Zivilrecht

Examensrelevante Rechtsprechung ZR

Entscheidungen von 2024

Eigentum an einem mittels Embryotransfers gezüchteten Fohlen (OLG Oldenburg, Beschl. v. 11.09.2024, Az. 8 U 36/24)

Eigentum an einem mittels Embryotransfers gezüchteten Fohlen (OLG Oldenburg, Beschl. v. 11.09.2024, Az. 8 U 36/24)

21. November 2024

4,6(15.216 mal geöffnet in Jurafuchs)

[...Wird geladen]

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A mietet für seine Pferdezucht Bs Stute. In diese „Leihstute“ lässt A besamte Eizellen einsetzen, die von einer Stute des A stammen. Nachdem eine Tierärztin meint, dass die Leihstute nicht trächtig sei, gibt A diese an B zurück. B übereignet die Leihstute an C, bei der die Stute dann doch ein Fohlen gebärt.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

...Wird geladen

Einordnung des Falls

Eigentum an einem mittels Embryotransfers gezüchteten Fohlen (OLG Oldenburg, Beschl. v. 11.09.2024, Az. 8 U 36/24)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 10 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A verlangt nun das Fohlen von C nach § 985 BGB heraus. Setzt der Anspruch voraus, dass A Eigentümer des Fohlen ist?

Ja, in der Tat!

Der Herausgabeanspruch nach § 985 steht dem (1) Eigentümer einer Sache gegen den (2) Besitzer der Sache, welcher (3) kein Recht zum Besitz (§ 986 BGB) hat zu. Tiere sind zwar keine Sachen (§ 90a S. 1 BGB). Die für Sachen geltenden Vorschriften sind nach § 90a S. 3 BGB auf Tiere anwendbar.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Das Fohlen stammt aus einer Eizelle, die zunächst in As Eigentum stand. Könnte A das Eigentum an der Eizelle dadurch verloren haben, dass er es in die Leihstute einsetzen ließ (§ 947 BGB)?

Ja!

In einer sachenrechtlichen Klausur bietet es sich immer an, (zumindest gedanklich) chronologisch zu prüfen. Frage Dich: Welche Rechtslage ist die frühstmögliche, die ich bestimmen kann? Und was ist danach mit der Sache passiert? § 947 BGB regelt einen gesetzlichen Eigentumsübergang bei Verbindung von beweglichen Sachen: Werden bewegliche Sachen so miteinander verbunden, dass sie wesentliche Bestandteile (§ 93 BGB) einer einheitlichen Sache werden, dann führt das dazu, dass die bisherigen Eigentümer Miteigentümer an dieser (neuen) Sache werden (§ 947 Abs. 1 BGB). Wenn eine der beiden Sachen die Hauptsache ist, so erwirbt der Eigentümer der Hauptsache das Alleineigentum an der „neuen“ Sache (§ 947 Abs. 2 BGB). Der originäre Eigentumserwerbs nach den §§ 946ff. BGB bezweckt vor allem Rechtsklarheit bezüglich der Eigentumsverhältnisse. Zudem sollen sie auch der Erhaltung wirtschaftlicher Werte dienen. Denn, wenn eine Sache wesentlicher Bestandteil einer anderen Sache geworden ist, ist eine Trennung (die die Folge eines Herausgabeverlangens eines Eigentümers wäre) meist unmöglich oder wirtschaftlich sinnlos.

3. Die Leihstute und die Eizelle müssten zunächst Bestandteil einer einheitlichen Sache geworden sein (§ 947 Abs. 1 BGB). Gibt es in § 947 BGB eine Legaldefinition des Begriffs „Bestandteil“?

Nein, das ist nicht der Fall!

