Allgemeiner Teil: 62 Fälle & Rechtsprechungen mit Lösung

Auf Jurafuchs Wissen findet Ihr 62 Fälle & Rechtsprechungen mit Lösung zum Thema Allgemeiner Teil für die Klausuren- und Examensvorbereitung im Jurastudium und Referendariat.
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Strafrecht > Examensrelevante Rechtsprechung SR

Garantenstellung aus Ingerenz und entschuldigender Notstand (BGH, Urt. v. 02.08.2023 – 5 StR 80/23)

A zwingt B durch Androhung von Gewalt, sich auf den bereits von A misshandelten C zu knien, damit A diesen fotografieren kann. Dann lässt er B gehen, während er C weiter misshandelt. Schließlich lässt A den C allein in der Wohnung. Als B zurückkehrt, sieht er den schwerverletzten, reglosen C, bleibt aber untätig. C wird nur durch den Notruf eines Dritten gerettet.

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Strafrecht > Examensrelevante Rechtsprechung SR

Rücktrittshorizont bei mehraktigem Tatgeschehen

Im Kern dieser Entscheidung stehen die nahezu lehrbuchhaften Ausführungen des BGH im Hinblick auf den Rücktrittshorizont beim mehraktigen Geschehen. Zudem kann in dieser Entscheidung noch einmal der Blick für die maßgebliche Rücktrittshandlung des Täters geschärft werden.

Jurafuchs Illustration: A bedroht Juwelierin D in ihren Geschäft mit einem Elektroschocker. Dabei versetzt er sich selbst versehentlich einen Elektroschock.

Strafrecht > Examensrelevante Rechtsprechung SR

Täter nicht mehr "Herr seiner Entschlüsse" wegen Elektroschocks? Die Freiwilligkeit beim Rücktritt - Jurafuchs

Der BGH konkretisiert in dieser Entscheidung die Anforderungen, die an einen freiwilligen Rücktritt zu stellen sind. Ein Kriterium der Freiwilligkeit ist, ob äußere Umstände der Tatvollendung entgegenstehen. Auch wenn dies nicht der Fall ist, könne ein Rücktritt doch unfreiwillig sein, wenn innere Umstände entgegenstünden. Maßgeblich sei, ob der Täter „Herr seiner Entschlüsse“ ist. Dies sei nicht der Fall, wenn er aufgrund von selbst versehentlich zugesetzten Elektroschocks nicht mehr klar denken kann.

Jurafuchs Illustration: E steht verwundert vor einem explodierten Haus.

Strafrecht > Examensrelevante Rechtsprechung SR

Abgrenzung von Eventualvorsatz und bewusster Fahrlässigkeit - Jurafuchs

Der BGH beschäftigt sich hier mit der Abgrenzung von Eventualvorsatz und der bewussten Fahrlässigkeit. Maßgeblich sei nach h.M. das voluntative Element, also das billigende in Kauf nehmen des tatbestandlichen Erfolgs im Gegensatz zum Vertrauen darauf, dass dieser ausbleibe. Dies sei unabhängig davon, ob der Erfolg auch erwünscht ist.

Jurafuchs Illustration: Der betrunkene T hat ein Messer in der Hand und schreit dem toten, auf dem Boden liegenden O "Das zahl ich dir heim" zu.

Strafrecht > Examensrelevante Rechtsprechung SR

Der Amputationsfall: Beachtlichkeit des dolus subsequens? - Jurafuchs

Das Konzidenzprinzip besagt, dass der Vorsatz zum Zeitpunkt der Tat vorhanden sein muss. Daher ist es irrelevant, ob der Vorsatz vor (dolus antecedens) oder nach der Tat (dolus subsequens) besteht. Es genügt jedoch, wenn Vorsatz zum Zeitpunkt des Eintritts in das Versuchsstadium vorliegt. Im vorliegenden, an den Jauchegrubenfall erinnernden, „Amputationsfall“ hatte der Täter jedoch zum Zeitpunkt der zuerst folgenden Körperverletzung keinen Tötungsvorsatz. Dieser folgte erst später und ist damit ein unbeachtlicher dolus subsequens.

