Zivilrecht
Sachenrecht
Vindikation & Eigentümer-Besitzer-Verhältnis
Fremdbesitzerexzess, § 991 Abs. 2 BGB - Dreipersonenverhältnis
Fremdbesitzerexzess, § 991 Abs. 2 BGB - Dreipersonenverhältnis
29. März 2025
39 Kommentare
4,8 ★ (30.283 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Tierhändler T leiht G 10 Welpen. G hat eine psychische Krankheit, die zeitweise Gs Einsichtsfähigkeit ausschließt. In einem „klaren Moment“ gibt G die Welpen bei Zoowärterin Z gegen Entgelt in Verwahrung. Z platziert die Welpen neben den Krokodilen und lässt aus Unachtsamkeit die Tür offen. Die Krokodile freuen sich über den Snack.
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Einordnung des Falls
Fremdbesitzerexzess, § 991 Abs. 2 BGB - Dreipersonenverhältnis
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Zum Zeitpunkt als die Krokodile die Welpen verspeisten, bestand eine Vindikationslage zwischen T und Z.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. T hat gegen Z einen Schadensersatzanspruch aus §§ 989, 990 Abs. 1 BGB.
Nein, das trifft nicht zu!
3. Sofern der Besitzer gutgläubig ist, scheiden Schadensersatzansprüche nach dem EBV immer aus.
Nein!
4. Hat T gegen Z einen Anspruch auf Schadensersatz aus § 991 Abs. 2 BGB?
Genau, so ist das!
5. Z haftet auch aus Deliktsrecht nach den §§ 823 ff. BGB.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Jurakatze1987
23.4.2022, 23:29:45
Schauderhafte Geschichte. Bitte nicht mehr so etwas schreiben 😫.
Ehrenmanntheorie
24.4.2022, 11:59:39
§ 993 I BGB ist doch dem Wortlaut nach nur anwendbar, wenn die Vss. Der §§ 987 -
992 BGBnicht vorliegen. Wenn nun ein Fall von §
991 II BGBvorliegt, wieso gilt dann der Ausschluss des
Schadensersatzes nach § 993 I Hs. 2 BGB?

Lukas_Mengestu
25.4.2022, 12:47:11
Hallo
Ehrenmanntheorie, die Regelungen des EBV enthalten grds. abschließende Sonderregelung sowohl der Ansprüche des Eigentümers gegen den unberechtigten B
esitzer (vgl. § 993 Abs. 1 Hs. 2 BGB - "im Übrigen"), als auch des B
esitzers gegen den Eigentümer (vgl.
§ 996 BGB- "nur insoweit"). Konkurrenzrechtlich sperren die Regelungen des EBV also im Grundsatz den Rückgriff auf das Deliktsrecht. § 993 Abs. 1 BGB besagt insoweit nur, dass letztlich keine
Schadensersatzhaftung des redlichen, unverklagten B
esitzers besteht, wenn die Voraussetzungen der §§ 987 ff. BGB vorliegen. Aber auch wenn deren Voraussetzungen vorliegen, so ändert dies nichts daran, dass darüber hinausgehende Ansprüche ausgeschlossen bleiben. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Findet Nemo Tenetur
27.3.2025, 22:46:00
Ich habe mir die gleiche Frage gestellt wie @[
Ehrenmanntheorie](173156) und verstehe deine Erklärung leider nicht ganz @[Lukas_Mengestu](136780), insbesondere den vorletzten Satz. Wenn letztlich einfach pauschal alle über die §§ 987 ff. hinausgehenden Ansprüche gesperrt sein sollen, wieso ist dann § 993 I 1 so formuliert wie er formuliert ist? Die §§ 987 ff. regeln die Ersatzpflichtigkeit des bösgläubigen B
esitzers oder? Und § 993 I 1 sagt, wenn man nicht bösgläubig ist, muss man nur die Übermaßfrüchte nach
Bereicherungsrecht rausgeben aber keine Nutzungen und keinen
Schadensersatz. Aber wieso sollte diese Regelung auch dann Anwendung finden, wenn man nach §§ 987 ff. haftet? Das widerspricht doch dem Wortlaut des § 993 I 1 , oder nicht? Könntest du es vielleicht nochmal anders erklären? Oder einen Verweis auf ne andere Aufgabe, in der das erklärt wird, würde ich auch nehmen.
Bioshock Energy
14.8.2023, 12:36:00
Hallo, Warum ist ein verwahrungsvertrag zw. G und Z zustande gekommen? Geschäftsunfähige können doch keine Verträge schließen, außer es handelt sich um Geschäfte des alltäglichen Lebens. Wenn der Leihvertrag zwischen T und G unwirksam ist wieso sollte dann der Verwahrungsvertrag zwischen G und Z wirksam sein? Das könnte doch nur der Fall sein, wenn man der Meinung ist der lucidum intervallum berechtigt zur Abgabe von wirksamen Willenserklärungen. Dies lässt sich meines Wissens nach aber nicht in der Praxis bestätigen. Zumindest diskutiert werden müsste der lucidum intervallum in der Falllösung. Liebe Grüße
evanici
16.9.2023, 13:43:17
Vielleicht sollte er einfach nicht als unerkannt Geisteskranker beschrieben werden, sondern als jemand i.S.d. § 105 II F. 2...
An
4.12.2023, 17:38:59
Die Frage habe ich mir auch gestellt @[Bioshock Energy](207759) Wieso meinst Du @[evanici](214760) , dass es einen Unterschied macht, wenn statt einem unerkannt Geisteskranken eine Person nach § 105 II F. 2 handeln würde? Dann wäre der Verwahrungsvertrag doch auch nichtig ("Nichtig ist auch eine Willenserklärung, die im Zustand der Bewusstlosigkeit oder vorübergehender Störung der Geistestätigkeit abgegeben wird.") und kein Verwahrungsvertrag zu Stande gekommen oder?

