Zivilrecht
Schuldrecht Allgemeiner Teil
Verzögerung der Leistung, §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB (Leistungsstörungsrecht)
ernsthafte und endgültige Leistungsverweigerung
ernsthafte und endgültige Leistungsverweigerung
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
V hat K am 1.3. per Handschlag eine Bierzapfanlage verkauft. Am 5.3. äußert V Bedenken, ob mündliche Vereinbarungen überhaupt bindend sind. Da er nicht liefert, entgehen K Einnahmen in Höhe von €500.
Diesen Fall lösen 78,4 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
ernsthafte und endgültige Leistungsverweigerung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. K könnte gegen V einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung haben (§§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB).
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Zwischen K und V besteht ein rechtsgeschäftliches Schuldverhältnis in Form eines Kaufvertrages (§ 433 BGB).
Ja, in der Tat!
3. V müsste sich im Schuldnerverzug befinden.
Ja!
4. Ks Forderung ist wirksam, fällig und durchsetzbar.
Nein, das ist nicht der Fall!
5. K hat V gemahnt (§ 286 Abs. 1 BGB).
Nein, das trifft nicht zu!
6. Auch ohne Mahnung ist V durch die geäußerten Zweifel am 5.3. in Verzug geraten.
Nein!
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
BenKenobi
11.6.2023, 12:08:25
Ich verstehe nicht ganz, warum die Forderung des K einredebehaftet sein soll. Grundsärtzlich würde ich davon ausgehen, dass K mit der Geltendmachung seiner Forderung zum Ausdruck bringt, die Kaufsache Zug-um-Zug gegen Leistung des Kaufpreises erhalten zu wollen. Hingegen Wenn hegt V gerade Zweifel am Bestehen seiner Schuld, womit seine Leistungswilligkeit anzuzweifeln ist. Wenn der Gläubiger unter dieser Prämisse fordert, kann der Schuldner doch keine Einrede aus § 320 I BGB haben, oder?
Maryen
29.11.2023, 16:44:58
Das frage ich mich auch
roadrunnert
27.12.2023, 21:46:35
@Maryen Bei
§ 320 BGBgilt die Besonderheit, dass das Vorliegen der Voraussetzungen den Verzug ausschließt und sich der Schuldner nicht darauf berufen muss. Frag mich nicht, warum das so ist, aber so steht es in Lehrbüchern und auch hier bei Jurafuchs in einer anderen Aufgabe.
as.mzkw
21.8.2024, 12:08:09
Vor allem verstehe ich nicht wieso in der Aufgabe dann überhaupt trotz angeblicher Nichtdurchsetzbarkeit weiter geprüft wird.
Sebastian Schmitt
17.9.2024, 12:04:10
Hallo @[BenKenobi](204235), zunächst einmal enthält die Sachverhaltsdarstellung keinerlei Anhaltspunkte dahingehend, das K seine Forderung überhaupt geltend gemacht hat. Selbst wenn er das getan hätte, dürfte das allein aber kaum ausreichen. Erforderlich ist vielmehr, dass gerade die Gegenleistung (also die Kaufpreiszahlung) explizit an
gebotenwird; die bloße Bereitschaft dazu genügt nicht (MüKoBGB/Ernst, 9. Aufl 2022, § 286 Rn 33; BeckOK-BGB/Lorenz, 71. Ed., Stand 1.8.24, § 286 Rn 14). Anderenfalls kommt V hier wegen § 320 I 1 BGB grds nicht in Verzug. Wer das Bestehen der eigenen Schuld anzweifelt, hat damit noch nicht die Leistung ernsthaft und endgültig (!) verweigert iSd § 286 II Nr 3 BGB, sodass eine Mahnung auch nicht entbehrlich ist. Das Angebot zum Erbringen der Gegenleistung kann man auch grds nicht in das Fordern der eigenen Leistung "hineinlesen", es muss vielmehr ausdrücklich erfolgen (das gilt zB auch in einer Klageschrift: Wer hier nicht ausdrücklich Leistung Zug-um-Zug beantragt und dadurch die Gegenleistung anbietet, kann teilweise unterliegen!). Warum wir anschließend dennoch weiterprüfen, hat vor allem didaktische Gründe: Nur so können wir in dieser Aufgabe noch einmal näher auf
§ 286 BGBund die Mahnung eingehen, was uns sinnvoll scheint. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team
Bilbo
24.7.2023, 14:56:17
Die Äußerung von V am 05.03. kann also nicht als Anfechtung angesehen werden? Sollte man das in einer Klausur wenigstens ansprechen, um den Satz zu verwerten oder welche Rolle spielt der hier?
