Unechter Vertrag zugunsten Dritter
20. Mai 2025
12 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
K kauft bei V für ihre Tochter T das neue Fairphone 4 für €600. Sie hat keine Zeit es selbst abzuholen. Deshalb vereinbart sie mit V, dass T es selbst abholen soll.
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Einordnung des Falls
Unechter Vertrag zugunsten Dritter
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T könnte gegen V einen Anspruch auf Übergabe und Übereignung des Fairphones haben, sofern es sich hierbei um einen echten Vertrag zugunsten Dritter handelt (§ 328 Abs. 1 BGB).
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. K und V haben einen Kaufvertrag geschlossen.
Genau, so ist das!
3. V soll das Fairphone an T übergeben und übereignen.
Ja, in der Tat!
4. Bei einem Vertrag zugunsten Dritter steht dem begünstigten Dritten immer ein eigenes Forderungsrecht zu.
Nein!
5. T soll ein eigenes Forderungsrecht zustehen.
Nein, das ist nicht der Fall!
6. T kann von V Übergabe und Übereignung des Fairphones verlangen nach § 433 Abs. 1 BGB i.V.m. § 328 Abs. 1 BGB.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

juramen
28.5.2023, 01:02:30
Wenn aber doch mit V vereinbart wird, dass T es selbst abholen soll... Sehe nicht nicht ganz, warum das kein eigenes Forderungsrecht der T begründen soll 🤔
Dogu
15.6.2023, 13:25:02
T sollte aber nicht das Recht eingeräumt werden, den Anspruch vor Gericht einklagen zu können.
Flohm
16.10.2023, 11:01:58
Warum nicht ? Woran erkenne ich den Unterschied ?
Dogu
16.10.2023, 12:24:37
Welchen Sinn sollte denn ein eigenes Forderungsrecht haben? Das macht doch aus Sicht der Eltern keinen Sinn. T ist ein minderjähriges Kind. Laut der Skizze wahrscheinlich 12.
Diaa
2.9.2023, 21:33:58
Es wurde doch vereinbart...Im vorigen Fall steht es auch nicht anders als hier. Ich sehe hier eher einen echten VZD als gegeben.

Lukas_Mengestu
6.9.2023, 18:06:06
Hallo Diaa, vereinbart wurde hier lediglich, dass V an T leisten kann. Es wurde aber gerade nicht vereinbart, dass T ihrerseits die Leistung auch einfordern kann. Anders als zB beim Lebensver
sicherungsvertragergibt sich aus dem Vertragszweck (Kauf eines Handys) auch nicht zwangsläufig, dass T ein Forderungsrecht eingeräumt werden soll. K wird im Hinblick auf die
Übereignunglediglich als
Geheißpersonbenutzt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Diaa
6.9.2023, 19:26:26
@[Lukas_Mengestu](136780) heißt das, dass das Forderungsrecht ausdrücklich vertraglich vereinbart sein sollte? Also sollte der Begriff "Forderungsrecht" in der Vereinbarung auftauchen?
QuiGonTim
11.3.2024, 22:33:53
@[Diaa](211889) Nein, gerade darin liegt eben die Schwierigkeit. Ob der Dritte ein eigenes Forderungsrecht zustehen soll, ist durch Auslegung zu bestimmen. Dazu finden sich neben den allgemeinen Auslegungsregeln (insbesondere
§§ 133, 157 BGB) spezifische Auslegungsvorschriften (z.B. 328 Abs. 2 BGB).

0815jurafuchs
12.5.2024, 11:22:07
Liebes Jurafuchs-Team, ihr schreibt V solle an T übereignen. Ist T in diesem Fall nicht lediglich
Besitzdiener, weil K und V sich bereits über den Eigentumsübergang als Teil der
Übereignunggeeinigt haben, so dass V lediglich noch an T übergeben soll?
nondum conceptus
12.4.2025, 17:41:11
Ich denke beides ist vertretbar. Man könnte auf der einen Seite davon ausgehen, dass § 362 II, 185 I BGB vorliegt, sodass vereinbart wurde, dass der Verkäufer an das Kind leisten soll. Man könnte aber auch vertreten, dass zwischen Verkäufer ein Fall des §§ 929 S.1,
930 BGBvorliegt und das Kind es lediglich abholen soll. Das Kind könnte auch nach der normale
Übereignungeinfach
Besitzdienersein. Dann läge kein Fall des § 362 II, 185 I BGB und auch kein echter VZD vor.
nondum conceptus
12.4.2025, 17:41:19
korrigiert mich wenn ich falsch liegt
Lt. Maverick
2.5.2025, 14:29:26
Liegt ein Fall des §§ 362 II, 185 I BGB kann es schon kein
Vertrag zugunsten Drittersein, denn hat der Dritte ein eigenes Forderungsrecht muss er für die
Erfüllungswirkung nicht ermächtigt sein, denn dieser ist ohnehin wegen des Forderungsrechts empfangszuständig. §§ 362 II, 185 I BGB ist im Verhältnis Gläubiger -
Dritteralso nur in Fällen des unechten Vertrages
zugunsten Dritterzu berücksichtigen. Dann prüft man nämlich, ob trotz Leistung an einen Dritten wegen §§ 362 II, 185 I BGB
Erfüllungbeim Gläubiger eingetreten ist. Die These mit der
Besitzdienerschaftmacht nur einen Unterschied für die
Erfüllungswirkung. Ist der Dritte lediglich
Besitzdiener(Hilfsperson) nach § 855 BGB tritt die
Erfüllungswirkung nach § 362 I BGB ein. Ist der Dritte gerade keine Hilfsperson, aber nach § 185 I BGB ermächtigt, so tritt die
Erfüllungnach § 362 II BGB ein. §§ 929 S. 1,
930 BGBmacht hier keinen Sinn. Das würde voraussetzen, dass der Verkäufer un
mittelbarer Besitzer des Handys verbleibt und zwischen ihm und dem Erwerber ein
Besitzmittlungsverhältnisvereinbart wird. Hier erlangt doch das Kind unmittelbaren Besitz (§§ 362 II, 185 I BGB) bzw. als
Besitzdiener(§ 855 BGB) die
tatsächliche Sachherrschaft, wodurch die Mutter den unmittelbaren Besitz erhält. Das
Besitzkonstitutist gerade keine Übergabe, sondern ein Übergabesurrogat.