§ 326 V
19. Februar 2025
16 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Polizist P fragt bei Züchter Z nach einem Hund an, der sich für P als Polizeihund eignen würde. Z zeigt P den jungen Schäferhund Hasso, in den sich P sofort verliebt. P kauft ihn. Hasso leidet jedoch bei Gefahrübergang an einer schweren unheilbaren Krankheit, aufgrund derer er in Kürze blind und taub sein wird.
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Einordnung des Falls
§ 326 V
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Ist die Kaufsache bei Gefahrübergang mangelhaft, kann der Käufer unter weiteren Voraussetzungen vom Vertrag zurücktreten (§§ 437 Nr. 2 BGB).
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Der Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag setzt immer eine fruchtlos verstrichene Frist voraus (§§ 437 Nr. 2, 323 Abs. 1 BGB).
Nein, das ist nicht der Fall!
3. Um zurücktreten zu können, müsste P dem Z eine Frist zur Nacherfüllung setzen (§ 323 Abs. 1 BGB).
Nein, das trifft nicht zu!
4. P kann sofort zurücktreten und den gezahlten Kaufpreis zurückverlangen.
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
s.t.
4.9.2021, 17:57:18
Ist hier Polizist und Züchter iwie besonders zu benennen. Also bei Polizist wsl ein Fiskalhandeln bei Züchter Kaufmann ?

Lukas_Mengestu
5.11.2021, 13:34:50
Hallo s.t., die nähere Bestimmung bräuchtest Du ja nur, wenn Du hier einen Verbrauchsgüterkauf prüfen möchtest, in dem die
Vermutungsregelung des
§ 477 BGBgelten würde. Da im Sachverhalt die Mangelhaftigkeit beim Übergang explizit festgehalten ist, kommt es hierauf allerdings nicht an. Im Übrigen dürfte aber hier in der Tat ein B2B Geschäft des Staates mit dem Züchter vorliegen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
L123
9.8.2022, 15:52:48
könnte Z nicht nach dem hypothetischen Parteiwillen einen anderen Schäferhund nachliefern, der sich dann für die Polizeiarbeit eignet?

Lukas_Mengestu
16.3.2023, 10:52:01
Hallo L123, grundsätzlich wäre dies natürlich denkbar. Da es bei der Ausbildung eines Hundes aber sehr auf die individuellen Eigenschaften ankommt, liegt hier die Annahme näher, dass P hier nicht irgendeinen Polizeihund "mittlerer Art und Güte" wollte, sondern nur einen, den er sich spezifisch ausgesucht hat, sodass eine
Stückschuldvorliegt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

CR7
10.3.2023, 18:46:19

Lukas_Mengestu
16.3.2023, 10:55:46
Hallo F.A., in der Tat liegt hier ein Fall der anfänglichen
Unmöglichkeitvor. Für die Frage des Rücktritts ist die allerdings ohne Bedeutung. Sie ist nur relevant im Hinblick auf Schadensersatzansprüche, da sich hier der Anknüpfungspunkt des Vertretenmüssens unterscheidet. Während es bei nachträglicher
Unmöglichkeit(§§ 280 I, III, 283 BGB) darum geht, dass der
Schuldner den
Unmöglichkeitsgrund zu vertreten haben muss, so knüpft das Gesetz bei der anfänglichen
Unmöglichkeit(§
311aAbs. 2 BGB) daran an, dass der
Schuldner (1) keine Kenntnis der
Unmöglichkeithatte und (2) diese Unkenntnis - und nicht den
Unmöglichkeitsgrund - zu vertreten hat. Ist es so etwas klarer geworden? Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Kai
7.1.2024, 17:34:24
Die Systematik des § 326 ist mir in diesem Kapitel leider noch nicht ganz klar geworden. Bei
Unmöglichkeitder Leistung entfällt die Gegen
leistungspflichtautomatisch gem. § 326 I. Ist die Gegenleistung schon bewirkt, obwohl sie nicht geleistet hätte werden müssen, kann sie aus §
326 IVzurückgefordert werden. Welchen Anwendungsbereich hat dann überhaupt noch der Rücktritt? Die Hauptleistungsansprüche entfallen durch § 275 I-III bzw. § 326 I ja ohnehin. Einziger Anwendungsfall des § 326 V, den ich mir gerade vorstellen kann, wäre der
Rücktritt bei Unmöglichkeit der Nacherfüllungund bereits geleisteter Zahlung, da hier ja gem. § 326 I 2 die Gegen
leistungspflichtnicht entfällt. Ist das wirklich der einzige Anwendungsfall oder übersehe ich da welche?

Bubbles
7.1.2024, 20:04:10
Mir wurde im Rep dazu gesagt, dass bei Abs. 4 anders als bei Abs. 5 das
Schuldverhältnis im weiteren Sinnemitsamt den
Nebenpflichtenbestehen bleibt.