Jurafuchs Illustration: T ist dabei mit einem Baseballschläger auf den am Boden liegenden und blutenden O einzuschlagen. Er lässt davon ab, weil er merkt, dass zeugen herannahen.

Strafrecht > Examensrelevante Rechtsprechung SR

Freiwilliger Rücktritt bei herannahendem Zeugen? - Jurafuchs

Der BGH beschäftigt sich in diesem Urteil mit dem Merkmal der Freiwilligkeit im Rahmen des Rücktritts vom Versuch. Hiernach könne der Anstoß, von der Tatvollendung abzulassen, auch von außen kommen, solange nicht angezweifelt wird, dass der Täter diese Entscheidung trotzdem autonom getroffen hat. Die Freiwilligkeit scheidet erst dann aus, wenn der Täter denkt, dass die von außen kommenden Ereignisse der Tatvollendung zwingend entgegenstehen.

Gemeinsamer Drogenkonsum, Hinweis auf Gefährlichkeit von Drogen

Strafrecht > Examensrelevante Rechtsprechung SR

Garantenpflicht bei eigenverantwortlicher Selbstgefährdung des Opfers („GBL-Fall“) BGHSt 61, 21

Der sogenannte „GBL-Fall“ ist eine Leitentscheidung des BGH zur Garantenpflicht bei eigenverantwortlicher Selbstgefährdung des Opfers. Die Entscheidung betrifft eine Fallkonstellation, in der der Täter dem Opfer beim gemeinsamen Drogenkonsum schwere Drogen anbietet, das Opfer die Drogen entgegen dem Rat des Täters überdosiert konsumiert und der Täter im Anschluss nichts oder zu wenig unternimmt, um die tödlichen Folgen der Überdosis abzuwenden. Rechtlich behandelt der Fall die Abgrenzung einer fahrlässigen Tötung und einer Tötung durch Unterlassen. Zentrale Prüfungspunkte sind die Garantenstellung aus Verantwortlichkeit für eine Gefahrenquelle, die Abgrenzung zu Fällen der Selbsttötung (Stichwort eigenverantwortliche Selbstgefährdung) sowie die Frage, in welchem Umfang der Täter verpflichtet ist, den Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs – hier den Eintritt des Todes infolge einer Überdosis – abzuwenden.

Jurafuchs Illustration: T informiert V von der sterbenden O.

Strafrecht > Examensrelevante Rechtsprechung SR

Anforderungen an den Rücktritt von beendeten Versuch: Mitverursachen der Nichtvollendung - Jurafuchs

Diese Entscheidung des BGH beschäftigt sich mit den Anforderungen an einen Rücktritt vom beendeten Versuch. Dafür ist grds. das Ingangsetzen einer neuen Kausalkette nötig, welche für die Vollendung zumindest mitursächlich ist. Für dieses Ingangsetzen reicht auch aus, dass der Täter Dritte hinzuzieht. Andere Motive als die der Verhinderung der Tatvollendung, stehen dem Rücktritt nicht entgegen. Ebenso schließt es einen strafbefreienden Rücktritt nicht aus, wenn der Täter mehr hätte tun können, um die Vollendung mit größerer Sicherheit zu verhindern.

Jurafuchs Illustration: T provoziert O, der zunehmend wütender wird.

Strafrecht > Examensrelevante Rechtsprechung SR

Leichtfertig hervorgerufene Notwehrprovokation - Jurafuchs

Wer ein Angriff durch ein sozialethisch zu missbilligendes Vorverhalten herausgefordert, um den Gegner unter dem Deckmantel einer Notwehrlage zu verletzen, handelt rechtsmissbräuchlich. Geschieht dies vorsätzlich, ist die Berufung auf Notwehr nicht möglich. Auch wenn der Angriff nur leichtfertig provoziert wurde, wird das Notwehrrecht eingeschränkt. Dies gelte aber nicht zeitlich unbegrenzt. So müsse auf eine sichere erfolgversprechende Handlung unter Umständen verzichtet werden und das Risiko hingenommen werden, auf ein Abwehrmittel zurückzugreifen, was weniger erfolgsversprechend scheint.

