Zivilrecht

Sachenrecht

Vindikation & Eigentümer-Besitzer-Verhältnis

Fremdbesitzerexzess, § 991 Abs. 2 BGB - Dreipersonenverhältnis

Fremdbesitzerexzess, § 991 Abs. 2 BGB - Dreipersonenverhältnis

23. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

Tierhändler T leiht dem unerkannt geisteskranken G 10 Welpen. In einem klaren Moment gibt G diese bei der Zoowärterin Z gegen Entgelt in Verwahrung. Sie platziert die Welpen in einem Raum neben den Krokodilen und lässt aus Unachtsamkeit die Tür offen. Die Krokodile freuen sich über den Snack.

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Einordnung des Falls

Fremdbesitzerexzess, § 991 Abs. 2 BGB - Dreipersonenverhältnis

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Zum Zeitpunkt als die Krokodile die Welpen verspeisten, bestand eine Vindikationslage zwischen T und Z.

Genau, so ist das!

Dazu musste ein Vindikationsanspruch vorliegen. Dieser setzt voraus, dass (1) der Anspruchsteller Eigentümer und (2) der Anspruchsgegner Besitzer (3) ohne Recht zum Besitz (§ 986 BGB) ist. T war Eigentümer der Welpen. Z hatte die tatsächliche Sachherrschaft über die Welpen, mithin den Besitz an ihnen. Mangels Vertragsverhältnisses bestand kein direktes Besitzrecht gegenüber T. Es kommt allenfalls ein abgeleitetes Besitzrecht in Betracht. Da der Leihvertrag jedoch aufgrund der Geschäftsunfähigkeit des G nichtig ist, besteht kein berechtigter Besitz, von dem Z ihr Besitzrecht ableiten könnte. Eine Vindikationslage bestand also.
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2. T hat gegen Z einen Schadensersatzanspruch aus §§ 989, 990 Abs. 1 BGB.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch aus §§ 989, 990 BGB sind (1) das Vorliegen einer Vindikationslage, (2) Verschlechterung, Untergang oder sonstige Unmöglichkeit der Herausgabe, (3) Bösgläubigkeit, (4) Verschulden des Anspruchsgegners und (5) ein Schaden beim Anspruchssteller. Die Vindikationslage und der Untergang der Sache liegen vor. Allerdings wusste Z nichts von der fehlenden Berechtigung des G und musste dies auch nicht wissen. Daher war sie bezüglich ihres Besitzrechts gutgläubig. Ein Anspruch nach §§ 989, 990 Abs. 1 BGB scheidet deshalb aus.

3. Sofern der Besitzer gutgläubig ist, scheiden Schadensersatzansprüche nach dem EBV immer aus.

Nein!

Grundsätzlich soll der redliche und unverklagte Besitzer durch das EBV geschützt werden und nicht haften. Eine Ausnahme statuiert allerdings § 991 Abs. 2 BGB. Demnach haftet der gutgläubige Besitzer dem Eigentümer gegenüber, soweit er auch dem mittelbaren Besitzer gegenüber haften würde.

4. Hat T gegen Z einen Anspruch auf Schadensersatz aus § 991 Abs. 2 BGB?

Genau, so ist das!

Die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch aus §§ 991 Abs. 2, 989 BGB sind (1) das Vorliegen einer Vindikationslage, (2) die Redlichkeit des Besitzers, (3) das Vorliegen eines Besitzmittlungsverhältnisses und (4) die Verantwortlichkeit gegenüber dem mittelbaren Besitzer. Die Vindikationslage besteht. Z war gutgläubig und ein Besitzmittlungsverhältnis liegt durch die Verwahrung vor. Z würde dem G aus dem Verwahrungsvertrag (§ 688 BGB) wegen Unmöglichkeit der Rückgabe der Welpen (§§ 695, 275 BGB) nach §§ 280 Abs. 1 und 3, 283 BGB auf Schadensersatz haften. Somit kann auch T in gleichem Maße nach §§ 989, 991 Abs. 2 BGB von Z Schadensersatz verlangen. Hier muss also inzident der vertragliche Anspruch von G gegen Z geprüft werden.Denk daran: Wenn ein grundsätzlich geschäftsunfähiger Volljähriger vorübergehend bei Sinnen und voll geschäftsfähig ist (sog. lucidum intervallum), sind Willenserklärungen, die er in solchen Momenten abgibt – wie hier auf Abschluss des Verwahrungsvertrag –, rechtswirksam.

5. Z haftet auch aus Deliktsrecht nach den §§ 823 ff. BGB.

Nein, das trifft nicht zu!

Durch § 993 Abs. 1 Hs. 2 BGB sind über das EBV hinausgehende Schadensersatzansprüche grundsätzlich ausgeschlossen. Eine Ausnahme hiervon stellt nach h.M. § 826 BGB dar, da der vorsätzlich und sittenwidrig handelnde Schädiger keinen Schutz verdiene. Eine vorsätzliche Schädigung liegt jedoch nicht vor.
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