Öffentliches Recht

VwGO

Feststellungsklage

Statthaftigkeit Feststellungsklage gegen Rechtsverordnungen des Bundes?

Statthaftigkeit Feststellungsklage gegen Rechtsverordnungen des Bundes?

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

Bundesgesundheitsminister S erlässt eine Rechtsverordnung des Bundes, die bestimmte Meldeauflagen für Hersteller medizinischer Schutzausrüstung aufstellt. Der davon betroffene Hersteller H ist verärgert und will Klage gegen die Rechtsverordnung erheben.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

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Einordnung des Falls

Statthaftigkeit Feststellungsklage gegen Rechtsverordnungen des Bundes?

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. H möchte die Rechtmäßigkeit einer untergesetzlichen Norm überprüfen lassen. In Betracht kommt daher grundsätzlich ein Normenkontrollantrag nach § 47 VwGO.

Genau, so ist das!

Bestimmte untergesetzliche Rechtsnormen können im Rahmen einer Normenkontrolle (§ 47 Abs. 1 VwGO) auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden. H möchte eine Rechtsverordnung des Bundes überprüfen lassen. Diese steht im Rang unter den formellen Bundesgesetzen.
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2. Ein Normenkontrollantrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass das jeweilige Landesrecht diese Möglichkeit eröffnet. Normenkontrollanträge gegen untergesetzliche Normen des Bundes scheiden daher aus.

Ja, in der Tat!

Nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO können nur untergesetzliche Rechtsnormen auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden, die in ihrem Rang unter dem Landesgesetz stehen und sofern das Landesrecht dies bestimmt (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO). Die Regelung ist nach ihrem Wortlaut und ihrem Telos damit nur auf landesrechtliche untergesetzliche Normen anwendbar, jedoch nicht auf untergesetzliche Normen des Bundes. H wendet sich gegen eine untergesetzliche Rechtsnorm des Bundes. Hiergegen steht die Normenkontrolle gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO nicht zur Verfügung. Das parallele Problem ergibt sich bei Rechtsverordnungen und anderen Regelungen des Landes Hamburg: Zwar stehen diese Regelungen unter dem Landesgesetz. Allerdings hat Hamburg eine Regelung i.S.d. § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO nicht erlassen.

3. Mangels Statthaftigkeit des Normenkontrollantrags bleibt H der Rechtsschutz gegen die Rechtsverordnung damit nach allgemeiner Ansicht gänzlich verwehrt.

Nein!

Rechtsschutz gegen untergesetzliche Normen bei Unanwendbarkeit von § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO gänzlich zu untersagen, widerspräche dem Grundsatz effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG). Das BVerfG und die wohl h.M. halten eine gegen den Normgeber gerichtete Feststellungsklage für statthaft, gerichtet darauf, dass die Norm (keine) Wirkungen für den Kläger entfaltet bzw. seine subjektiven Rechte (nicht) verletzt. Darin liegt das feststellungsfähige Rechtsverhältnis. Die Zulässigkeit der Klage setzt voraus, dass die Norm unmittelbar Rechte und Pflichten des Klägers begründet. Eine andere Ansicht lässt für den Fall, dass eine prinzipale Normenkontrolle (= Kontrolle, die unmittelbar eine Norm zum Gegenstand hat) nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO unstatthaft ist, eine prinzipale Feststellungsklage zu. Dagegen spricht, dass die eindeutige gesetzgeberische Wertung des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO durch eine solche Normenkontrolle "durch die Hintertür" umgangen würde.

4. Hs Feststellungsklage, gerichtet darauf festzustellen, dass er nicht verpflichtet ist, sich an die Meldeauflagen der Rechtsverordnung des Bundes zu halten, ist statthaft.

Genau, so ist das!

Nach BVerfG und wohl h.M. ist für den Rechtsschutz gegen Rechtsverordnungen des Bundes mangels Anwendbarkeit des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO eine Feststellungsklage statthaft. Sie ist zu richten auf die Feststellung, dass die Norm (keine) Wirkungen für den Kläger entfaltet bzw. seine subjektiven Rechte (nicht) verletzt. Die streitige Rechtsverordnung des Bundes begründet unmittelbar eine Pflicht für H zur Einhaltung bestimmter Meldeauflagen. U kann eine Feststellungsklage erheben, gerichtet auf die Feststellung, dass er nicht zur Einhaltung der Meldeauflagen der Rechtsverordnung verpflichtet ist bzw. gerichtet darauf, dass die Meldeauflagen der Rechtsverordnung ihn in seinen Rechten verletzen. Die Lösung zeigt, dass auch mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG kein Bedürfnis besteht, Rechtsschutz über eine prinzipale Feststellungsklage zu gewähren. Denn die subjektiven Rechte des Klägers können effektiv mit einer Feststellungsklage gewahrt werden können.
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