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Schaden trotz bestehenden Rückforderungsanspruchs gegen einen Dritten?
Schaden trotz bestehenden Rückforderungsanspruchs gegen einen Dritten?
19. Februar 2025
23 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Unter Einschaltung des Maklers M erwirbt K von V ein bebautes Grundstück zu Wohnzwecken. V verschweigt, dass eine Baugenehmigung für das Gebäude nur zu gewerblichen, nicht aber zu Wohnzwecken bestand. K ficht an und verlangt von V Rückabwicklung und Ersatz der überwiesenen Maklerkosten.
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Einordnung des Falls
Schaden trotz bestehenden Rückforderungsanspruchs gegen einen Dritten?
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 8 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Wenn V den K arglistig getäuscht hat, ist K zur Anfechtung des Kaufvertrages berechtigt (§ 123 Abs. 1 BGB), sodass dieser ex tunc unwirksam ist (§ 142 BGB).
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Da V lediglich Informationen verschwiegen hat, liegt keine arglistige Täuschung vor. K kann den Vertrag nicht anfechten.
Nein!
3. Daher kann K von V Rückzahlung des überwiesenen Kaufpreises verlangen (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).
Genau, so ist das!
4. Kann man neben der Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung auch Schadensersatzansprüche wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung geltend machen (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB)?
Ja, in der Tat!
5. K kann auch aufgrund der vorvertraglichen Pflichtverletzung eine Rückzahlung des Kaufpreises verlangen (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB).
Ja!
6. K kann die an M gezahlte Provision gegenüber V nicht als Schaden geltend machen, weil es sich hierbei um eine Aufwendung handelt.
Nein, das ist nicht der Fall!
7. K kann von M die an diesen überwiesene Provision zurückverlangen (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).
Ja, in der Tat!
8. K kann die Provision gegenüber V als Schaden geltend machen (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB), obwohl ihm gegen M ein Rückforderungsanspruch zusteht.
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Carlotta
26.3.2022, 09:09:07
Liegt ein Sach- oder Rechstmangel vor ?

Lukas_Mengestu
28.3.2022, 12:53:07
Hallo Carlotta, öffentlich-rechtliche Beschränkungen (=fehlende Baugenehmigung), die auf bauordnungs- oder planungsrechtlichen Bestimmungen beruhen, ordnet der BGH als Sachmängel ein (vgl. BGH NJW 2001, 65). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Sambadi
28.3.2022, 14:22:09
Und könnte man hier dann nicht auch § 437 prüfen? Oder finden die wegen des
vorsätzlichen Verhaltens des V keine Anwendung? Würde mich wundern da § 444 ja auch den
Vorsatzmit umfasst z.B
Philippe
8.4.2022, 20:23:07
Denkbar, aber der K hat ja ausdrücklich angefochten und keinen Rücktritt erklärt. Zudem würde der Fall so nicht funktionieren, weil der Makler für die Durchführung des Hauptvertrages nicht haftet. Er trägt nur das Abschlussrisiko. Dann gäbe es die "Problemstellung" mit dem Schaden trotz des Anspruchs gegen den Dritten gar nicht. Zeigt aber auch, wie schwachsinnig es wäre, wenn man den Schaden verneinen würde, weil der Käufer letztlich von der Zu
fälligkeitprofitieren würde, ob angefochten oder der Rücktritt erklärt wird, obwohl es um den gleichen "Defekt" im Hauptvertrag geht.

Sambadi
8.4.2022, 23:04:43
Hey Phillip, ich meinte eher K gegen V. Weil die Lösungen prüfen nach der Anfechtung ja noch ein (ver
schuldensabhängigen) SE-Anspruch. Daher hatte ich mich gefragt ob ein Ver
schuldensunabhängiger Rücktritt für den K nicht besser wäre. Das ist auch tatsächlich eher ganz allgemein gemeint. Vorliegen hat V ja
arglistiggetäuscht, daher kann er sich eigentlich aussuchen, wie er hier vorgeht. Wäre dies aber nicht so offensichtlich, wäre ein Rücktritt viel besser für K, oder nicht?
Philippe
9.4.2022, 19:55:18
Über den Rücktritt bekommst du aber die Maklerkosten nicht ersetzt oder was genau meinst du?
Philipp Paasch
9.7.2022, 23:51:52
Ich denke auch, daß das nicht mit bedacht wurde.

