Zivilrecht

BGB Allgemeiner Teil

Anfechtung der Willenserklärung

Mozarts Musiknoten – Urheberschaft als verkehrswesentliche Eigenschaft

Mozarts Musiknoten – Urheberschaft als verkehrswesentliche Eigenschaft

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

V verkauft K auf dem Flohmarkt handschriftlich erstellte Musiknoten für €5. Zwei Wochen später stellt sich heraus, dass die Notenblätter von Wolfgang Amadeus Mozart angefertigt wurden. V verlangt die Noten sofort nach Erkennen des Irrtums von K zurück.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

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Einordnung des Falls

Mozarts Musiknoten – Urheberschaft als verkehrswesentliche Eigenschaft

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K und V haben einen Kaufvertrag über die Musiknoten zu €5 geschlossen.

Ja!

Ein Vertrag kommt zustande durch zwei inhaltlich übereinstimmende Willenserklärungen: Angebot und Annahme (§§ 145, 147 BGB). Diese liegen hier vor.
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2. V kann sein Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrags anfechten (§§ 142 Abs. 1, 119 Abs. 2 BGB), weil der Wert einer Sache eine verkehrswesentliche Eigenschaft ist.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Eigenschaftsirrtum berechtigt zur Anfechtung, wenn der Erklärende über verkehrswesentliche Eigenschaften der Sache irrt. Verkehrswesentliche Eigenschaften einer Sache sind alle wertbildenden Faktoren, die von der Verkehrsanschauung oder der Parteienabrede als wesentlich anzusehen sind. Der Wert der Sache selbst haftet ihr jedoch nicht auf Dauer an, sondern unterliegt marktwirtschaftlichen Schwankungen. Der Wert einer Sache stellt keine verkehrswesentliche Eigenschaft dar. Ein Irrtum hierüber berechtigt nicht zur Anfechtung. Allerdings kann der Irrtum über den Wert auf einer Fehleinschätzung von verkehrswesentlichen Eigenschaften beruhen.

3. Da V sich über den Urheber der Noten geirrt hat, liegt ein Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft vor (§§ 142 Abs. 1, 119 Abs. 2 BGB).

Ja, in der Tat!

Der Eigenschaftsirrtum stellt eine Ausnahme von der Regel dar, dass die Motive, die den Erklärenden zum Vertragsschluss bewegen, nicht zur Anfechtung berechtigen. Dazu muss der Erklärende jedoch über verkehrswesentliche Eigenschaften der Sache geirrt haben. Eigenschaften einer Sache sind alle wertbildenden Faktoren. Sie sind verkehrswesentlich, wenn sie von der Verkehrsanschauung oder der Parteienabrede als wesentlich anzusehen sind. Die Urheberschaft von Musiknoten stellt eine solche verkehrswesentliche Eigenschaft dar, da sie immense Auswirkungen auf deren Wert hat.

4. V hat die Anfechtung seiner Willenserklärung gerichtet auf Abschluss des Kaufvertrags innerhalb der Anfechtungsfrist erklärt (§§ 143, 121 BGB).

Ja!

Die Anfechtung muss bei einem Inhalts-, Erklärungs-, Eigenschafts- oder Übermittlungsirrtum ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die Anfechtung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Anfechtungsgegner. Bei einem Vertrag ist das der andere Teil. Dabei muss das Wort „Anfechtung“ nicht benutzt werden, solange sich aus den Umständen der eindeutige Wille des Erklärenden ergibt, an den Vertrag nicht mehr gebunden sein zu wollen (§§ 133, 157 BGB). In dem sofortigen Zurückverlangen des V nach Erkennen des Irrtums liegt eine fristgerechte Anfechtungserklärung.

5. V kann Rückübergabe und -übereignung der Noten verlangen (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).

Genau, so ist das!

K hat Eigentum und Besitz an den Noten durch Leistung des V erlangt. Durch die Anfechtung wird der Kaufvertrag als Rechtsgrund von Anfang an (ex tunc) nichtig, sodass er nie bestanden hat. Nach hM kann V somit nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB Übergabe und Übereignung der Noten verlangen (nicht nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB wegen Wegfall des rechtlichen Grundes).

6. V kann auch seine Willenserklärung gerichtet auf Übereignung der Noten anfechten (§§ 142 Abs. 1, 119 Abs. 2 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Grundsätzlich ist auch eine Anfechtung der Übereignungserklärung möglich, wenn ein Anfechtungsgrund vorliegt, auf dem die abgegebene Willenserklärung kausal beruhte. Allerdings hat V die Noten nicht übereignet, weil er sie für wertlos hielt oder sich über den Urheber irrte, sondern um seine Verpflichtung aus dem geschlossenen Kaufvertrag zu erfüllen. Der Eigenschaftsirrtum war also nicht kausal für die Abgabe der Übereignungserklärung. Eine aA bejaht dagegen bei solchen Konstellationen beim Eigenschaftsirrtum die Anfechtbarkeit auch des dinglichen Rechtsgeschäfts mit dem Argument, dass die Fehlvorstellung auch bei der Abgabe der dinglichen Eiinigungserklärung mitbestimmend (kausal) war. Dem setzt die wohl hM entgegen, dass Vorstellungen und Abreden aus dem zugrundeliegenden Verpflichtungsgeschäft wegen des Trennungs- und Abstraktionsprinzips nicht auf die Einigung übertragen werden dürfen. Es liegt insoweit nur eine "mittelbare" Kausalität vor. Die Einigungserklärung erschöpft sich darin, die Verpflichtung aus dem Kaufvertrag zu erfüllen und ist damit an sich wertneutral. Daher kann nicht wegen § 119 Abs. 2 BGB angefochten werden.

7. V steht vorliegend unstreitig ein Anfechtungsgrund zu, da er sich über eine verkehrswesentliche Eigenschaft geirrt hat (§ 119 Abs. 2 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Ein Teil der Literatur lehnt eine Anfechtung ab, wenn ein Irrtum über die Eigenschaft gerade zum vertragstypischen Risiko gehöre.Der Kauf von Gegenständen auf dem Flohmarkt zeichnet sich aus Käufersicht regelmäßig gerade durch die Chance aus, wertvolle Gegenstände zu einem unverhältnismäßig geringen Preis zu erwerben. Dies setzt in der Regel aber voraus, dass der Verkäufer sich über einen wertbildenden Faktor irrt. Soweit man diese Einschränkung nicht vornimmt oder den Flohmarktverkauf nicht als Risikogeschäft ansieht (vertretbar), so muss man die Prüfung fortsetzen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Jurakatze1987

Jurakatze1987

9.2.2020, 23:23:37

Die letzte Frage wird meines Erachtens nicht richtig beantwortet. Es besteht

Fehleridentität

. Der Irrtum über den Urheber schlägt sich auf das

Verfügungsgeschäft

nieder

Marilena

Marilena

2.3.2020, 16:16:35

Danke für Deinen Kommentar. Wie würdest Du denn das Durchschlagen hier begründen?

TR

Tr(u)mpeltier

21.3.2020, 17:34:34

@jurakatze1987, ich würde sagen, dass die Antwort wie sie bisher gegeben wurde richtig ist. Denn die Frage des Urhebers hat mE nach keine unlittelbare Auswirkung auf das

Verfügungsgeschäft

. Denn der Verkäufer hätte bei entsprechender Kenntnis die Noten zwar sicher nicht für 5€ verkauft, hätte der Käufer 500.000€ geboten, hätte er sie aber sicher verkauft und auch übereignet. Die fehlende Kenntnis wirkt sich insoweit letztlich nur auf das

Verpflichtungsgeschäft

und die hier vereinbarte Gegenleistung aus, nicht dagegen auf das

Verfügungsgeschäft

. In Klausuren würde ich grds dazu raten, sehr sparsam mit dem Instrument der Fehler Identität umzugehen, da man sich sonst schnell den Vorwurf einfängt, man habe das Trennungs- und Abstraktionprinzip nicht beachtet.

