Begründetheit II: Verletzungen des Verfahrensrechts (Verfahrensrüge): 113 Fälle & Rechtsprechungen mit Lösung

Auf Jurafuchs Wissen findet Ihr 113 Fälle & Rechtsprechungen mit Lösung zum Thema Begründetheit II: Verletzungen des Verfahrensrechts (Verfahrensrüge) für die Klausuren- und Examensvorbereitung im Jurastudium und Referendariat.
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SR: Prozessrecht & Klausurtypen > Die Revisionsklausur im Assessorexamen

Fortwirkung von Beweisverwertungsverboten

A wird bei der Polizei ohne Belehrung (§§ 163a Abs. 3, 136 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 StPO) vernommen. Im Prozess vernimmt das Gericht A nochmals und weist ihn nach Belehrung zutreffend darauf hin, dass seine erste Aussage nicht verwertet werden kann. A gesteht die Tat erneut.

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SR: Prozessrecht & Klausurtypen > Die Revisionsklausur im Assessorexamen

Verstoß gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz, § 250 StPO

Zeuge Z soll in der Hauptverhandlung vernommen werden. Um sich Arbeit und Zeit zu sparen, ordnet die Vorsitzende stattdessen die Verlesung von Zs polizeilichem Vernehmungsprotokoll an, in dem Z die Angeklagte A schwer belastet. A wird verurteilt.

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Selbstleseverfahren, § 249 Abs. 2 StPO

A wird unverteidigt verurteilt. Eine umfangreiche Urkunde wurde im Selbstleseverfahren (§ 249 Abs. 2 StPO) in die Verhandlung eingeführt, wobei A nicht widersprach. In der Revision macht As neue Verteidigerin geltend, dies sei unzulässig gewesen, denn A sei - was zutrifft - Analphabet.

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Gestattung der Verwertung früherer Aussage trotz Zeugnisverweigerungsrecht (§ 252 StPO)

A wird vor dem Landgericht angeklagt. Seine Tochter T, die bei der Polizei noch ausgesagt hatte, verweigert als Belastungszeugin die Aussage (§ 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO). Als die Vorsitzende T fragt, ob man den Polizisten P als Zeuge über ihre Vernehmung hören könne, meint T, das mache ihr nichts aus.

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Fürsorgepflicht des Gerichts, § 338 Nr. 8 StPO

A wird vor dem Schwurgericht nach mehrtägiger Verhandlung verurteilt. As Verteidiger V beantragt, das Plädoyer der Staatsanwaltschaft - zur Vorbereitung seines eigenen Plädoyers am Folgetag - auf Tonband aufnehmen zu dürfen. Dies lehnt das Gericht per Beschluss ab.

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Rechtsnatur des § 338 Nr. 8 StPO als relativer Revisionsgrund

A wird vor dem Landgericht angeklagt. Während der Verhandlung wird V als Pflichtverteidiger bestellt, weil As alter Verteidiger kurzfristig erkrankte. Die 4 Aktenbände erhielt V am Tag der Verhandlung. Seinen Antrag auf Aussetzung (§ 145 Abs. 3 StPO) lehnt das Gericht durch Beschluss ab.

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Fristversäumnis - Nicht voraussehbarer und unabwendbarer Umstand, § 275 Abs. 1 S. 4 StPO

A wird am 25.04.2007, nach elftägiger Hauptverhandlung, vor dem Landgericht verurteilt. Der Berichterstatter B war zwischenzeitlich bis zum 02.07.2007 erkrankt, weshalb das Urteil erst am 04.07. zur Akte gelangte. Der Zugriff auf Bs Prozessnotizen war den anderen Richtern möglich. A geht in Revision.

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Fristverlängerung nach § 43 Abs. 2 StPO

Nach viertägiger Hauptverhandlung wird A am Mittwoch, dem 13.03.2024, verurteilt. Am Donnerstag, dem 02.05.2024, wird das Urteil zu den Akten gebracht.