Lukas_Mengestu
25.7.2023, 18:09:11
Hallo Bilbo, das wäre an der Stelle wohl eher fernliegend. Insbesondere wäre hier fraglich, worin genau der Anfechtungsgrund bestehen sollte. Sofern der Vertrag formunwirksam ist, bedarf es ja überhaupt keiner Anfechtung, sondern er wäre direkt nach § 125 BGB nichtig. Im Übrigen sind die Parteien grundsätzlich an einen abgeschlossenen Vertrag gebunden. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Bilbo
7.8.2023, 19:39:14
Alles klar, danke!
der unerkannt geisteskranke E
25.11.2023, 17:08:31
Ich habe es noch so gelernt: Einregen müssen reden; Einreden müssen also erhoben werden, um die Durchsetzbarkeit tatsächlich aufzuheben. Wie kommt es, dass dies hier anscheinend nicht der Fall ist? Es handelt sich doch um eine dilatorische Einrede, oder?
roadrunnert
10.1.2024, 23:02:30
@[der
unerkannt geisteskranke E](
199982) Bei
§ 286 BGBmüssen die Einreden nur bis zum Abschluss der mündlichen Verhandlungen erhoben worden sein. Deshalb darf man das in der Klausur unterstellen. Die Ausnahme ist das
Zurückbehaltungsrechtaus
§ 273I BGB, das noch vor der Mahnung, also vor oder gleichzeitig mit den Verzugsvoraussetzungen, geltend gemacht werden muss. Grund ist, dass der Gläubiger das ZBR durch Sicherheitsleistung abwenden kann,
§ 273III, und dann nicht seinen Schadensersatzanspruch verliert.
QuiGonTim
6.2.2024, 23:07:33
Wie ist mit § 320 Abs. 1 S. 1 BGB in der Klausur umzugehen? Ist die Norm stets anzusprechen, wenn sich im Sachverhalt keine Angaben zu einer bereits erfüllten Gegenleistungspflicht finden?
Natze
21.2.2024, 21:13:05
Das würde mich auch interessieren.
Jakob G.
16.9.2024, 22:33:47
Ich würde das so formulieren, dass die Leistung Zug um Zug gegen Gegenleistung verlangt werden kann. Denn genau das ist die Rechtsfolge, die sich in § 322 I BGB ergibt. Bei Erhebung der Einrede des nichterfüllten Vertrages einer Seite wird beim Rechtsstreit die Klage der anderen Seite nicht abgewiesen, sondern es wird Zug-um-Zug verurteilt, sodass beide Parteien einen jeweils vollstreckbaren Anspruch in Händen halten und nicht eine Partei in Vorleistung gehen muss (Aufhebung der Blockade). (BeckOGK/Rüfner, 1.4.2024, BGB § 322 Rn. 2)
QuiGonTim
6.2.2024, 23:10:03
Die folgende Frage, bezieht sich nicht speziell auf diesen Fall, sondern betrifft den
Schuldnerverzugallgemein. Wie ist der Prüfungspunkt „Nachholbarkeit“ zu verstehen? Soll er bloß die
Unmöglichkeitim Sinne des § 275 Abs. 1 BGB ausschließen oder steckt mehr dahinter?
QuiGonTim
6.2.2024, 23:12:14
Liebes Jurafuchs-Team, könntet ihr ein Beispiel für die Entbehrlichkeit der Mahnung nach § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB nennen?
gova
7.2.2024, 15:39:18
Vorab, super hilfreiche Fälle zum
Schuldnerverzug, danke! Es wäre super, wenn ihr noch etwas zum Schaden / zu den Rechtsfolgen (v.a. Rechtsanwaltskosten, Verzugszinsen) bringen könntet.
Linne_Karlotta_
23.10.2024, 17:25:45
Hallo gova, vielen Dank für Deinen Vorschlag! Wir haben ihn notiert und werden in einer der nächsten Redaktionssitzungen prüfen, inwiefern wir hierzu unsere Lerninhalte entsprechend anpassen bzw. noch weitere Aufgaben mit aufnehmen können. Beste Grüße, Linne_Karlotta_, für das Jurafuchs-Team
Lukas
28.8.2024, 12:52:56
In der Fallfrage wäre der Hinweis ganz nett, dass K nicht schon geleistet hat. Denn so fehlt das Problembewusstsein, dass zur Annahme einer Einrede nach § 320 Abs. 1 BGB führt.
