Zivilrecht
Sachenrecht
Vindikation & Eigentümer-Besitzer-Verhältnis
Fremdbesitzerexzess, § 991 Abs. 2 BGB - Dreipersonenverhältnis
Fremdbesitzerexzess, § 991 Abs. 2 BGB - Dreipersonenverhältnis
29. März 2025
44 Kommentare
4,8 ★ (32.904 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Tierhändler T leiht G 10 Welpen. G hat eine psychische Krankheit, die zeitweise Gs Einsichtsfähigkeit ausschließt. In einem „klaren Moment“ gibt G die Welpen bei Zoowärterin Z gegen Entgelt in Verwahrung. Z platziert die Welpen neben den Krokodilen und lässt aus Unachtsamkeit die Tür offen. Die Krokodile freuen sich über den Snack.
Diesen Fall lösen 71,0 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Fremdbesitzerexzess, § 991 Abs. 2 BGB - Dreipersonenverhältnis
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Zum Zeitpunkt als die Krokodile die Welpen verspeisten, bestand eine Vindikationslage zwischen T und Z.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. T hat gegen Z einen Schadensersatzanspruch aus §§ 989, 990 Abs. 1 BGB.
Nein, das trifft nicht zu!
3. Sofern der Besitzer gutgläubig ist, scheiden Schadensersatzansprüche nach dem EBV immer aus.
Nein!
4. Hat T gegen Z einen Anspruch auf Schadensersatz aus § 991 Abs. 2 BGB?
Genau, so ist das!
5. Z haftet auch aus Deliktsrecht nach den §§ 823 ff. BGB.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Jurakatze1987
23.4.2022, 23:29:45
Schauderhafte Geschichte. Bitte nicht mehr so etwas schreiben 😫.
Ehrenmanntheorie
24.4.2022, 11:59:39
§ 993 I BGB ist doch dem Wortlaut nach nur anwendbar, wenn die Vss. Der §§ 987 -
992 BGBnicht vorliegen. Wenn nun ein Fall von
§ 991 II BGBvorliegt, wieso gilt dann der Ausschluss des Schadensersatzes nach § 993 I Hs. 2 BGB?

Lukas_Mengestu
25.4.2022, 12:47:11
Hallo
Ehrenmanntheorie, die Regelungen des EBV enthalten grds. abschließende Sonderregelung sowohl der Ansprüche des Eigentümers gegen den unberechtigten Besitzer (vgl. § 993 Abs. 1 Hs. 2 BGB - "im Übrigen"), als auch des Besitzers gegen den Eigentümer (vgl.
§ 996 BGB- "nur insoweit"). Konkurrenzrechtlich sperren die Regelungen des EBV also im Grundsatz den Rückgriff auf das Deliktsrecht. § 993 Abs. 1 BGB besagt insoweit nur, dass letztlich keine Schadensersatzhaftung des redlichen, unverklagten Besitzers besteht, wenn die Voraussetzungen der §§ 987 ff. BGB vorliegen. Aber auch wenn deren Voraussetzungen vorliegen, so ändert dies nichts daran, dass darüber hinausgehende Ansprüche ausgeschlossen bleiben. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Findet Nemo Tenetur
27.3.2025, 22:46:00
Ich habe mir die gleiche Frage gestellt wie @[
Ehrenmanntheorie](173156) und verstehe deine Erklärung leider nicht ganz @[Lukas_Mengestu](136780), insbesondere den vorletzten Satz. Wenn letztlich einfach pauschal alle über die §§ 987 ff. hinausgehenden Ansprüche gesperrt sein sollen, wieso ist dann § 993 I 1 so formuliert wie er formuliert ist? Die §§ 987 ff. regeln die Ersatzpflichtigkeit des
bösgläubigen Besitzers oder? Und § 993 I 1 sagt, wenn man nicht
bösgläubigist, muss man nur die Übermaßfrüchte nach
Bereicherungsrechtrausgeben aber keine Nutzungen und keinen Schadensersatz. Aber wieso sollte diese Regelung auch dann Anwendung finden, wenn man nach §§ 987 ff. haftet? Das widerspricht doch dem Wortlaut des § 993 I 1 , oder nicht? Könntest du es vielleicht nochmal anders erklären? Oder einen Verweis auf ne andere Aufgabe, in der das erklärt wird, würde ich auch nehmen.
Bioshock Energy
14.8.2023, 12:36:00
Hallo, Warum ist ein verwahrungsvertrag zw. G und Z zustande gekommen? Geschäftsunfähige können doch keine Verträge schließen, außer es handelt sich um Geschäfte des alltäglichen Lebens. Wenn der Leihvertrag zwischen T und G unwirksam ist wieso sollte dann der Verwahrungsvertrag zwischen G und Z wirksam sein? Das könnte doch nur der Fall sein, wenn man der Meinung ist der lucidum intervallum berechtigt zur Abgabe von wirksamen Willenserklärungen. Dies lässt sich meines Wissens nach aber nicht in der Praxis bestätigen. Zumindest diskutiert werden müsste der lucidum intervallum in der Falllösung. Liebe Grüße
evanici
16.9.2023, 13:43:17
Vielleicht sollte er einfach nicht als
unerkannt Geisteskranker beschrieben werden, sondern als jemand i.S.d. § 105 II F. 2...
An
4.12.2023, 17:38:59
Die Frage habe ich mir auch gestellt @[Bioshock Energy](207759) Wieso meinst Du @[evanici](214760) , dass es einen Unterschied macht, wenn statt einem
unerkannt Geisteskranken eine Person nach § 105 II F. 2 handeln würde? Dann wäre der Verwahrungsvertrag doch auch nichtig ("Nichtig ist auch eine Willenserklärung, die im Zustand der Bewusstlosigkeit oder vorübergehender Störung der Geistestätigkeit abgegeben wird.") und kein Verwahrungsvertrag zu Stande gekommen oder?