CR7
21.1.2024, 11:19:03
Der Verwahrungsvertrag wurde *in einem klaren Moment* geschlossen. Dann besteht ein
Handlungswilleund ein
Erklärungsbewusstsein. Es handelt sich um einen sog. "lichten Moment". Somit ist die Willenserklärung dann wirksam und ein Vertrag zustande gekommen!

Wendelin Neubert
18.6.2024, 09:40:50
Hallo @[Bioshock Energy](207759), @[evanici](214760) und @[An](25211), danke für Eure Fragen: @[CR7](145419) hat die Antwort geliefert. Die Erklärung findet sich auch im Vertiefungshinweis zur vierten Frage der Aufgabe. Beste Grüße - Wendelin für das Jurafuchs-Team
evanici
16.9.2023, 13:49:31
Das heißt, die Leihe stellt ein BMV dar, obwohl der Leihvertrag wegen der Geschäftsunfähigkeit des G unwirksam ist. Das ist also der Fall eines "vermeintlichen" BMVs, das ausreichend ist?
max06
16.12.2023, 20:39:36
Das BMV muss nicht tatsächlich wie eine WE wirksam sein, sondern ist eher ein tatsächliches Verhältnis mit einem natürlichen Willen

HannaHaas
3.10.2023, 13:55:59
Wieso würde Z dem G aus dem Verwahrungsvertrag nach §§ 280 I, III,283 BGB auf
Schadensersatzhaften und nicht aus §§ 280 I, 241 II BGB haften? Ich verstehe es nicht..und würde mich echt über jede Hilfe freuen... Danke!:)

Nora Mommsen
3.10.2023, 15:10:55
Hallo Rebecca Haas, danke für deine Frage. Ein Anspruch nach §§ 280 I, 241 II BGB entsteht bei Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht. Beim Verwahrungsvertrag ist aber die Aufbewahrung der Sache in ordnungsgemäßer Weise, also
schadensfrei eine Hauptpflicht des Vertrages. Daher richtet sich der
Schadensersatznach §§ 280 I, III, 283 BGB. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

HannaHaas
3.10.2023, 15:53:51
Oh ja stimmt! Vielen Dank Nora! :)

Rechthaber
10.6.2024, 16:08:24
Könnt ihr vllt noch auf eine etwaige haftungspriviligierung eingehen. ich gehe mal davon aus, dass hier eine entgeltliche Verwahrung angenommen wird wegen § 689 BGB, ansonsten würde es mit der Falllösung nicht übereinstimmen oder ?

Wendelin Neubert
18.6.2024, 09:36:53
Danke für Deine Nachfrage @[Rechthaber](162337). Genau, es lässt sich nach den Umständen des Falles eine entgeltliche Verwahrung wegen § 689 BGB annehmen, weil die Unterbringung von 10 Welpen bei einer Zoowärterin im Zoo (siehe Illustration) nach den Umständen nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Der Klarheit halber haben wir den Sachverhalt aber nun noch dahingehend ergänzt, dass die Verwahrung gegen Entgelt erfolgt ist. Dies hat zur Folge, dass die
Haftungsprivilegierungdes § 690 BGB nicht eingreift. Folglich haftet der Schuldner hier wie gewöhnlich für
Vorsatzund Fahrlässigkeit. Hoffe das hilft! Beste Grüße - Wendelin für das Jurafuchs-Team
Magie99Capona
22.6.2024, 22:36:38
es wird in der Subsumtion bei der letzten frage nur darauf abgestellt das sie nicht vorsätzlich handelt aber könnte man nicht schon sagen das sie grob fahrlässig handelt? und wenn ich das richtig im kopf habe reicht das doch für 823 aus oder?
Flohm
25.6.2024, 12:30:47
ist aufgrund der
Sperrwirkung des EBVgesperrt (jedenfalls grds., gibt aber Ausnahmen) gem. §993 I a.E. §826 ist nicht gesperrt, weil der vorsätzliche Handelnde als nicht schutzwürdig angesehen wird. Grobe Fahrlässigkeit reicht für §826 nicht aus. Hoffe ich konnte helfen. :)
Bioshock Energy
9.10.2024, 11:04:07
Haftet Z dann doppelt (einmal gegenüber T und einmal gegenüber G) oder wird der eigentlich bestehende Anspruch des G gegen Z direkt auf T per Legalzession gem. §
991 IIübertragen?
Michael Preiherr
15.1.2025, 00:58:32
Das ist eine Art Fiktion, du prüfst einen hypothetischen Anspruch, der dann in gleicher Höhe besteht
nondum conceptus
9.4.2025, 19:33:04
Soweit ich gelesen habe, erlischt der Anspruch sobald Z an einen der beiden geleistet hat. Gehe davon aus, dass beide Gesamtgläubiger sind .

paulmachtexamen
8.12.2024, 13:16:09
Haftete denn auch der unerkannt geisteskranke G aus EBV?

lotti.brnd
18.1.2025, 11:26:52
Vielen Dank für den anschaulichen Fall und die Zeichnung🥰
Magnum
28.1.2025, 10:44:32
Wie würde denn der Fall verlaufen, sofern auch das
Besitzmittlungsverhältniszwischen G und Z unwirksam wäre? Würde sich dann der Haftungsmaßstab nach dem des vorgestellten
Besitzmittlungsverhältnisses richten?
P K
29.1.2025, 21:52:22
Findet Nemo Tenetur
27.3.2025, 22:51:22
§ 991 setzt kein
Besitzmittlungsverhältniszwischen der darin als “mittelbaren B
esitzer” genannten Person und dem Eigentümer voraus, richtig?
Timurso
10.4.2025, 12:53:41
AngeD
28.3.2025, 16:04:32
was wäre wenn auch das Verhältnis zwischen G und Z unwirksam wäre? dann wäre G dem Z ebenfalls nicht aus dem Schuldverhältnis verpflichtet, sodass dann eine Haftung nach §
991 IIauch nicht mehr in Betracht käme, oder?!
Timurso
10.4.2025, 13:04:25
Die hypothetisch zu prüfende Haftung im Rahmen des §
991 II BGBsetzt meines Wissens nach kein Schuldverhältnis voraus. Es dürfte auch eine Haftung nach § 823 I BGB in Frage kommen, die hier nach h.M. wegen
Fremdbesitzerexzesses im 2-Personen-Verhältnis nicht vom (hypothetisch vorliegenden) EBV gesperrt wäre.
nondum conceptus
9.4.2025, 19:36:02
bei dem Anspruch G gegen Z aus 280 I, III, 283 BGB muss doch ein
Schadenbestehen. G war gar nicht Eigentümer. Auch besteht ein Anspruch T gegen G mangels Vertrag und Bösgläubigkeit nicht
Timurso
10.4.2025, 12:48:21
1. Du hast Recht, dass ein
Schadenbestehen muss. Die Prüfung des Anspruchs des mittelbaren B
esitzers gegen den unmittelbaren B
esitzer im Rahmen von §
991 II BGBfindet jedoch unter der hypothetischen Betrachtung statt, dass der mittelbare B
esitzer Eigentümer wäre. Nur so macht §
991 II BGBSinn, ansonsten würde ein Anspruch ja immer am fehlenden Eigentum scheitern. 2. Ein Anspruch T gegen G wird gar nicht geprüft.