Bestandteile einer Sache sind nach der Rspr. des BGH diejenigen körperlichen Gegenstände, die entweder von Natur aus eine Einheit bilden oder die durch die Verbindung miteinander ihre Selbständigkeit dergestalt verloren haben, dass sie fortan, solange die Verbindung dauert, als eine einzige Sache erscheinen. Maßgebend dafür ist die Verkehrsanschauung und - wenn diese fehlt oder nicht festgestellt werden kann - die natürliche Betrachtungsweise eines verständigen Beobachters, wobei Zweck und Wesen der Sache und ihrer Bestandteile vom technisch-wirtschaftlichen Standpunkt aus zu beurteilen sind. (BGH, Urteile vom 11. November 2011 - V ZR 231/10, BGHZ 191, 285 RdNr. 11 und vom 22. Oktober 2021 - V ZR 69/20, BGHZ 231, 310 RdNr. 24)

4. Würde man die Leihstute nur als „Brutkasten“ für den Embryo ansehen, so spricht das dafür, dass Stute und Fohlen als Bestandteile einer einheitlichen Sache zu behandeln sind.

Nein, das trifft nicht zu!

Bei der Frage, ob die eingesetzte Eizelle und die Leihstute als eine einheitliche Sache zu behandeln sind, könnte man sich auf den Standpunkt stellen, dass dies nicht der Fall ist, da die Leihstute nur (vorübergehend) eine Art „Brutkasten“ für den Embryo sei und der Embryo damit nicht seine Selbstständigkeit verloren habe. Die Rspr. sieht das aber anders: „Bei einer trächtigen Stute sieht die Verkehrsanschauung die Stute und das sich entwickelnde Leben nicht als zwei unabhängige Sachen an, gleichgültig, ob die Trächtigkeit durch natürliche Zeugung, Besamung oder Embryotransfer bewirkt wurde. Auch sieht die Verkehrsanschauung Leihstuten nicht als "Brutkasten" an.“

5. Nach Ansicht des OLG sind Leihstute und Eizellen Bestandteile einer einheitlichen Sache geworden. Ist es für den Eigentumserwerb nach § 947 BGB unerheblich, ob es sich um wesentliche Bestandteile handelt?

Nein!

§ 947 BGB setzt voraus, dass die beweglichen Sachen wesentliche Bestandteile einer einheitlichen Sache geworden sind. Bestandteile einer Sache sind dann wesentlich, wenn sie von einander nicht getrennt werden können, ohne dass der eine oder der andere Teil zerstört oder in seinem Wesen verändert wird (Legaldefinition in § 93 BGB). BGH: Ob ein Bestandteil im Sinne des § 93 BGB wesentlich ist, bestimmt sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Verbindung. Zerstörung oder Wesensveränderung des abzutrennenden Teils ist anzunehmen, wenn dieses durch die Trennung wertlos wird oder nur noch Schrottwert hat, nicht aber wenn es nach dem Ausbau in gleicher oder in ähnlicher Weise in eine andere Anlage integriert werden und damit wieder seine Funktion erfüllen kann. OLG: Maßgeblicher Zeitpunkt ist hier die (unstrittig stattgefundene) Einnistung der Eizelle in die Gebärmutter der Leihstute (sog. Nidation). Eine Abtrennung des Embryos in diesem Zeitpunkt hätte dazu geführt, dass dieser abstirbt. Somit waren Embryo und Stute als wesentliche Bestandteile einer einheitlichen Sache zu sehen.

6. A bringt vor, Embryo und Stute seien nur „vorübergehend“ Bestandteil einer einheitlichen Sache gewesen. Kann mit diesem Argument die Wesentlichkeit (§ 93 BGB) verneint werden?

Nein, das ist nicht der Fall!

Nach der Rspr. des BGH muss eine Verbindung im Sinne von § 947 BGB nicht auf Dauer angelegt sein. Vielmehr hat der BGH ausdrücklich klargestellt, dass mit einer Verbindung von Bestandteilen, die als einzige Sache erscheinen, die Selbständigkeit der Bestandteil verloren geht, solange die Verbindung dauert (vgl. BGH, Urteile vom 11. November 2011 - V ZR 231/10, BGHZ 191, 285 Rn. 11 und vom 22. Oktober 2021 - V ZR 69/20, BGHZ 231, 310 Rn. 24). Der Embryo ist mit Nidation wesentlicher Bestandteil einer einheitlichen Sache mit der Leihstute geworden. Daran ändert sich nichts dadurch, dass diese Verbindung nur für die Dauer des Trächtigkeitszeitraums angelegt war.