Jurafuchs Illustration: A verletzt B mit einem Messer. Hinter A stehen C und D. A hat sich beschützten vor seine Freundin gestellt.

Strafrecht > Examensrelevante Rechtsprechung SR

Doppelter Erlaubnistatbestandsirrtum - Jurafuchs

Diese Konstellation des doppelten Erlaubnistatbestandsirrtums (ETBI) ist besonders klausurrelevant. Während bei einem Opfer ein einfacher ETBI vorlag, da die Notwehrhandlung nicht erforderlich war, lag gegenüber einem Opfer weder eine Notwehrlage vor, noch war die Notwehrhandlung erforderlich. Im Fall des einfachen ETBI schließt sich der BGH der eingeschränkten Schuldtheorie an, welche gem. § 16 Abs. 1 StGB analog einen Vorsatzausschluss annimmt. Währenddessen ist der Doppelirrtum wie ein Verbotsirrtum17 StGB) behandelt. Denn hier hätte sich der Täter nicht einmal im Falle des Vorliegens der irrig angenommenen Notwehrlage rechtskonform verhalten.

Jurafuchs Illustration: T denkt daran, wie H in ihrem Auftrag einen Betrug begeht.

Strafrecht > Examensrelevante Rechtsprechung SR

Entlassungstheorie bei mittelbarer Täterschaft - Jurafuchs

Dieses Urteil beschäftigt sich mit dem Eintritt in die Versuchsphase bei mittelbarer Täterschaft. Hierbei bekräftigt das Gericht die herrschende Entlassungstheorie. Danach beginne der Versuch, wenn der indirekte Täter die nach seiner Vorstellung erforderliche Einwirkung auf das Werkzeug abgeschlossen habe, sodass dieses dem Tatplan nach die Tat im unmittelbaren Anschluss ausführe. Zudem müsse das geschützte Rechtsgut bereits in diesem Zeitpunkt konkret gefährdet sein. Dabei betont der BGH die zeitliche Nähe zwischen Entlassung des Tatmittlers und der Tatbestandsverwirklichung sowie der damit einhergehenden konkreten Gefährdung des Tatobjekts. Ein unmittelbares Ansetzen läge also nicht vor, wenn es nach der Entlassung erst nach längerer Zeit zur Tatbegehung kommen solle oder wenn eine konkrete Gefährdung des Rechtsguts unklar bleibe.

Jurafuchs Illustration: T lässt von dem auf dem Boden liegenden, blutenden und röchelnden D ab.

Strafrecht > Examensrelevante Rechtsprechung SR

Abgrenzung unbeendeter / beendeter Versuch - Jurafuchs

Der BGH hat in diesem Urteil bekräftigt, dass dür die Abgrenzung zwischen dem unbeendeten und den beendeten Versuch der tätereigene, subjektive Rücktrittshorizont maßgeblich sei. Danach liege ein beendeter Versuch auch dann vor, wenn der Täter bei einem Tötungsdelikt den Todeseintritt bereits für möglich hält oder sich keine Vorstellungen über die Folgen seines Tuns macht.

Jurafuchs Illustration: A denkt daran, wie B den D erschießt.

Strafrecht > Examensrelevante Rechtsprechung SR

Unwissen schützt vor Strafe nicht – oder doch? Zurechnung beim Mittäterexzess - Jurafuchs

Jedem Mittäter kann nur das Handeln des Mittäters zugerechnet werden, welches auch von seinem Vorsatz und vom gemeinsamen Tatplan umfasst ist. Liegt eine wesentliche Abweichung vom Tatplan vor (Mittäterexzess), ist dies nicht zurechenbar. Diese grundlegenden Regeln zur Zurechnung von Tatbeiträgern bei der Mittäterschaft hat der BGH in dieser Entscheidung erneut bestätigt.

Jurafuchs Illustration: Während des Geschlechtsverkehrs zieht der Mann, heimlich und unbemerkt von er Frau, das Kondom ab.

Strafrecht > Examensrelevante Rechtsprechung SR

Stealthing: Sexueller Übergriff trotz einvernehmlichen Geschlechtsverkehrs? - Jurafuchs

Sexueller Übergriff trotz einvernehmlichen Geschlechtsverkehres? Dies hat das KG Berlin nun erstmals obergerichtlich im Fall des sog. Stealthings bejaht. Ungeschützter Geschlechtsverkehr sei eine andere sexuelle Handlung als die, zu der der Sexualpartner zugestimmt hatte. Dies verstoße gegen das Recht zur sexuellen Selbstbestimmung. Der Wille, Schwangerschaften und Krankheiten zu verhindern, sei Teil der sexuellen Autonomie, gegen die sich der Partner bewusst gewendet hatte. Ob in solchen Fällen auch eine Vergewaltigung vorliegen könne, ist noch nicht geklärt, wurde aber jedenfalls für den konkreten Fall von dem erkennenden Gericht abgelehnt.

Jurafuchs Illustration: T bedroht zwei Kinder mit einem Messer.

Strafrecht > Examensrelevante Rechtsprechung SR

Abgrenzung: Dreieckserpressung oder Diebstahl in mittelbarer Täterschaft - Jurafuchs

Diese Entscheidung verdeutlicht die Abgrenzung zwischen einer versuchten Dreieckserpressung einem versuchten Diebstahl in mittelbarer Täterschaft. Maßgeblich ist hierbei, dass eine Dreieckserpressung ein Näheverhältnis zwischen dem Genötigten und dem Geschädigten voraussetzt. Wie dieses konkret ausgestaltet sein soll – rechtliches (Befugnistheorie) oder tatsächliches Näheverhältnis (Lagertheorie) - ist umstritten. Ungeachtet dieser Frage scheide eine Dreieckserpressung jedoch im vorliegenden Fall aus, da der Genötigte den Vermögensinteressen des geschädigten anvisierten Diebstahlopfers gleichgültig gegenüberstehe.

Jurafuchs Illustration: T läuft mit einem Messer auf A zu. F eilt mit einem Golfschläger auf T zu, um T abzuhalten.

Strafrecht > Examensrelevante Rechtsprechung SR

Anforderungen an die Notwehrprovokation - Jurafuchs

Diese Entscheidung behandelt die Einschränkung des Notwehrrechts innerhalb der Gebotenheit. Dieses ist eingeschränkt, wenn der Angriff leichtfertig provoziert wurde. Der notwehrberechtigende Angriff müsse bei vernünftiger Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalls als eine adäquate und voraussehbare Folge der Provokation des Angegriffenen erscheinen. Die Provokation selbst müsse sozialethisch zu missbilligen sein und in einem engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang zum Angriff stehen.

Jurafuchs Illustration: A hat das Opfer O lebensgefährlich verletzt. B steht über dem Opfer mit einem Messer in der Hand, tut aber selbst nichts.

Strafrecht > Examensrelevante Rechtsprechung SR

Sukzessive Mittäterschaft ohne eigenen Tatbeitrag? - Jurafuchs

Der BGH präzisiert in diesem Beschluss die Anforderungen an die sukzessive Mittäterschaft. Demnach sei eine Zurechnung bereits verwirklichter Tatumstände nur dann möglich, wenn der Hinzutretende selbst einen Beitrag für die Tatbestandsverwirklichung leistet. Ist dies allerdings nicht möglich, wenn der Vortäter bereits alles für die Herbeiführung des tatbestandsmäßigen Erfolgs getan hat und der Hinzutretende deshalb keinen Einfluss auf die Tatbestandsverwirklichung mehr ausüben kann.

Jurafuchs Illustration: Ein Feuerwehrmann wird von einer Explosion eines Rohrs weggeschleudert.