CR7
21.1.2024, 11:19:03
Der Verwahrungsvertrag wurde *in einem klaren Moment* geschlossen. Dann besteht ein Handlungswille und ein Erklärungsbewusstsein. Es handelt sich um einen sog. "lichten Moment". Somit ist die Willenserklärung dann wirksam und ein Vertrag zustande gekommen!

Wendelin Neubert
18.6.2024, 09:40:50
Hallo @[Bioshock Energy](207759), @[evanici](214760) und @[An](25211), danke für Eure Fragen: @[CR7](145419) hat die Antwort geliefert. Die Erklärung findet sich auch im Vertiefungshinweis zur vierten Frage der Aufgabe. Beste Grüße - Wendelin für das Jurafuchs-Team
Mandy
29.5.2025, 15:34:08
@[Wendelin Neubert](409) könnte man den SV noch einmal dahingehend anpassen, dass deutlicher hervorgeht, dass im Zeitpunkt des Abschluss des Leihvertrags kein“klarer Moment“ von G vorlag. Mir war das nicht so ganz klar, vielleicht hilft das Verwirrung zu vermeiden? Liebe Grüße
evanici
16.9.2023, 13:49:31
Das heißt, die Leihe stellt ein BMV dar, obwohl der Leihvertrag wegen der Geschäftsunfähigkeit des G unwirksam ist. Das ist also der Fall eines "vermeintlichen" BMVs, das ausreichend ist?
max06
16.12.2023, 20:39:36
Das BMV muss nicht tatsächlich wie eine WE wirksam sein, sondern ist eher ein tatsächliches Verhältnis mit einem natürlichen Willen

HannaHaas
3.10.2023, 13:55:59
Wieso würde Z dem G aus dem Verwahrungsvertrag nach §§ 280 I, III,283 BGB auf Schadensersatz haften und nicht aus §§ 280 I, 241 II BGB haften? Ich verstehe es nicht..und würde mich echt über jede Hilfe freuen... Danke!:)

Nora Mommsen
3.10.2023, 15:10:55
Hallo Rebecca Haas, danke für deine Frage. Ein Anspruch nach §§ 280 I, 241 II BGB entsteht bei Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht. Beim Verwahrungsvertrag ist aber die Aufbewahrung der Sache in ordnungsgemäßer Weise, also schadensfrei eine Hauptpflicht des Vertrages. Daher richtet sich der Schadensersatz nach §§ 280 I, III, 283 BGB. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

HannaHaas
3.10.2023, 15:53:51
Oh ja stimmt! Vielen Dank Nora! :)

Rechthaber
10.6.2024, 16:08:24
Könnt ihr vllt noch auf eine etwaige haftungspriviligierung eingehen. ich gehe mal davon aus, dass hier eine entgeltliche Verwahrung angenommen wird wegen § 689 BGB, ansonsten würde es mit der Falllösung nicht übereinstimmen oder ?

