendungen sind solche, die objektiv erforderlich sind, um die Sache in ihrer Substanz oder ihrer Nutzbarkeit zu erhalten. Mit einer gebrochenen Speiche kann das Fahrrad nicht für seinen vorhergesehenen Zweck genutzt werden. Die Reparatur war dementsprechend objektiv notwendig, um die Nutzbarkeit wiederherzustellen.

5. Da K nicht redlich war, scheidet ein Anspruch auf Verwendungsersatz aus.

Nein, das trifft nicht zu!

Redlich ist der Besitzer, wenn er unverklagt und gutgläubig ist. K wusste nichts von der Krankheit des V. Es sind auch keine Anhaltspunkte ersichtlich, nach denen sie davon wissen musste. Sie war auch unverklagt. Mithin war K redlich und ein Anspruch aus § 994 Abs. 1 BGB besteht.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Vincent

Vincent

5.12.2024, 17:08:08

Wie unterscheidet sich 994 Abs.1 von Abs.2 ? Wäre beispielsweise ein Austausch von Bremsen da diese abgefahren sind unter Abs.2 zu fassen, da dies

gewöhnliche Erhaltungskosten

wären ?

Paulah

Paulah

30.1.2025, 14:07:28

@[Vincent](211990) Ich nehme an, du meinst § 994 Abs. 1 S. 1 BGB versus § 994 Abs. 1 S. 2 BGB. Jauernig/Berger, 19. Aufl. 2023, BGB § 994 Rn. 1 spricht davon, dass die notwendigen Verwendungen "bei Betrachtung ex ante zur Erhaltung und ordnungsmäßigen Bewirtschaftung der Sache obj erforderlich" sind und dem dem Eigentümer daher eigene Auslagen ersparen. BeckOGK/Spohnheimer, 1.11.2024, BGB § 994 Rn. 68 definiert

gewöhnliche Erhaltungskosten

als regelmäßig wiederkehrende Ausgaben zur laufenden Unterhaltung der Sache, die man als Besitzer von vornherein veranschlagen muss, die periodisch anfallen und vorhersehbar sind. Als Beispiele werden u. a. Kosten für Inspektionen und Reparaturen aufgrund gewöhnlichen Verschleiß‘ und Kosten für die Beseitigung von Schäden aufgrund bestimmungsgemäßen Gebrauchs angegeben. Vor dem Hintergrund würde ich einen Austausch von abgefahrenen Bremsen als

gewöhnliche Erhaltungskosten

ansehen.

paulmachtexamen

paulmachtexamen

10.12.2024, 13:44:32

Kann K denn auch dann

Verwendungsersatz

verlangen, wenn aufgrund ihres Ver

schuld

en die Speichen überhaupt erst kaputt gegangen sind?

DO

Dominikpolitics

28.12.2024, 15:45:09

Gute Frage, im Ergebnis denke ich schon. Mglw. könnte man an ein Mitver

schuld

en iSv § 254 BGB denken, dass den Verwendungsanspruch kürzt (P: Anwendbarkeit). Letztlich würde ich aber wahrscheinlich auf die c.i.c. springen und einen Gegenanspruch prüfen und dann entsprechend aufrechnen. Wie sieht @jurafuchs das?

HANDE

HanDerenoglu

1.1.2025, 20:07:19

Kann bitte JuraFuchs dazu Stellung nehmen


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