Begründetheit II: Verletzungen des Verfahrensrechts (Verfahrensrüge): 113 Fälle & Rechtsprechungen mit Lösung

Auf Jurafuchs Wissen findet Ihr 113 Fälle & Rechtsprechungen mit Lösung zum Thema Begründetheit II: Verletzungen des Verfahrensrechts (Verfahrensrüge) für die Klausuren- und Examensvorbereitung im Jurastudium und Referendariat.
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Prozessrecht & Klausurtypen > Die Revisionsklausur im Assessorexamen

Zulässige Verlesung eines Protokolls nach § 251 StPO

Zeugin Z soll im Prozess gegen A vernommen werden. In der Zeit zwischen polizeilicher Vernehmung und Prozess hat Z sich ihren großen Traum vom Auswandern erfüllt und ist nicht mehr aufzufinden. Der Vorsitzende verließt Zs polizeiliches Vernehmungsprotokoll. A wird verurteilt.

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Prozessrecht & Klausurtypen > Die Revisionsklausur im Assessorexamen

Aufklärungsrüge nach § 244 Abs. 2 StPO (Einführungsfall)

A wird des räuberischen Diebstahls verurteilt. Zeugin Z behauptet einen Schlag ins Gesicht. Bei der polizeilichen Vernehmung sprach Z noch von einer „reflexartigen Bewegung“. Auch der Ladendetektiv ist sich unsicher. As Anregung, „die blonde Kassiererin“ könne bestimmt etwas dazu sagen, ignoriert das Gericht.

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Prozessrecht & Klausurtypen > Die Revisionsklausur im Assessorexamen

Verbotene Vernehmungsmethoden, § 136a StPO

A wird aufgrund der Aussage des P verurteilt. In der polizeilichen Vernehmung leugnete A zunächst die Tat. Obwohl Polizeibeamter P wusste, dass nur ein schwacher Verdacht gegen A bestand, sprach P von einer erdrückenden, A keine Chance lassenden Beweiskette. Daher gestand A die Tat.

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Prozessrecht & Klausurtypen > Die Revisionsklausur im Assessorexamen

Selbstleseverfahren, § 249 Abs. 2 StPO

A wird unverteidigt verurteilt. Eine umfangreiche Urkunde wurde im Selbstleseverfahren (§ 249 Abs. 2 StPO) in die Verhandlung eingeführt, wobei A nicht widersprach. In der Revision macht As neue Verteidigerin geltend, dies sei unzulässig gewesen, denn A sei - was zutrifft - Analphabet.

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Prozessrecht & Klausurtypen > Die Revisionsklausur im Assessorexamen

Die Protokollverlesung zur Gedächtnisunterstützung nach § 253 StPO

Im Prozess gegen A wird Z zu einem komplexen, mehraktigen Tatgeschehen vernommen. Z gibt auch nach Vorhalten aus ihrer polizeilichen Vernehmung an, sich nicht an die vorgehaltene Tatsache zu einem Abschnitt des Tatgeschehens zu erinnern. Daraufhin ordnet der Vorsitzende die Verlesung des Protokolls zu dieser Tatsache an und vernimmt Z danach zum übrigen Prozessstoff weiter.

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Prozessrecht & Klausurtypen > Die Revisionsklausur im Assessorexamen

Mündlichkeitsgrundsatz - Verpflichtung zur umfassenden Beweiswürdigung (§ 261 Abs. 1 StPO)

A wird freigesprochen. Maßgeblich für die Anklage war die Aussage des Z in einer richterlichen Vernehmung. Die Niederschrift wird im Prozess verlesen, da Z nach einer Haftentlassung untertauchte und nicht mehr auffindbar ist. Das Gericht verwertet sie dann aber unter Verweis auf den Unmittelbarkeitsgrundsatz nicht im Urteil.

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Prozessrecht & Klausurtypen > Die Revisionsklausur im Assessorexamen

Beweisantrag - bestimmt behauptete Tatsache - Negativtatsache (§ 244 Abs. 3 S. 1 StPO)

Angeklagter A beantragt die Vernehmung des Z zum Beweis der Tatsache, dass er „mit dem Mitangeklagten B am Abend des 29.12.1990 in dem Imbiss Pi keine Absprachen in Bezug auf die Begehung strafbarer Handlungen getroffen hat“. Das Gericht lehnt dies als bloßen Beweisermittlungsantrag (§ 244 Abs. 2 StPO) ab.

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Ablehnung eines Beweisantrags bei völliger Ungeeignetheit des Beweismittels (§ 244 Abs. 3 S. 3 Nr. 4 StPO)

A beantragt, durch die Vernehmung seines Milieu-Freundes B Beweis zu erheben über die Tatsache, dass er zur Tatzeit in seinem Stammlokal mit B Skat spielte. Das Gericht lehnt die Vernehmung des B als ungeeignet ab, da B As Milieu-Freund von vornherein unglaubwürdig sei.

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Prozessrecht & Klausurtypen > Die Revisionsklausur im Assessorexamen

Begriff des Verlöbnisses, § 52 Abs. 2 Nr. 1 StPO

Die 18-jährige A macht kurz nach einem Ladendiebstahl ihrer 17-jährigen Freundin F einen Heiratsantrag. F nimmt diesen gegen den Willen ihrer Eltern an. Im späteren Prozess gegen A wird F vernommen. Die Vorsitzende belehrt sie nur über ihre Wahrheitspflicht, da „ein Verlöbnis nicht bestehe“. A rügt dies nicht und wird verurteilt.