Jurakatze1987

Jurakatze1987

21.3.2020, 17:50:37

Danke für den Tipp. In einem Fall, den wir im Examenskurs in der Uni besprochen haben, gab es verschiedene Varianten von dem Musiknotenfall. Da bestand aber, so viel ich noch weiß,

Fehleridentität

Jurakatze1987

Jurakatze1987

21.3.2020, 18:22:29

Weil es sich um einen Eigebschaftsirrtum handelt. Es gibt einige Meinungen, die vertreten, dass eine Fehlvorstellung über Sacheigenschaften als Motiv für das

Verpflichtungsgeschäft

und für das

Verfügungsgeschäft

von Bedeutung ist

Jurakatze1987

Jurakatze1987

21.3.2020, 18:34:07

Das ist aber umstritten, von daher. Meine Ansicht geht anscheinend auf die Uno - acto Rechtsprechung zurück. Die wird von einer Mindermeinung vertreten. In dem Fall ist das umstritten sein aber gar nicht dargestellt.

ALE

Alex1.Sem

4.4.2020, 03:39:01

Als Lösungsvorschlag: durch die Anfechtung aufgrund der

Fehleridentität

greift dies auch auf die dingliche Einigung und die

Übereignung

sofferte ist nichtig. Kein Eigentumsverlust und dadurch auch einen Herausgabeanspruch aus Paragraph 985 BGB. Besitzer ist K und er hat kein Recht zum Besitz, denn auch der Kaufvertrag wurde wirksam angeglichen und ex tunc nichtig. Gleichzeitig auch einen Anspruch nach Paragraph 812 I 1 Alt. 1 BGB

Daniel G

Daniel G

4.4.2020, 10:49:24

Auf der anderen Seite könnte man aber nach 133, 157 auslegen. Dabei ist zu beachten, dass die WE's auf dem Flohmarkt abgegeben werden, was für Risikogeschäfte spricht, aber man bringt dorthin auch nur Sachen, die man eh verkaufen will. Auf schuldrechtlicher Ebene ist der Irrtum über die Eigenschaft beachtlich. Trotzdem hat er kein Interesse (wegen des Irrtums) , den Schrieb zu behalten, (zb erbstück und er hätte bei richtiger Kenntnis nie verkaufen wollen) der Preis wäre nur angepasst worden.

Übereignung

sbereit ist er meines Erachtens trotz Irrtum, nur zum angemessenen Preis. Darin liegt meiner Ansicht nach aber nicht die enge Verknüpfung/Kausalität die bei der

Fehleridentität

gefordert wird.

SNEU

Stefan Thomas Neuhöfer

4.4.2020, 14:23:37

Hi, vielen Dank für die Kommentare. Im Grundsatz gilt Folgendes: Verpflichtungs- und

Verfügungsgeschäft

setzen sich jeweils aus eigenständigen Willenserklärungen (jeweils Angebot und Annahme, §§ 145,

147 BGB

) zusammen. Die Wirkungen beider Geschäfte treten unabhängig voneinander ein (Abstraktionsprinzip). Inhalt der Willenserklärungen beim dinglichen (Verfüfungs-)Geschäft (§ 929 Abs. 1 BGB) ist grundsätzlich "Dies hier von mir zu dir". Die bloße Anfechtbarkeit des

Verpflichtungsgeschäft

s hat aber nach (zumindest nach h.M.) weder die Nichtigkeit noch die Anfechtbarkeit des

Verfügungsgeschäft

s zur Folge. Eine

Fehleridentität

, wenn also der gleiche Fehler die Willenserklärung beim Verpflichtungs- und

Verfügungsgeschäft

betrifft (mit der Folge der Nichtigkeit bzw. Anfechtbarkeit beide

SNEU

Stefan Thomas Neuhöfer

4.4.2020, 14:24:12

bzw. Anfechtbarkeit beider Willenserklärungen) ist ein absoluter Ausnahmefall. Fälle der

Fehleridentität

sind bspw. die Geschäftsunfähigkeit (Rechtsfolge ist dann die Nichtigkeit beider Geschäfte) oder die Anfechtbarkeit wegen arglistiger

Drohung

(Rechtsfolge dann die Anfechtbarkeit beider Geschäfte). Vorliegend besteht aber kein Grund, die Fehlvorstellung über die

verkehrswesentliche Eigenschaft

(Komponist der Noten ist Mozart) auch auf das dingliche Geschäft zu beziehen. Für das "dies hier von mir zu dir" liegt ja gerade kein Irrtum vor, es ging um die körperlichen Noten, deren Eigentum übertragen werden soll.