7. Das OLG sieht die Leihstute als Hauptsache im Sinne von § 947 Abs. 2 BGB an. Hat B damit durch die Verbindung Alleineigentum an der einheitlichen Sache erworben?

Ja, in der Tat!

Der Eigentumserwerb nach § 947 Abs. 1 BGB führt grundsätzlich dazu, dass die Eigentümer der einzelnen Bestandteile Miteigentum an der „neuen“ Sache erwerben. Etwas anderes gilt, wenn eine der Sachen als Hauptsache anzusehen ist. In diesem Fall erwirbt nur der Eigentümer der Hauptsache Eigentum an der „neuen“ Sache (§ 947 Abs. 2 BGB) Eine Hauptsache liegt vor, wenn die übrigen Bestandteile fehlen könnten, ohne dass das Wesen der Sache dadurch beeinträchtigt würde (BGH, Urteil vom 3. März 1956 - IV ZR 334/55, BGHZ 20, 159, [juris] Rn. 72). OLG: Die Leihstute kann weiterleben, auch wenn der Embryo abgestoßen wird. Umgekehrt ist dies nicht der Fall. Daher ist die Leihstute die Hauptsache im Sinne von § 947 Abs. 2 BGB. Die Leihstute stand im Zeitpunkt der Verbindung in Bs Eigentum, sodass B Alleineigentümerin der einheitlichen Sache geworden ist. A hat damit sein ursprünglich bestehendes Eigentum an der Eizelle verloren.

8. A hat sein Eigentum an der Eizelle an B verloren (§ 947 Abs. 1, Abs. 2 BGB). War B zum Zeitpunkt der Geburt des Fohlen immer noch Eigentümerin der einheitlichen Sache (vgl. § 929 S. 1 BGB)?

Nein!

Der rechtsgeschäftliche Eigentumsübergang nach § 929 S. 1 BGB hat folgende Voraussetzungen: (1) Einigung (2) Übergabe (3) Einigsein zum Zeitpunkt der Übergabe (4) Berechtigung des Veräußernden. B hat die trächtige Leihstute laut Sachverhalt vor der Geburt des Fohlens an C übereignet. Mangels anderer Angaben ist von einem Eigentumsübergang nach § 929 S. 1 BGB auszugehen. Jedenfalls hat B ihr Eigentum an der einheitlichen Sache an C verloren. Das OLG äußert sich in seinem Beschluss nicht zu diesem Eigentumserwerb. Denn entscheidend für As Klage auf Herausgabe des Fohlens nach § 985 BGB ist nicht, ob B oder C Eigentümerin der Sache ist, sondern lediglich, dass A nicht Eigentümer ist. In einer vollständigen gutachterlichen Prüfung solltest Du aber sämtliche Eigentumsübergänge prüfen (ggf. verkürzt im Sinne der Schwerpunktsetzung).

9. A ist der Ansicht, dass mit der Geburt des Fohlens die vor der Verbindung (§ 947 BGB) herrschenden Eigentumsverhältnisse wieder aufleben müssten. Widerspricht diese Ansicht der Rechtsklarheit, die mit § 947 BGB bezweckt wird?

Genau, so ist das!

OLG: „Der Gesetzgeber hat im Einzelnen geregelt, unter welchen Voraussetzungen ein Eigentumsverlust bei beweglichen Sachen auch ohne Zutun oder Willen des bisherigen Eigentümers eintreten kann (etwa §§ 932 ff., 937, 946 ff. BGB). Damit ist eine jederzeitige Hinfälligkeit des einmal zugeordneten Eigentums nur aufgrund nachträglicher natürlicher, technischer oder wirtschaftlicher Entwicklungen nicht zu vereinbaren (vgl. BGH, aaO Rn. 35).” OLG: Die spätere Trennung des Fohlens von der Stute (durch die Geburt) führt nicht zum „Wiederaufleben“ der Sonderrechtsfähigkeit des ehemaligen Embryos. Denn ansonsten würden unklare Eigentumsverhältnisse entstehen, was sachenrechtlichen Grundsätzen widerspräche (BGH, Urteil vom 22. Oktober 2021, aaO Rn. 31, 35). Der Begriff der Sonderrechtsfähigkeit meint, dass an der Sache „besondere Rechte“ bestehen können. Also hier: Eigenständiges Eigentum (nur) am Embryo. Wesentliche Bestandteile einer anderen Sache (§ 93 BGB) sind nicht sonderrechtsfähig, weil sie das rechtliche Schicksal mit der einheitlichen Sache teilen. Nach der Trennung des Fohlens von der Stute leben die Sonderrechte, die zuvor an der Eizelle bestanden haben (nämlich As Eigentum), nicht wieder auf.

