Fremdheit des Geschäfts – Auch-fremdes Geschäft 2


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Klassisches Klausurproblem

A stellt sein Fahrzeug unbefugt auf den Privatparkplatz des S. Damit versperrt er die Einfahrt zum Grundstück des S. S lässt das Fahrzeug kostenpflichtig abschleppen. Die Abschleppkosten sind ortsüblich.

Einordnung des Falls

Fremdheit des Geschäfts – Auch-fremdes Geschäft 2

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 8 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. S kann von A Ersatz für die Abschleppkosten verlangen, wenn er einen Anspruch auf Aufwendungsersatz nach §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB hat.

Ja, in der Tat!

Voraussetzung für einen Aufwendungsersatzanspruch nach §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB ist, dass S (1) ein fremdes Geschäft (2) mit Fremdgeschäftsführungswillen, (3) ohne Auftrag oder einer sonstigen Berechtigung geführt hat und die (4) Geschäftsführung berechtigt war.

2. Indem S das Fahrzeug abschleppen ließ, hat er "ein Geschäft besorgt" (§ 677 BGB).

Ja!

Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) begründet ein gesetzliches Schuldverhältnis. Sie liegt vor, wenn jemand (der Geschäftsführer) ein Geschäft für einen anderen (den Geschäftsherrn) besorgt, ohne von ihm beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein. Geschäftsbesorgung ist wie im Auftragsrecht (§ 662 BGB) weit zu verstehen und umfasst jede fremdnützige tatsächliche oder rechtsgeschäftliche Tätigkeit, auch von kurzer Dauer. Die Beauftragung eines Abschleppunternehmens ein Fahrzeug abschleppen zu lassen, ist eine tatsächliche Tätigkeit. S hat ein Geschäft besorgt.

3. Der Geschäftsführer besorgt das Geschäft "für einen anderen" (§ 677 BGB), wenn er das Geschäft jedenfalls nicht nur als eigenes, sondern auch als fremdes Geschäft führt.

Genau, so ist das!

Der Geschäftsführer muss das Geschäft für einen anderen besorgen (§ 677 BGB). Dies erfordert den nach außen erkennbaren Willen und das Bewusstsein, für einen anderen tätig zu werden (Fremdgeschäftsführungswille). Dabei ist zu unterscheiden: objektiv fremde Geschäfte fallen schon äußerlich in einen fremden Interessenkreis, hier wird der Wille (widerleglich) vermutet. Subjektiv fremde Geschäfte sind neutral, der Wille muss positiv festgestellt werden. Bei "auch-fremden" Geschäften liegt die Übernahme im eigenen und im fremden Interesse. Der Wille wird nach der Rechtsprechung grundsätzlich auch hier vermutet, insbesondere wenn das Interesse des Anderen an der Vornahme der Handlung im Vordergrund steht (sehr strittig).

4. Indem S das Fahrzeug des A abschleppen ließ, hat er ein objektiv fremdes Geschäft besorgt. Der Fremdgeschäftsführungswille wird vermutet.

Nein, das trifft nicht zu!

Unter objektiv fremde Geschäfte fallen Tätigkeiten, die schon ihrem äußeren Erscheinungsbild nach in einen anderen Rechts- und Interessenkreis fallen.. Hier lag das Abschleppen des Fahrzeugs auch im Interesse des S, da er nur so auf sein Grundstück gelangen konnte.

5. Indem S das Auto des A abschleppen ließ, hat er ein auch- fremdes Geschäft besorgt. Der Fremdgeschäftsführungswille wird vermutet.

Ja!

Unter auch-fremde Geschäfte fallen Tätigkeiten, die ihrer äußeren Erscheinung nach nicht nur in den Interessenkreis des Geschäftsführers fallen, sondern auch einem Dritten zugute kommen (Handeln im Doppelinteresse).BGH: das Abschleppenlassen ist auch im Interesse des Falschparkers, da er von seiner Pflicht zur Entfernung des Autos nach § 862 Abs. 1 BGB befreit wird. Durch das unbefugte Abstellen eines Fahrzeugs auf einem Privatgrundstück, begeht A nämlich verbotene Eigenmacht (§ 858 Abs. 1 BGB).

6. Ein Anspruch auf Aufwendungsersatz besteht nur, wenn die Geschäftsführung berechtigt war (§ 683 S. 1 BGB).

Genau, so ist das!

Die Geschäftsführung ist berechtigt, wenn sie dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichem Willen des Geschäftsherrn entspricht. Der wirkliche Wille kann entweder ausdrücklich oder konkludent geäußert werden.

7. Das Abschleppen des Fahrzeugs entsprach dem Interesse und dem wirklichen Willen des A (§ 683 S. 1 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Das Abschleppen entsprach dem Interesse des A. Sein wirklicher Wille ist nicht feststellbar. Die Übernahme einer Geschäftsführung liegt im Interesse des Geschäftsherrn, wenn sie ihm objektiv vorteilhaft und nützlich ist. BGH: Durch das Abschleppenlassen des Fahrzeug werde der Falschparkers von seiner Beseitigungspflicht nach § 862 BGB befreit. Dies sei für ihn grundsätzlich vorteilhaft und damit in seinem Interesse. Da der Grundstücksbesitzer von dem Falschparker die sofortige Beseitigung der Störung verlangen und den Anspruch auch im Wege der Selbsthilfe durchsetzen kann, konnte S das Fahrzeug abschleppen lassen, ohne abzuwarten, dass A das Fahrzeug selbst entfernt. Der wirkliche Wille des A lässt sich hier nicht feststellen. A hat ihn weder ausdrücklich, noch konkludent geäußert.

8. Das Abschleppen des Fahrzeugs entsprach dem Interesse und dem mutmaßlichen Willen des A (§ 683 S. 1 BGB).

Ja!

Da der wirkliche Wille des A nicht festzustellen ist, kommt es entscheidend auf seinen mutmaßlichen Willen an. Das ist derjenige Wille, den der Geschäftsherr bei objektiver Beurteilung aller Umstände im Zeitpunkt der Übernahme geäußert haben würde. Oft wird der mutmaßlicher Wille durch das objektive Interesse des Geschäftsherrn indiziert. Doch sind die Gewohnheiten des Geschäftsherrn auch dann zu berücksichtigen, wenn sie interessewidrig sind. BGH: Da die Entfernung des Fahrzeuges im objektiven Interesse der Beklagten lag, entsprech dies auch dem mutmaßlichem Willen des A (daran zweifelnd, Stephan Lorenz, siehe Fundstellen).

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