SNEU

Stefan Thomas Neuhöfer

4.4.2020, 14:24:28

Die Berücksichtigung der Umstände des Geschäftes (Abschluss auf dem Flohmarkt) kann nur beim

Verpflichtungsgeschäft

eine Rolle spielen. Ich hoffe, damit die Frage beantwortet zu haben. viele Grüße Für das Jurafuchs-Team - Stefan

QUIG

QuiGonTim

1.3.2022, 18:56:08

Ich bin hier schon beim bloßen Irrtum rausgeflogen. Es steckt zwar etwas Sachverhaltsinterpretation dahinter. Doch V bot offenbar einfach nur “handschriftlich erstellte Musiknoten” an. Die Urheberschaft war von seiner Erklärung also gar nicht umfasst. Der Irrtum muss bei Abgabe der Erklärung vorliegen. Die Konkretisierung der Urheberschaft als

verkehrswesentliche Eigenschaft

trat jedoch erst nach Angabe der Erklärung für V hinzu. Er wollte subjektiv Notenblätter, die von irgendeinem Menschen erstellt wurden, verkaufen. Genau dies erklärte er auch objektiv. Ein Irrtum lag mithin nicht vor.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

2.3.2022, 11:29:48

Hallo QuiGonTim, im Hinblick auf die Gesamtumstände des Verkaufes ist die Erklärung des V dahingehend zu verstehen, dass er hier die handschriftlichen Notenblätter eines "unbedeutenden/unbekannten" Menschen verkaufen wollte. Da sie von Mozart stammen, liegt insoweit ein relevanter

Eigenschaftsirrtum

vor, der hier zur Anfechtung berechtigt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Trallaballahopsasa

Trallaballahopsasa

15.1.2023, 19:50:12

Hallo, noch eine Frage dazu. Ich habe es so verstanden, dass der V hier nicht zur Anfechtung berechtig war, weil es sich um einen Flohmarktverkauf und somit um ein Risikogeschäft gehandelt hat. Jetzt heiß es, dass er doch berechtig war. Was ist nun vertretbar?

Der Sozialstaat ist Aufgabe der Verwaltung

Der Sozialstaat ist Aufgabe der Verwaltung

4.11.2022, 01:10:58

Nach der uno-actu-Rechtsprechung könnte man aufgrund des zeitlichen Zusammenfallens von Verpflichtungs- und

Verfügungsgeschäft

hier

Fehleridentität

annehmen und den V auch die WE auf

Übereignung

anfechten lassen. Das verstößt zwar gegen das Trennungsprinzip und ist deswegen abzulehnen, zumindest ein entsprechender Hinweiskasten würde (bspw. mit Blick auf die mündliche Prüfung) die Aufgabe mMn aufwerten.

Foxxy

Foxxy

31.8.2024, 10:32:33

Hallo Der Sozialstaat ist Aufgabe der Verwaltung, vielen Dank für Deinen Vorschlag! Wir haben ihn notiert und werden in einer der nächsten Redaktionssitzungen prüfen, inwiefern wir hierzu unsere Lerninhalte entsprechend anpassen bzw. noch weitere Aufgaben mit aufnehmen können. Beste Grüße, Foxxy, für das Jurafuchs-Team

SI

sinaaaa

11.1.2023, 14:21:42

Warum liegt hier kein

Eigenschaftsirrtum

vor? Da es sich um die Noten von Mozart handelt liegt doch eine

verkehrswesentliche Eigenschaft

vor

Sambajamba10

Sambajamba10

25.1.2023, 10:04:45

Es gibt zwei Auffassungen, die beide von Jurafuchs dargestellt werden. Dass kein

Eigenschaftsirrtum

vorliegt, hat niemand behauptet.

