Zivilrecht
Sachenrecht
Vindikation & Eigentümer-Besitzer-Verhältnis
Fremdbesitzerexzess, § 991 Abs. 2 BGB - Dreipersonenverhältnis
Fremdbesitzerexzess, § 991 Abs. 2 BGB - Dreipersonenverhältnis
19. Januar 2025
31 Kommentare
4,8 ★ (26.012 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Tierhändler T leiht dem unerkannt geisteskranken G 10 Welpen. In einem klaren Moment gibt G diese bei der Zoowärterin Z gegen Entgelt in Verwahrung. Sie platziert die Welpen in einem Raum neben den Krokodilen und lässt aus Unachtsamkeit die Tür offen. Die Krokodile freuen sich über den Snack.
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Einordnung des Falls
Fremdbesitzerexzess, § 991 Abs. 2 BGB - Dreipersonenverhältnis
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Zum Zeitpunkt als die Krokodile die Welpen verspeisten, bestand eine Vindikationslage zwischen T und Z.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. T hat gegen Z einen Schadensersatzanspruch aus §§ 989, 990 Abs. 1 BGB.
Nein, das trifft nicht zu!
3. Sofern der Besitzer gutgläubig ist, scheiden Schadensersatzansprüche nach dem EBV immer aus.
Nein!
4. Hat T gegen Z einen Anspruch auf Schadensersatz aus § 991 Abs. 2 BGB?
Genau, so ist das!
5. Z haftet auch aus Deliktsrecht nach den §§ 823 ff. BGB.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Jurakatze1987
23.4.2022, 23:29:45
Schauderhafte Geschichte. Bitte nicht mehr so etwas schreiben 😫.
Ehrenmanntheorie
24.4.2022, 11:59:39
§ 993 I BGB ist doch dem Wortlaut nach nur anwendbar, wenn die Vss. Der §§ 987 -
992 BGBnicht vorliegen. Wenn nun ein Fall von §
991 II BGBvorliegt, wieso gilt dann der Ausschluss des Schadensersatzes nach § 993 I Hs. 2 BGB?
Lukas_Mengestu
25.4.2022, 12:47:11
Hallo
Ehrenmanntheorie, die Regelungen des EBV enthalten grds. abschließende Sonderregelung sowohl der Ansprüche des Eigentümers gegen den unberechtigten Besitzer (vgl. § 993 Abs. 1 Hs. 2 BGB - "im Übrigen"), als auch des Besitzers gegen den Eigentümer (vgl.
§ 996 BGB- "nur insoweit"). Konkurrenzrechtlich sperren die Regelungen des EBV also im Grundsatz den Rückgriff auf das Deliktsrecht. § 993 Abs. 1 BGB besagt insoweit nur, dass letztlich keine Schadensersatzhaftung des redlichen, unverklagten Besitzers besteht, wenn die Voraussetzungen der §§ 987 ff. BGB vorliegen. Aber auch wenn deren Voraussetzungen vorliegen, so ändert dies nichts daran, dass darüber hinausgehende Ansprüche ausgeschlossen bleiben. Beste Grüße, Lukas - für das
Jurafuchs-Team
Bioshock Energy
14.8.2023, 12:36:00
Hallo, Warum ist ein verwahrungsvertrag zw. G und Z zustande gekommen? Geschäftsunfähige können doch keine Verträge schließen, außer es handelt sich um Geschäfte des alltäglichen Lebens. Wenn der Leihvertrag zwischen T und G unwirksam ist wieso sollte dann der Verwahrungsvertrag zwischen G und Z wirksam sein? Das könnte doch nur der Fall sein, wenn man der Meinung ist der lucidum intervallum berechtigt zur Abgabe von wirksamen Willenserklärungen. Dies lässt sich meines Wissens nach aber nicht in der Praxis bestätigen. Zumindest diskutiert werden müsste der lucidum intervallum in der Falllösung. Liebe Grüße
evanici
16.9.2023, 13:43:17
Vielleicht sollte er einfach nicht als
unerkannt Geisteskranker beschrieben werden, sondern als jemand i.S.d. § 105 II F. 2...
An
4.12.2023, 17:38:59
Die Frage habe ich mir auch gestellt @[Bioshock Energy](207759) Wieso meinst Du @[evanici](214760) , dass es einen Unterschied macht, wenn statt einem
unerkannt Geisteskranken eine Person nach § 105 II F. 2 handeln würde? Dann wäre der Verwahrungsvertrag doch auch nichtig ("Nichtig ist auch eine Willenserklärung, die im Zustand der Bewusstlosigkeit oder vorübergehender Störung der Geistestätigkeit abgegeben wird.") und kein Verwahrungsvertrag zu Stande gekommen oder?
CR7
21.1.2024, 11:19:03
Der Verwahrungsvertrag wurde *in einem klaren Moment* geschlossen. Dann besteht ein Handlungswille und ein Erklärungsbewusstsein. Es handelt sich um einen sog. "lichten Moment". Somit ist die Willenserklärung dann wirksam und ein Vertrag zustande gekommen!