10. Das Fohlen steht nicht in As Eigentum. Hat A einen Herausgabeanspruch nach § 985 BGB gegen C?

Nein, das trifft nicht zu!

Der Herausgabeanspruch nach § 985 BGB setzt zunächst voraus, dass der Anspruchsteller Eigentümer der Sache ist. Mangels Eigentümerstellung hat A keinen Anspruch gemäß § 985 BGB gegen C auf Herausgabe des Fohlens.
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Julia

Julia

18.10.2024, 14:51:58

Wie soll das funktionieren, wenn die

Sonderrechtsfähigkeit

des Fohlens nicht wieder auflebt? Zu irgendeinem Zeitpunkt muss das ja passieren, damit man das Fohlen eigenständig zB weiter übereignen kann. Oder stehe ich auf dem Schlauch?

YANW

YanWing

19.10.2024, 04:26:30

Ich verstehe es so, dass die Sonderrechtsstellung der befruchteten Eizelle von der des Fohlens zu trennen ist. Mit der Einpflanzung geht die Sonderrechtsstellung des Embryos dauerhaft unter; mit der Geburt entsteht eine NEUE, die des Fohlens.

Linne_Karlotta_

Linne_Karlotta_

19.10.2024, 14:12:45

Hey, danke für eure richtigen Anmerkungen! Die Erklärung in der Aufgabe war hier tatsächlich etwas ungenau, ich habe den entsprechenden Hinweis jetzt überarbeitet. Viele Grüße – Linne, für das Jurafuchs-Team

Alex

Alex

11.11.2024, 15:31:13

Die Geburt

Alex

Alex

11.11.2024, 15:43:13

C Mit der Geburt entselt

YANW

YanWing

19.10.2024, 04:39:17

Da das Ergebnis meinem Rechtsgefühl entgegen läuft, frage ich mich, ob es nicht andere, erfolgsversprechende Anspruchsgrundlagen gibt. Vielleicht vertraglich, da der Sinn und Zweck der Miete die Züchtung eines Fohlens für den Mieter ist. Vielleicht ungerechtfertigte Bereicherung(

Nichtleistungskondiktion

), da der Mieter Kosten und Aufwand für die Züchtung getragen hat und ihm (ohne den medizinischen Diagnosefehler) das Fohlen eigentlich zustehen würde.

glaenzejenseitsvonnullundachtzehn

glaenzejenseitsvonnullundachtzehn

19.10.2024, 15:53:00

Ich habe hier an einen Anspruch aus §§951, 812 ff BGB gedacht. Ein Rechtsverlust nach §947 Abs. 1,2 BGB liegt ja in jedem Fall vor. Ich würde eher zu einer

Nichtleistungskondiktion

tendieren, da ja aufgrund der Aussage der Tierärztin, dass die Stute nicht trächtig sei, keine bewusste Mehrung des Vermögens vorläge. Die übrigen Voraussetzungen liegen m.E ebenfalls vor. Die Frage ist jedoch was genau heraus verlangt werden kann. Der Wert des Fohlens oder die Kosten, die durch die vermeintlich unerfolgreiche Besamung entstanden sind?

YANW

YanWing

20.10.2024, 10:32:42

Also das was herausverlangt werden kann, ist ja immer das (rechtsgrundlos) Erlangte, in diesem Fall wäre es das Eigentum an dem Fohlen, es müsste also übers Eck an A übereignet werden. Das wäre nach meinem Rechtsgefühl auch der korrekte Ausgang. Ich bin ja ursprünglich auch von einer

Nichtleistungskondiktion

ausgegangen, allerdings kommt es mir bei erneuter Betrachtung komplizierter vor. Wie hat C das Eigentum erlangt? Durch die Geburt des Fohlens. Jetzt könnte man sagen nicht durch Leistung und fertig, aber der

Vorrang der Leistungskondiktion

gebietet einen klaren Ausschluss. Die Übergaben, sowohl von A an B, als auch B an C, der unerkannt trächtigen Stute, waren beides Leistungen. Den Embryo als ungewollten Zusatz zu betrachten, der individuell nicht geleistet wurde, erachte ich angesichts der fehlenden Sonderrechtsstellung für nicht möglich. Es ist außerdem ja gerade Sinn von 812 I Var. 1 Leistungen rückabzuwickeln, die so nicht gewollt waren. Es bleibt die Frage ob das Erlangen „durch Geburt“ dennoch „durch Leistung“ bedeuten kann. Wie weit die Kausalität der Übergabe der Stute bis hin auf die Geburt einschlägig fortwirkt, kann ich jetzt ohne umfangreiche Recherche nicht sagen. Gefühlsmäßig tendiere ich immer noch zur

Nichtleistungskondiktion

, da die Sonderrechtsstellung erst bei der Geburt entstanden ist und man die Kausalität einer Leistung nicht übermäßig auslegen sollte. (Edit: Mir ist grad aufgefallen, dass ich die vorgeschlagene Anspruchsgrundlage, 951, übergangen habe. Mein Kommentar bezieht sich logischerweise auf den Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung und nicht Rechtsverlust)

glaenzejenseitsvonnullundachtzehn

glaenzejenseitsvonnullundachtzehn

20.10.2024, 14:43:30

An sich würde ich dir zustimmen, dass DAS erlangte herauszugeben ist. Allerdings würde dann §947 hier leerlaufen, da ja dann dennoch Fohlen und Stute eigentumsrechtlich getrennt würden was §947 ja eben verhindern will. Daher denke ich könnte allenfalls der Wert des Fohlens herausverlangt werden. Die Frage ob eine Leistungskondiktion vorliegt ist, finde ich, ziemlich eindeutige mit nein zu beantworten. Denn hierfür müsste das Fohlen „bewusst geleistet“ worden sein. Hieran fehlt es jedoch sowohl im ersten Verhältnis (Rückgabe der Stute aufgrund der ausbleibenden Trächtigkeit) als auch der Verfügung an C(?) (habe die Personen nicht mehr so ganz im Kopf). Es liegt also weder eine Leistung von A an B noch eine zwischen B und C vor. Insoweit scheidet eine Leistungskondiktion auch zwischen A und C aus.

M Schiersch

M Schiersch

20.10.2024, 16:58:37

Man müsste hier mE auch beachten, dass sich vermutlich ein Anspruch aus §§ 951 I 1, 812 I 1 Alt. 2 nciht gegen C richten würde. Der Eigentumserwerb findet ja an dem Eingebrachten Embryo statt und nicht an dem Fohlen. Die Geburt des Fohlens ist ja dann erst ein Resultat aus der künstlichen Befruchtung. Dieser Eigentumsverlust hat sich aber nicht an C sondern an B ergeben. Hier könnte wenn überhaupt der Wert der besamten Eizelle zurückgefordert werden und ebenfalls weder die Kosten des Einsetzens (diese sind nicht äquivalent zum Eigentumsverlust) noch der Wert des Fohlens. Dies ergibt sich aus dem Zeitpunkt des Eigentumsverlustes und dem damals vorherrschenden Inhalt des Eigentumsrechts. Der Geldanspruch richtet sich dann aber gegen B. Hier ist aber auch an vertragliche Ansprüche zu denken.

M Schiersch

M Schiersch

20.10.2024, 17:19:55

Ich würde auch zu bedenken geben, ob es sich hier nicht doch um eine Leistung handelt. Es kommt hier ja gerade nicht auf das Fohlen an, sondern auf die Eizelle. Diese sollte eingebracht werden in die Leihstute. Diese gehörte bis zum Verkauf dem B, also auch im Zeitpunkt der künstlichen Befruchtung. B hat folglich in diesem Moment (bzw. mit der Nidation) Eigentum erworben. Dies war auch der Plan von B und A. B sollte dann nach der Geburt das Fohlen herausgeben und übereignen. Mit der Geburt des Fohlen hätte (wenn nicht zuvor an C übereignet worden wäre) der B Eigentum erworben. Der A wiederum hätte nur einen Vertraglichen Anspruch gegen den B. Mit der künstlichen Befruchtung würde ich sagen hat der A das Vermögen des B gemehrt (da das Eigentum an der Stute nun mehr Wert ist aufgrund der Schwangerschaft). Dies stellt eine Leistung dar. Auf Leistungsverhältnisse ist § 951 BGB nicht anwendbar, sodass ein Anspruch insgesamt ausscheidet aus §§ 951, 812

YANW

YanWing

20.10.2024, 23:12:59

@[glaenzejenseitsvonnullundachtzehn](41667) Hier kann ich dir nicht folgen. Der 947 II ist bezüglich des 985 relevant, weil das Eigentum des A an dem Embryo im Moment der Einpflanzung untergegangen ist und das Alleineigentum an Vermieter B fällt. Ab der Geburt (Trennung von der Hauptsache) entsteht aber die Sonderrechtstellung des Fohlens und es ist eigentumsrechtlich von dem Muttertier zu unterscheiden; C erhält nach 953 Eigentum an dem Fohlen. Das wäre dann auch der Rechtsgrund und es ist keine ungerechtfertigte Bereicherung, wie mir gerade auffällt, und auch der 951 würde demnach nicht durchgehen.

Pistaziencreme

Pistaziencreme

22.10.2024, 08:09:20

Ich würde mich da @[M Schiersch](217905) anschließen und (heruntergebrochen) sagen: B hat gesetzlich Eigentum durch Verbindung erworben. Und etwas später hat er wirksam die gesamte Sache (Pferd + Embryo) an C übereignet. Dass das Fohlen ein paar Monate später schlüpft, tut eigentumsrechtlich nichts zur Sache. Ich fände eine nachträgliche Auftrennung der "Bestandteile" Pferd - Embryo/Fohlen auch irgendwie wenig überzeugend. Daher braucht es ja die vertragliche "Sonderkonstellation" der Leihstute, damit der Züchter am Ende einen Anspruch auf Eigentumsübertragung am Fohlen h. Ich hätte hier allenfalls an SEA gegen die TÄ gedacht.

YANW

YanWing

22.10.2024, 09:13:27

@[Pistaziencreme](247424) SE gegen Ärzte ist immer schwierig, außer es ist grobe Fahrlässigkeit (sie war bei der Untersuchung sturzbetrunken) nachweisbar :) Eine gedankliche „Addition“ (Pferd+Embryo) ist meines Erachtens nicht richtig. Die Stute ist die Hauptsache, der Embryo ist Teil der Stute, vergleichbar mit einem Organ oder Gliedern. An diesen würde C als individuelle Sache auch erst bei Abtrennung (sry für das Bild) Eigentum erwerben. C erwirbt Eigentum an der Stute, in welcher der Embryo als Bestandteil sozusagen vollständig aufgeht. Erst im Moment der Trennung (Geburt) kann der Embryo bzw. jetzt das Fohlen überhaupt eigentumsrechtlich als individueller Bezugspunkt beachtet werden (siehe benachbarter thread zur Sonderrechtsstellung). Dieser Vorgang ist ja auch der Grund für die Existenz des 953 BGB, der gesetzlichen Eigentumserwerb oder genauer Fruchterwerb.

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

22.10.2024, 14:44:36

Hallo @[YanWing](260239), vielen Dank Dir für die gute Frage und Euch allen für die gute Diskussion. Ihr seht schon: Schwierige rechtliche Fragen, die wir iRe Forumsposts schon allein aufgrund des Umfangs der Diskussion nicht (mehr) alle abschließend beantworten können, zumal gerade im wertungsabhängigen Bereicherungsrecht vieles umstritten ist. Die hier ausgetauschten Argumente gehen aber mE (nahezu) sämtlich in die richtige Richtung. Entscheidend für Prüfungsaufgaben ist neben einer sorgfältigen Argumentation vor allem eine klare Schwerpunktsetzung: Wo "knirscht" es? ME vor allem hier: 1. Wurde die Eizelle (oder kommt es auf die Pferd-Eizelle-Kombination an?) im Verhältnis A - B geleistet oder sind wir bei der

Nichtleistungskondiktion

? Wenn Leistung, dann tendenziell Vorrangigkeit der Abwicklung entlang der Leistungsbeziehung(en). Wenn nein, dann s Punkt 2. 2. Sind wir im Anwendungsbereich des § 951 BGB? Wohl dann (+), wenn wir eine Leistung bei Punkt 1 ablehnen/Nichtleistung annehmen. Wenn (+), dann Anspruchsinhalt definitiv "nur" Vergütung in Geld (§ 951 I 1 BGB). 3. Wer ist unser Anspruchsgegner? (Nur) B oder (auch) C? 4. Was ist unser genauer Anspruchsinhalt? ZB bei "Vergütung in Geld": In welcher Höhe und schauen wir dafür eher auf die Eizelle oder eher auf das Fohlen? Vergleichsweise unproblematisch scheint mir dagegen ein Schadensersatzanspruch gegen die Tierärztin. Die Frage der Schadenshöhe wäre natürlich zu diskutieren (vgl auch Punkt 4 oben). Für eine Einschätzung des Verschuldens fehlt mir der Sachverstand. Ich könnte mir aber angesichts der Genauigkeit der heutigen Diagnostik schon gut vorstellen, dass es zumindest fahrlässig ist, wenn die Tierärztin hier die Trächtigkeit übersieht. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team

VALA

Vanilla Latte

4.11.2024, 03:46:40

Ansprüche A gegen C: Eine Leistung B- C liegt nicht vor, weil B davon auch nichts wusste, sodass keine zweckgerichtete Leistung. Ich persönlich würde daher sogar Leistung des Besitzes ablehnen. Dh es kommt nur eine NLK in Betracht zw. A und C iRd 951. ET hat C durch 947 erlangt. Der Rechtsgrund zum Behalten ist nicht 947, aber doch 953 BGB oder nicht? Weitere Ansprüche fallen mir nicht ein. ------ Ansprüche gegen die Tierärztin wäre höchstens 280 des BehandlungsV (wie auch immer man die Besamung dann nennt). 823ff. Je nach Verschulden. ------ Ansprüche A gegen B EBV? Im ZP schädigende Handlung (Veräußerung an C). Zu dem ZP war aber bereits die B ET des Fohlen, sodass schon keine

Vindikationslage

? GoA (-) kein FGW 823ff (-) kein Verschulden 812 LK? Nicht zweckgerichtet, weil B von der Schwangerschaft nicht wusste 812 NLK? Absolut keine Ahnung 816 II? Verfügte sie als Nichtberechtigte oder war B bereits schon ET, als er das Pferd ihr überließ? ----- @[

Nora Mommsen

](178057)

JI

Jimmy105

20.10.2024, 02:05:04

Ich fände super, wenn die Redaktion fälle wie diesen gedanklich weiter spannen könnte durch etwaige Abwandlungen um so mögliche Examenskonstellationen zu bedenken. Zb: bestünde der mietvertrag weiterhin, wäre zwar ein gesetzlicher Erwerb nach 947 nicht möglich, aber ggf. liegt eine verpflichtung von B zur

übereignung

des Fohlens vor. dazu passt der grundsatz "kauf bricht nicht miete" wodurch C verpflichtet sein könnte

Leistungsstörungsrecht

könnte eine Klausur dann auch rund machen. Die Redaktion braucht keine Examensfälle zu erstellen. Aber hilfreich wären jedenfalls verweise zu Paragraphen und Rechtsgebieten, die mit dem Fall verknüpft werden könnten

Linne_Karlotta_

Linne_Karlotta_

21.10.2024, 11:28:57

Hallo @[Jimmy105](252785), danke für Deine Anregung. Natürlich lässt sich der Fall hier super weiterdenken, auch wenn man für die Prüfung etwaiger schuldrechtlicher Verpflichtungen des B noch weitere Sachverhaltsangaben bräuchte. Bezogen auf das mietrechtliche Verhältnis ist aber davon auszugehen, dass sich hieraus keine weiteren Pflichten (weder des B noch des C) ergeben: I.R.d. Mietverhältnisses wurde lediglich vereinbart, dass B die Leihstute dem A für eine gewisse Dauer zum „Gebrauch“ (hier: Besamung und wohl auch Geburt des Fohlens) zur Verfügung stellt (vgl. § 535 BGB). Hieraus ergibt sich noch keine Abrede bzgl. des Eigentumserwerbs an dem geborenen Fohlen. Im Übrigen bestanden die mietrechtlichen Verpflichtungen nur zwischen A und B. Der von Dir angesprochene Grundsatz „Kauf bricht Miete nicht“ findet nur bezogen auf die Miete von (Wohn)Räumen Anwendung (§

566 BGB

, § 578 Abs. 2 BGB). Außerdem war das Mietverhältnis zwischen A und B bereits beendet, als B die Stute an C übereignete. Wenn wir davon ausgehen, dass A und B – zumindest konkludent - vereinbart haben, dass B (bei erfolgreicher Nidation) das Fohlen nach der Geburt an A übereignen sollte, so ist der Eigentumsverschaffungsanspruch des A mit der

Übereignung

der Stute an C unmöglich geworden (

§ 275 Abs. 1 BGB

). B ist nicht mehr in der Lage, dem A das Eigentum an dem Fohlen zu verschaffen. Wenn die Verschaffung des Eigentums an dem Fohlen eine durch B vertraglich geschuldete Leistung war, wäre dann – aufgrund der Unmöglichkeit dieser Leistung – an einen Schadensersatzanspruch des A gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 283 BGB denken. Da B die Leihstute bewusst an C übereignet hat, könnte man ein Vertretenmüssen des B wohl annehmen. Fraglich ist, wie sich der Umstand auswirkt, dass die Tierärztin eine falsche Diagnose bezüglich der Nidation gegeben hat. Hier könnte man an ein Mitverschulden des A denken (§ 254 BGB). Dies erscheint mir aber aus verschiedenen Gründen abwegig: Zunächst hat A nicht direkt an der

Übereignung

an C mitgewirkt. Weiterhin wäre das Handeln der Tierärztin dem A auch nicht zuzurechnen, sodass es allein auf eine eigenes Verschulden des A ankommt. Hier käme allein Fahrlässigkeit in Betracht. Allerdings hat A hier ja alles getan, um zu überprüfen, ob die Stute trächtig ist. M.E. durfte A hier auf das Urteil der Ärztin vertrauen und musste sich nicht eine weitere Beurteilung einholen. Ohne die konkrete Vereinbarung zwischen A und B zu kennen, würde ich also dazu tendieren, dass B hier das Risiko trägt und A Schadensersatz leisten muss. Separat dazu könnte man natürlich auch noch einen Anspruch gegen die Tierärztin auf Schadensersatz wegen der Fehldiagnose prüfen. Allerdings bedürfte es hierzu auch weitere Angaben zu den konkreten Umständen der Diagnose, um ein Verschulden feststellen zu können. In der Klausursituation würdest Du in der Regel durch konkrete Angaben darauf gestoßen werden, welche Rechtsgrundlagen zu prüfen sind. Beschränkt sich die Klausur – so wie in diesem Fall – auf eine sachenrechtliche Einbettung, so kannst Du Deine Prüfung ebenfalls auf dieses Gebiet beschränken. Ich hoffe, ich konnte Dir damit ein paar Anregungen zum Weiterdenken des Falles geben. Viele Grüße – Linne, für das Jurafuchs-Team

VALA

Vanilla Latte

4.11.2024, 03:58:26

Aber B hat doch nur die Leihstute an C geleistet und nicht die Eizelle, weil sie davon nicht wusste. Dann hins. Dessen ja gar keine zweckgerichtete Leistung vor oder?


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen