Minderjähriger erwirbt Grundstück, das mit einer Hypothek belastet ist
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
K (16 J.) kauft mit Zustimmung seiner Eltern formgerecht ein Grundstück von V, das mit einer Hypothek zugunsten des X belastet ist. K und V erklären ohne Zustimmung der Eltern des K die Auflassung. K wird als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen.
Einordnung des Falls
Minderjähriger erwirbt Grundstück, das mit einer Hypothek belastet ist
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Wenn X aus der Hypothek vorgeht, muss der Eigentümer des Grundstücks einen Geldbetrag an X zahlen.
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Nein, das trifft nicht zu!
2. Die Auflassungserklärung des K bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung seiner Eltern (§§ 104ff. BGB).
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Nein!
3. K hat Eigentum an dem Grundstück erlangt.
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Genau, so ist das!
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Sophix58
16.2.2021, 10:46:06
Huhu, ich habe noch nicht ganz den Unterschied zum vorherigen Fall verstanden. Dort hieß es, der Eigentumserwerb an einem Grundstück sei für Minderjährige nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, weshalb es auch für die Auflassung eines Einverständnisses des gesetzlichen Vertreters bedarf. Inwiefern wird dieser rechtliche Nachteil durch die Hypothek jetzt "ausgeglichen"?
Elias 🦦
24.2.2021, 11:57:45
Hallo, im vorherigen Fall ging es darum, dass eine Minderjährige Eigentum an einer Wohnung erwirbt (bzw. erwerben will). Als Wohnungseigentümerin hätte sie aber besondere Pflichten, weshalb die WE nicht nur „lediglich rechtlich vorteilhaft“ für die wirkt. Die Einwilligung der gesetzlichen Vertreter wird damit erforderlich. Bei der Hypothek ist es anders. Dort gibt es keine weitere persönliche Haftung, denn die Hypothek beschränkt sich auf das Grundstück und die damit verbundenen Sachen. Die Minderjährige kriegt also ein Grundstück und irgendwann kommt vielleicht der X und es wird zwangsvollstreckt. Ein Nachteil (insb. Pflichten) entsteht der Minderjährigen dadurch allerdings nicht. => Einwilligung der Eltern nicht erforderlich. Ich hoffe das beantwortet deine Frage. :)
Vojtech
22.11.2021, 12:01:14
Auch mit dem Erwerb des Grundstück entstehen Pflichten, nämlich die öffentlich-rechtlichen, bei denen allerdings angenommen wird, dass diese nur beschränkt seien (zweifelhaft) und (in der Regel) aus den laufenden Erträgen des Grundstücks gedeckt werden können (str.). Am ehesten überzeugt, dass die öffentlich-rechtlichen Lasten kraft Gesetzes entsteht und nicht der Willenserklärung wegen. Unumstritten ist das Ganze nicht.

ri
26.7.2021, 00:00:16
Merkreim: Triple E + V Einigung Eintragung Einigsein Verfügungsberechtigung
Afrim
30.8.2023, 11:43:09
Kann man sich auch als Spiegelbild zu dem 929 S.1 merken, mit dem Unterschied, dass die Eintragung der Ersatz für die Übergabe ist
jomolino
5.8.2021, 17:41:48
Das war zwar hier nicht die Frage aber in wie fern macht es für „lediglich rechtlich vorteilhaft“ einen Unterschied ob man über die Auflassung des Grundstücks und dem Kaufvertrag spricht. Aus dem entstehen ja durch aus Pflichten, das heißt dafür aber nicht für die Auflassung ist die Zustimmung erforderlich?

Lukas_Mengestu
3.12.2021, 15:18:30
Genau nomamo. Der Kaufvertrag verpflichtet den Minderjährigen ja zur Zahlung des Kaufpreises. Dies stellt einen rechtlichen Nachteil dar. Hierfür ist also die Zustimmung der gesetzlichen Vertreter notwendig (die hier vorlag). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Vanessa
14.12.2021, 10:45:26
Könnte es nicht einen rechtlichen Nachteil darstellen, wenn X Befriedigung aus der Hypothek sucht und K somit im Wege der Zwangsvollstreckung sein Grundstück wieder verliert?

