Zivilrecht
Sachenrecht
Sicherungsrechte an beweglichen Sachen
Antizipierte Sicherungsübereignung (kleiner Streit)
Antizipierte Sicherungsübereignung (kleiner Streit)
29. März 2025
9 Kommentare
4,8 ★ (11.891 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

W nimmt bei Bank B einen Kredit auf, um die Vergrößerung seines Warenlagers finanzieren zu können. Zur Sicherung des Darlehens-Rückzahlungsanspruchs vereinbart die Bank mit W, dass sie das Eigentum an allen im Lagerraum 1 gegenwärtig und künftig befindlichen Waren erhalten soll.
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Einordnung des Falls
Antizipierte Sicherungsübereignung (kleiner Streit)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. W und B haben sich wirksam über den Eigentumsübergang geeinigt (§ 929 S.1 BGB).
Ja, in der Tat!
2. W und B haben allerdings nicht wirksam ein Besitzkonstitut vereinbart, da W zum Zeitpunkt der Vereinbarung weder Eigentümer noch Besitzer der erst künftig zu erwerbenden Sachen ist. (§ 930 BGB).
Nein!
3. Damit die B allerdings dann tatsächlich das Eigentum an den künftigen Sachen erwirbt, muss W, nachdem die Sachen in sein Eigentum gelangt sind, Bs Namen daran anbringen.
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
ajboby90
4.12.2023, 21:12:07
Ich habe mich schon öfter gefragt welcher Art das BMV bei einer SÜ eigentlich ist?
Leo Lee
10.12.2023, 10:02:31
Hallo ajboby90, bei einer
Sicherungsübereignungergibt sich ein solches BMV konkret aus dem sog.
Sicherungsvertrag, der die Voraussetzungen der
Sicherungsübereignungfestschreibt und somit die rechtliche/vertragliche Grundlage hierfür bildet. Beachte noch, dass ein solcher Vertrag sich aus dem Vertrag-sui-generis-Vorschriften ergebne, also §§ 241 I, 311 I BGB :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
YI
22.11.2024, 13:32:43
In den vorangehenden Beispielen wurde für die
Sicherungsübereignungstets der
§930 BGBneben dem §
929 BGBerwähnt. Im vorliegenden Fall wird dies nicht getan, was soweit verständlich ist das im Sachverhalt nur "Eigentum erwirbt" steht. Dann macht aber die wirksame
Sicherungsübereignungkeinen Sinn da der Sachverhalt ja garnicht sagt dass die Bank lediglich mittelbaren Besitz erhält. Hab ich einen Denkfehler? Mit freundlichen Grüßen
pactasuntservanda04
1.12.2025, 00:43:53
Wie sieht es mit der Berechtigung des Sicherungsgebers aus bzgl. künftig erworbener Sachen?
Foxxy
1.12.2025, 00:44:23
Entscheidend ist die Berechtigung im Zeitpunkt des Eigentumsübergangs. Bei antizipierter
Sicherungsübereignunggeht das Eigentum erst über, wenn du die jeweilige Ware selbst erwirbst und sie in Lagerraum 1 gelangt; dann bist du als (kurzzeitig) Eigentümer berechtigt und die Bank erwirbt im Durchgangserwerb (§§ 929,
930 BGB). Grenzen: - Steht die Ware unter Eigentumsvorbehalt, bleibt der Lieferant bis zur Vollzahlung Eigentümer; die Bank erwirbt zunächst kein Eigentum. Ggf. kann dein Anwartschaftsrecht gesichert sein, wenn vereinbart. - Bei fremden Waren (Leasing, Miete, Kommission) fehlt dir die Berechtigung; kein Sicherungseigentum der Bank. - Eine Ermächtigung des Eigentümers (§ 185 BGB) wäre ausnahmsweise ausreichend, ist aber unüblich. Das antizipierte Besitzkonstitut ist zulässig; eine zusätzliche Ausführungshandlung (Kennzeichnung) ist nach h.M. nicht nötig, wenn die räumliche Abgrenzung eindeutig ist.
pactasuntservanda04
1.12.2025, 01:59:03
Aber was macht die antizipierte Übereignung dann für einen Sinn, wenn sie erst mit Eigentumserlangung des Sicherungsgebers erfolgt? @[Foxxy](180364)
Foxxy
1.12.2025, 01:59:46
@[pactasuntservanda04](290691) Sie macht Sinn, weil Einigung und Besitzkonstitut schon heute feststehen und der Eigentumsübergang an die Bank später automatisch eintritt, sobald du die Ware erwirbst und sie in Lager 1 gelangt. Das sichert den laufenden Warenumschlag und verschafft regelmäßig Priorität gegenüber später bestellten Sicherheiten. Zur Berechtigung: Maßgeblich ist der Zeitpunkt des Eigentumsübergangs. Erwerbst du die Ware selbst, bist du in diesem Moment berechtigt; die Bank erwirbt im Durchgang nach §§ 929,
930 BGB. Grenzen: - Eigentumsvorbehalt: Zunächst nur Anwartschaft; gesichert ist diese nur, wenn vereinbart. Volles Eigentum der Bank erst mit Vollzahlung. - Fremde Waren (Miete/Leasing/Kommission): Keine Berechtigung; kein Eigentumserwerb der Bank, es sei denn Ermächtigung nach § 185 BGB. - Gutgläubigerwerb der Bank scheidet mangels Übergabe bei § 930 aufgrund § 933 BGB aus. Eine zusätzliche Ausführungshandlung (Kennzeichnung) ist nach h.M. beim Raum
sicherungsvertragnicht erforderlich, wenn die räumliche Abgrenzung eindeutig ist.
pactasuntservanda04
1.12.2025, 02:38:07
In der Klausur hat der Sicherungsgeber ja idR die künftigen Sachen noch nicht erworben. Wie kann man dann die Berechtigung annehmen? @[Foxxy](180364)
Foxxy
1.12.2025, 02:38:40
@[pactasuntservanda04](290691) Du prüfst die Berechtigung nicht im Zeitpunkt der Sicherungsabrede, sondern im Zeitpunkt des späteren Eigentumsübergangs: Eigentum der Bank entsteht erst, wenn W die konkrete Ware selbst erwirbt und sie in Lager 1 gelangt. Dann ist W (für eine juristische Sekunde) Eigentümer und damit berechtigt; die Bank erwirbt im Durchgang nach §§ 929,
930 BGB. In der Klausur: Einigung und Besitzkonstitut jetzt (+), Eigentumsübergang und Berechtigung erst „bei Erwerb“. Ergänzend: - Eigentumsvorbehalt: zunächst nur Anwartschaft; gesichert nur, wenn vereinbart; volles Eigentum der Bank erst mit Vollzahlung. - Fremde Ware (Miete/Leasing/Kommission): keine Berechtigung; nur mit Ermächtigung § 185 BGB. - Gutgläubiger Erwerb der Bank scheidet bei § 930 wegen § 933 BGB aus. - Zusätzliche Kennzeichnung ist nach h.M. beim Raum
sicherungsvertragnicht erforderlich.