Patricija
14.4.2022, 21:21:59
Hallo. Wieso muss der K dem V den Anspruch gegen M abtreten, wenn er vom V die Maklerkosten als Schadensersatz verlangt?
lala
16.4.2022, 09:02:21
Weil er sonst doppelt profitieren würde. Er würde sonst von V und M die Maklerkosten als
Schadenspostenerstattet bekommen. Das ist aber sinnwidrig. Daher 255 BGB.
MK-
9.8.2023, 21:27:11
Wie kann denn ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (Rechtsgrund aufgehoben durch Anfechtung wg
arglistiger Täuschung) NEBEN einem vertraglichen Anspruch bestehen? Ich dachte der Vertrag is gerade ex tunic nichtig aufgrund der Anfechtung.

Dr.Who
4.1.2024, 17:32:33
Meinst du mit dem vertraglichen Anspruch den vorvertraglichen aus c.i.c?

Sebastian Schmitt
8.2.2025, 10:05:30
Hallo @[MK-](112018), @[Dr.Who](214607) deutet es schon genau richtig an: Es geht um einen Anspruch aus einem VORvertraglichen
Schuldverhältnis. Denn der Kaufvertrag ist ja wegen der Anfechtung in der Tat nichtig. In der Aufgabe war das möglicherweise etwas missverständlich ausgedrückt, wie auch in einem anderen Thread erwähnt wurde. Wir haben das aber jetzt korrigiert, sodass es (hoffentlich!) klarer ist. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team

Ala
19.12.2024, 08:28:59
Warum wird § 255 BGB hier analog angewandt?

Sebastian Schmitt
8.2.2025, 10:00:31
Hallo @[Ala](241758), § 255 BGB passt hier nach dem Wortlaut nicht direkt, denn er erfasst nur den Verlust einer Sache oder den Verlust eines Rechts. Beides ist hier nicht der Fall, denn wir haben es ja "nur" mit einem nichtigen Kaufvertrag zu tun, der wegen § 142 I BGB von Anfang an als nichtig anzusehen ist. Vermutlich vor diesem Hintergrund geht auch der BGH in der unserem Fall zurgunde liegenden Entscheidung von einer analogen Anwendung des § 255 BGB aus, ohne das allerdings näher zu begründen (DStR 2021, 2808, 2809 f). Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team

Ala
19.12.2024, 13:23:18
Heyhey, ihr schreibt in dem fall, dass „auch freiwillige Vermögensopfer des Geschädigten dem Schädiger nach dem
Schutzzweck der Normzugerechnet werden, wenn: (1) der Schädiger das Geschädigtenverhalten vorwerfbar herbeigeführt hat, (2) der Geschädigte sich herausgefordert fühlen durfte und (3) die Selbstschädigung verhältnismäßig ist.“ ich habe noch nie was zu herausgeforderten aufwendungen gelesen und konnte auch bei meiner recherche nichts finden. Auch in der BGH-Entscheidung selbst wird nicht davon gesprochen. sind „herausgeforderte Aufwendungen“ eine weitere fallgruppe neben „provozierten Aufwendungen“, die schadensersatzfähig sind?

Sebastian Schmitt
8.2.2025, 10:20:09
Hallo @[Ala](241758), in der Sache meint das grds das Gleiche, man findet dafür sowohl den Begriff "
provozierte Aufwendungen" als auch "herausgeforderte Aufwendungen". Inhaltlich geht es schlicht darum, dass Aufwendungen vom Schadensbgeriff zu unterscheiden und daher nicht ohne Weiteres iRv Schadensersatzansprüchen ersatzfähig sind. Ersatzfähig sollen sie nur insoweit sein, als sie eine hinreichende "innere Verknüpfung" (untechnisch gesprochen) zum schädigenden Ereignis aufweisen. Diese hinreichende innere Verknüpfung ist natürlich sprachlich nicht leicht zu fassen und man versucht dann eben, sie zB durch die genannten Kriterien zu präzisieren. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team