Wendelin Neubert
18.6.2024, 09:40:50
Hallo @[Bioshock Energy](207759), @[evanici](214760) und @[An](25211), danke für Eure Fragen: @[CR7](145419) hat die Antwort geliefert. Die Erklärung findet sich auch im Vertiefungshinweis zur vierten Frage der Aufgabe. Beste Grüße - Wendelin für das
Jurafuchs-Team
evanici
16.9.2023, 13:49:31
Das heißt, die
Leihestellt ein BMV dar, obwohl der Leihvertrag wegen der Geschäftsunfähigkeit des G unwirksam ist. Das ist also der Fall eines "vermeintlichen" BMVs, das ausreichend ist?
max06
16.12.2023, 20:39:36
Das BMV muss nicht tatsächlich wie eine WE wirksam sein, sondern ist eher ein tatsächliches Verhältnis mit einem natürlichen Willen
HannaHaas
3.10.2023, 13:55:59
Wieso würde Z dem G aus dem Verwahrungsvertrag nach §§ 280 I, III,283 BGB auf Schadensersatz haften und nicht aus §§ 280 I, 241 II BGB haften? Ich verstehe es nicht..und würde mich echt über jede Hilfe freuen... Danke!:)
Nora Mommsen
3.10.2023, 15:10:55
Hallo Rebecca Haas, danke für deine Frage. Ein Anspruch nach §§ 280 I, 241 II BGB entsteht bei Verletzung einer vertraglichen
Nebenpflicht. Beim Verwahrungsvertrag ist aber die Aufbewahrung der Sache in ordnungsgemäßer Weise, also schadensfrei eine Hauptpflicht des Vertrages. Daher richtet sich der Schadensersatz nach §§ 280 I, III, 283 BGB. Beste Grüße, Nora - für das
Jurafuchs-Team
HannaHaas
3.10.2023, 15:53:51
Oh ja stimmt! Vielen Dank Nora! :)
Rechthaber
10.6.2024, 16:08:24
Könnt ihr vllt noch auf eine etwaige haftungspriviligierung eingehen. ich gehe mal davon aus, dass hier eine entgeltliche Verwahrung angenommen wird wegen § 689 BGB, ansonsten würde es mit der Falllösung nicht übereinstimmen oder ?
Wendelin Neubert
18.6.2024, 09:36:53
Danke für Deine Nachfrage @[Rechthaber](162337). Genau, es lässt sich nach den Umständen des Falles eine entgeltliche Verwahrung wegen § 689 BGB annehmen, weil die Unterbringung von 10 Welpen bei einer Zoowärterin im Zoo (siehe Illustration) nach den Umständen nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Der Klarheit halber haben wir den Sachverhalt aber nun noch dahingehend ergänzt, dass die Verwahrung gegen Entgelt erfolgt ist. Dies hat zur Folge, dass die Haftungsprivilegierung des §
690 BGBnicht eingreift. Folglich haftet der
Schuldner hier wie gewöhnlich für
Vorsatzund Fahrlässigkeit. Hoffe das hilft! Beste Grüße - Wendelin für das
Jurafuchs-Team
Magie99Capona
22.6.2024, 22:36:38
es wird in der Subsumtion bei der letzten frage nur darauf abgestellt das sie nicht vorsätzlich handelt aber könnte man nicht schon sagen das sie grob fahrlässig handelt? und wenn ich das richtig im kopf habe reicht das doch für 823 aus oder?
Flohm
25.6.2024, 12:30:47
§823 ist aufgrund der
Sperrwirkung des EBVgesperrt (jedenfalls grds., gibt aber Ausnahmen) gem. §993 I a.E. §
826ist nicht gesperrt, weil der vorsätzliche Handelnde als nicht schutzwürdig angesehen wird. Grobe Fahrlässigkeit reicht für §
826nicht aus. Hoffe ich konnte helfen. :)
TomBombadil
2.10.2024, 21:57:02
Ich glaube ich stehe gerade auf dem Schlauch ... Mag mir vielleicht noch einmal jemand erläutern, warum eine Vindikationslage zwischen T und Z vorliegt? Ist die Z nicht nur Besitzdienerin, weil sie für den G die Welpen verwahrt, und damit gerade keine Besitzerin?
Bioshock Energy
9.10.2024, 11:04:07
Haftet Z dann doppelt (einmal gegenüber T und einmal gegenüber G) oder wird der eigentlich bestehende Anspruch des G gegen Z direkt auf T per Legalzession gem. §
991 IIübertragen?
Michael Preiherr
15.1.2025, 00:58:32
Das ist eine Art Fiktion, du prüfst einen hypothetischen Anspruch, der dann in gleicher Höhe besteht
lotti.brnd
18.1.2025, 11:26:52
Vielen Dank für den anschaulichen Fall und die Zeichnung🥰
Magnum
28.1.2025, 10:44:32
Wie würde denn der Fall verlaufen, sofern auch das Besitzmittlungsverhältnis zwischen G und Z unwirksam wäre? Würde sich dann der Haftungsmaßstab nach dem des vorgestellten Besitzmittlungsverhältnisses richten?
P K
29.1.2025, 21:52:22
Halte ich für überzeugend, wenn man § 991 Abs. 2 BGB dahin versteht, dass er verhindern soll, dass der Besitzer besser stünde als er stünde, wenn seine Vorstellung vom Bestehen des Besitzrechts (ansonsten ohnehin bösgläubig) zuträfe. Ist aber streitig (BeckOK-BGB, § 991 Rn. 19).