Lukas_Mengestu
15.12.2021, 08:47:07
Hallo Vanessa, auch wenn K das Grundstück wieder verliert, so wird er hierdurch nicht schlechter gestellt, als wenn er es nie erhalten hätte. Insofern liegt in der Übereignung des Grundstücks ein lediglich rechtlicher Vorteil. Davon zu unterscheiden ist aber der Eintritt der Erfüllungswirkung (§ 362 BGB). Da durch die Erfüllung Ks schuldrechtlicher Anspruch auf Übereignung des Grundstücks erlöschen würde, tritt diese nach der h.M. erst mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters ein, da es sich insoweit um einen rechtlichen Nachteil (Verlust des Anspruches) handelt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Diaa
3.8.2023, 13:03:34
Vielen Dank für die tollen Fälle! Ich habe eine Verständnisfrage: Was bedeutet aus der Hypothek vorgehen?
Leo Lee
10.8.2023, 18:13:34
Hallo Diaa, vielen Dank für dein Kompliment! Aus der Hypothek vorgehen bedeutet im Grunde, dass der Schuldner der Forderung in das Grundstück "zwangsvollstreckt" gem. § 1147 BGB. Er kriegt das Geld nicht, deshalb holt er sich das Grundstück :). Liebe Grüße - für das Jurafuchsteam - Leo
Jan Frederik
29.8.2023, 23:37:23
Wären beide Rechtsgeschäfte nicht schwebend unwirksam, da keine familiengerichtliche Genehmigung nach §§ 1643 Abs. 1, 1850 Nr. 6 BGB vorlag?
cann1311
30.8.2023, 01:39:08
Warum meinst du braucht es eine? V ist nicht verwandt mit den Eltern, sodass diese Wirksam vertreten oder zustimmen dürfen. Selbst wenn man das verpflichtungsgeschäft verneinen würde bliebe das Verfügungsgeschäft aufgrund dessen, dass es für den K lediglich rechtlich vorteilhaft ist, wirksam bestehen. hoffe das hilft
Jan Frederik
30.8.2023, 08:05:30
Danke, meine Frage zielte gar nicht auf die Vertretungsbefugnis der Eltern ab, sondern auf die Genehmigungspflicht der Rechtsgeschäfte. Stimmt auf jeden Fall, dass sie für das Verfügungsgeschäft keine Genehmigung brauchen und es auch ohne Zustimmung der Eltern voll wirksam ist, aber fürs Verpflichtungsgeschäft brauchen sie schon eine Genehmigung (in § 1643 I ist ja normiert, dass § 1850 entsprechend auch für die Eltern gilt, und in § 1850 Nr. 6 ist geregelt, dass die Eltern zum entgeltliche Erwerb eines Grundstücks der familiengerichtliche Genehmigung bedürfen). Das Fehlen dieser hat aber, im Gegensatz zur Konstellation, dass ein Betreuer vertritt, nicht die schwebende Unwirksamkeit des RGs (Verpflichtungsgeschäft) zur Folge, da § 1644 III nicht auf § 1856 I verweist, oder?
Leo Lee
2.9.2023, 20:03:46
Hallo Jan Frederik und cann 1311, in der Tat wird der Minderjährige (auch) verpflichtet i.d.R., das Grundstück zu erwerben kraft Kaufvertrages. Beachte jedoch – wie cann 1311 zu Recht angemerkt hat – dass es hier nur um die Auflassung (also dingliche Einigung) geht (Abstraktionsprinzip)! D.h., bei der Verpflichtung (Kaufvertrag) bedürfte es tatsächlich einer solchen Genehmigung des FamG. Auf der dinglichen Ebene gibt es jedoch keine solche Voraussetzungen mangels Nachteilhaftigkeit :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo