Zivilrecht
Examensrelevante Rechtsprechung ZR
Entscheidungen von 2024
Eigentum an einem mittels Embryotransfers gezüchteten Fohlen (OLG Oldenburg, Beschl. v. 11.09.2024, Az. 8 U 36/24)
Eigentum an einem mittels Embryotransfers gezüchteten Fohlen (OLG Oldenburg, Beschl. v. 11.09.2024, Az. 8 U 36/24)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A mietet für seine Pferdezucht Bs Stute. In diese „Leihstute“ lässt A besamte Eizellen einsetzen, die von einer Stute des A stammen. Nachdem eine Tierärztin meint, dass die Leihstute nicht trächtig sei, gibt A diese an B zurück. B übereignet die Leihstute an C, bei der die Stute dann doch ein Fohlen gebärt.
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Einordnung des Falls
Eigentum an einem mittels Embryotransfers gezüchteten Fohlen (OLG Oldenburg, Beschl. v. 11.09.2024, Az. 8 U 36/24)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 10 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. A verlangt nun das Fohlen von C nach § 985 BGB heraus. Setzt der Anspruch voraus, dass A Eigentümer des Fohlen ist?
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Das Fohlen stammt aus einer Eizelle, die zunächst in As Eigentum stand. Könnte A das Eigentum an der Eizelle dadurch verloren haben, dass er es in die Leihstute einsetzen ließ (§ 947 BGB)?
Ja!
3. Die Leihstute und die Eizelle müssten zunächst Bestandteil einer einheitlichen Sache geworden sein (§ 947 Abs. 1 BGB). Gibt es in § 947 BGB eine Legaldefinition des Begriffs „Bestandteil“?
Nein, das ist nicht der Fall!
4. Würde man die Leihstute nur als „Brutkasten“ für den Embryo ansehen, so spricht das dafür, dass Stute und Fohlen als Bestandteile einer einheitlichen Sache zu behandeln sind.
Nein, das trifft nicht zu!
5. Nach Ansicht des OLG sind Leihstute und Eizellen Bestandteile einer einheitlichen Sache geworden. Ist es für den Eigentumserwerb nach § 947 BGB unerheblich, ob es sich um wesentliche Bestandteile handelt?
Nein!
6. A bringt vor, Embryo und Stute seien nur „vorübergehend“ Bestandteil einer einheitlichen Sache gewesen. Kann mit diesem Argument die Wesentlichkeit (§ 93 BGB) verneint werden?
Nein, das ist nicht der Fall!
7. Das OLG sieht die Leihstute als Hauptsache im Sinne von § 947 Abs. 2 BGB an. Hat B damit durch die Verbindung Alleineigentum an der einheitlichen Sache erworben?
Ja, in der Tat!
8. A hat sein Eigentum an der Eizelle an B verloren (§ 947 Abs. 1, Abs. 2 BGB). War B zum Zeitpunkt der Geburt des Fohlen immer noch Eigentümerin der einheitlichen Sache (vgl. § 929 S. 1 BGB)?
Nein!
9. A ist der Ansicht, dass mit der Geburt des Fohlens die vor der Verbindung (§ 947 BGB) herrschenden Eigentumsverhältnisse wieder aufleben müssten. Widerspricht diese Ansicht der Rechtsklarheit, die mit § 947 BGB bezweckt wird?
Genau, so ist das!
10. Das Fohlen steht nicht in As Eigentum. Hat A einen Herausgabeanspruch nach § 985 BGB gegen C?
Nein, das trifft nicht zu!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Julia
18.10.2024, 14:51:58
Wie soll das funktionieren, wenn die
Sonderrechtsfähigkeitdes Fohlens nicht wieder auflebt? Zu irgendeinem Zeitpunkt muss das ja passieren, damit man das Fohlen eigenständig zB weiter übereignen kann. Oder stehe ich auf dem Schlauch?
YanWing
19.10.2024, 04:26:30
Ich verstehe es so, dass die Sonderrechtsstellung der befruchteten Eizelle von der des Fohlens zu trennen ist. Mit der Einpflanzung geht die Sonderrechtsstellung des Embryos dauerhaft unter; mit der Geburt entsteht eine NEUE, die des Fohlens.
Linne_Karlotta_
19.10.2024, 14:12:45
Hey, danke für eure richtigen Anmerkungen! Die Erklärung in der Aufgabe war hier tatsächlich etwas ungenau, ich habe den entsprechenden Hinweis jetzt überarbeitet. Viele Grüße – Linne, für das Jurafuchs-Team
Alex
11.11.2024, 15:31:13
Die Geburt
Alex
11.11.2024, 15:43:13
C Mit der Geburt entselt
YanWing
19.10.2024, 04:39:17
Da das Ergebnis meinem Rechtsgefühl entgegen läuft, frage ich mich, ob es nicht andere, erfolgsversprechende Anspruchsgrundlagen gibt. Vielleicht vertraglich, da der Sinn und Zweck der Miete die Züchtung eines Fohlens für den Mieter ist. Vielleicht ungerechtfertigte Bereicherung(
Nichtleistungskondiktion), da der Mieter Kosten und Aufwand für die Züchtung getragen hat und ihm (ohne den medizinischen Diagnosefehler) das Fohlen eigentlich zustehen würde.
glaenzejenseitsvonnullundachtzehn
19.10.2024, 15:53:00
Ich habe hier an einen Anspruch aus §§951, 812 ff BGB gedacht. Ein Rechtsverlust nach §947 Abs. 1,2 BGB liegt ja in jedem Fall vor. Ich würde eher zu einer
Nichtleistungskondiktiontendieren, da ja aufgrund der Aussage der Tierärztin, dass die Stute nicht trächtig sei, keine bewusste Mehrung des Vermögens vorläge. Die übrigen Voraussetzungen liegen m.E ebenfalls vor. Die Frage ist jedoch was genau heraus verlangt werden kann. Der Wert des Fohlens oder die Kosten, die durch die vermeintlich unerfolgreiche Besamung entstanden sind?
YanWing
20.10.2024, 10:32:42
Also das was herausverlangt werden kann, ist ja immer das (rechtsgrundlos) Erlangte, in diesem Fall wäre es das Eigentum an dem Fohlen, es müsste also übers Eck an A übereignet werden. Das wäre nach meinem Rechtsgefühl auch der korrekte Ausgang. Ich bin ja ursprünglich auch von einer
Nichtleistungskondiktionausgegangen, allerdings kommt es mir bei erneuter Betrachtung komplizierter vor. Wie hat C das Eigentum erlangt? Durch die Geburt des Fohlens. Jetzt könnte man sagen nicht durch Leistung und fertig, aber der
Vorrang der Leistungskondiktiongebietet einen klaren Ausschluss. Die Übergaben, sowohl von A an B, als auch B an C, der unerkannt trächtigen Stute, waren beides Leistungen. Den Embryo als ungewollten Zusatz zu betrachten, der individuell nicht geleistet wurde, erachte ich angesichts der fehlenden Sonderrechtsstellung für nicht möglich. Es ist außerdem ja gerade Sinn von 812 I Var. 1 Leistungen rückabzuwickeln, die so nicht gewollt waren. Es bleibt die Frage ob das Erlangen „durch Geburt“ dennoch „durch Leistung“ bedeuten kann. Wie weit die Kausalität der Übergabe der Stute bis hin auf die Geburt einschlägig fortwirkt, kann ich jetzt ohne umfangreiche Recherche nicht sagen. Gefühlsmäßig tendiere ich immer noch zur
Nichtleistungskondiktion, da die Sonderrechtsstellung erst bei der Geburt entstanden ist und man die Kausalität einer Leistung nicht übermäßig auslegen sollte. (Edit: Mir ist grad aufgefallen, dass ich die vorgeschlagene Anspruchsgrundlage, 951, übergangen habe. Mein Kommentar bezieht sich logischerweise auf den Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung und nicht Rechtsverlust)
glaenzejenseitsvonnullundachtzehn
20.10.2024, 14:43:30
An sich würde ich dir zustimmen, dass DAS erlangte herauszugeben ist. Allerdings würde dann §947 hier leerlaufen, da ja dann dennoch Fohlen und Stute eigentumsrechtlich getrennt würden was §947 ja eben verhindern will. Daher denke ich könnte allenfalls der Wert des Fohlens herausverlangt werden. Die Frage ob eine Leistungskondiktion vorliegt ist, finde ich, ziemlich eindeutige mit nein zu beantworten. Denn hierfür müsste das Fohlen „bewusst geleistet“ worden sein. Hieran fehlt es jedoch sowohl im ersten Verhältnis (Rückgabe der Stute aufgrund der ausbleibenden Trächtigkeit) als auch der Verfügung an C(?) (habe die Personen nicht mehr so ganz im Kopf). Es liegt also weder eine Leistung von A an B noch eine zwischen B und C vor. Insoweit scheidet eine Leistungskondiktion auch zwischen A und C aus.