Strafrecht > Examensrelevante Rechtsprechung SR

Objektive Zurechnung bei Berufsrettern - Jurafuchs

Problematisch bei dem hier vorliegenden Retter-Fall ist die objektive Zurechnung im Rahmen der fahrlässigen Tötung und Körperverletzung. Konkret geht es um die Frage, ob sich eine fahrlässig herbeigeführte Gefahr im eingetretenen Erfolg objektiv zurechenbar niederschlägt, oder ob es sich um eine bewusste Selbstgefährdung der Berufsretter handelt, welche die objektive Zurechnung ausschließe. Eine objektive Zurechenbarkeit sei hier nach BGH gegeben, wenn der Täter durch seine deliktische Handlung die naheliegende Möglichkeit einer bewussten Selbstgefährdung dadurch schaffe, dass er ohne Mitwirkung und ohne Einverständnis des Opfers eine erhebliche Gefahr für ein Rechtsgut des Opfers oder ihm nahestehender Personen begründe und damit für dieses ein einsichtiges Motiv für gefährliche Rettungsmaßnahmen schaffe.

Jurafuchs Illustration: A stiehlt gerade das Sparschwein des B und ist mit einem Besser bewaffnet. B schlägt mit einem zerbrochenen Besenstiel auf As Kopf ein.

Strafrecht > Examensrelevante Rechtsprechung SR

Verteidigungswille als einziges Handlungsmotiv? - Jurafuchs

Die Notwehr fordert als subjektives Notwehrelement einen Verteidigungswillen. Dieser muss allerdings nicht das einzige Motiv für die Handlung sein. Allerdings hat der Verteidigungswille das prägende Motiv sein – so der BGH in dieser Entscheidung. Die anderen Beweggründe dürfen hierbei nicht so dominant sein, dass der Wille, sich gegen den gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff zu verteidigen, in den Hintergrund rückt.

Jurafuchs Illustration: T veranstaltet mit F ein Autorennen. T kollidiert mit O, da O an einem Stoppschild nicht hält und T aufgrund der hohen Geschwindigkeit nicht rechtzeitig abbremsen kann.

Strafrecht > Examensrelevante Rechtsprechung SR

Vorsatz oder Fahrlässigkeit bei Autorennen: Täter vertraut auf kollisionsvermeidendes Verhalten der anderen - Jurafuchs

Vorliegend beschäftigt sich der BGH mit der Abgrenzung von Vorsatz zur bewussten Fahrlässigkeit bei Autorennen. Hiernach soll bei riskantem Verhalten im Straßenverkehr bei der Beurteilung, ob Vorsatz vorliegt, auch die Vorstellungen des Angeklagten über das Verhalten der anderen Verkehrsteilnehmer miteinbezogen werden. Gehe der Angeklagte davon aus, dass andere Verkehrsteilnehmer die Gefahr erkennen und sich dementsprechend kollisionsvermeidend verhalten, könne das voluntative Element des Vorsatzes fehlen. Der Täter wisse zwar von der Gefahr der Tatbestandsverwirklichung (kognitives Element), vertraue aber auf dessen ausbleiben (voluntatives Element).

Jurafuchs Illustration: R rast in ihrem Auto auf Polizisten P zu, die gerade auf dem Seitenstreifen eine Radarkontrolle durchführt.

Strafrecht > Examensrelevante Rechtsprechung SR

Täter rast unvermeidbar auf Polizeibeamte zu und handelt trotzdem nicht vorsätzlich? - Jurafuchs

Der BGH beschäftigt sich in diesem Beschluss mit dem maßgeblichen Zeitpunkt der Fassung des Vorsatzes. Hiernach müsse der Vorsatz vorliegen, wenn der Täter noch einen für die Tatbestandsverwirklichung kausalen Tatbeitrag leisten kann. Dies sei nicht der Fall, wenn der Täter die Tatbestandsverwirklichung nicht mehr vermeiden kann. Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der Täter, der in einem Auto auf Polizeibeamte zurast und diese erst zu einem Zeitpunkt wahrnimmt, in dem er den Erfolgseintritt ohnehin nicht mehr abwenden kann, nicht vorsätzlich handelt.

Jurafuchs Illustration: A wirft einen Molotowcocktail durch das offene Fenster in das Zimmer, in dem B gerade schläft. Ein Feuer entzündet sich aber nicht.

