Examensrelevante Rechtsprechung
Rechtsprechung Strafrecht
BT 3: Straftaten gegen die Freiheit u.a.
Klimaprotest: Festkleben auf Straße als strafbare Nötigung?
Klimaprotest: Festkleben auf Straße als strafbare Nötigung?
14. Juli 2025
40 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Aktivistin A klebt sich spontan mit zwei Mitstreitern mit Sekundenkleber auf die beiden Fahrbahnen der Abfahrt der Bundesautobahn 100 in Berlin. Pkws können die Straße nun nicht mehr passieren, ohne sie zu überfahren. Notgedrungen halten die Autofahrer an. Nach 1,5 Stunden beenden Polizisten die Blockade.
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Einordnung des Falls
Klimaprotest: Festkleben auf Straße als strafbare Nötigung?
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 19 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Indem sich A festgeklebt hat, könnte sie sich der Nötigung zulasten der Autofahrer der ersten Reihe nach § 240 Abs. 1 StGB strafbar gemacht haben.
Ja, in der Tat!
2. Hat A gegenüber den Autofahrern der ersten Reihe Gewalt eingesetzt (§ 240 Abs. 1 StGB)?
Nein!
3. Hat A gegenüber den Autofahrern der ersten Reihe gedroht (§ 240 Abs. 1 StGB)?
Nein, das ist nicht der Fall!
4. Aufgrund der Blockade haben die Fahrer der ersten Reihe gegenüber den nachfolgenden Fahrern Gewalt ausgeübt.
Ja, in der Tat!
5. Indem A die Fahrer der ersten Reihe zum Anhalten und damit der Blockade der nachfolgenden Fahrer bewegte, könnte sie sich der Nötigung in mittelbarer Täterschaft zulasten der Fahrer der zweiten Reihe strafbar gemacht haben (§§ 240 Abs. 1, 25 Abs. 1 Var. 2 StGB).
Ja!
6. Das BVerfG geht davon aus, dass die Fahrer der ersten Reihe gerechtfertigt handeln (§ 34 StGB) und damit ein deliktisches Minus auf Ebene der Rechtswidrigkeit aufweisen.
Genau, so ist das!
7. A hatte nach der modifizierten subjektiven Theorie eine überlegene Stellung (Täterwillen).
Ja, in der Tat!
8. Auch nach der Tatherrschaftslehre kann hier die Zurechnung des Verhaltens der Autofahrer mit einem deliktischen Minus auf Ebene der Rechtswidrigkeit begründet werden.
Nein!
9. Scheidet nach der Tatherrschaftslehre damit eine Zurechnung des Verhaltens der Autofahrer insgesamt aus?
Nein, das ist nicht der Fall!
10. Eine strafbare (mittelbare) Nötigung durch A ist allerdings ausgeschlossen, wenn ihre Tat nicht als verwerflich anzusehen ist (§ 240 Abs. 2 StGB).
Ja, in der Tat!
11. Nach der Rechtsprechung des BGH sind Fernziele (z. B. Klimaschutz) bei Straßenblockaden als Zweck in der Verwerflichkeitsprüfung zu berücksichtigen.
Nein!
12. Nach der Rechtsprechung des BVerfG kann bei Blockaden, die unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit stehen, jedenfalls der „Kommunikationszweck“ im Rahmen der Verwerflichkeitsprüfung berücksichtigt werden.
Genau, so ist das!
13. Handelt es sich bei As Blockade trotz des mittelbar ausgeübten Zwangs noch um eine „friedliche“ Versammlung, sodass der Schutzbereich der Versammlungsfreiheit eröffnet ist (Art. 8 Abs. 1 GG)?
Ja, in der Tat!
14. Eine strafrechtliche Verurteilung wegen Nötigung stellt einen Eingriff in die Versammlungsfreiheit dar.
Ja!
15. Der Eingriff könnte aber gerechtfertigt sein. Gilt die Versammlungsfreiheit schrankenlos?
Nein, das ist nicht der Fall!
16. Eine Bestrafung der A wegen Nötigung müsste auch angemessen sein (Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn), damit die Verwerflichkeit nach § 240 Abs. 2 StGB bejaht werden kann.
Ja, in der Tat!
17. Nach Auffassung des LG Berlin überwiegen hier die Rechte der betroffenen Autofahrer gegenüber der Versammlungsfreiheit der A, sodass die Nötigung als verwerflich anzusehen ist.
Ja!
18. As mittelbare Nötigung ist aber unter Berufung auf den Klimanotstand (§ 34 StGB) gerechtfertigt.
Nein, das ist nicht der Fall!
19. As mittelbare Nötigung ist aber unter Berufung auf den zivilen Ungehorsam (Art. 20 Abs. 4 GG) gerechtfertigt.
Nein, das trifft nicht zu!
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