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Isolierte Anfechtung von Nebenbestimmungen (BVerwG, Beschl. v. 29.03.2022 – 4 C 4.20) – „Streit“ der Senate
Isolierte Anfechtung von Nebenbestimmungen (BVerwG, Beschl. v. 29.03.2022 – 4 C 4.20) – „Streit“ der Senate
19. Mai 2025
26 Kommentare
4,8 ★ (61.687 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A beantragt eine Baugenehmigung für eine mobile Gastankstelle. Behörde B erteilt die Genehmigung mit einer Befristung von zwei Jahren. Als A gerichtlich gegen die Befristung vorgeht, stellt sich heraus, dass die Genehmigung auch mit Befristung rechtswidrig ist.
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Einordnung des Falls
Isolierte Anfechtung von Nebenbestimmungen (BVerwG, Beschl. v. 29.03.2022 – 4 C 4.20) – „Streit“ der Senate
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 8 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Nebenbestimmungen zu einem Hauptverwaltungsakt sind nach herrschender Lehre und BVerwG grundsätzlich isoliert anfechtbar.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Ist die isolierte Anfechtbarkeit einer Nebenbestimmung nach der Rechtsprechung des BVerwG immer möglich?
Nein!
3. Es bestand zwischen zwei Senaten des BVerwG Uneinigkeit darüber, ob die isolierte Anfechtbarkeit der Nebenbestimmung auch dann ausgeschlossen sein soll, wenn der verbleibende Hauptverwaltungsakt aus anderen Gründen rechtswidrig ist.
Genau, so ist das!
4. Der 4. Senat des BVerwG hat weiterhin den Standpunkt vertreten, dass es für die isolierte Anfechtbarkeit von Nebenbestimmungen nicht darauf ankommt, ob der Hauptverwaltungsakt selbst rechtswidrig ist.
Ja, in der Tat!
5. Besonders der effektive Rechtsschutz spricht dafür, zur ursprünglichen Rechtsprechung (vor der Entscheidung aus 2019) zurückzukehren.
Ja!
6. Für eine inzidente Rechtmäßigkeitsprüfung des Hauptverwaltungsakt spricht jedoch die präjudizielle Wirkung des Urteils.
Nein, das ist nicht der Fall!
7. As Baugenehmigung ist unabhängig vom möglichen Wegfall der Befristung rechtswidrig. Ist die isolierte Anfechtung der Befristung bereits aus diesem Grund unbegründet?
Nein, das trifft nicht zu!
8. Auf der Grundlage der Entscheidung des 8. Senats aus 2019 wäre As Anfechtung der Befristung unbegründet.
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Hille93
20.2.2024, 09:35:31
Ich verstehe nicht so ganz, was A davon hat, die Befristung isoliert anzufechten; wenn doch die Baugenehmigung für sich schon rechtswidrig ist. Im Fall hat sich die
Rechtswidrigkeitdes VA anscheinend erst im Prozess rausgestellt... mein Ansatz wäre dann doch aber, was will A (Gedanke des § 88 VwGO): A will vermutlich im Ergebnis eine rechtmäßige Genehmigung? ...🤔
Sue0412
20.2.2024, 10:27:38
Ich verstehe das so, dass A nur die
Nebenbestimmungals solche (die Befristung des VAs) anficht (das ist sein Klagebegehren). Dass der VA rechtswidrig ist, ändert erstmal nichts an seiner Wirksamkeit. Zunächst ist As Vertrauen in den (wenn auch rw) VA geschützt (Stichwort: Bestandskraft). Dieser wird ja durch die isolierte Anfechtung der NB nicht berührt, solange seine
Rechtswidrigkeitnicht aus dem Wegfall der
Nebenbestimmungresultiert. Aber die
Behördekönnte natürlich den rechtswidrigen VA nach
48 VwVfGzurücknehmen, wenn die Voraussetzungen vorliegen. Und A müsste dann erneut gegen die Rücknahme des VA klagen.
Entenpulli
5.3.2024, 09:40:05
@[Hille93](195144) Das hat viel mit den Kosten zu tun. Nach der neuen Rspr. gewinnt A seine Klage und die Beklagte muss die Kosten tragen. Außerdem besagt § 48 III 1 VwVfG "Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die
Behördedem Betroffenen auf Antrag den
Vermögensnachteilauszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist." Da der VA noch immer Bestand hat und nur die NB wegfällt, muss der VA nach §
48 VwVfGzurückgenommen werden, was As Situation somit verbessert. (so habe ich das zumindest verstanden)
aylin.