Strafrecht > Examensrelevante Rechtsprechung SR

Versuch einer erfolgsqualifizierten Straftat auch ohne schwere Folge strafbar - Jurafuchs

Der BGH hat ein Urteil über den Versuch von erfolgsqualifizierten Straftaten erlassen. Das Gericht klärte, dass ein Versuch einer erfolgsqualifizierten Straftat, wie Brandstiftung mit tödlichen Folgen, auch dann vorliegen kann, wenn die Grundtat im Versuchsstadium bleibt und die beabsichtigte schwere Folge nicht eintritt. Das Urteil hebt die verschiedenen Formen von Versuchen bei erfolgsqualifizierten Straftaten hervor, einschließlich des erfolgsqualifizierten Versuchs und des Versuchs der Erfolgsqualifikation.

Eine Person würgt ein Opfer während ein andere Täter sein bereits am Boden liegendes und blutendes Opfer beäugt.

Strafrecht > Examensrelevante Rechtsprechung SR

Examensrelevante Konstellation: BGH zur sukzessiven Mittäterschaft und der Zurechnung von Qualifikationsmerkmalen - Jurafuchs

In diesem Beschluss des BGH werden die Voraussetzungen für eine sukzessive Mittäterschaft und die Anrechnung der Tatbeiträge klargestellt. Da ein Tatbeteiligter nichts von den Plänen bezüglich der qualifizierenden Tatausführung beim Raub des anderen Täters wusste, ist die Zurechnung der Erfüllung von Qualifikationsmerkmalen problematisch. Eine solche sei im Rahmen der sukzessiven Mittäterschaft möglich, wenn der Hinzutretende zwar erst nach Tatvollendung, aber noch vor Tatbeendigung, unter Ausnutzung des Qualifikationsumstands auf die Sicherung des Taterfolgs gerichtete Handlungen vornimmt.

Eine Frau sitzt unwissend in einem Auto, dass die aus Deutschland bringen soll. Neben ihr sitzen ihre Familienmitglieder, die sie dazu überlistet haben.

Strafrecht > Examensrelevante Rechtsprechung SR

BGH entscheidet: Kein Tatbestandsausschließendes Einverständnis zur Freiheitsberaubung bei Täuschung oder List. – Jurafuchs

Der BGH stellte in dieser Entscheidung seine Rechtsprechung noch einmal klar, dass im Falle der Freiheitsberaubung kein tatbestandsausschließendes Einverständnis vorliege, wenn dieses durch List oder Täuschung erlangt wurde. Der Entscheidung lag der Fall einer Frau zugrunde, die unter Vorspiegelung falscher Tatsachen von ihrer Familie nach Tschetschenien verbracht wurde. Da bereits die potentielle Bewegungsfreiheit geschützt sei, läge bei Täuschung oder List im Fall der Freiheitsberaubung – anders als zB beim Hausfriedensbruch – kein wirksames Einverständnis vor.

Rechtfertigender Notstand beim Klimaaktivismus: Klimaaktivist beschmiert die Fassade eines Universitätsgebäudes mit Wandfarbe.

Strafrecht > Examensrelevante Rechtsprechung SR

Klimaaktivisten und der rechtfertigende Notstand: Ist ziviler Ungehorsam gerechtfertigt? - Jurafuchs

Bei der Entscheidung des OLG Celle handelt es sich um eine der ersten obergerichtlichen Entscheidungen im Zuge der aktuellen Debatte zum „Klimaaktivismus“. Der Entscheidung lag der Fall eines Aktivisten zugrunde, der ein Universitätsgebäude in Lüneburg verunstaltet hatte und deswegen wegen Sachbeschädigung erstinstanzlich verurteilt worden war. Kern der Entscheidung bildet die Frage, ob zur Rechtfertigung solcher Aktionen auf die Figur des „Klimanotstandes“ oder des ungeschriebenen Rechtfertigungsgrund des „zivilen Ungehorsams“ zurückgegriffen werden könne.