Wendelin Neubert
18.6.2024, 09:36:53
Danke für Deine Nachfrage @[Rechthaber](162337). Genau, es lässt sich nach den Umständen des Falles eine entgeltliche Verwahrung wegen § 689 BGB annehmen, weil die Unterbringung von 10 Welpen bei einer Zoowärterin im Zoo (siehe Illustration) nach den Umständen nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Der Klarheit halber haben wir den Sachverhalt aber nun noch dahingehend ergänzt, dass die Verwahrung gegen Entgelt erfolgt ist. Dies hat zur Folge, dass die
Haftungsprivilegierungdes § 690 BGB nicht eingreift. Folglich haftet der
Schuldner hier wie gewöhnlich für Vorsatz und Fahrlässigkeit. Hoffe das hilft! Beste Grüße - Wendelin für das Jurafuchs-Team
Magie99Capona
22.6.2024, 22:36:38
es wird in der Subsumtion bei der letzten frage nur darauf abgestellt das sie nicht
vorsätzlichhandelt aber könnte man nicht schon sagen das sie grob fahrlässig handelt? und wenn ich das richtig im kopf habe reicht das doch für 823 aus oder?
Flohm
25.6.2024, 12:30:47
§823 ist aufgrund der
Sperrwirkung des EBVgesperrt (jedenfalls grds., gibt aber Ausnahmen) gem. §993 I a.E. §826 ist nicht gesperrt, weil der
vorsätzliche Handelnde als nicht schutzwürdig angesehen wird. Grobe Fahrlässigkeit reicht für §826 nicht aus. Hoffe ich konnte helfen. :)
TomBombadil
2.10.2024, 21:57:02
Ich glaube ich stehe gerade auf dem Schlauch ... Mag mir vielleicht noch einmal jemand erläutern, warum eine
Vindikationslagezwischen T und Z vorliegt? Ist die Z nicht nur Besitzdienerin, weil sie für den G die Welpen verwahrt, und damit gerade keine Besitzerin?
Bioshock Energy
9.10.2024, 11:04:07
Haftet Z dann doppelt (einmal gegenüber T und einmal gegenüber G) oder wird der eigentlich bestehende Anspruch des G gegen Z direkt auf T per
Legalzessiongem. §
991 IIübertragen?
Michael Preiherr
15.1.2025, 00:58:32
Das ist eine Art Fiktion, du prüfst einen hypothetischen Anspruch, der dann in gleicher Höhe besteht
nondum conceptus
9.4.2025, 19:33:04
Soweit ich gelesen habe, erlischt der Anspruch sobald Z an einen der beiden geleistet hat. Gehe davon aus, dass beide Gesamtgläubiger sind .