M Schiersch
20.10.2024, 16:58:37
Man müsste hier mE auch beachten, dass sich vermutlich ein Anspruch aus §§ 951 I 1, 812 I 1 Alt. 2 nciht gegen C richten würde. Der Eigentumserwerb findet ja an dem Eingebrachten Embryo statt und nicht an dem Fohlen. Die Geburt des Fohlens ist ja dann erst ein Resultat aus der künstlichen Befruchtung. Dieser Eigentumsverlust hat sich aber nicht an C sondern an B ergeben. Hier könnte wenn überhaupt der Wert der besamten Eizelle zurückgefordert werden und ebenfalls weder die Kosten des Einsetzens (diese sind nicht äquivalent zum Eigentumsverlust) noch der Wert des Fohlens. Dies ergibt sich aus dem Zeitpunkt des Eigentumsverlustes und dem damals vorherrschenden Inhalt des Eigentumsrechts. Der Geldanspruch richtet sich dann aber gegen B. Hier ist aber auch an vertragliche Ansprüche zu denken.
M Schiersch
20.10.2024, 17:19:55
Ich würde auch zu bedenken geben, ob es sich hier nicht doch um eine Leistung handelt. Es kommt hier ja gerade nicht auf das Fohlen an, sondern auf die Eizelle. Diese sollte eingebracht werden in die Leihstute. Diese gehörte bis zum Verkauf dem B, also auch im Zeitpunkt der künstlichen Befruchtung. B hat folglich in diesem Moment (bzw. mit der Nidation) Eigentum erworben. Dies war auch der Plan von B und A. B sollte dann nach der Geburt das Fohlen herausgeben und übereignen. Mit der Geburt des Fohlen hätte (wenn nicht zuvor an C übereignet worden wäre) der B Eigentum erworben. Der A wiederum hätte nur einen Vertraglichen Anspruch gegen den B. Mit der künstlichen Befruchtung würde ich sagen hat der A das Vermögen des B gemehrt (da das Eigentum an der Stute nun mehr Wert ist aufgrund der Schwangerschaft). Dies stellt eine Leistung dar. Auf Leistungsverhältnisse ist § 951 BGB nicht anwendbar, sodass ein Anspruch insgesamt ausscheidet aus §§ 951, 812
YanWing
20.10.2024, 23:12:59
@[glaenzejenseitsvonnullundachtzehn](41667) Hier kann ich dir nicht folgen. Der 947 II ist bezüglich des 985 relevant, weil das Eigentum des A an dem Embryo im Moment der Einpflanzung untergegangen ist und das Alleineigentum an Vermieter B fällt. Ab der Geburt (Trennung von der Hauptsache) entsteht aber die Sonderrechtstellung des Fohlens und es ist eigentumsrechtlich von dem Muttertier zu unterscheiden; C erhält nach 953 Eigentum an dem Fohlen. Das wäre dann auch der Rechtsgrund und es ist keine ungerechtfertigte Bereicherung, wie mir gerade auffällt, und auch der 951 würde demnach nicht durchgehen.
Pistaziencreme
22.10.2024, 08:09:20
Ich würde mich da @[M Schiersch](217905) anschließen und (heruntergebrochen) sagen: B hat gesetzlich Eigentum durch Verbindung erworben. Und etwas später hat er wirksam die gesamte Sache (Pferd + Embryo) an C übereignet. Dass das Fohlen ein paar Monate später schlüpft, tut eigentumsrechtlich nichts zur Sache. Ich fände eine nachträgliche Auftrennung der "Bestandteile" Pferd - Embryo/Fohlen auch irgendwie wenig überzeugend. Daher braucht es ja die vertragliche "Sonderkonstellation" der Leihstute, damit der Züchter am Ende einen Anspruch auf Eigentumsübertragung am Fohlen h. Ich hätte hier allenfalls an SEA gegen die TÄ gedacht.
YanWing
22.10.2024, 09:13:27
@[Pistaziencreme](247424) SE gegen Ärzte ist immer schwierig, außer es ist grobe Fahrlässigkeit (sie war bei der Untersuchung sturzbetrunken) nachweisbar :) Eine gedankliche „Addition“ (Pferd+Embryo) ist meines Erachtens nicht richtig. Die Stute ist die Hauptsache, der Embryo ist Teil der Stute, vergleichbar mit einem Organ oder Gliedern. An diesen würde C als individuelle Sache auch erst bei Abtrennung (sry für das Bild) Eigentum erwerben. C erwirbt Eigentum an der Stute, in welcher der Embryo als Bestandteil sozusagen vollständig aufgeht. Erst im Moment der Trennung (Geburt) kann der Embryo bzw. jetzt das Fohlen überhaupt eigentumsrechtlich als individueller Bezugspunkt beachtet werden (siehe benachbarter thread zur Sonderrechtsstellung). Dieser Vorgang ist ja auch der Grund für die Existenz des 953 BGB, der gesetzlichen Eigentumserwerb oder genauer Fruchterwerb.