G0d0fMischief
19.10.2024, 12:37:16
In einer anderen Aufgabe, wurde angenommen, dass der Verkäufer vorleistungspflichtig ist - unter anderem aufgrund einer ansonsten ungerechtfertigten Benachteiligung des Käufers, da dieser gem. § 270 I BGB schon für den Untergang des Geldes auf Zufall haftet. Hier wird jetzt
§ 320 BGBdoch relevant. Ich finde es vorliegend widersprüchlich, wie in einer Aufgabe eine Vorleistungspflicht des Verkäufers angenommen werden kann und in einer anderen dann wieder die
Leistungspflichtenvon Verkäufer und Käufer „gleichrangig“ sind.
Sebastian Schmitt
21.10.2024, 10:23:46
Hallo @[G0d0fMischief](217996), vielen Dank für Deinen Hinweis. Ich schaue mir das gerne näher an und kläre, ob sich hier in Fehler eingeschlichen hat oder wir etwas korrigieren/präzisieren müssen. Ohne die andere Aufgabe zu kennen und die Sachverhalte entsprechend zu vergleichen, kann ich dazu aber abstrakt leider wenig sagen. Auch wir Moderatoren kennen natürlich nicht alle Aufgaben und ich kann anhand Deiner Schilderung nicht wirklich erkennen, um welche "andere Aufgabe" es Dir geht. Weiß Du zufällig noch, um welche andere Aufgabe es sich handelt? Falls ja, lass es mich gerne wissen - idealerweise, indem Du die konkrete Aufgabe nennst. Am einfachsten geht das, indem Du mir den Link zur Aufgabe in Deiner Post einfügst (Symbol mit dem Quadrat und dem nach rechts oben herausgehenden Pfeil über der Aufgabe anklicken ("Teilen"-Symbol), im sich dann öffnenden Menü ganz rechts auf die beiden überlappenden Quadrate, dann hast Du den Link in der Zwischenablage und kannst ihn hier zB mit Strg+v einfügen). Alternativ kann ich die Aufgabe evtl auch über einen markanten Suchbegriff aus der Sachverhaltsdarstellung finden. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team
G0d0fMischief
21.10.2024, 17:49:17
@[Sebastian Schmitt](263562) vielen Dank für die schnelle Antwort! Hier ist der Link zur Aufgabe :) https://applink.jurafuchs.de/yz7u2heySNb
Sebastian Schmitt
22.10.2024, 10:48:34
Hallo @[G0d0fMischief](217996), ich habe mir das gerade mal angeschaut. Bist Du sicher, dass das die andere Aufgabe ist, die Du meinst? Im dortigen "Küchenfall" nehmen wir nämlich gar keine Vorleistungspflicht des Verkäufers an, sondern betonen vielmehr, dass Leistung und Gegenleistung im
Synallagmastehen und dementsprechend niemand vorleistungspflichtig ist. Und um § 270 BGB geht es dort ebenfalls nicht. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team
G0d0fMischief
22.10.2024, 11:18:18
Hallo @[Sebastian Schmitt](263562), in dem Threads zu dem Fall hatte ich eine Frahe bzgl. einer „ungeschriebenen“ Vorleistungspflicht des Verkäufers gestellt. Die Frage hat sich mir daraus ergeben, dass K meines Erachtens besser gestellt wurde als V. V durfte die Nachbesserung nicht von einer vorherigen Zahlung des Kaufpreises abhängig machen (was ja auch dem Gedanken des
§ 320 BGBentspricht) während K jedoch seinerseits OHNE Kaufpreiszahlung anzubieten (seinerseits also die Leistung NICHT Zug-um-Zug gegen Gegenleistung an
gebotenhat) die Nacherfüllung verlangen durfte. Dieses Problem hat mir @[Leo Lee](213375) dann damit beantwortet, dass sich unter anderem daraus, dass der Käufer (als Geldschuldner) aufgrund von § 270 I BGB schon eine schlechtere Ausgangslage hat und daher der Verkäufer vorzuleisten verpflichtet ist. Ich hoffe ich stelle hier jetzt nichts falsch dar. Ich finde gerade diese Situationen in der Klausur sehr schwer, weil es natürlich einen groben Fehler darstellen würde ein
Leistungsverweigerungsrecht anzunehmen, obwohl gar keins besteht.