Übereignung nach §§ 929 S. 1, 931 BGB
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
E leiht B seine Kletterausrüstung. Dann verkauft E sie an F (§ 433 BGB) und einigt sich mit ihm dinglich über den Eigentumsübergang an F (§ 929 S. 1 BGB).
Einordnung des Falls
Übereignung nach §§ 929 S. 1, 931 BGB
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. F hat Eigentum nach § 929 S. 1 BGB erlangt.
Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.
Nein!
2. F kann erst Eigentum erlangen, wenn B das Kletterset zurückgibt.
Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.
Nein, das ist nicht der Fall!
3. F erwirbt Eigentum, wenn E ihm seinen Herausgabeanspruch gegen B aus dem Leihvertrag abtritt (§§ 398 ff. BGB).
Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.
Ja, in der Tat!
Jurafuchs kostenlos testen
Jurapro
4.2.2023, 13:03:55
Kennt ihr einen guten Merkspruch für die Unterscheidung zwischen Zedent und Zessionar?

Marilena
4.2.2023, 13:10:53
Der Zedent flennt (verliert Forderung); der Zessionar schreit "Hurra" (bekommt Forderung)😉
Jurapro
4.2.2023, 13:16:19
Hahaha 😂😂😂 Ganz lieben Dank! Den Merkspruch werde ich nie wieder vergessen
jenny24
4.2.2023, 15:14:34
Zedent mit t wie alt.
Larissa3
3.5.2023, 13:49:17
Mein Prof hat uns diesen verraten: WeR ist deR ErwerbeR - der ZessionaR. Beim Aufsagen hat er das R so gerollt 😬 das bleibt in Erinnerung

juramen
18.5.2023, 06:55:44
Warum brauchen wir als Voraussetzung des Eigentumerwerbs nach §§ 929, 931 eigentlich sowohl Einigung als auch einig sein, zumal das einigsein ja während der Abtretung des Herausgabeanspruchs vorliegen sollte und nicht erst ggf. danach, wenn man es als dritte Voraussetzung prüft 🤔

Nora Mommsen
18.5.2023, 09:52:44
Hallo juramen, einig sein meint Einigsein im Zeitpunkt der Übergabe/des Übergabesurrogats. Also eine Einigung kann ja auch antizipiert erfolgen, muss aber eben fortbestehen. Wir haben das umformuliert. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Juratiopharm
5.11.2023, 18:03:42
Klassischerweise liegt eine Übergabe ja vor, wenn der Erwerber den Besitz erlangt, dies auf Veranlassung des Veräußerers passiert und letzterer keinen Besitzrest behält. Dies könnte man hier auch annehmen, aber dennoch ist 931 einschlägig. Wieso (dogmatisch)?
Paulah
9.11.2023, 22:07:05
Im § 929 steht "... ist es erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt". E kann nichts an F übergeben, weil er nicht im Besitz der Kletterausrüstung ist, deshalb brauchen wir ein Übergabesurrogat - das ist hier die Abtretung des Herausgabeanspruchs.
Dogu
9.11.2023, 16:31:28
Wäre hier nicht auch die Aufgabe des alten Besitzmittlungsverhältnisses unter Begründung eines neuen Besitzmittlungsverhältnisses zwischen Erwerber und Entleiher als Erwerb nach § 929 S. 1 BGB möglich?
Paulah
9.11.2023, 22:12:03
Ich glaube, das ist hier ein ähnliches Problem wie bei Juratiopharms Frage zu dem Fall. Die Eigentumsübertragung muss für die Änderung des Besitzmittlungsverhältnisses erst mal erfolgt sein. Das geht über § 929 S. 1 BGB nicht, weil der Eigentümer E nicht im Besitz der Sache ist und die Sache nicht übergeben kann. Nach der Übergabe durch Surrogat kann ein neues Besitzmittlungsverhältnis gegründet werden. Ein neues Besitzmittlungsverhältnis müsste ja zwischen F als Eigentümer und B erfolgen.
Dogu
10.11.2023, 10:16:17
Wenn der Veräußerer (E) das Besitzmittlungsverhältnis mit dem unmittelbaren Besitzer (B) beendet und auf seine Veranlassung ein Besitzmittlungsverhältnis zwischen dem Erwerber (F) und dem unmittelbaren Besitzer vereinbart wird, liegt nach h.M. eine Übergabe i.S.d. § 929 S. 1 BGB vor (AS-Skript Sachenrecht 1, 24. Auflage, S. 68). Insoweit verstehe ich die Aussage nicht, dass für eine Änderung des Besitzmittlungsverhältnisses die Eigentumsübertragung erfolgt sein muss. Das stimmt meines Erachtens nicht.
Paulah
12.11.2023, 15:45:13
Hallo Dogu, ich habe noch mal überlegt und recherchiert, das ist wirklich interessant. Ich denke das so: Also, eine Übergabe nach § 929 S. 1 BGB haben wir in keinem Fall. E hat das Gerät nicht und kann es deshalb nicht an F übergeben. Wir brauchen in jedem Fall ein Surrogat. Nach dem, was du nach AS erläutert hast, könnte eine Übergabe nach §§ 929 S. 1, 930 BGB vorliegen. Dazu habe ich nichts gefunden. Das AS-Skript habe ich auch nicht. Mich machen aber zwei Sachen nachdenklich: 1. Man kann das Inhaltsverzeichnis des AS-Skripts online einsehen. Die von dir zitierte Stelle steht in dem Kapitel "Ersatz der Übergabe durch Abtretung des Herausgabeanspruchs, § 931" - jedenfalls wenn sich zur 23. Auflage nicht komplett etwas verändert hat. Kann man die als hM zitierte Stelle so aus dem Zusammenhang reißen bzw. wie ist sie eingebettet? Führt AS nähere Belegstellen für die hM an? 2. Ich überlege immer gerne mit Übertragungen "ins tägliche Leben". Wenn ich also den Jurafüchsen mein BGB leihe, damit die das auch mal lesen können ;-) - und es dir dann verkaufe und dabei dir sage, sie sollst aber mit den Füchsen ein neues BMV abschließen, weil sie es noch nicht bis zum Ende gelesen haben - dann müsstest du das machen, nicht ich. Ist es dann noch auf meine Veranlassung? Ich kann es dir ja nicht vorschreiben. Oder müsste ich das zur Vertragsbedingung machen? Trotzdem müsste das BMV doch vom Eigentümer, in diesem Falle also von dir und nicht von mir geschlossen werden? Oder nicht? Oder doch? Wie siehst du - oder jemand anders das? Viele Grüße von Paula
Dogu
12.11.2023, 19:32:37
Hallo Paulah, Deine Auffassung entspricht nicht der herrschenden Meinung. Das ist ein Fall des § 929 S.1 BGB und damit nicht §§ 929, 930 BGB. "Nach überwiegender Meinung reicht es aus, wenn der Veräußerer den Besitzmittler zum Abschluss eines neuen Besitzmittlungsverhältnisses mit dem Erwerber anweist und der Besitzmittler den Weisungen des Erwerbers tatsächlich nachkommt. Die Gegenauffassung wendet mangels Wechsels des unmittelbaren Besitzes § 931 BGB an, der ohnehin auf die Publizität verzichtet" ( stellvertretend für viele: https://rsw.beck.de/docs/librariesprovider22/default-document-library/vieweg-regenfuss_fragenkatalog-online.pdf Frage 30). Es fehlt ja auch nichts für § 929 S. 1 BGB: Aufgabe des Besitzes auf Veräußerseite +, Begründung des Besitzes durch den Erwerber +, Besitzbegründung auf Veranlassung des Veräußerers +. Daher stimmt die Aussage, "E hat das Gerächt nicht und kann es deshalb nicht übergeben" nicht: E hat Besitz an der Ausrüstung, die er sehr wohl übertragen kann.
Dogu
12.11.2023, 19:33:09
*den er übertragen kann.
Paulah
12.11.2023, 21:38:48
Vielen Dank, Dogu! Tatsächlich habe ich mit deinen erneuten Hinweisen an verschiedenen Stellen die entsprechende Diskussion auch noch gefunden. In der Tat geht diese Möglichkeit auch! Bei mir steht allerdings nicht, dass die von dir geschilderte Meinung die herrschende Meinung ist. Herrschende Meinung ist diesbezüglich nur, wie ich es lese, dass die Möglichkeit besteht. Insgesamt gesehen gibt es z. B. nach Diehn, Streitstände kompakt, Sachenrecht, S. 37 f. oder nach Prütting, Sachenrecht, Rn 376 f. nach überwiegender Auffassung drei Möglichkeiten zur Eigentumsübertragung, wenn der Veräußerer mittelbarer Besitzer ist. Die von dir aufgeworfene Lösung über § 929 S. 1 und die bereits oben diskutierten anderen beiden Möglichkeiten § 929 S. 1 und § 930/931. Das die Lösung über § 929 S. 1 bevorzugt wird, also herrschende Meinung ist, habe ich aus dem, was ich gelesen habe, nicht gesehen. Siehst du das anders?