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Fehlen der Urteilsgründe - Teilweises Fehlen der Urteilsgründe

A wird wegen Betrugs in 50 Fällen (§ 53 StGB) zu einer Gesamtstrafe verurteilt. Das Urteil wird fristgerecht zur Akte gebracht. As Verteidiger fällt nach Zustellung des Urteils auf, dass die Urteilsgründe über zwei der Tatkomplexe kein Wort verlieren. Er erhebt Verfahrensrüge.

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Ausschluss zur Wahrung der Ordnung und Rügepräklusion, § 176 GVG

A wird vor dem Landgericht angeklagt. Eine Mitarbeiterin des Verteidigers macht sich als Zuhörerin Notizen zur Verhandlung. Vorsitzender V verweist sie des Saals. Er befürchtet, die Notizen, deren Wahrheitsgehalt sich später kaum noch feststellen lasse, dienten einer möglichen Revision. A und sein Verteidiger nehmen das hin.

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Gewährung der Öffentlichkeit - Grundfall II

A wird vor Strafrichterin C verurteilt. Da an jenem Tag absehbar Raummangel herrscht, findet die Verhandlung im kleinen Dienstzimmer der C statt. Neben den Verfahrensbeteiligten findet nur noch Student S, der den Verteidiger begleitet, Platz. Drei Personen haben keinen Sitzplatz.

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Fehlerhafte Mitwirkung einzelner Richter - Persönliche Gründe

A und B werden vor der großen Strafkammer verurteilt. In der Verhandlung saß einer der Schöffen während einer Zeugenvernehmung längere Zeit mit geschlossenen Augen, leicht geöffnetem Mund und den Kopf locker nach vorn geneigt auf seinem Platz und schlief, bis ein Beisitzer ihn mit einem Rippenstoß aufweckte.

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Falsche Gerichtsbesetzung - Grundfall

A wird vor dem Schwurgericht verurteilt. Das Gericht war in der gesamten Hauptverhandlung mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen besetzt. Dies wurde zwei Wochen vor dem Prozess vom Vorsitzenden ordnungsgemäß mitgeteilt (§ 222a StPO). A reagierte darauf nicht.

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Verwirkung der Verfahrensrüge - Widerspruchslösung

Ersttäter A wird anwaltlich vertreten verurteilt, weil er nachts betrunken Mofa über einen Feldweg gefahren war (§ 316 Abs. 1 StGB). A hatte während der Verhandlung geschwiegen, seine vorherige geständige Einlassung war aber durch Befragung des Vernehmungsbeamten P eingeführt worden. In der Revision rügt A erstmals, P hätte ihn nicht über sein Schweigerecht belehrt.

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Verwirkung der Verfahrensrüge - Zwischenrechtsbehelf

A rügt in der Revision gegen ein Landgerichtsurteil, dass sein Beweisantrag von der Kammer zu Unrecht abgelehnt wurde (§ 244 Abs. 3, 6 S. 1 StPO) und dass ein Hinweis der Vorsitzenden (§ 265 Abs. 1 StPO) verspätet erging. Im Prozess hatte A dies noch wortlos hingenommen.

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Genügt für einen Verstoß gegen § 230 Abs. 1 StPO die Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten?

Angeklagter R hat eine attestierte Störung der Konzentrationsfähigkeit. Ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls ging seine Hauptverhandlung ununterbrochen von 09:00 Uhr bis 17:00 Uhr. Der Kammervorsitzende äußerte gegenüber dem Revisionsgericht schriftlich, dass vier kurze zehn Minutenpausen und eine einstündige Mittagspause stattgefunden hätten.

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Abwesenheit des Angeklagten als absoluter Revisionsgrund - kein eigenmächtiges Entfernen und Beweis durch Protokoll

Reichsbürgerin Rosi (R) teilt der Vorsitzenden während der unterbrochenen Hauptverhandlung mit, sie werde dieses Theater nicht weiter mitspielen. Bei Fortsetzung der Verhandlung taucht R nicht auf. Dies wird im Protokoll vermerkt und die Verhandlung ohne R zu Ende geführt. R hatte zurückkommen wollen, war hieran aber durch einen Unfall und die notwendige ärztliche Behandlung gehindert worden.