AdamFFM

AdamFFM

10.4.2023, 11:43:47

Da beide Parteien (aus dem SV ergibt sich nichts gegenteiliges) einem

Eigenschaftsirrtum

unterlagen, wäre es nicht möglich, den Fall über den

313 BGB

zu lösen? Beide Parteien nahmen zur Grundlage des Geschäfts an, es handle sich um „wertlose“ Notenhefte. Hätte das V gewusst, hätte er den Vertrag nicht zu 5€ geschlossen. Es ist auch, meines Erachtens, für V unzumutbar, am KV festzuhalten. Folglich müsste dem V eine Vertragsanpassung oder ein Rücktrittsrecht zustehen.

FL

Flohm

15.8.2023, 11:23:53

Wieso ist eine Anfechtung überhaupt noch möglich? Die Noten wurden doch schon übergeben. Ich dachte nach Übergabe ist keine Anfechtung mehr möglich ?

MAT

Matteo10

19.10.2023, 11:21:00

Die Übergabe hat mit der Anfechtbarkeit eines Rechtsgeschäfts nichts zu tun. Die Übergabe ist das dingliche Geschäft, welches auf das

Verpflichtungsgeschäft

(hier KV) folgt. (Trennungs und Abstraktionsprinzip) Natürlich wird durch die Anfechtung die Übergabe nicht automatisch rückgängig gemacht; dafür existiert dann das Bereicherungsrecht :)

DE

Doris Eventualis

31.1.2024, 09:54:51

Ich glaube das stimmt so nicht Matteo10. Bei dem

Eigenschaftsirrtum

nach §119 II wird bei Übergabe die Anfechtung gesperrt durch den Vorrang der Mängelwährleistung. Grund dafür ist der in den §§ 434 ff. BGB verankerte zentrale Gedanke des Rechts zur zweiten Andienung. Dieses soll nicht durch Anfechtung umgangen werden. Bei Anfechtung wegen arglistiger Täuschung bleibt hingegen die Anfechtung möglich weil der Vertragspartner nicht schutzwürdig ist. Bei den anderen Anfechtungsgründen bin ich mir nichts sicher…da glaube ich aber dass eine Anfechtung trotz Übergabe möglich ist. Da würde ich mich freuen, wenn jemand Licht ins Dunkel bringt :)

DE

Doris Eventualis

31.1.2024, 10:09:32

Ich kann meinen Kommentar leider nicht löschen aber habe eben bemerkt nach eine weiteren Recherche dass andere doch am Vorliegen eines Sachmangels statt lediglich nur an der Übergabe anknüpfen wenn es um den

Ausschluss der Anfechtung

geht. In anderen Forumsbeiträgen hier würde aber auch von einer Sperrung der Anfechtung bei Übergabe gesprochen. Resultat ist nun, dass ich maximal verwirrt bin :D

AN

Antonia

4.9.2024, 20:28:39

@[Doris Eventualis ](171185) Wenn das Gewährleistungsrecht anwendbar ist (d.h. Sachmangel liegt vor UND es ist zur Übergabe gekommen) ist die Anfechtung nach § 119 II Var.2 (

Eigenschaftsirrtum

) ausgeschlossen. Alle anderen Irrtümer (§ 119 I, 119 II Var.1, 120, 123) sind neben dem Gewährleistungsrecht weiterhin anwendbar. Wenn also bereits gar kein Mangel vorliegt oder aber ein Mangel vorliegt, es aber noch nicht zur Übergabe gekommen ist, ist das Mängelgewährleistungsrecht NICHT anwendbar, mit der Folge, dass die Anfechtung wegen

Eigenschaftsirrtum

s zulässig ist. Ich hoffe ich konnte dir damit weiterhelfen😊

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

6.9.2024, 17:11:59

Hallo @[Flohm](210957), Antonia hat es hier im Kern schon sehr schön dargestellt, von mir daher nur noch einige Ergänzungen. Zum Verhältnis zwischen Anfechtungsrecht und Sachmängelgewährleistungsrecht muss man sich eigtl nur merken, dass die ausdifferenzierten §§ 434 ff BGB nicht durch die im Vergleich eher "plumpen" Anfechtungsregeln umgangen werden sollen. Das droht aber eigtl nur im Fall des