Sebastian Schmitt
22.10.2024, 14:44:36
Hallo @[YanWing](260239), vielen Dank Dir für die gute Frage und Euch allen für die gute Diskussion. Ihr seht schon: Schwierige rechtliche Fragen, die wir iRe Forumsposts schon allein aufgrund des Umfangs der Diskussion nicht (mehr) alle abschließend beantworten können, zumal gerade im wertungsabhängigen Bereicherungsrecht vieles umstritten ist. Die hier ausgetauschten Argumente gehen aber mE (nahezu) sämtlich in die richtige Richtung. Entscheidend für Prüfungsaufgaben ist neben einer sorgfältigen Argumentation vor allem eine klare Schwerpunktsetzung: Wo "knirscht" es? ME vor allem hier: 1. Wurde die Eizelle (oder kommt es auf die Pferd-Eizelle-Kombination an?) im Verhältnis A - B geleistet oder sind wir bei der
Nichtleistungskondiktion? Wenn Leistung, dann tendenziell Vorrangigkeit der Abwicklung entlang der Leistungsbeziehung(en). Wenn nein, dann s Punkt 2. 2. Sind wir im Anwendungsbereich des § 951 BGB? Wohl dann (+), wenn wir eine Leistung bei Punkt 1 ablehnen/Nichtleistung annehmen. Wenn (+), dann Anspruchsinhalt definitiv "nur" Vergütung in Geld (§ 951 I 1 BGB). 3. Wer ist unser Anspruchsgegner? (Nur) B oder (auch) C? 4. Was ist unser genauer Anspruchsinhalt? ZB bei "Vergütung in Geld": In welcher Höhe und schauen wir dafür eher auf die Eizelle oder eher auf das Fohlen? Vergleichsweise unproblematisch scheint mir dagegen ein Schadensersatzanspruch gegen die Tierärztin. Die Frage der Schadenshöhe wäre natürlich zu diskutieren (vgl auch Punkt 4 oben). Für eine Einschätzung des Verschuldens fehlt mir der Sachverstand. Ich könnte mir aber angesichts der Genauigkeit der heutigen Diagnostik schon gut vorstellen, dass es zumindest fahrlässig ist, wenn die Tierärztin hier die Trächtigkeit übersieht. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team
Vanilla Latte
4.11.2024, 03:46:40
Ansprüche A gegen C: Eine Leistung B- C liegt nicht vor, weil B davon auch nichts wusste, sodass keine zweckgerichtete Leistung. Ich persönlich würde daher sogar Leistung des Besitzes ablehnen. Dh es kommt nur eine NLK in Betracht zw. A und C iRd 951. ET hat C durch 947 erlangt. Der Rechtsgrund zum Behalten ist nicht 947, aber doch 953 BGB oder nicht? Weitere Ansprüche fallen mir nicht ein. ------ Ansprüche gegen die Tierärztin wäre höchstens 280 des BehandlungsV (wie auch immer man die Besamung dann nennt). 823ff. Je nach Verschulden. ------ Ansprüche A gegen B EBV? Im ZP schädigende Handlung (Veräußerung an C). Zu dem ZP war aber bereits die B ET des Fohlen, sodass schon keine
Vindikationslage? GoA (-) kein FGW 823ff (-) kein Verschulden 812 LK? Nicht zweckgerichtet, weil B von der Schwangerschaft nicht wusste 812 NLK? Absolut keine Ahnung 816 II? Verfügte sie als Nichtberechtigte oder war B bereits schon ET, als er das Pferd ihr überließ? ----- @[
Nora Mommsen](178057)
Jimmy105
20.10.2024, 02:05:04
Ich fände super, wenn die Redaktion fälle wie diesen gedanklich weiter spannen könnte durch etwaige Abwandlungen um so mögliche Examenskonstellationen zu bedenken. Zb: bestünde der mietvertrag weiterhin, wäre zwar ein gesetzlicher Erwerb nach 947 nicht möglich, aber ggf. liegt eine verpflichtung von B zur
übereignungdes Fohlens vor. dazu passt der grundsatz "kauf bricht nicht miete" wodurch C verpflichtet sein könnte
Leistungsstörungsrechtkönnte eine Klausur dann auch rund machen. Die Redaktion braucht keine Examensfälle zu erstellen. Aber hilfreich wären jedenfalls verweise zu Paragraphen und Rechtsgebieten, die mit dem Fall verknüpft werden könnten
Linne_Karlotta_
21.10.2024, 11:28:57
Hallo @[Jimmy105](252785), danke für Deine Anregung. Natürlich lässt sich der Fall hier super weiterdenken, auch wenn man für die Prüfung etwaiger schuldrechtlicher Verpflichtungen des B noch weitere Sachverhaltsangaben bräuchte. Bezogen auf das mietrechtliche Verhältnis ist aber davon auszugehen, dass sich hieraus keine weiteren Pflichten (weder des B noch des C) ergeben: I.R.d. Mietverhältnisses wurde lediglich vereinbart, dass B die Leihstute dem A für eine gewisse Dauer zum „Gebrauch“ (hier: Besamung und wohl auch Geburt des Fohlens) zur Verfügung stellt (vgl. § 535 BGB). Hieraus ergibt sich noch keine Abrede bzgl. des Eigentumserwerbs an dem geborenen Fohlen. Im Übrigen bestanden die mietrechtlichen Verpflichtungen nur zwischen A und B. Der von Dir angesprochene Grundsatz „Kauf bricht Miete nicht“ findet nur bezogen auf die Miete von (Wohn)Räumen Anwendung (§
566 BGB, § 578 Abs. 2 BGB). Außerdem war das Mietverhältnis zwischen A und B bereits beendet, als B die Stute an C übereignete. Wenn wir davon ausgehen, dass A und B – zumindest konkludent - vereinbart haben, dass B (bei erfolgreicher Nidation) das Fohlen nach der Geburt an A übereignen sollte, so ist der Eigentumsverschaffungsanspruch des A mit der
Übereignungder Stute an C unmöglich geworden (
§ 275 Abs. 1 BGB). B ist nicht mehr in der Lage, dem A das Eigentum an dem Fohlen zu verschaffen. Wenn die Verschaffung des Eigentums an dem Fohlen eine durch B vertraglich geschuldete Leistung war, wäre dann – aufgrund der Unmöglichkeit dieser Leistung – an einen Schadensersatzanspruch des A gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 283 BGB denken. Da B die Leihstute bewusst an C übereignet hat, könnte man ein Vertretenmüssen des B wohl annehmen. Fraglich ist, wie sich der Umstand auswirkt, dass die Tierärztin eine falsche Diagnose bezüglich der Nidation gegeben hat. Hier könnte man an ein Mitverschulden des A denken (§ 254 BGB). Dies erscheint mir aber aus verschiedenen Gründen abwegig: Zunächst hat A nicht direkt an der
Übereignungan C mitgewirkt. Weiterhin wäre das Handeln der Tierärztin dem A auch nicht zuzurechnen, sodass es allein auf eine eigenes Verschulden des A ankommt. Hier käme allein Fahrlässigkeit in Betracht. Allerdings hat A hier ja alles getan, um zu überprüfen, ob die Stute trächtig ist. M.E. durfte A hier auf das Urteil der Ärztin vertrauen und musste sich nicht eine weitere Beurteilung einholen. Ohne die konkrete Vereinbarung zwischen A und B zu kennen, würde ich also dazu tendieren, dass B hier das Risiko trägt und A Schadensersatz leisten muss. Separat dazu könnte man natürlich auch noch einen Anspruch gegen die Tierärztin auf Schadensersatz wegen der Fehldiagnose prüfen. Allerdings bedürfte es hierzu auch weitere Angaben zu den konkreten Umständen der Diagnose, um ein Verschulden feststellen zu können. In der Klausursituation würdest Du in der Regel durch konkrete Angaben darauf gestoßen werden, welche Rechtsgrundlagen zu prüfen sind. Beschränkt sich die Klausur – so wie in diesem Fall – auf eine sachenrechtliche Einbettung, so kannst Du Deine Prüfung ebenfalls auf dieses Gebiet beschränken. Ich hoffe, ich konnte Dir damit ein paar Anregungen zum Weiterdenken des Falles geben. Viele Grüße – Linne, für das Jurafuchs-Team
Vanilla Latte
4.11.2024, 03:58:26
Aber B hat doch nur die Leihstute an C geleistet und nicht die Eizelle, weil sie davon nicht wusste. Dann hins. Dessen ja gar keine zweckgerichtete Leistung vor oder?