+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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A und F verabreden sich zum Skilaufen. A verspricht F, ihn in seinem Auto mitzunehmen. A erscheint nicht und verreist lieber mit seiner Geliebten. F fährt mit der Bahn. Hätte er nicht auf As Zusage vertraut, hätte er rechtzeitig eine Bahnfahrt zum Sparpreis gebucht und €100 gespart.

Einordnung des Falls

Mitnahme in den Urlaub (Freizeitvergnügen)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. F kann von A Ersatz der €100 verlangen, wenn zwischen A und F ein Auftrag (§ 662 BGB) zustande gekommen ist.

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Ja, in der Tat!

A könnte sich gegenüber F verpflichtet haben, ihn unentgeltlich mit dem Auto abzuholen. Zwar ist die Kündigung durch den Beauftragten (A) jederzeit möglich (§ 671 Abs. 1 Hs. 2 BGB). Die Kündigung muss aber dem Auftraggeber die Möglichkeit anderweitiger Fürsorge lassen. Anderenfalls handelt es sich um eine Kündigung zur Unzeit, die einen wichtigen Grund verlangt (§ 671 Abs. 2 BGB). Fehlt dieser, ist die Kündigung zwar wirksam, verpflichtet aber zum Schadensersatz, gerichtet auf das negative Interesse.

2. Indem A dem F angeboten hat, ihn im Auto mitzunehmen, hat er ihm den Abschluss eines Auftragsvertrags (§ 662 BGB) angetragen.

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Nein!

Der Auftrag kommt durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen (§§ 145ff. BGB) zustande. Bei welchen man aus Sicht einens Dritten auf einen Handlungs-, Rechtsbindungs- und Geschäftswillen schließen können müsste (äußerer Tatbestand der Willenserklärung).Hier geht es bei der Zusage zur Fahrt zum Skilaufen bloß um ein Freizeitvergnügen. A möchte sich nach der Verkehrsanschauung zur Durchführung der Fahrt nicht rechtlich verpflichten. Er hat gegenüber F vielmehr eine freundschaftliche Einladung ausgesprochen. Auch wenn sich F erkennbar auf die Zusage verlassen hat, stehen für ihn jedenfalls keine erheblichen Vermögenswerte auf dem Spiel und er wird auf anderem Wege an den Urlaubsort gelangen.Im Hinblick auf die deutlich höheren Bahnkosten bei kurzfristiger Buchung ist es auch vertretbar, das Vorliegen eines Rechtsbindungswillen anzunehmen.

3. Ein Auftragsverhältnis setzt voraus, dass A und F rechtsverbindliche Willenserklärungen abgegeben haben.

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Genau, so ist das!

Unentgeltliche Verträge (wie z.B. der Auftrag) sind von unverbindlichen Gefälligkeiten abzugrenzen. Erklärt sich jemand unentgeltlich zur Übernahme einer Tätigkeit bereit, ist durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln, ob er sich rechtlich binden (Rechtsbindungswille) und so für seine Zusage haften, oder ob er die Tätigkeit nur als typische Gefälligkeit des täglichen Lebens übernehmen möchte. Entscheidend ist, wie sich das Verhalten der Beteiligten bei Würdigung aller Umstände einem objektiven Beurteiler darstellt. Eine vertragliche Bindung liegt nahe, wenn der Begünstigte sich erkennbar auf die Zusage verlässt und für ihn erhebliche Werte auf dem Spiel stehen.

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