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Fürsorgepflicht des Gerichts, § 338 Nr. 8 StPO

A wird vor dem Schwurgericht nach mehrtägiger Verhandlung verurteilt. As Verteidiger V beantragt, das Plädoyer der Staatsanwaltschaft - zur Vorbereitung seines eigenen Plädoyers am Folgetag - auf Tonband aufnehmen zu dürfen. Dies lehnt das Gericht per Beschluss ab.

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Unzulässige Erweiterung der Öffentlichkeit

A wird vor dem Schwurgericht angeklagt. Im Prozess wird der erfahrene Sachverständige S zur Frage vernommen, ob A eine Persönlichkeitsstörung aufweise. Trotz eines Antrags des A (§ 171b Abs. 1, 3 GVG), schließt das Gericht die Öffentlichkeit nicht aus. A geht gegen die Verurteilung in Revision.

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Denkgesetzlicher Ausschluss des Beruhens auf der Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes

A wird vor dem Landgericht angeklagt. Die Vernehmung der Geschädigten findet zulässigerweise unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt (§ 171b GVG). Nachdem G entlassen wird, werden vier Zeugen in den Saal gerufen und vereidigt. Erst danach wird die öffentliche Hauptverhandlung fortgesetzt und die Zeugen vernommen.

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Ausschluss einzelner zur Wahrung der Ordnung, §§ 176 GVG

A wird vor dem Landgericht angeklagt. Durch Beschluss schließt die Kammer As Bruder B während der Vernehmung der Zeugin Z aus (§ 176 Abs. 1 GVG), da B Z im Vorfeld des Prozesses mehrfach bedroht hatte, um Zs Aussage zu verhindern. B verlässt den Saal. As Verteidiger rügt dies erfolglos.

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Freiwilliges Verlassen des Saals und Disposition über den Öffentlichkeitsgrundsatz

Zeugin Z erklärt, sie verweigere das Zeugnis, wenn die Zuschauer der Vernehmung beiwohnen. Angeklagter A erklärt, er sei grundsätzlich mit einem Ausschluss der Öffentlichkeit einverstanden. Die Vorsitzende bittet die Zuschauer, den Saal für die Vernehmung zu verlassen, was sie tun.

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Zuständigkeit der Jugendgerichte

Der zur Tatzeit 19-jährige A, der mittlerweile 23 ist, wird wegen Mordes vor dem Schwurgericht verurteilt. Er geht in Revision, weil er meint, der Fall hätte vor der Jugendkammer verhandelt werden müssen. In der Verhandlung hatte er keine Rüge erhoben.

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Unzuständigkeit des Gerichts, § 338 Nr. 4 StPO - Präklusion nach § 6a StPO

A wird wegen Raubes mit Todesfolge (§ 251 StGB) vor der großen Strafkammer verurteilt. In der Revision macht er geltend, dass er die Unzuständigkeit der allgemeinen Strafkammer bereits zu Beginn des Prozesses gerügt habe. Das Protokoll schweigt hierzu.

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Verwerfung wegen Unzulässigkeit, § 26a StPO - Grundfall

Fußballstar J. B. wird angeklagt. Die Verteidigung will einige Beweisanträge stellen. Vorsitzender V rät den Verteidigern, die Anträge nicht zu stellen. Dies könne sich negativ auf die Strafzumessung auswirken. Das daraufhin gestellte Ablehnungsgesuch wird unter Mitwirkung des V verworfen, da es „nur zur Verfahrensverschleppung“ diene. J.B. wird verurteilt.

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Abwesenheit des Verteidigers - Zur-Last-Legen im Sinne des § 140 Abs. 1 Nr. 2 StPO II

A wurde vor dem Strafrichter wegen fahrlässiger Tötung (§ 222 StGB) angeklagt und verurteilt. Das Revisionsgericht kommt in der rechtlichen Prüfung erstmals zum Ergebnis, dass ein Totschlag (§ 212 StGB) vorliegt. A hatte keine Verteidigerin.

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Abwesenheit des Verteidigers - Bestellung in der Hauptverhandlung (§ 141 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 StPO)

A wird wegen Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 StGB) vor dem Strafrichter angeklagt. Nach Vernehmung eines Sachverständigen wird klar, dass eine schwere Körperverletzung (§ 226 Abs. 1 StGB) vorliegt, wofür A nach richterlichem Hinweis und Pflichtverteidigerbestellung später verurteilt wird.

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Fehlerhafte Mitwirkung einzelner Richter - Persönliche Gründe

A und B werden vor der großen Strafkammer verurteilt. In der Verhandlung saß einer der Schöffen während einer Zeugenvernehmung längere Zeit mit geschlossenen Augen, leicht geöffnetem Mund und den Kopf locker nach vorn geneigt auf seinem Platz und schlief, bis ein Beisitzer ihn mit einem Rippenstoß aufweckte.

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Falsche Gerichtsbesetzung - Grundfall

A wird vor dem Schwurgericht verurteilt. Das Gericht war in der gesamten Hauptverhandlung mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen besetzt. Dies wurde zwei Wochen vor dem Prozess vom Vorsitzenden ordnungsgemäß mitgeteilt (§ 222a StPO). A reagierte darauf nicht.