Übereignung nach §§ 929 S. 1, 931 BGB

8. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

E leiht B seine Kletterausrüstung. Dann verkauft E sie an F (§ 433 BGB) und einigt sich mit ihm dinglich über den Eigentumsübergang an F (§ 929 S. 1 BGB).

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Einordnung des Falls

Übereignung nach §§ 929 S. 1, 931 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. F hat Eigentum nach § 929 S. 1 BGB erlangt.

Nein!

Die Übereignung nach § 929 S. 1 BGB setzt voraus: (1) Einigung, (2) Übergabe, (3) Einigsein bei Übergabe, (4) Berechtigung des Veräußerers. E und F haben sich über den Eigentumsübergang geeinigt. Jedoch hat E die Kletterausrüstung nicht an F übergeben.
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2. F kann erst Eigentum erlangen, wenn B das Kletterset zurückgibt.

Nein, das ist nicht der Fall!

F kann Eigentum nach §§ 929 S. 1, 931 BGB erlangen. Der Eigentumserwerb nach §§ 929 S. 1, 931 BGB setzt voraus: (1) Einigung, (2) Abtretung des Herausgabeanspruchs, (3) Einigsein, (4) Verfügungsberechtigung.E und F haben sich über den Eigentumsübergang geeinigt. E hat einen vertraglichen Herausgabeanspruch aus § 604 Abs. 1 BGB gegen B. Diesen muss er F nach § 398 BGB abtreten, um den mittelbaren Besitz nach § 870 BGB auf ihn zu übertragen. Der Abtretungsvertrag fungiert hier als Übergabesurrogat.

3. F erwirbt Eigentum, wenn E ihm seinen Herausgabeanspruch gegen B aus dem Leihvertrag abtritt (§§ 398 ff. BGB).

Ja, in der Tat!

Die Abtretung ist ein Verfügungsgeschäft und somit von dem schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäft zu unterscheiden: Das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft ist hier der Kaufvertrag zwischen E und F. Als bisheriger Gläubiger (Zedent) ist E aus dem Kaufvertrag verpflichtet, dem neuen Gläubiger F (Zessionar) den Herausgabeanspruch abzutreten (Verfügungsgeschäft).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

JURA

Jurapro

4.2.2023, 13:03:55

Kennt ihr einen guten Merkspruch für die Unterscheidung zwischen Zedent und Zessionar?

Marilena

Marilena

4.2.2023, 13:10:53

Der Zedent flennt (verliert Forderung); der Zessionar schreit "Hurra" (bekommt Forderung)😉

JURA

Jurapro

4.2.2023, 13:16:19

Hahaha 😂😂😂 Ganz lieben Dank! Den Merkspruch werde ich nie wieder vergessen

JEN

jenny24

4.2.2023, 15:14:34

Zedent mit t wie alt.

Larissa3

Larissa3

3.5.2023, 13:49:17

Mein Prof hat uns diesen verraten: WeR ist deR ErwerbeR - der ZessionaR. Beim Aufsagen hat er das R so gerollt 😬 das bleibt in Erinnerung

juramen

juramen

18.5.2023, 06:55:44

Warum brauchen wir als Voraussetzung des Eigentumerwerbs nach §§ 929, 931 eigentlich sowohl Einigung als auch einig sein, zumal das einigsein ja während der Abtretung des

Herausgabeanspruch

s vorliegen sollte und nicht erst ggf. danach, wenn man es als dritte Voraussetzung prüft 🤔

Nora Mommsen

Nora Mommsen

18.5.2023, 09:52:44

Hallo juramen, einig sein meint Einigsein im Zeitpunkt der Übergabe/des Übergabesurrogats. Also eine Einigung kann ja auch antizipiert erfolgen, muss aber eben fortbestehen. Wir haben das umformuliert. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Juratiopharm

Juratiopharm

5.11.2023, 18:03:42

Klassischerweise liegt eine Übergabe ja vor, wenn der Erwerber den Besitz erlangt, dies auf Veranlassung des Veräußerers passiert und letzterer keinen Besitzrest behält. Dies könnte man hier auch annehmen, aber dennoch ist 931 einschlägig. Wieso (dogmatisch)?

Paulah

Paulah

9.11.2023, 22:07:05

Im § 929 steht "... ist es erforderlich, dass der

Eigentümer

die Sache dem Erwerber übergibt". E kann nichts an F übergeben, weil er nicht im Besitz der Kletterausrüstung ist, deshalb brauchen wir ein Übergabesurrogat - das ist hier die Abtretung des

Herausgabeanspruch

s.

Dogu

Dogu

9.11.2023, 16:31:28

Wäre hier nicht auch die Aufgabe des alten

Besitzmittlungsverhältnis

ses unter Begründung eines neuen

Besitzmittlungsverhältnis

ses zwischen Erwerber und Entleiher als Erwerb nach § 929 S. 1 BGB möglich?

Paulah

Paulah

9.11.2023, 22:12:03

Ich glaube, das ist hier ein ähnliches Problem wie bei Juratiopharms Frage zu dem Fall. Die Eigentumsübertragung muss für die Änderung des

Besitzmittlungsverhältnis

ses erst mal erfolgt sein. Das geht über § 929 S. 1 BGB nicht, weil der

Eigentümer

E nicht im Besitz der Sache ist und die Sache nicht übergeben kann. Nach der Übergabe durch Surrogat kann ein neues

Besitzmittlungsverhältnis

gegründet werden. Ein neues

Besitzmittlungsverhältnis

müsste ja zwischen F als

Eigentümer

und B erfolgen.

Dogu

Dogu

10.11.2023, 10:16:17

Wenn der Veräußerer (E) das

Besitzmittlungsverhältnis

mit dem unmittelbaren Besitzer (B) beendet und auf seine Veranlassung ein

Besitzmittlungsverhältnis

zwischen dem Erwerber (F) und dem unmittelbaren Besitzer vereinbart wird, liegt nach h.M. eine Übergabe i.S.d. § 929 S. 1 BGB vor (AS-Skript Sachenrecht 1, 24. Auflage, S. 68). Insoweit verstehe ich die Aussage nicht, dass für eine Änderung des

Besitzmittlungsverhältnis

ses die Eigentumsübertragung erfolgt sein muss. Das stimmt meines Erachtens nicht.

Paulah

Paulah

12.11.2023, 15:45:13

Hallo Dogu, ich habe noch mal überlegt und recherchiert, das ist wirklich interessant. Ich denke das so: Also, eine Übergabe nach § 929 S. 1 BGB haben wir in keinem Fall. E hat das Gerät nicht und kann es deshalb nicht an F übergeben. Wir brauchen in jedem Fall ein Surrogat. Nach dem, was du nach AS erläutert hast, könnte eine Übergabe nach §§ 929 S. 1, 930 BGB vorliegen. Dazu habe ich nichts gefunden. Das AS-Skript habe ich auch nicht. Mich machen aber zwei Sachen nachdenklich: 1. Man kann das Inhaltsverzeichnis des AS-Skripts online einsehen. Die von dir zitierte Stelle steht in dem Kapitel "Ersatz der Übergabe durch Abtretung des

Herausgabeanspruch

s, § 931" - jedenfalls wenn sich zur 23. Auflage nicht komplett etwas verändert hat. Kann man die als hM zitierte Stelle so aus dem Zusammenhang reißen bzw. wie ist sie eingebettet? Führt AS nähere Belegstellen für die hM an? 2. Ich überlege immer gerne mit Übertragungen "ins tägliche Leben". Wenn ich also den Jurafüchsen mein BGB leihe, damit die das auch mal lesen können ;-) - und es dir dann verkaufe und dabei dir sage, sie sollst aber mit den Füchsen ein neues BMV abschließen, weil sie es noch nicht bis zum Ende gelesen haben - dann müsstest du das machen, nicht ich. Ist es dann noch auf meine Veranlassung? Ich kann es dir ja nicht vorschreiben. Oder müsste ich das zur Vertragsbedingung machen? Trotzdem müsste das BMV doch vom

Eigentümer

, in diesem Falle also von dir und nicht von mir geschlossen werden? Oder nicht? Oder doch? Wie siehst du - oder jemand anders das? Viele Grüße von Paula

Dogu

Dogu

12.11.2023, 19:32:37

Hallo Paulah, Deine Auffassung entspricht nicht der herrschenden Meinung. Das ist ein Fall des § 929 S.1 BGB und damit nicht §§ 929, 930 BGB. "Nach überwiegender Meinung reicht es aus, wenn der Veräußerer den

Besitzmittler

zum Abschluss eines neuen

Besitzmittlungsverhältnis

ses mit dem Erwerber anweist und der

Besitzmittler

den Weisungen des Erwerbers tatsächlich nachkommt. Die Gegenauffassung wendet mangels Wechsels des unmittelbaren Besitzes § 9

31 BGB

an, der ohnehin auf die Publizität verzichtet" ( stellvertretend für viele: https://rsw.beck.de/docs/librariesprovider22/default-document-library/vieweg-regenfuss_fragenkatalog-online.pdf Frage 30). Es fehlt ja auch nichts für § 929 S. 1 BGB: Aufgabe des Besitzes auf Veräußerseite +, Begründung des Besitzes durch den Erwerber +, Besitzbegründung auf Veranlassung des Veräußerers +. Daher stimmt die Aussage, "E hat das Gerächt nicht und kann es deshalb nicht übergeben" nicht: E hat Besitz an der Ausrüstung, die er sehr wohl übertragen kann.

Dogu

Dogu

12.11.2023, 19:33:09

*den er übertragen kann.

Paulah

Paulah

12.11.2023, 21:38:48

Vielen Dank, Dogu! Tatsächlich habe ich mit deinen erneuten Hinweisen an verschiedenen Stellen die entsprechende Diskussion auch noch gefunden. In der Tat geht diese Möglichkeit auch! Bei mir steht allerdings nicht, dass die von dir geschilderte Meinung die herrschende Meinung ist. Herrschende Meinung ist diesbezüglich nur, wie ich es lese, dass die Möglichkeit besteht. Insgesamt gesehen gibt es z. B. nach Diehn, Streitstände kompakt, Sachenrecht, S. 37 f. oder nach Prütting, Sachenrecht, Rn 376 f. nach überwiegender Auffassung drei Möglichkeiten zur Eigentumsübertragung, wenn der Veräußerer mittelbarer Besitzer ist. Die von dir aufgeworfene Lösung über § 929 S. 1 und die bereits oben diskutierten anderen beiden Möglichkeiten § 929 S. 1 und § 930/931. Das die Lösung über § 929 S. 1 bevorzugt wird, also herrschende Meinung ist, habe ich aus dem, was ich gelesen habe, nicht gesehen. Siehst du das anders?

Vincent

Vincent

6.6.2024, 09:34:07

Woraus ist im SV abzuleiten, dass der

Herausgabeanspruch

abgetreten wurde an den Käufer? (als Ersatz für klassische Übergabe)

BL

Blotgrim

8.7.2024, 10:39:13

Im Sachverhalt steht dass sich die Parteien dinglich über den Eigentumsübergang einigen. Da es sich bei der Abtretung um eine dingliche Verfügung handelt, über die sich die Parteien einigen müssen und außerdem die anderen Erwerbstatbestände nicht in Frage kommen, kann man da meiner Meinung nach ganz gut rauslesen, dass die Abtretung erfolgt ist. Die Einigung über den Eigentumsübergang und über die Abtretung liegen in der selben Erklärung vor. Ich hoffe das ist einigermaßen verständlich erklärt


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