lotti.brnd
18.1.2025, 11:26:52
Vielen Dank für den anschaulichen Fall und die Zeichnung🥰
Magnum
28.1.2025, 10:44:32
Wie würde denn der Fall verlaufen, sofern auch das
Besitzmittlungsverhältniszwischen G und Z unwirksam wäre? Würde sich dann der Haftungsmaßstab nach dem des vorgestellten
Besitzmittlungsverhältnisses richten?
P K
29.1.2025, 21:52:22
Halte ich für überzeugend, wenn man § 991 Abs. 2 BGB dahin versteht, dass er verhindern soll, dass der Besitzer besser stünde als er stünde, wenn seine Vorstellung vom Bestehen des Besitzrechts (ansonsten ohnehin
bösgläubig) zuträfe. Ist aber streitig (BeckOK-BGB, § 991 Rn. 19).
Findet Nemo Tenetur
27.3.2025, 22:51:22
§ 991 setzt kein
Besitzmittlungsverhältniszwischen der darin als “mittelbaren Besitzer” genannten Person und dem Eigentümer voraus, richtig?
Timurso
10.4.2025, 12:53:41
Richtig. Nur zwischen unmittelbarem und mittelbarem Besitzer.
Findet Nemo Tenetur
14.4.2025, 21:57:46
Danke @[Timurso](197555) für die Antwort auf meine – wie ich nun dank deiner Antwort festgestellt habe – reichlich bescheuerte Frage. Ich wollte etwas anderes fragen, habe es aber komplett unverständlich formuliert. Ich hatte mich gefragt wie sich §
991 IIzu § 986 I verhält. Ob der SE Anspruch gegenüber den Unmittelbaren Besitzer die gleiche Konstellation im Sinnn hat wie der Herausgabeanspruch gegenüber dem Unmittelbaren Besitzer in § 986 I 2; andererseits hatte ich es so verstanden, dass § 986 I ja eigentlich wie eine weitere TB-Voraussetzung des § 985, nämlich kein Recht zum Besitz, ist und verstehe aber nicht so recht, ob das nur § 986 I 1 oder auch § 986 I 2 betrifft. Kann auch gut sein, dass auch diese Frage eine ist, die man eigentlich gar nicht sinnvoll stellen kann…
Timurso
14.4.2025, 22:36:55
@[Findet
Nemo Tenetur](254807)
§ 991 II BGBund 986 I 2 BGB meinen unterschiedliche Konstellationen. In
§ 991 II BGBist, wie oben gesagt, ein
Besitzmittlungsverhältniszwischen dem unmittelbaren Besitzer und einem mittelbaren Besitzer, der nicht der Eigentümer ist,
erforderlich. In § 986 I 2 BGB ist der mittelbare Besitz dagegen auf der anderen Seite, nämlich zwischen Eigentümer und einem diesem (zuvor) den Besitz Mittelnden, der nicht der aktuelle unmittelbare Besitzer ist. § 986 I 2 BGB regelt eine von § 985 BGB abweichende Rechtsfolge und ist daher anders als § 986 I 1 BGB kein Recht zum Besitz, dass dem Anspruch aus § 985 BGB und einer
Vindikationslageals solches entgegensteht. Die beiden Normen schließen sich gegenseitig aber auch nicht aus. Beispiel: A vermietet sein Fahrrad an B. B ist nicht zur Weitergabe berechtigt (§ 540 BGB), vermietet es aber dennoch weiter an C, der gutgläubig hinsichtlich der Befugnis des B (und damit des eigenen abgeleiteten Besitzrechts) ist. C beschädigt das Fahrrad fahrlässig. A hat hier Anspruch gegen C auf Herausgabe des Fahrrads an B gem. §§ 985, 986 I 2 BGB. Daneben hat er einen Anspruch gegen C auf Schadensersatz gem.
§ 991 II BGB, der ohne diese Norm nicht haften würde, da er redlicher Besitzer ist.
Findet Nemo Tenetur
15.4.2025, 18:50:55
Wow, vielen Dank für deine Geduld und diese gute Erklärung @[Timurso](197555)!
AngeD
28.3.2025, 16:04:32
was wäre wenn auch das Verhältnis zwischen G und Z unwirksam wäre? dann wäre G dem Z ebenfalls nicht aus dem
Schuldverhältnis verpflichtet, sodass dann eine Haftung nach §
991 IIauch nicht mehr in Betracht käme, oder?!
Timurso
10.4.2025, 13:04:25
Die hypothetisch zu prüfende Haftung im Rahmen des
§ 991 II BGBsetzt meines Wissens nach kein
Schuldverhältnis voraus. Es dürfte auch eine Haftung nach § 823 I BGB in Frage kommen, die hier nach h.M. wegen
Fremdbesitzerexzesses im 2-Personen-Verhältnis nicht vom (hypothetisch vorliegenden) EBV gesperrt wäre.
nondum conceptus
9.4.2025, 19:36:02
bei dem Anspruch G gegen Z aus 280 I, III, 283 BGB muss doch ein Schaden bestehen. G war gar nicht Eigentümer. Auch besteht ein Anspruch T gegen G mangels Vertrag und
Bösgläubigkeit nicht
Timurso
10.4.2025, 12:48:21
1. Du hast Recht, dass ein Schaden bestehen muss. Die Prüfung des Anspruchs des mittelbaren Besitzers gegen den unmittelbaren Besitzer im Rahmen von
§ 991 II BGBfindet jedoch unter der hypothetischen Betrachtung statt, dass der mittelbare Besitzer Eigentümer wäre. Nur so macht
§ 991 II BGBSinn, ansonsten würde ein Anspruch ja immer am fehlenden Eigentum scheitern. 2. Ein Anspruch T gegen G wird gar nicht geprüft.

iPhone von Jannik
2.5.2025, 19:11:48
Ruhe in Frieden. 😩🐶