Nora Mommsen
11.1.2024, 12:11:38
Hallo Kai, danke für deine Frage. Bubbles hat es im Kern schon richtig gesagt. Zum Verständnis nochmal folgende Ausführungen: Es ist wichtig sich die einzelnen Regelungsbereiche anzusehen. § 326 Abs. 1 BGB lässt bei gegenseitigen Verträgen die im
Synallagmastehenden
Leistungspflichtenentfallen. Dies betrifft aber nicht den Vertrag als solchen. Dieser bleibt zunächst bestehen. Denn nach § 326 Abs. 1 BGB wird der Gläubiger nur von der Pflicht zur Erbringung der Gegenleistung bei einem Ausschluss der
Leistungspflichtbefreit. Der Vertrag als solcher mit allen vertraglichen
Nebenpflichtenbleibt aber bestehen. Soll der Vertrag bestehen bleiben trotz des Entfalls der
Leistungspflicht, kann über § 326 Abs. 4 BGB das bereits geleistete zurückverlangt werden. Oftmals wird der Gläubiger aber an dem Vertrag ohne die Haupt
leistungspflichtenkein Interesse mehr haben. § 326 Abs. 5 BGB eröffnet dann eine Rücktrittsmöglichkeit. Die Vorschrift eröffnet dem Gläubiger die Möglichkeit umfassender Vertragsstornierung. Das vertragliche Verhältnis wird dann in ein Rückgewähr
schuldverhältnisumgewandelt. Es ist von Bedeutung, wenn sich der Gläubiger hierdurch von weiteren Vertragspflichten befreien möchte, namentlich Rücksichtnahmepflichten nach § 241 Abs. 2 BGB, aber auch weiteren vertraglich vereinbarten Pflichten. Im Rahmen des Rückabwicklungs
schuldverhältniskommen die §§ 346 ff. BGB zur Anwendung. Beide Normen verweisen also auf das Rückabwicklungsregime der §§ 346 ff. BGB, bei § 326 Abs. 4 BGB bleibt das Vertragsverhältnis, also
Schuldverhältnisi.w.S. bestehen, bei § 326 Abs. 5 wird es in ein Rückabwicklungs
schuldverhältnisumgewandelt. Beste Grüße,
Nora MommsenKai
11.1.2024, 16:16:49
Vielen Dank für die Antworten :)

Rechthaber
26.4.2024, 18:21:12
Ein weiterer Anwendungsfall des 326 V ist dann gegeben, wenn wegen Teil
unmöglichkeitder Kaufpreis automatisch gemindert wird wegen § 326 I 1 Hs. 2 und der volle Kaufpreis schon bezahlt wurde. Der automatisch geminderte Kaufpreis kann über
326 IV BGBzurückgefordert werden. Wenn der Käufer den Restpreis ebenfalls zurückhaben möchte, eröffnet der 326 V die Möglichkeit bei Interessensfortfall vom ganzen vertrag zurückzutreten siehe 326 V 1, sodass er durch den erklärten Rücktritt vom ganzen Vertrag seinen kompletten Kaufpreis wiederbekommt.
QuiGonTim
26.2.2024, 22:15:35
Liebes Jurafuchsteam, vielen Dank für den Fall und die Lösung. Bei mir sind zwei Fragen offen geblieben: (1) In eurem Ergebnis habt ihr in der Normenkette § 323 nämlich vor § 326 Abs. 5 zitiert. Stellt § 326 Abs. 5 BGB einen eigenständigen Rücktrittsgrund dar oder handelt es sich dabei nur um eine
Konkretisierung/Abwandlung des § 323 Abs. 1 BGB? (2) Müssen im Obersatz alle Normen, auf die der § 437 Nr. 3 Alt. 1 BGB verweist, mit zitiert werden oder suche ich mir schon an dieser Stelle die Richtige(n) aus?

Sebastian Schmitt
21.1.2025, 20:39:27
Hallo @[QuiGonTim](133054), 1. Jedenfalls sind §
323 I BGBund § 326 V, 1. Hs BGB eng verknüpft, wie man schon am Verweis in § 326 V, 2. Hs BGB sieht. Ob man § 326 V, 1. Hs BGB vor diesem Hintergrund als irgenwie gearteten "Sonderfall" oder eine "Ausprügung" des §
323 I BGBoder vielmehr als weitestgehend eigenständigen Rücktrittsgrund sieht, kann man in dogmatischer und systematischer Hinsicht vermutlich diskutieren. Ich halte das aber für wenig zielführend, weil ich nicht sehe, welche wesentlichen Unterschiede sich aus dieser Einordnung ergeben sollten. In der Kommentarliteratur habe ich dazu jedenfalls bei meiner kurzen Überblicksrecherche nichts Brauchbares gefunden (vgl BeckOKG-BGB/Herresthal, Stand 1.4.2022, § 326 Rn 335 ff). 2. Ich würde mich grds schon im Obersatz auf diejenigen Normen konzentrieren, auf die es für den zu lösenden Fall ankommt. Geht es also zB gar nicht um den Ersatz vergeblicher Aufwendungen nach
§ 284 BGB, muss
§ 284 BGBauch nicht in den Obersatz. Ist natürlich gerade dieser Punkt problematisch und nicht klar, ob es sich iE zB um Aufwendungen in diesem Sinne handelt, sieht es wieder anders aus und ich würde ihn dazu schreiben und auf die Abgrenzung iRd Rechtsfolge eingehen. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team