+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Polizist P fragt bei Züchter Z nach einem Hund an, der sich für P als Polizeihund eignen würde. Z zeigt P den jungen Schäferhund Hasso, in den sich P sofort verliebt. P kauft ihn. Hasso leidet jedoch bei Gefahrübergang an einer schweren unheilbaren Krankheit, aufgrund derer er in Kürze blind und taub sein wird.

Einordnung des Falls

§ 326 V

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ist die Kaufsache bei Gefahrübergang mangelhaft, kann der Käufer unter weiteren Voraussetzungen vom Vertrag zurücktreten (§§ 437 Nr. 2 BGB).

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Ja!

Ist die Sache mangelhaft, kann der Käufer nach den §§ 440, 323, 326 Abs. 5 BGB vom Vertrag zurücktreten (§ 437 Nr. 1 BGB). Dieser Rücktritt setzt grundsätzlich voraus, dass der Käufer (1) eine fruchtlos abgelaufene Frist gesetzt hat oder die Fristsetzung entbehrlich ist, (2) den Rücktritt erklärt (§ 349 BGB) und (3) der Rücktritt nicht ausgeschlossen ist (§ 323 Abs. 5 S. 2, Abs. 6 BGB). Der Rücktritt ist kein Anspruch, sondern ein Gestaltungsrecht, welches durch Erklärung gegenüber dem Verkäufer ausgeübt wird. Der Vertrag wandelt sich nach wirksamer Ausübung des Rücktrittsrechts in ein Rückgewährschuldverhältnis um, aus welchem dann Ansprüche folgen..

2. Der Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag setzt immer eine fruchtlos verstrichene Frist voraus (§§ 437 Nr. 2, 323 Abs. 1 BGB).

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Nein, das ist nicht der Fall!

Der Rücktritt setzt voraus, dass der Käufer entweder eine fruchtlos abgelaufene Frist gesetzt hat (§ 323 Abs. 1 S. 1 BGB) oder die Fristsetzung entbehrlich ist (§§ 323 Abs. 2, 326 Abs. 5, 440 BGB).Aus diesem Fristsetzungserfordernis ergibt sich der Vorrang der Nacherfüllung und das „Recht“ des Verkäufers zur zweiten Andienung: Er hat die Chance auf einen zweiten Erfüllungsversuch innerhalb der Frist. Eine Fristsetzung ist jedoch nur dann sinnvoll und erforderlich, wenn die Nacherfüllung noch möglich ist. Bei Unmöglichkeit der Nacherfüllung ist daher die Fristsetzung entbehrlich (§ 326 Abs. 5 BGB), ebenso in den Fällen der § 440, 323 Abs. 2 BGB.

3. Um zurücktreten zu können, müsste P dem Z eine Frist zur Nacherfüllung setzen (§ 323 Abs. 1 BGB).

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Nein, das trifft nicht zu!

Beim Rücktritt vom Kaufvertrag kann eine Fristsetzung nach den §§ 323 Abs. 2, 326 Abs. 5, 440 BGB entbehrlich sein. So ist die Fristsetzung entbehrlich, wenn der Schuldner nach § 275 BGB nicht zu leisten braucht, wenn also die Nacherfüllung unmöglich ist (§ 326 Abs. 5 BGB).Hier ist eine Nachbesserung unmöglich, weil Hasso unheilbar krank ist (unbehebbarer Mangel). Eine Nachlieferung scheidet aus, denn es handelt sich um eine Stückschuld, die auch nach dem hypothetischen Parteiwillen nicht durch eine andere ersetzt werden kann. Da die Nacherfüllung unmöglich ist, ist eine Fristsetzung (§ 323 Abs. 1 BGB) entbehrlich (§ 326 Abs. 5 BGB).

4. P kann sofort zurücktreten und den gezahlten Kaufpreis zurückverlangen.

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Ja!

Wird Rücktritt gegenüber dem Verkäufer erklärt (§ 349 BGB), tritt der Käufer vom Vertrag zurück und der Kaufvertrag wandelt sich in ein Rückgewährschuldverhältnis um (§§ 346ff. BGB). S kann dann von V Rückgewähr des von ihr gezahlten Kaufpreises verlangen (§§ 437 Nr. 2 Alt. 1, 323, 326 Abs. 5, 346 Abs. 1 BGB).

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S.

s.t.

4.9.2021, 17:57:18

Ist hier Polizist und Züchter iwie besonders zu benennen. Also bei Polizist wsl ein Fiskalhandeln bei Züchter Kaufmann ?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

5.11.2021, 13:34:50

Hallo s.t., die nähere Bestimmung bräuchtest Du ja nur, wenn Du hier einen Verbrauchsgüterkauf prüfen möchtest, in dem die Vermutungsregelung des § 477 BGB gelten würde. Da im Sachverhalt die Mangelhaftigkeit beim Übergang explizit festgehalten ist, kommt es hierauf allerdings nicht an. Im Übrigen dürfte aber hier in der Tat ein B2B Geschäft des Staates mit dem Züchter vorliegen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

L1

L123

9.8.2022, 15:52:48

könnte Z nicht nach dem hypothetischen Parteiwillen einen anderen Schäferhund nachliefern, der sich dann für die Polizeiarbeit eignet?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

16.3.2023, 10:52:01

Hallo L123, grundsätzlich wäre dies natürlich denkbar. Da es bei der Ausbildung eines Hundes aber sehr auf die individuellen Eigenschaften ankommt, liegt hier die Annahme näher, dass P hier nicht irgendeinen Polizeihund "mittlerer Art und Güte" wollte, sondern nur einen, den er sich spezifisch ausgesucht hat, sodass eine Stückschuld vorliegt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

CR7

CR7

10.3.2023, 18:46:19

Ist es hier nicht ein Fall der anfänglichen Unmöglichkeit?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

16.3.2023, 10:55:46

Hallo F.A., in der Tat liegt hier ein Fall der anfänglichen Unmöglichkeit vor. Für die Frage des Rücktritts ist die allerdings ohne Bedeutung. Sie ist nur relevant im Hinblick auf Schadensersatzansprüche, da sich hier der Anknüpfungspunkt des Vertretenmüssens unterscheidet. Während es bei nachträglicher Unmöglichkeit (§§ 280 I, III, 283 BGB) darum geht, dass der Schuldner den Unmöglichkeitsgrund zu vertreten haben muss, so knüpft das Gesetz bei der anfänglichen Unmöglichkeit (§ 311a Abs. 2 BGB) daran an, dass der Schuldner (1) keine Kenntnis der Unmöglichkeit hatte und (2) diese Unkenntnis - und nicht den Unmöglichkeitsgrund - zu vertreten hat. Ist es so etwas klarer geworden? Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

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ehemalige:r Nutzer:in

19.8.2023, 14:16:04

In der letzten Antwort iRd Subsumtion wurden die falschen Buchstaben (K und V statt P und Z) verwendet.


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