Eigenschaftsirrtum

s nach § 119 II, 2. Var BGB, nicht dagegen zB im Fall einer arglistigen Täuschung. Denn wer täuscht ist 1. sowieso nicht schutzwürdig, 2. umgehen wir mit einer Anfechtung nicht die Sachmängelgewährleistungsvorschriften, weil sie den Fall einer Täuschung gerade nicht abdecken (sollen). Weil es um dieses Verhältnis §§ 119 ff BGB - §§ 434 ff BGB geht, entscheidet grds auch die Anwendbarkeit der §§ 434 ff BGB über den entscheidenden und abgrenzenden Zeitpunkt, nämlich die Übergabe. Lit und Rspr sind hier insgesamt sehr ausdifferenziert. Besonderheiten können sich beispielsweise daraus ergeben, dass der VERkäufer anfechten will oder dass wir zwar im Zeitpunkt VOR der Übergabe sind, aber die Parteien die Gewährleistungsrechte ausgeschlossen haben (dann muss nach Meinung vieler dennoch eine Anfechtbarkeit wegen

Eigenschaftsirrtum

s ausscheiden). Das aber nur der Vollständigkeit halber, das sind eher Detailfragen. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team

AR

Artimes

18.4.2024, 16:53:16

Warum ist Sache i.S.d. § 119 II BGB nicht wie § 90 BGB zu verstehen, sondern erfasst alle Rechtsobjekte?

Gruttmann

Gruttmann

19.4.2024, 00:10:54

Die meinen schon die Sache aus §90 BGB, jedoch geht es um die verkehrswesentlichen Eigenschaften einer Sache. Und über diese Eigenschaften kann man sich dann irren.

AR

Artimes

19.4.2024, 10:28:53

@[Gruttmann ](218432)Im AS-Skript steht dazu: „Sachen i.S.d. 119 Abs. 2 Var. 2 BGB sind aber auch nichtkörperliche Gegenstände.“ Deswegen hatte ich mir gemerkt, dass Sachen i.d.S alle Rechtsobjekte (= a. körperliche Gegenstände, also Sachen und b. nicht körperliche Gegenstände, also Rechte sind). Meine Frage war auf die Begründung gerichtet, wie man zu dieser Auslegung gelangt.

Gruttmann

Gruttmann

19.4.2024, 10:53:35

@[Artimes](3106) Stimmt! Ich lag falsch, Du hast recht. Der Sachbegriff in 119 Abs.2 BGB ist tatsächlich weiter als der in 90 BGB. Wieso das so ist, konnte ich jetzt in der Kürze nicht herausfinden.

Nora Mommsen

Nora Mommsen

19.4.2024, 11:32:41

Hallo ihr beiden, gut gesehen Artimes! Dies lässt sich begründen mit dem Telos der Anfechtung wegen

Eigenschaftsirrtum

s. Dies berechtigt den Erklärenden zur Loslösung vom Vertrag wegen eines Irrtums über den Vertragsgegenstand, der - wie euch bekannt ist - vielerlei Formen annehmen kann. Es wäre sozusagen eine nicht zu rechtfertigende Benachteiligung einiger Vertragstypen, wenn der

Eigenschaftsirrtum

auf Sachen i.S.d. § 90 BGB beschränkt wäre. (Auch wenn dies zu Beginn seiner Existenz vom Reichsgericht noch so vertreten wurde. Diese Ansicht ist aber bereits zu Zeiten des RG aufgegeben worden.) Der Begriff der Sache erfasst daher nicht allein körperliche Gegenstände, sondern (ebenso wie beim Rechtskauf nach § 453) jeden Geschäftsgegenstand, also auch unkörperliche Gegenstände wie das Unternehmen, eine Erbschaft oder eine Forderung. Das Anfechtungsrecht des Abs. 2 besteht auch dann, wenn sich der Irrtum auf wesentliche Eigenschaften des Vertragsverhältnisses insgesamt bezieht. Zu den Eigenschaften einer Sache zählt nach der Formel der Rspr. nicht nur ihre natürliche Beschaffenheit, sondern erfasst werden auch solche tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse, die infolge ihrer Beschaffenheit und Dauer die Brauchbarkeit und den Wert beeinflussen. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

AR

Artimes

20.4.2024, 13:48:33

@[

Nora Mommsen

](178057) Merci!