20.2.2024, 23:23:37
Vielen Dank für den Fall! Wäre super, wenn ihr kurz meinen Aufbau beurteilen könntet, da ich mir diesbezüglich unsicher bin..🙃 A. Zulässigkeit -
Statthafte Klageart: § 42 I Alt. 1 VwGO gerichtet auf Aufhebung der
Nebenbestimmung-> Abgrenzung: Inhalts-/Schrankbestimmung, um festzustellen, dass die
Nebenbestimmunganfechtbar ist -
Klagebefugnis, § 42 II VwGO:
Nebenbestimmung= Belastender Zusatz des VA ->
AdressatentheorieB.
BegründetheitI. Rechtmässigkeit der
Nebenbestimmung1. Rechtsgrundlage 2. Formelle RMK 3. Materielle RMK -> Inzidente Prüfung der Baugenehmigung? ->
Feststellung, dass die
Nebenbestimmunggrundsätzlich rechtmässig ist, aber der VA rechtswidrig? Könnte das Gericht in solch einer Konstellation die Baugenehmigung aufheben? Wenn ja, würde dies nicht gegen Art. 19 IV GG widersprechen? Vielen Dank :))
leaaa2000
21.2.2024, 18:42:25
Hey, also in der
Begründetheitprüfst du zuerst die RMK der
Nebenbestimmung. Ist sie rechtmäßig, hat der Kläger keinen Anspruch auf Aufhebung (dann ist es auch egal, ob der Haupt-VA rechtswidrig ist, das ist ja gar nicht das Begehren des Klägers, ihm geht es ja nur um die
Nebenbestimmung). Ist die NB hingegen rechtswidrig, muss weiter geprüft werden, ob materielle Teilbarkeit gegeben ist. Dazu prüfst du, ob der Rest-VA (die Baugenehmigung) rechtmäßig ist. Nach alter Rechtsprechung ist die materielle Teilbarkeit nicht gegeben, wenn der Rest-VA rechtswidrig ist, egal, ob wegen des Fehlens der NB oder aus anderen Gründen. Nach neuer Rechtsprechung ist die materielle Teilbarkeit aber gegeben, wenn der Rest-VA aus anderen Gründen rechtswidrig ist! Du musst also zusätzlich nach der RMK-Prüfung noch feststellen (wenn die Baugenehmigung rechtswidrig ist) woraus diese RWK jetzt herrührt. Liegt der Grund für die RWK nicht an dem Wegfall der
Nebenbestimmung, ist materielle Teilbarkeit gegeben, das Gericht wird die NB aufheben. Warum ist das so? Durch den ja wirksam erlassenen Haupt-Va entsteht eine schutzwürdige Position, eine rechtswidrige NB beeinträchtigt diese, egal, ob der Haupt-Va rechtmäßig oder rechtswidrig ist. Außerdem hat der Kläger nunmal nicht den Haupt-Va, sondern die NB angefochten. Das führt auch dazu, dass der Haupt-VA bestandskräftig wird, daher soll dem Kläger die RWK dessen auch nicht entgegengehalten werden können. Im Gegenteil soll er auf dessen Bestandskraft vertrauen können. Zu deiner Frage, nein das Gericht wird den rechtswidrigen VA (und kann auch gar nicht) nicht aufheben. Du brauchst also nach
Feststellungder Rechtmäßigkeit der NB, nicht mehr zu prüfen, ob der Rest-VA rechtswidrig ist. Vielleicht kann man sich merken, dass du zu diesem Problem bzw. zur neuen Rechtsprechung nur kommst, wenn die NB rechtswidrig ist, der Rest-VA auch rechtswidrig ist, aber aus anderen Gründen als wegen des Wegfalls der NB. Liebe Grüße :)

Władysław II. Jagiełło
21.2.2024, 19:59:11
Firma dankt!
Bioshock Energy
11.9.2024, 13:55:45
Also muss man die materielle RMK des Haupt VA durch die neue Rspr. zweimal Prüfen: (1) Einmal ob der Haupt VA generell rechtmäßig ist, ohne die NB. Wenn Nein (2) ob der Rechtswidrige Rest VA mit der angefochtenen NB rechtmäßig wäre?

CR7
23.2.2024, 10:35:46
Liebes Team, danke für die wichtige Aufarbeitung. Ich habe aber eine kleine Anmerkung, da mich ein Punkt wirklich verwirrt hat. Ihr sprecht von der "alten Rechtsprechung" des BVerwG. Das ist aber so nicht ganz richtig. In dem hier vorliegenden Urteil sagt das BVerwG in Rn. 8 selbst, dass die Zweifel des 4. Senats an der Entscheidung des 8. Senats vom 06.11.2019 der gefestigten Rechtsprechung des BVerwG entsprechen. Denn der 8. Senat habe nur eine
Konkretisierungdes in der Rechtsprechung anerkannten Maßstabs vorgenommen (Rn. 10). Da in den meisten Lehrbüchern und Skripten trotz des Urteils von 2019 immer noch der alten Rechtsprechung gefolgt wurde, würde ich an dieser Stelle nicht von der "alten Rechtsprechung des BVerwG" sprechen, da es sich nicht um eine echte Rechtsprechungsänderung durch den 4. Senat handelt, sondern um eine Korrektur des 8. Senats. Man kann quasi sagen: Der 4. Senat hat dem 8. Senat ein schlechtes Gewissen gemacht und der 8. Senat hat dies erkannt und der Anfrage nach § 11 III S. 1, S. 3 VwGO einfach zugestimmt. Es bleibt also bei der alten Rechtslage: Die NB ist isoliert anfechtbar, wenn die NB rechtswidrig ist und der VA ohne die NB sinnvoller- und rechtmäßigerweise bestehen bleiben kann; auf eine etwaige Rechtmäßigkeit des VA in jeder Hinsicht kommt es nicht an, sofern er nicht offenkundig rechtswidrig ist. Dies wird hier auch nochmal gut dargestellt und erläutert: https://youtu.be/TCcHC3rylqk?si=8uL9mNYEQwoDv_VD

Linne_Karlotta_
23.5.2024, 09:16:31
Hallo CR7, vielen Dank für Deinen wichtigen Hinweis! Die Darstellung der Rechtsprechung war in der Aufgabe in der Tat etwas ungenau und irreführend. Wir haben das entsprechend korrigiert. Viele Grüße - Linne, für das Jurafuchs-Team
Aleks_is_Y
27.5.2024, 15:47:12
Super vielen Dank für die Aktualisierung der Aufgabe! Im Ref wurden wir auch auf die Rechtssprechung"änderung" hingewiesen, sie wurde dort aber auch als tatsächliche Änderung dargestellt...
Dodo
28.2.2024, 23:09:29
Nachdem eine
Rechtswidrigkeitder
Nebenbestimmungfestgestellt wäre müsste das Gericht doch dann trotzdem die Rechtmäßig des verbleibenden VA überprüfen? Müsste sie dann konsequenter Weise die Gründe die bereits vor Anfechtung für die
Rechtswidrigkeitgesprochen haben ignorieren und nur auf die verbleibende Rechtmäßigkeit ohne
Nebenbestimmungprüfen? Sich quasi vor jeder nicht begehrten Prüfung der
Rechtswidrigkeit, ohne Zusammenhang zur weggefallenen
Nebenbestimmung, verschließen?
Daniel (blabab45)
8.3.2024, 08:28:25
Ich würde mich deinen Überlegungen anschließen. Die Überprüfung des VA wird wohl nur auf solche Rechtmäßigkeitsmängel hin stattfinden, die gerade durch das Entfallen der
Nebenbestimmungentstanden sind. In der Regel wird man das wohl schon aus der Begründung der Anordnung der
Nebenbestimmungentnehmen können. Wenn die NB zur Herstellung der RMK angeordnet wurde, ist die Problematik schon naheliegender, als wenn es sich um eine „reine Ermessensanordnung“ handelt.
Daniel (blabab45)
8.3.2024, 08:32:34
Ich finde den Fall sehr gelungen dargestellt. Allerdings hat mir auf der Folie, die das Gegenargument der potentiellen präjudiz Wirkung darstellt der „Abschluss“ gefehlt. Das Argument wird nicht richtig geschlossen in dem Sinne, dass nicht erwähnt wird, dass die Rechtskraftswirkung die
Feststellungen zur Rechtmäßigkeit des VA gerade nicht umfassen. (Ich vermute mal aus denselben Gründen wie in der ZPO, weiß es aber eben gerade nach den Informationen auf der Folie nicht) Insofern wäre eine Ergänzung noch schön.
TheLama
25.4.2024, 18:53:19
jede menge tippos angefangen im Sachverhalt und in der antworten. weiter wundere ich mich über die Fragestellung. Der 4. Senat bla bla, ich habe weder in der Klausur das urteil noch andere Literatur, evtl kann man die Fragen weniger auf die Urteile und mehr auf die Falllösung beziehen?
Leo Lee
26.4.2024, 18:39:52
Hallo TheLama, vielen Dank für dein Feedback! Zu den Tippfehlern im Sachverhalt etc.: Magst du uns vielleicht kurz mitteilen, wo du konkret Unzulänglichkeiten gesehen hast :)? Zu der zweiten Anmerkungen: Es ist gut nachvollziehbar, dass die Erklärungen mit dem 4. Senat so nicht in der Klausur geschrieben wird. Beachte allerdings, dass diese Information insofern unerlässlich war, als der vorliegend behandelte Streit (i.Ü. Klassiker bei VerwR AT i.R.d.
Nebenbestimmungen) gerade ein Steit zw. den Senaten war, was jedoch beigelegt wurde. Deshalb war es bei dieser Aufgabe in der Tat wichtig, die konkreten Senate zu benennen, um den Kontext zu verdeutlichen. Deshalb haben wir uns absichtlich für diesen etwas „unorthodoxeren“ Weg entschieden :). In der Klausur – falls du den Streit behandeln musst – würdest du im Grunde die Meinungen des „4. Senats“ darstellen, jedoch ohne den 4. Senat wörtlich zu benennen; stattdessen würdest du „eine Ansicht“ bzw. „andere Ansicht“ sagen. Insofern bitten wir um Nachsicht :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Petrus
26.5.2024, 14:04:22
Hab ich das richtig verstanden, dass grds gegen
Nebenbestimmungen eine Anfechtungsklage statthaft ist. Diese ist aber nur begründet, wenn materielle Teilbarkeit vorliegt, also der Haupt-VA nicht durch das Wegfallen der
Nebenbestimmungrechtswidrig wird. Dabei ist aber egal, wenn der Haupt-VA auch sonst rechtswidrig ist. Das heißt, die AK wäre begründet, wenn der VA generell rechtswidrig ist, sie wäre aber unbegründet, wenn der Haupt-VA nur deswegen rechtswidrig wird, weil die
Nebenbestimmungwegfällt, korrekt?

Maximilian Puschmann
27.5.2024, 10:20:21
Hallo Petrus, Genauso ist es richtig nach der aktuellsten Rechtsprechung des BVerwG. Anbei ein Link, der die Rechtsprechung nochmal zusammenfasst: https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/bverwg-senat-isolierte-anfechtung-
nebenbestimmungen-verwaltungsakt-rechtswidrig-streit/ Beste Grüße Max - für das Jurafuchs-Team
Jan
1.6.2024, 10:33:40
unter welchem Prüfungspunkt ist das dann genau zu prüfen? Die aussage fehlt mir leider manchmal

Linne_Karlotta_
11.6.2024, 17:49:42
Hallo Jan, danke für Deine Nachfrage. Die Frage, ob
Nebenbestimmungen isoliert anfechtbar sind, stellt sich im Rahmen der statthaften Klageart. Denn wenn
Nebenbestimmungen nicht isoliert mit der Anfechtungsklage angegriffen werden könnten, käme nur die
Verpflichtungsklage, gerichtet auf den Erlass des begehrten Verwaltungsakt ohne die
Nebenbestimmungen, als
statthafte Klageartin Betracht. Die Frage der materiellen Teilbarkeit ist nach der Rspr. des BVerwG ein Prüfungspunkt im Rahmen der
Begründetheitder Anfechtung der
Nebenbestimmung. In dieser Aufgabe kam es uns vor allem darauf an, den „Streit“ der Senate darzustellen. Wie Du mit dem Thema in der Klausur umgehst, kannst Du Dir am besten in unserem Kurs zur VwGO anschauen: https://applink.jurafuchs.de/iLQzK7NslKb (
Statthaftigkeitder Anfechtungsklage) und https://applink.jurafuchs.de/TQjg3tWslKb (
Begründetheit der Anfechtungsklage). Ich hoffe, ich konnte Dir damit weiterhelfen. Viele Grüße - Linne, für das Jurafuchs-Team.

Linne_Karlotta_
11.6.2024, 17:50:52
Hallo Jan, danke für Deine Nachfrage. Die Frage, ob
Nebenbestimmungen isoliert anfechtbar sind, stellt sich im Rahmen der statthaften Klageart. Denn, wenn
Nebenbestimmungen nicht isoliert mit der Anfechtungsklage angegriffen werden könnten, käme nur die
Verpflichtungsklage- gerichtet auf den Erlass des begehrten Verwaltungsakt ohne die
Nebenbestimmungen - als
statthafte Klageartin Betracht. Die Frage der materiellen Teilbarkeit ist nach der Rspr. des BVerwG ein Prüfungspunkt im Rahmen der
Begründetheitder Anfechtung der
Nebenbestimmung. In dieser Aufgabe kam es uns vor allem darauf an, den „Streit“ der Senate darzustellen. Wie Du mit dem Thema in der Klausur umgehst, kannst Du Dir am besten in unserem Kurs zur VwGO anschauen: https://applink.jurafuchs.de/iLQzK7NslKb (
Statthaftigkeitder Anfechtungsklage) und https://applink.jurafuchs.de/TQjg3tWslKb (
Begründetheit der Anfechtungsklage). Ich hoffe, ich konnte Dir damit weiterhelfen. Viele Grüße - Linne, für das Jurafuchs-Team.
