Zivilrecht > Examensrelevante Rechtsprechung ZR
Thermofenster – Unionsrechtliche Regeln für Autohersteller sind drittschützend
Noch 2021 sah es der BGH als offensichtlich („acte claire“) an, dass die europarechtlichen Vorschriften für Autohersteller nur dem Umweltschutz dienen und darüber hinaus keinen Drittschutz gegenüber den Endverbrauchern vermitteln sollten. Auf Vorlage des LG Regensburg setzte sich nunmehr auch der EuGH mit dieser Frage auseinander. Der konkrete Streit betraf illegale Abschalteinrichtungen, die bei niedrigen Temperaturen die Abgasrückführung verringern bzw. gänzlich ausschalten (sog. „Thermofenster“). Im Ergebnis gelangte der EuGH zum Ergebnis, dass die europarechtlichen Vorgaben zumindest auch Individualschutz entfalten. Selbst wenn die Hersteller insofern nicht vorsätzlich und sittenwidrig (§ 826 BGB) gehandelt haben, kommt nunmehr zumindest ein Schadensersatzanspruch der Käufer gegen die Hersteller wegen Schutzpflichtverletzung (§ 823 Abs. 2 BGB iVm den europarechtlichen Vorschriften) in Betracht.
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Schadensersatzklage im sogenannten "Dieselfall"(BGH, 25.05.2020 - VI ZR 252/19): examensrelevante Rechtsprechung | Jurafuchs
Der sog. „Dieselskandal“ setzte im ganzen Bundesgebiet eine wahre Klageflut gegen den Autohersteller VW in Gang. Hintergrund der Klagen war der Umstand, dass VW in zahlreichen Dieselfahrzeugen illegale Abschalteinrichtungen verbaut hatte, die über den tatsächlichen Umfang des Schadstofausstoßes hinwegtäuschen sollten. In der vorliegenden Entscheidung äußerte sich der BGH erstmalig zu den Ansprüchen der Käufer. Dabei stellte er klar, dass es sich bei der Verwendung der Manipulationssoftware um eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung der Käufer handele. Hierdurch war endlich höchstrichterlich geklärt, dass den Käufern nicht nur Mängelgewährleistungsansprüche gegen die Verkäufer zustehen, sondern auch ein deliktischer Schadensersatzanspruch (§ 826 BGB) direkt gegen den Hersteller VW.
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Nachlieferung eines erheblich höherwertigen Nachfolgemodells gegen Zuzahlung ("Diesel-Abgasskandal")
Verbraucher K kauft von V einen fabrikneuen VW Caddy III für €20.000, der über eine unzulässige Abschalteinrichtung verfügt. Ein Jahr später verlangt K Nachlieferung. VW produziert mittlerweile ausschließlich den Caddy IV für 26.000€. Ein Softwareupdate würde V nur €100 kosten.
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Inhalt des Anspruchs auf Nachlieferung nach einem Modellwechsel ("Diesel-Abgasskandal")
Verbraucherin K kauft einen fabrikneuen VW Golf der 7. Generation von V. Das Fahrzeug ist vom „Diesel-Abgasskandal“ betroffen. Acht Jahre später verlangt K daher nun erstmals Nachlieferung. Seit drei Jahren produziert VW nur noch den höherwertigen Golf der 8. Generation.
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Vorrang der Leistungsklage auf Schadensersatz und Feststellungsinteresse ("Diesel-Abgasskandal")
K hat einen vom Dieselskandal betroffenen VW gekauft. Ein Softwareupdate zur Mangelbehebung lehnt K bisher ab, weil sie Folgeschäden am Fahrzeug befürchtet. Stattdessen klagt K auf Feststellung einer Ersatzpflicht VWs für alle (künftigen) Schäden „aus der Fahrzeugmanipulation“.
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Ersatzfähigkeit von Finanzierungskosten bei Diesel-Fällen
K kauft von T für €18.000 einen gebrauchten VW Bulli. Dieser ist vom „Dieselskandal“ betroffen und hat eine Restlaufleistung von 200.000km. Den Kaufpreis finanziert K über ein Darlehen bei der X-Bank in gleicher Höhe, das sie nebst Zinsen in Höhe von €3.000 vollständig zurückzahlt.
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Sekundäre Darlegungslast von VW in Bezug auf unzulässige Abschalteinrichtungen
K kauft von D einen VW Eos. Das Fahrzeug verfügt über die „Dieselskandal-Software“ und hält deshalb im Prüfbetrieb, nicht aber im Normalbetrieb die Abgasnorm Euro 5 ein. K behauptet, frühere Vorstände von VW hätten den Einsatz der Software gebilligt. Sie klagt gegen VW auf Schadensersatz.
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Daimler-Thermofenster (BGH, Beschl. v. 19.01.2021 – VI ZR 433/19)
K kauft 2012 bei der Daimler AG (D) einen Mercedes-Benz mit Dieselmotor für €32.000. Das Auto unterliegt keinem Rückruf durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA). Die Abgasreinigung erfolgt über die Abgasrückführung. Dabei wird ein Teil der Abgase wieder der Verbrennung im Motor zugeführt. Hierdurch verringern sich die Stickoxidemissionen. Die Abgasrückführung wird bei kühleren Temperaturen reduziert, möglicherweise ab bestimmten Temperaturen sogar ganz abgeschaltet ("Thermofenster"). Diese Abschaltung kann zu einem erheblichen Anstieg der Stickoxidemissionen führen. K wertet dies als unzulässig.