Juraganter

Juraganter

22.7.2024, 00:08:43

"Später stellt sich heraus, dass die Notenblätter von Wolfgang Amadeus Mozart angefertigt wurden. V verlangt die Noten sofort nach Erkennen des Irrtums von K zurück." Wann ist "später"? Um die Frage, ob die Anfechtung fristgemäß erfolgte, wirklich korrekt beantworten zu können, müsste man das ja schon wissen. Sie ist ja dann ausgeschlossen, wenn bereits zehn Jahre seit Abgabe der Willenserklärung vergangen sind ...

Linne_Karlotta_

Linne_Karlotta_

24.7.2024, 17:10:05

Hallo @[Juraganter](224241), da hast Du völlig Recht. Ich habe die Aufgabe jetzt präzisiert, damit keine Fragen mehr offen bleiben. :) Viele Grüße - Linne, für das Jurafuchs-Team

AI

Aioo

15.9.2024, 11:29:01

Nach der Definition sind doch

verkehrswesentliche Eigenschaft

en einer Sache, die u.a. von der Verkehrsauffassung als wertbildende Faktoren gewertet werden. Demnach stellen Musiknoten von Mozart doch einen verkehrswesentlichen Faktor dar, der den Wert der Sache -hier der Musiknoten- erhöhen. Warum stellt dies nun doch keinen

Eigenschaftsirrtum

dar?

Tobias Krapp

Tobias Krapp

17.9.2024, 22:49:04

Hallo @[Aioo](263409), deine Argumentation ist vollkommen richtig und daher folgt der Fall ihr auch genau so! V kann seine Willenserklärung, die er für den Abschluss des Kaufvertrags abgegeben hat, wegen

Eigenschaftsirrtum

anfechten, vgl. hierzu Frage 3 und 4 in der Aufgabe. Falls dich die letzte Frage hier verwirrt hat: Bei dieser geht es nicht um die Frage, ob V seine Willenserklärung im Rahmen des Kaufvertrags anfechten kann, sondern ob er seine Einigungserklärung (im Rahmen der

Übereignung

) anfechten kann. Diese Rechtsgeschäfte sind zu trennen (Trennungsprinzip), das

Verpflichtungsgeschäft

und das

Verfügungsgeschäft

können unabhängig voneinander wirksam sein (Abstraktionsprinzip). Es ist also zu fragen, ob V gerade bei der dinglichen Einigungserklärung einem

Eigenschaftsirrtum

unterlag. Die wohl hM verneint dies mit dem Argument, dass die Einigungserklärung sich darin erschöpft, die Verpflichtung aus dem Kaufvertrag zu erfüllen. Die Einigung ist damit an sich wertneutral. Eine aA bejaht dagegen bei einer gemeinsamen Fehlerquelle die Anfechtbarkeit auch des dinglichen Rechtsgeschäfts mit dem Argument, dass die Fehlvorstellung auch bei der Abgabe der dinglichen Eiinigungserklärung mitbestimmend (kausal) war. Dem setzt die wohl hM entgegen, dass Vorstellungen und Abreden aus dem zugrundeliegenden

Verpflichtungsgeschäft

wegen des Trennungs- und Abstraktionsprinzips nicht auf die Einigung übertragen werden dürfen. Es liege insoweit nur eine "mittelbare" Kausalität vor. Vergleiche hierzu, auch zu den Unterschieden zu § 123 BGB, auch hier: https://applink.jurafuchs.de/M2U59YyrYMb. Letzters habe ich jetzt auch noch als Vertiefungshinweis in den Fall aufgenommen. Ich hoffe, damit ist es klarer geworden! Viele Grüße - für das Jurafuchsteam - Tobias


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