Findet Nemo Tenetur
3.8.2024, 19:26:03
Im Fall steht “dass die Baugenehmigung auch MIT der
Nebenbestimmungrechtswidrig wäre” oder so ähnlich. Aber so wie ich die Fallproblematik verstanden habe, geht es doch gerade darum, dass die Baugenehmigung auch ohne
Nebenbestimmungrechtswidrig wäre. Oder habe ich alles falsch verstanden?

Linne_Karlotta_
9.8.2024, 16:14:34
Hallo Karolin, ich habe mir den Fall gerade noch einmal angeschaut und m.E. sind alle Formulierungen richtig. Falls ich etwas übersehen habe, lass mich doch gerne Wissen, in welchem Hinweis der Fehler ist. Um Deine Frage zu beantworten: Die materielle Teilbarkeit von Hauptverwaltungsakt und
Nebenbestimmungsetzt nach st. Rspr. des BVerwG voraus, dass der Hauptverwaltungsakt ohne die
Nebenbestimmungrechtmäßig bestehen bleibt. Bei dem hier dargestellten Streit ging es um die Frage, ob materielle Teilbarkeit auch dann verneint werden sollte, wenn der Hauptverwaltungsakt aus anderen Gründen rechtswidrig ist. Wenn der Verwaltungsakt unabhängig vom Wegfall der
Nebenbestimmungrechtswidrig ist, könnte man also auch sagen: Der Verwaltungsakt ist auch mit der
Nebenbestimmungrechtswidrig. Ich hoffe, ich konnte Deine Frage beantworten. Viele Grüße - Linne, für das Jurafuchs-Team

schwemmely
11.3.2025, 15:26:06
Hei, Ich stehe gerade irgendwie auf dem Schlauch… Warum stimmt die Aussage zu: „Besonders der effektive Rechtsschutz spricht dafür, zur ursprünglichen Rspr. (2019) zurückzukehren.“ Wenn die isolierte Anfechtung einer
Nebenbestimmungauch dann unbegründet sein soll, wenn die RW des Haupt-VA nicht erst durch den Wegfall der
Nebenbestimmungausgelöst wird, sondern der Haupt-VA aus anderen Gründen rechtswidrig wird. ->Auch im Hinweistext wird ja auch gesagt, dass dadurch die Rechtsschutzmöglichkeiten des Adressaten eingeschränkt werden. Verwechsle ich irgendwas oder sollte es eigentlich „stimmt nicht“ heißen? Freu mich über Erklärungen :))
Paul Hendewerk
16.4.2025, 16:10:25
Also es ist natürlich diejenige Ansicht rechtsschutzintensiver, der zufolge die materielle Teilbarkeit nur dann entfällt, wenn gerade der Wegfall der
Nebenbestimmungzur
Rechtswidrigkeitdes VA führt und nicht irgendwelche anderen Gesichtspunkte. In der Klausur brauchst Du die Entwicklung der Rechtsprechung ja nicht nachzuzeichnen, sondern kannst einfach von "einer Ansicht" und "der anderen Ansicht" sprechen (wenn überhaupt). Ich würde mich von den Bezugnahmen auf die jeweiligen Senate des BVerwG nicht irritieren lassen.
Frederieke
11.4.2025, 22:01:41
wenn ich jetzt zu dem Ergebnis komme, dass die Klage unbegründet ist, aufgrund fehlender materieller Teilbarkeit, sollte ich dann in der Klausur mit der Prüfung einer
Verpflichtungsklageauf Neubescheidung fortfahren?
P K
12.4.2025, 19:32:55
Wenn das noch vom Begehren des Klägers umfasst ist ja; darüber hinaus darfst du aber nicht prüfen, selbst wenn dies sachdienlich wäre (§ 88 VwGO). In der Kommentarliteratur wird vorgeschlagen, dass der Kläger immer einen
Hilfsantragauf Neubescheidung stellen soll. Ich meine allerdings, dass es nicht darauf ankommen kann, ob ein ausdrücklicher
Hilfsantragauf Neubescheidung gestellt wird. Denn auch die
Verpflichtungsklagekann dem Begehren des Klägers Rechnung tragen, die
Nebenbestimmungloszuwerden, wenn schon die Anfechtungsklage keinen Erfolg hat.